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Jung-Stillings Texte im Hessen-Casselischer Kalender

von

Erich Mertens und Petra Mertens-Thurner

(Quellennachweise sind im rekonstruierten Original vorhanden!)

 

Früh war bekannt, dass Jung-Stilling in diesem Kalender publiziert hatte, jedoch scheint die eigentliche Bekanntschaft der wissenschaftlich zu Jung-Stilling Forschenden mit ihnen spät erfolgt zu sein. Neben Strider kannte sie noch Christian Nostiz im Jahr 1913; danach waren sie anscheinend vergessen.

 

So spät wie dieses Bekanntwerden war, so spät bekannte sich Jung-Stilling öffentlich zu ihnen. Erst im Jahr 1794 schreibt er in diesem Kalender.

„Vielleicht erzehle ich Euch ein andermal, wie man das alles macht und anfangen muß; sollte auch irgend jemand gern wissen wollen, wie man so etwas macht so kann man nur an mich schreiben, so will ichs dann einem jeden umständlich und umsonst lehren, ich lehre Euch gerne etwas nützliches, und dafür verlange ich keine Belohnung, die erwarte ich vom lieben Gott an jenem Tage. Vielleicht wißt Ihr aber meinen Namen nicht, und da könnt Ihr ja nicht an mich schreiben; ich bin der Hofrath Jung in Marburg, Ihr braucht also nur auswendig auf den Brief zu schreiben: An den Hofrath Jung in Marburg, so kommt der Brief gewiß an mich, inwendig im Brief braucht ihr keine große Titel und Ceremonien zu machen sezt Ihr nur oben über den Brief: Lieber Bauernfreund! und damit ist alles gut.“

Diese Beiträge kann man als Fortsetzung seines „Volkslehrers“ der Jahre 1781 bis 1784 ansehen. Dort leitet er seine „Antrittsrede“ ein „Ich bin also nun von diesem Tage an Euer Volkslehrer, und fan¬ge also jezt an zu lehren.“ und schließt diese mit den Worten: „Seht! das ist meine Antrittsrede, worin ich Euch gesagt habe, daß ich ein guter, ehrlicher Mann bin, und daß ichs recht see¬lengut mit Euch meine, und Euch gern alle glücklich machen will; nun hört, was ich Euch weiter sagen werde.“ Später entdeckt er sich dort so: „Jezt bin ich aber ordentlicher Professor der Kameralwissenschaften zu Lautern in der Pfalz am Rhein, und heisse Jung. Sehen Sie, jezt können Sie auch geradezu an mich schreiben, wenn Sie wollen. Denken Sie nur ja nicht, daß es mir beschwerlich ist, wenn man an mich schreibt; nein! meine größte Freude in der Welt ist die, wenn ich meinem Nächsten dienen kann“.

Bereits 1780 begann er seine Erzählungen im „Privilegirter Kurpfälzischer Geschicht= und Landwirtschaft=Kalender“ so: „„Ich Heinrich Stilling wünsch euch Bauersleuten allzusammen Glück, Heil und Seegen. Ich bin auch ein Bauernsohn, von Bauersleuten genährt und erzogen, hab vieles erfahren, aus Erfahrung gelernt, darnach auch auf der hohen Schul studirt, und bin nun so weit gekommen, dass ich auch andre Leute lehren kann, wie sie bald reich und glücklich werden können“. Zum Schluss liest man dort: „Seht, ich will euch alle Jahr nüzliche und gute Sachen in euren Kalender schreiben, daß ihr euch freuen sollte, und wenn ihr hübsch thut was ich euch lehren will, so sollt ihr auch bald reich werden, und so werdet ihr ja den Heinrich Stilling lieb haben, und euch auf den Kalender und auf seine Lehre freuen.“ 1784 verabschiedete er sich „Nun, ihr lieben Leute! bis übers Jahr, wills Gott! dann will ich euch wieder viel Schönes sagen, wenn ich noch lebe. Lebt alle wohl!“

In den folgenden Jahren gab er selbst Erzählungen heraus und schrieb für den „Straßburger hinkenden Boten“ Silbermanns solche.

 

Für die Jahre 1788 bis 1798 lassen sich in diesem hessischen Kalender Texte Jung-Stillings feststellen. In den Jahrgängen 1799 bis 1804, die durchgesehen wurden, fand ich keinen weiteren Text von Jung-Stilling.

 

Bereits seit 1775 erscheint der „Hessen-Casselische Calender“, der zuvor als „Hessischer Schreib- / Märckte- Calender“ und danach als „Allgemeiner Hand- und Hauskalender“ existierte. Dem eigentlichen Kalendarium geht zuerst ein Privilegium und ein Postverzeichnis voraus, dem Hinweise auf die Zeit- und Kirchenrechnung des jeweiligen Jahres sowie etwas über die Finsternisse und die wahrscheinliche Witterung des kommenden Jahres folgen. Zwölf Seiten, die folgen, sind der unterhaltende Teil des Kalenders, dem die Listen der Herrscher und Märkte enggedruckt folgen.

 

Im Jahrgang 1787 finden sich S. 3-5 „Einige Nachrichten von den Astronomen zu Alexandrien“, S. 7-12 „Moralische Fabeln / für Bürger= und Bauerknaben, groß und klein; auch wol für Edelknaben.“ (hierin wird die Anschaffung eines Mikroskops und der Tierschutz empfohlen), jedoch ist das „Privilegium“ unterzeichnet am 27. Juni 1786. Dies dürfte zu früh sein, um diese Texte als solche von Jung-Stilling anzusehen. Allerdings wird das Privilegium mit dem gleichen Datum auch in den Folgejahren verwendet. Erst der folgen Jahrgang enthält m. E. Texte von Jung-Stilling. –

 

Am Rande des Kalendariums finden sich belletristische Texte wie folgt:

1787: Denksprüche der alten Deutschen; Rätsel. - 1788: dto. - 1789: dto. - 1790: dto. - 1791: dto. - 1792: dto. - 1793: dto. - 1794: dto. - 1795: dto. - 1796: dto. - 1797: dto. und Auflösung Rätsel 1-30 - 1789: Unterhaltende und komische Skizzen aus der Völkerkunde. Eine arabische Geschichte. Heldentugend eines Bedienten. Gedicht: Bös Exempel. - 1799: Gedichte. - 1800: Gedichte. - 1801: Lieder aus dem Mildheimischen Liederbuch. - 1802: Über den Essig, von Giftigen Wurzeln, von giftigen Gartenkräutern. - 1803: von giftigen Beeren und Kirschen; vom giftigen Gesäme; vom Obst und dessen Nutzen. - 1804: Vom Obst und dessen Nutzen; Anbau des Honiggrases; Der Brave Jüngling Joseph Chrestien in Versailles, darf man gefundene Sachen verheimlichen? Mottenmittel.

Jung-Stilling schreibt am 1799-12-29 Christian Friedrich Buchrucker [1754-1824]: „Das Mildheimische Gesangbuch hat mich auch geärgert. Es ist unbeschreiblich, welch' ein schädlicher Fuchs Becker in des HErrn Weinberg ist. Alle seine Schriften, womit er die Welt überschwemmt, haben so etwas wohlwollendes, tugendhaftes, religiös scheinendes, so daß der schwache, gutmüthige Christ unaufhaltbar dadurch verführt und hingerissen wird; sie leiten so unvermerkt von Christo ab eben dadurch, daß es scheint, als wenn er zu Ihm hinwiese.“ - Becker, Rudolph Zacharias: „Mildheimisches Lieder=Buch von 518 lustigen und ernsthaften Gesängen über alle Dinge in der Welt und alle Umstände des menschlichen Lebens, die man besingen kann. – Gesammelt für Freunde erlaubter Fröhlichkeit und ächter Tugend, die den Kopf nicht hängt, von Rudolph Zacharias Becker. = Gotha, in der Beckerischen Buchhandlung 1799.“ – Vgl. Reinhart Siegert: Mildheimisches Lieder-Buch von 518 lustigen und ernsthaften Gesängen über alle Dinge in der Welt und alle Umstände des menschlichen Lebens, die man besingen kann. Gesammelt für Freunde erlaubter Fröhlichkeit und ächter Tugend, die den Kopf nicht hängt, von Rudolph Zacharias Becker. ZeilengleicherAntiqua-Neudruck der volksaufklärerischen Erstausgabe Gotha 1799 mit kritischem Apparat, Nachweis der Dichter und Komponisten und Nachwort. (Bremen:) edition lumière bremen 2018. ISBN: 978-3-943245-58-5; = Philanthropismus und populäre Aufklärung Studien und Dokumente Herausgegeben von Hanno Schmitt, Erhard Hirsch, Holger Böning gemeinsam mit […] Bd. 13. – Sehe 1810 im Grauen Mann S. 59 f.

 

Bereits Arden Ernst Jung kannte diese Ausgaben - wenn auch vielleicht nur teilweise - im Jahr bereits 1953, wie die Abschriften in Bestand Omega (jetzt Nachlass), „Bibliographie“ nachweisen Ausführlich über seine Kenntnisse ebd. in einem Brief vom 1954-11-08 an Pfarrer Julius Paulus. Paulus kannte Auszüge dieser Erzählungen und hielt sie für Veröffentlichungen in den Straßburger „Hinkenden Boten“ (siehe unter 1788); im selben Ordner finden sich die Nachforschungen Jungs betr. dieses „Boten“, die sich natürlich als ergebnislos, weil falsch, erwiesen.

 

Sprachlich fällt der Ausdruck Grebe auf, dies bedeutet besonders im Hessischen „Dorfvorsteher“ oder Schultheiß. Wie in Kaiserslautern nahm Jung-Stilling die Sprache der Gegend auf und arbeitete ja sogar am „Provinzialwörterbuch“ Anton von Kleins von 1792 mit. ##ww_226

 

So finden sich folgende Texte von Jung-Stilling in diesem Kalender:

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Texte siehe hier

 

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Die Texte liegen rekonstruiert kommentiert zum Druck vorbereitet vor.

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