Ludwig XVI. (1754-1793)
König von Frankreich seit 10. Mai 1774
 
 
Jung-Stilling widmete diesem französischen König zwei Gedichte. In ihnen wird seine Ablehnung der französischen Revolution deutlich.
 
In der Zeitschrift "Urania" (Titelblatt und Kupfer hier) findet sich das Gedicht "Beym Anblik von Ludwigs des XVI. Bild". Als Separatdruck ist erhalten: "Der Tod / Ludwigs des Sechzehnten / Königs von Frankreich / besungen / von / Johann Heinrich Jung. / - [eL 40 mm] / - [eL 80 mm] / Marburg, den 31. Jänner 1793." – Beide Texte finden sich auf dieser Seite.
 
Die Texte sollten in Zusammenhang mit Jung-Stillings "Entwurf eines Plans und der Regeln des Teutschen Gelehrten-Bundes zur Aufrechterhaltung der Christlichen Religion und der Teutschen Reichsverfassung." Diese Eingabe Jung-Stillings findet sich unter diesem Link.
 
 
 
 
Text 1: Der Tod / Ludwigs des Sechzehnten / Königs von Frankreich / besungen
 
Text 2: Beym Anblik von Ludwigs des XVI. Bild
 
 
 
 
Seite 1:
Der Tod
Ludwigs des Sechzehnten
Königs von Frankreich
besungen
von
Johann Heinrich Jung.
-- [eL 40 mm]
---- [eL 80 mm]
Marburg, den 31. Jänner 1793.
Seite 2, Motto:
Wir haben keinen König: denn wir fürchten
den Herrn nicht, was kann uns der König
nun helfen?
            Hosea 10, v. 3.
Seite 3:
-- [eL 70 mm]
Monarch der Welt! zu Deinem Sonnenthrone
Erhebt kein Stolzer Frevler sich:
In Dunkel hüllst Du Dich, wie blize die Stralenkrone
      Aus Wetternacht! – sie glänzet fürchterlich.
 
Du wafnest Dich mit schwarzen Donnerwettern,
      Dein starker Bogen ist gespannt.
Dein Köcher ist gefüllt, und wen wird er zerschmettern?
      Wem droht der Blitz in Deiner rechten Hand?
 
Seht wie in Westen sich Gewitter thürmen.
      Gebirgen gleich auf Bergen ziehn!
Noch schweigt die bange Flur, und unter fernen Stürmen
      Erbebt der Wald, die wilden Thiere fliehn.
 
Wem droht der Sturm? Wem zücken jene Blitze?
      Wem grollt der ferne Donner? Wem?
Für wen zerlechzt im Grimm, in schwüler Wetterhizze,
      Mit heissem Durst. der Rache=Engel? Wem?
Seite 4:
Ein edles Volk in Paradieses Fluren,
      Von Römer= und von teutschem Blut,
Betrate lange Zeit der Weisheit holde Spuren
      Erkämpfte Licht mit unbesiegtem Muth.
 
Viel hundert Jahre herrscht Capets Geschlechte.
      Auf seinem weltberühmten Thron:
Und Heinrich Bourbon flocht geschützte Menschenrechte
      Wie einen Perlenkranz in seine Kron.
 
Die Hölle sah’s, und ihrer tiefsten Pfüzze
      Entschlich ein Strom in dunkler Nacht.
In einem Drachennest aus einer Felsenritze
      Quoll Gift und Tod auf jener Fluren Pracht.
 
Der Franke schlürft durch Wollust eingewieget,
      Aus vollen Bechern Höllensaft,
Und wähnte Göttertrank; ach wie der Schein betriegen!
      Nun tobt er wild und strozt von Riesenkraft.
 
Schon lange stürmt er an des Himmels Veste
      Und spricht dem Welterlöser Hohn.
Stürzt denn die Mücke wohl den Adler aus dem Neste?
      Das Käferchen – den Löwen von dem Thron?
Seite 5:
Des Trunknen Wüten nennt er Menschenrechte
      Und Fieberhitz’ soll Freyheit seyn!
Veredlung, Franke! ists, was mein und dein
                        Geschlechte
      zum Kleinod führt; Veredlung ists allein.
 
Wie kann der Knabe doch mit Freyheit pralen!
      Und Knaben sind wir allzumal,
So lang wir hier im Staub, geprüft durch viele Qualen
      Den Krebsgang gehen, durch Schlingen ohne Zahl.
 
Die Raserey des Zehrungsfiebers wütet,
      Und Frankreich wähnt gesund zu seyn.
Es fühlt nicht wie der Tod in allen Adern brütet,
      Noch schlürft es Gift statt Heilungsmitteln ein.
 
Sein Ludwig fühlte tief des Jammers Schmerzen
      Er sprach den Arzt um Hülfe an.
Und wagte bald die Cur mit sorgenvollem Herzen,
      Allein kein Rettungs=Mittel schlug mehr an.
 
Noch sizt Er auf des frommen Heinrichs Throne,
      Den schon Gewürme untergräbt.
Noch einmal glänzt die Sonn aus Westen auf die Crone,
      Ach siehe da! der Stral der Väter bebt.
Seite 6:
Und Frankreichs Schuzgeist schwebte Ihm zur Seiten,
      In tiefe Trauer eingehüllt.
Er sprach: „Steig ab! sey stark! Dich warten viele Leyden,
      „Durch Leyden wird die lezte Pflicht erfüllt.
 
„Dort schweigt ein Saal in tiefen Mitteernächten
      „Er gränzt an Zeit und Ewigkeit,
„Der heilgen Wächter Rath entscheidet da nach Rechten
      „Der Gottheit, Menschenschicksal, Freud und Leyd.
 
„Dort stand ich heute noch an heilger Schwelle,
      „Ein ernster Engel las’ im Buch
„Der Vorsicht, staune dann, und plözlich ward es helle,
      „Ein Seraph kam mit hohem Adlerflug.
 
„Er sprach: Fahr hin, Du Engel Frankreichs! sage
      „Dem frommen Ludwig seinen Tod;
„Er stirbt durch Himmelsstürmer, seine letzten Tage
      „Beflügeln sich, zu end’gen seine Noth.
 
„Geh nach Paris dem übertünchten Grabe,
      „Wo Moder und Verwesung gährt,
„Und wo der Würmer Heer sich von dem Rest der Haabe
      „Der Nation, vom Schweiß der Armen nährt.
Seite 7:
„Verklärt soll dort dem warmen Blut entsteigen,
      „Des hohen Ludwigs frommer Geist.“
„Hier soll Er sich im Pracht der Stralencrone zeigen,
      Wo Vater Heinrich Gottes Fügung preist.
 
„Dann wird der Herr mit tausend Donnerwettern,
      „Die Frevlerrotte überziehn,
„Und sie in ihrem Grab in seinem Grimm zerschmettern,
      „Kein Einzger wird dem Strafgericht entfliehn.
 
„Dann wird dein Volk, das Heer der edlen Franken,
      Das jezzund bang und zagend schweigt.
„Im frohen Jubelton dem Herrn der Heerschaar danken,
      „Der nun den Gnadenscepter zu ihm neigt.
 
Und Ludwig schwieg – gebückt vor dem Altare
      Der Gottheit, trat Er willig an
Den Kampf des Todes, sank auf seine Bahre,
      Er bebte nicht auf dieser Schreckensbahn.
 
Er steht als Fürst hoch auf der Mörderbühne,
      Und schaut mit Liebe um sich her.
Noch strahlt ein hoher Blick auf seiner Königsmine,
      Das Mordschwerd zischt, und Ludwig ist nicht mehr.
Seite 8:
Nun fliest sein Blut, und siehe! Franken tunken,
      (Was war es – Liebe oder Wuth?
Nicht alle Franken sind zum Abgrund hin gesunken,)
      Die Picke oder Tuch in Königsblut.
 
Er starb als Christ, und bat wie Christus bate
      Vergebung für der Frevler Schuld.
Er starb für Frankreichs Wohl, sein Opferblut bringt Gnade,
      Den treuen Franken Gottes Vaterhuld.
 
Europa weint, es weint in tiefer Trauer,
      Und deckt mit Fluch die Meuterey.
Und jeder Teutsche meint, und schwört mit kaltem Schauer
      Dem teutschen Fürsten unverrückte Treu.
 
Die Rache eilt, schon zücken falbe Blitze,
      Man hört schon nah das Sturmgeheul,
Es raast im bangen Wald, und über’m Drachensizze,
      Erklingt der Bogen, zischt der Donnerpfeil.
 
Dich Ewiger! – gerecht in Deiner Stärke,
      Besingt auch dieser Hochgesang!
Doch gnädig bist Du auch, erbarmst Dich Deiner Welt.
      Drum schweig mein Lied und weiht Dir stillen Dank.
-- [eL 37 mm]
 
 
 
 
I. / Beim Anblik von Ludwigs XVI Bild. / -
- [eL 80mm]
I.
Beim Anblik von Ludwigs XVI Bild.
- [eL 22 mm]
Blik der ringenden Menschheit am schattichten Ufer des
          Todes,
Der wie ein Bliz in der Nacht alle Glieder durchbebt.
Wer erträgt den Stral der zerlechzten Quellen der
          Wehmuth,
Der aus der Nacht zum Licht, schauerlich himmelwärts
          stöhnt!
Seht, wie die Angst die Augenbraune hebt, die Stirne
          heraufzieht!
Jammer enget den Blik, mächtig lechzet der Geist
Nicht mehr des Königs, nein! des Menschen, am eher=
          nen Thore;
Gnade erflehet er sich, Trost aus der Quelle des Lichts.
Seht, wie der nahe Tod die Lippen im Bogen herab zieht,
Wehmuth bildet den Zug, jede Rache ist fern.
Jede Mine spricht laut, ich sterbe den Tod des Ge=
          rechten.
Dieser Endlose Schmerz, stralet der rasenden Wuth
Hohe Vergebung, wie ehmals auf Golgatha, göttliche
          Liebe
          Urania I. B. 6. St.          L 1          Haucht
 
 
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Haucht der ringende Geist, höllischen Frevelern zu.
Seht, wie schimmert im Angstschweiß die Hofnung des
          ewigen Lebens!
Im erlöschenden Blik, glänzt des Lichts Diadem.
Wer erträgt diesen Anblik? sey mir gesegnet, o Künstler!
Niemand goß Leben ins Bild, Geist in den Schatten,
          wie du!
                    Jung.
 
Auch abgedruckt sind dieser Text und das bezügliche Bild auf dieser Seite unter der "Urania" und damit unter dem Link: Text 5.