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Chronologisch geordnete Darstellung zum Leben Jung-Stillings  

 
 
 
   
Hier finden Sie Gründe, warum man sich mit Jung-Stilling beschäftigen sollte, und hier eine Anzahl von Themen, die man bearbeiten müßte.     
Eine autobiographische Skizze aus dem Jahr 1814/15 findet sich hier.
Ein Nachruf findet sich hier.
Eine tabellarische Liste seiner Werke findet sich hier.
   

 
   
1740 
12. September: Johann He(i)nrich Jung wird als Sohn des Johann Helmann Jung (1716-1802) und der Johanna Dorothea ("Dortchen") Katharina geb. Fischer (1717-1742) im Dorf Grund im damaligen Fürstentum Nassau-Siegen (heute zu Hilchenbach in Nordrhein-Westfalen) geboren (im Lebenslauf von 1773 heißt es: "ex Stirpe fischero-mangeriana"). – Der Vater ist Schneider, gelegentlich Schulmeister und Helfer seines Bruders, des Feldmessers und späteren Oberbergmeisters Johann Heinrich Jung (1711-1786). – Die Taufe findet am 18. September statt.    Seine Erziehung nahm sicherlich auch Einfluß auf seine Einstellung zur Kindererziehung (Pädagogik), wie sie sich in seinen Werken äußert. Der Einfluß der Großeltern auf Johann Heinrich Jung ist nicht zu unterschätzen; sie sollen auch den Kartoffelanbau im Siegerland eingeführt haben; siehe dazu hier
 
Noch 1914 schrieb man unter Beibehaltung der Schreibung: geboren "zu Im Grund im Nassauischen (nach andern zu Hilgenbach, Kreis Singen, Westfalen)".  (Zum Geburtshaus siehe hier und auch unter den Orten!) 
1802 bezeichnet sich Jung selbst als "einem armen Bauernsohn, und Handwerksmann". Reinhard Arhelger [1] macht 1990 in seiner Dissertation S. 131-133 darauf aufmerksam (wenn dies auch noch überprüft und mit mehr Material bewertet werden müsste), dass Jung-Stilling nicht aus so ärmlichen Verhältnissen stammt, wie bisher angenommen, wenn er S. 132 schreibt: "so beeindruckte Jung-Stillings Eltern- bzw. Großelternhaus als ein ansehnliches, das auf einen begüterten wie einflussreichen Besitzer schließen lässt", und er verweist dabei auf die Lebensgeschichte, hrsg. Benrath, S. 25 f. –
 
 Meyers Neues Lexikon. 2., völlig neu erarb. Aufl. in 18 Bdn. (Leipzig:) VLB Bibliogr. Inst. 1973. S. 206. m. Porträt Jung-Stillings (wohl nach Kurz und Paldamus) schreibt Sp. 2: "kam aus kleinbürgerlich-dörflichen Verhältnissen". 
 
Siehe neben 
Ortwin Brückel / Günter Weller: Ist das Geheimnis um Jung-Stillings mütterliche Ahnen gelüftet? Kreuztal: Selbstverlag der Verfasser [November] 1995 auch dessen Aufsatz zum selben Thema aus dem Jahr 1998 sowie Alain Faure: Quelques réflexions sur l'imago du père chez Johann Heinrich Jung-Stilling, Karl Philipp Moritz et Jean Paul. – In: Cahiers d'études germaniques Aix en Provence 1995, Nr. 29, S. 5-17. 
 
Zum Horoskop (Aufzeichnung der Stellung der Gestirne bei der Geburt eines Menschen zur Charakterdeutung und [angebl.] Zukunftsvorhersage; Horrorskop ?) siehe man hier und:   
Hans-Hinrich Taeger (Hrsg.): Internationales Horoskope Lexikon. 6000 Horoskope des Taeger-Archivs for bilingual use (German/English). Bd. 2. Freiburg i. Br.: Bauer (1989. = Eine wissenschaftliche Veröffentlichung im Rahmen des Instituts für Astroenergetische Studien (IAS). ISBN 3-7626-0385-5, Gesamtausgabe ISBN 3-7626-0393-8. 1.-3. Tsnd.) [S. 824 zu Jung-Stilling; dazu ebd. Bd. 5, S. 824; die dortige Quelle ist Jacques de Lescaut, private Datensammlung, Encyclopedia of birth data. Eigenverlag Brüssel 1978-91; hier Bd. 9, 6000 Personalbibliographien 23.8.-23.9., Brüssel 1989. 
Diejenigen, die sich die Freude machen wollen, sollten unter dem URL www.astro.com/cgi/ahor.cgi einmal die dortige Datenmaske ausfüllen mit: "Johann Heinrich / Jung-Stilling / male / 12 / September / 1740 / 20 (8 pm) / 00 / Hilchenbach". Sie können dann Jung-Stillings Horror-skop in englischer Sprache lesen. 
 
Ein Chirogrammatomant (Handschriftendeuter) stellte nach der Handschrift fest: glatte Handschrift, gutmütiger Charakter, daher: „Vorherrschendes Gemüth.“ - Als Muster der dinarisch-nordischen Rasse wurde sein Bild zu einer Zeit präsentiert.
 
"Stilling" als Beiname (appellatio propria) seit Erscheinen der "Jugend"; wahrscheinlich – ein Nachweis ist bisher nicht möglich – nach Psalm 35, wo in Vers 20 "die Stillen im Lande" genannt werden. [2] Im Spanischen – wie hier benutzt – bedeutet los mansos (die Stille) auch: der Friedfertige. Zeitgenossen sprechen immer vom „guten“ oder vom „braven“ Jung. Wilhelm von Humboldt meint: „Ein Hauptzug seines Charakters scheint Sanftmuth und Bescheidenheit zu sein.“ – Robert Boxberger (1836-1890) verweist zusätzlich (und für Jung-Stilling passend) auf 1 Thess 4, 11 ('und ringet darnach, daß ihr stille seid und das Eure schaffet und arbeitet mit euren eigenen Händen, wie wir euch geboten haben'). 
Eine Hauptperson mit dem Namen „Stilling“ findet sich in [Victorin Laber; nicht Victorine/Victoria Laber:] Therese Westen. Die Geschichte unglücklich großmüthiger Treue. Berlin und Leipzig, in der Diepoldischen Buchhandlung 1786; [1] Bl., 156 S.; 8° [Rez.: Allg. dt. Bibliothek, Bd. 86, 1. Stück, 1789, S. 126-129. – Vgl. Martina Schönenborn: Tugend und Autonomie. Die literarische Modellierung der Tochterfigur im Trauerspiel des 18. Jahrhunderts. Göttingen: Wallstein Verlag 2004, ISBN 3892447608, 9783892447603; = Ergebnisse der Frauen- und Geschlechterforschung N. F. Bd. 4; zgl. Diss. Bochum 2002, S. 254. – Siehe auch Holzmann/Bohatta IV, 12241.]
    
Siehe auch unter 1840 und 1940 (und 1990 in der Literatur).
 
1742 
19. April: Tod der Mutter Johanna Dorothea; Johann Heinrich wird nun von seinen Großeltern, dem Landwirt und Köhler Ebert Jung (1680-1751), dessen Ehefrau Margarethe geb. Helmes (1686-1765) sowie den Tanten erzogen, da der Vater zunächst in Schwermut verfällt. Ein Gespräch mit dem in der Lebensgeschichte (s. 41 ff.) und im „Theobald“-Roman sogenannten Separatisten Niclas (wohl nicht Victor Christoph Tuchtfeldt, etwa 1680-1750) läßt ihn die Erziehung seines Sohnes wieder selbst übernehmen. – Besuch der Dorfschulen in Grund und Allenbach (heute als Keppel-Allenbach zu Hilchenbach gehörend). 
Vgl.: Hans Schneider: Jung-Stillings ‚Niclas'. – In: Frömmigkeit unter den Bedingungen der Neuzeit. Festschrift für Gustav Adolf Benrath zum 70. Geburtstag. Herausgegeben von Reiner Braun und Wolf-Friedrich Schäufele. Darmstadt und Kassel: Verlag der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung 2001 = Quellen und Studien zur hessischen Kirchengeschichte Bd. 6, hrsg. v. Udo Wennemuth, ISBN 3-931849-08-2; Karlsruhe: Evangelischer Presseverband für Baden e. V. 2001 = Sonderveröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden Bd. 2, hrsg. v. Holger Bogs und Bettina Wischhöfer, ISBN 3-87210-913-8. [382 S., Abb.] S. 155-168. (– Trotz der scharfsinnigen Beweisführung bei der Identifikation bleiben einige Fragen offen.) 
Zu Helmes siehe auch unter dem URL www.genealogie-si.de/helm.htm
Zur Mutter siehe auch unter 1782 die Einschätzung der Sophie von La Roche.
    
1750 
Besuch der Lateinschule (d. i. vereinfacht: untere Klassen des Gymnasiums) zu Hilchenbach. 
Siehe auch: Peter Lahnstein: Report einer >guten alten Zeit<. Zeugnisse und Berichte 1750-1805 mit einem Vorwort von Golo Mann. Stuttgart usw.: Kohlhammer (1970) zitiert S. 173-175 die "Lebensgeschichte" (hrsg. Benrath) S. 63-66; hier findet sich eine gute Darstellung der "Schulen" (S. 141 ff.) und auch S. 149 f. ein Hinweis auf die "Hofmeistererziehung", die Jung-Stilling dann auch später ausübte. 
Jung-Stillings "Erfahrungen [als Hofmeister] dürften typisch gewesen sein für viele geduckte und gehemmte Menschen, die sich gezwungen sahen, diesen Beruf auszuüben" schreibt
Friedrich Voit, (Hrsg.): Erläuterungen und Dokumente – Jakob Michael Reinhold Lenz. Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung. Stuttgart: Reclam (1986, ISBN 3-15-008177-7) = Universal-Bibliothek Nr. 8177, S. 77, und zitiert dann (gekürzt) Jung-Stillings Erlebnis bei Hochberg/Hartkop; = Lebensgeschichte, Hrsg. Benrath, S. 202-206. 
    
1755 
Ostern: Konfirmation. – Schulmeisterstelle in Lützel (heute zu Hilchenbach). Infolge Unzufriedenheit des Pfarrers, damals Aufsichtsperson der Lehrer, Rückkehr ins Elternhaus. – Schneiderhandwerk. – Erzieherstelle in Plettenberg (Himmelmert = "Dorlingen" der Lebensgeschichte). Wegen Misshandlungen Rückkehr ins Elternhaus. – Schneiderhandwerk und Arbeit in der Landwirtschaft. – Lehrer in Kredenbach (heute zu Kreuztal). 
Siehe auch: 
  • A(rden). E(rnst). Jung: Jung Stilling als Winkelschulmeister auf Hof Huxholl [bei Stahlschmidt; Genealogien zu Stahlschmidt, Schleifenbaum, Limper]. – In: Siegerland - Eine Schriftenreihe [Bd.] IV. Ein Schneidergesell aus Grund ... Johann Heinrich Jungs erste Schritte als Schulmeister und Schriftsteller - Neue Beiträge zur Stilling-Forschung – (In Zusammenarbeit mit dem Verein für Heimatkunde und Heimatschutz). Kreuztal-Westf.: Jung-Stilling-Verlag (1948, 74 S.) S. 3-30. Siehe auch die gute web-site von Anne Schulte-Lefebvre zur Familie Stahlschmidt. 

 

  • Ortwin Brückel: Johann Heinrich Jung-Stilling und Kredenbach. Wohnhaus der Eltern mußte Straßenbau weichen. - In: Siegerland. Blätter des Siegerländer Heimat- und Geschichtsvereins e. V. Bd. 72, 1995, H. 3-4, S. 77-79 (m. 1 Abb. der Kredenbacher Dorfmitte zur Winterzeit). 

 

  • Begegnungen mit dem Buch in der Jugend. Aus Selbstzeugnissen ausgewählt von Heinrich Pleticha. Reutlingen: Ensslin & Laiblin (1957. – Nur den Freunden des Verlags gewidmet, nicht im Buchhandel; 4000 Expl.) S. 9 f. zitiert die "Lebensgeschichte" (hrsg. Gustav Adolf Benrath) S. 93 mit der Benutzung der Bibliothek des Krüger/Klein; hier auch der autographe Schriftzug "Jung." 
Vgl. auch: 
  • Walter Jens (Hrsg.): Kindlers neues Literaturlexikon. Bd. 8. Ho-Jz. (München:) Kindler (1990, Chefred.: Rudolf Radler. ISBN 3-463-43008-8/-43108-4). - Darin S. 971-973: Johann Heinrich Jung-Stilling. [Artikel zur "Lebensgeschichte" von Marianne Bernhard und der Redaktion sowie der "Theorie der Geister=Kunde" von Volker Hoffmann. – Fälschlich wurde S. 971 aus Johannes Harder "J. Herder".] 

 

  • Der Romanführer. Hrsg. v. Wilhelm Olbrich unter Mitw. v. Karl Weitzel u. Johannes Beer. Bd. 1: Der Inhalt der deutschen Romane und Novellen von den Anfängen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Alexis-Kurz. 2., neu bearb. u. veränd. Aufl. 6.-8. Tsnd. Stuttgart: Hiersemann 1960. (S. 302-304 von O. K. = Otto Kersch: Jung-Stillings Lebensgeschichte; in der 1. Aufl. 1950, S. 339-341 ohne Autornennung.) 
Siehe auch: 
  • Peter Seibert: Die Entstehung von Literatur im Siegerland. - In: SPIEL. Siegener Periodicum zur internationalen empirischen Literaturwissenschaft: SPIEL. Hrsg. v. Siegfried J. Schmidt u. Reinhold Viehoff. Frankfurt usw.: Lang 7, 1988, S. 113-143 (ISSN 0722-7833). 
Siehe auch unter dem URL www.germania-kredenbach.de/kredenba.htm
    
1757 
Schullehrer zu Dreisbach (= Dreis-Tiefenbach, heute zu Netphen). Wegen Zerwürfnis über die Lehrmethode Rückkehr ins Elternhaus. Schneiderhandwerk. – Lehrer an der Schule zu Klafeld (heute zu Siegen). Durch Intrige wird er seines Amtes enthoben und kehrt ins Elternhaus zurück. Schneiderhandwerk und Arbeit in der Landwirtschaft. – Bruch mit dem Vater, der sich 1756 mit Anna Margaretha Feldmann (1726-1796) wiederverheiratet hatte. – Entschluss Jungs, in die Fremde zu gehen. 
Zu den Schulbesuchen in "Dreisbach" und "Clafeld" siehe z. B.: 
  • Herm[ann]. Kronshage: Jung Stilling. – In: Blick ins Netpherland (Hrsg.: Heimatverein Netpherland e. V.) 31/32, 1990, S. 2-30; und: 

 

  • Jung-Stillings trauriger Abschied von Dreisbach. Stank für Dank und Hohn für Lohn - Erstes Lehrgeld eines blutjungen Schulmeisters. - In: Unser Heimatland. Gesammelte Veröffentlichungen aus der Siegener Zeitung Jg. 53, Siegen: Vorländer 1985, S. 51-52. 
    
1762
12. April: Ausführung dieses Entschlusses, in die Fremde zu gehen. Als Schneidergeselle Wanderung ins Bergische Land. – Arbeit bei dem pietistischen Schneider Stöcker in Solingen. – Jung schließt einen "Bund mit Gott" ["Wanderschaft", S. 198; sich allein der Führung durch Gott zu überlassen]. – Hauslehrer bei dem reichen Kaufmann Peter Hartcop (1724-1770). Infolge hier erlittener Demütigungen geht er 1763 zu dem Schneider Johann Jakob Becker (1706-1767) in Radevormwald, dem "Meister Isaak" der Lebensgeschichte. – Als Erzieher und Inspektor zum Kaufmann und Gutsbesitzer Peter Johannes Flender (1727-1807); dies wurde seine "Academie", wo er "Oeconomie, Landwirthschaft und das Commerzienwesen aus dem Grund zu studiren Gelegenheit hatte" (Lebensgeschichte, Hrsg. Benrath, S. 231). 
 
Zu Flender und dem Namen Spanier:
Gemeint ist der Fabrikant, Großhandelskaufmann, Landwirt und Fuhrunternehmer Peter Johannes Flender (1727-1807) in Kräwinklerbrücke (heute zu Remscheid). - Arden Ernst Jung vermutet 1947, dass Jung-Stilling dies nach dem Beinamen der Familie Klöckner aus Net­phen hernahm; auch Hermann Böttger bestätigt, daß es dort den Flurnamen „om Spaniergarde“ gab. Flender ver­weist auf Taufeintrag Siegen, ref., Bd. 9, 3.05.1716, wonach Spanier schon damals eine Bezeichnung für Flender war. Weiter vermutet er den Namen Flender aus Flanderer = spanische Niederlande abgeleitet. Weitere Mög­lichkeit ist die der Handelsbeziehungen Flenders nach da und nach Spanien.
 
Siehe auch: 
  • Friedrich Brockmeier: Jung-Stillings Reiseerlebnisse im Rosenthal. Hochwasser der Brachtpe bei Olpe verhinderte Weiterreise. - In: Siegerland. Blätter der Siegerländer Heimat- und Geschichtsvereins e. V. Bd. 73, H. 1-2, [Mai] 1996, S. 43-44 (m. 1 Abb. des Gasthauses und Ausflugsziels Rosenthal.) 

 

  • Rainer Vinke: Jung-Stilling bei Flender (1763-1770). Ein Abschnitt auf dem Weg zu seiner Bestimmung. Ferdinand Hahn zum 18.1.1986. - In: Theologische Zeitschrift hrsg. v. d. Theol. Fakultät der Univ. Basel (ISSN 0040-5701) Jg. 41, Basel: Reinhardt 1985, H. 4, S. 359-390. 

 

  • Erich Mertens: Neues zu Jung-Stillings Flucht aus dem Hause Hartcop. – In: Leiw Heukeshoven. Mitteilungsblatt Nr. 38 des Bergischen Geschichtsvereins – Abteilung Hückeswagen e. V. 1999, S. 27-34. [S. 29-34 Nachdruck der Erzählung "Der Rand am Abgrund".]  

 

  • Erich Mertens: Jung-Stilling im Bergischen Land. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1995. - ISBN 3-928984-14-4) = Jung-Stilling-Studien Bd. 3. 

 

Das Haus, in dem Jung-Stilling wohnte, wurde 1977 vor der Überschwemmung durch die entstehende Talsperre gerettet und in Kürten-Hungenbach wieder aufgebaut. Heute ist es ein Hotel; siehe unter dem URL www.kuerten.de/freizeit/hotel-gut-hungen.htm
Dazu schreibt Klaus Goebel: Kohlenbrenner und Bestseller-Autor. – In: [Wuppertaler] General-Anzeiger 90. Jg., Nr. 110 v. Samstag 13.05.1978, S. 37 (= Nachdruck aus der Zeitschrift "neues Rheinland" Nr. 5, 1978. - M. 1 Porträt Jung-Stillings nach Dannecker.) Sp. 3 f.: 
"Dank des Einsatzes von Dr. med. Hildegard von Fragstein, Düsseldorf, konnte es jedoch in das etwa 20 Kilometer entfernte Kürten-Hungenbach umgesetzt werden, wo es inzwischen wieder aufgebaut ist und wo in diesem Jahr die ersten Mieter einziehen werden. Frau von Fragstein wurde für diese und andere denkmalpflegerische Leistungen im vergangenen Jahr mit dem Rheinlandtaler des Landschaftsverbandes Rheinland ausgezeichnet." 
Zur Lektüre der Werke von Gerhard Tersteegen (1697-1769) und Jung-Stillings Verhältnis zu ihm - seine uneingeschränkte Hochachtung für Tersteegen sollte ein Leben lang anhalten: „Unter allen Männern, die über diese erhabenste und göttlichste aller Wissenschaften [= die wahre Mystik oder die mystische Theologie, Graue Mann, H. VII 1799, S. 50] geschrieben haben, kommt keiner dem seeligen Gerhard Ter Steegen bey“ - siehe: 
Rainer Vinke: Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817) und Gerhard Tersteegen (1697-1769). – In: Frömmigkeit unter den Bedingungen der Neuzeit. Festschrift für Gustav Adolf Benrath zum 70. Geburtstag. Herausgegeben von Reiner Braun und Wolf-Friedrich Schäufele. Darmstadt und Kassel: Verlag der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung 2001 = Quellen und Studien zur hessischen Kirchengeschichte Bd. 6, hrsg. v. Udo Wennemuth, ISBN 3-931849-08-2; Karlsruhe: Evangelischer Presseverband für Baden e. V. 2001 = Sonderveröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden Bd. 2, hrsg. v. Holger Bogs und Bettina Wischhöfer, ISBN 3-87210-913-8. [382 S., Abb.] S. 169-186. 
   
1768 
Der katholische Priester und Laienmediziner Johann Baptist Molitor (geb. Saalhausen 28.05.1702, gest. 1768), der auch in Rahrbach (heute zu Kirchhundem) tätig war, vermacht Johann Heinrich Jung in Attendorn ein "Manuscript" mit allen seinen "Geheimnisse[n] für die Augen", "ihren Gebrauch und Zubereitung so wohl, als auch die Erklärung der vornehmsten Augenkrankheiten, nebst ihrer Heilmethode" mit Rezepten gegen Augenkrankheiten (Lebensgeschichte, Hrsg. Benrath, S. 241 f.). – Beginn von Jungs Tätigkeit als Laien-Augenmediziner; seit 1773 als Augenoperateur, besonders als "Starstecher" [Star = Bezeichnung verschiedener Augenkrankheiten]. Etwa 3000 Menschen dürfte Jung-Stilling operiert, über 25.000 mit augenärztlichem Rat gedient haben. - Zur Zahl der Operationen und ihren Kosten siehe unter 1794 und ausführlich hier
Vgl.: Werner F. Cordes: Ein ungewohnliches St.-Sebastians-Relief von der ehemaligen Schützenvikarie in Attendorn und sein Stifter Johann Baptist Molitor. Nachrichten über einen Attendorner Schützenvikar durch Anregung Gocthes. – In: Sauerland. Zeitschrift des Sauerländer Heimatbundes. (ISSN 0177-8110) Nr. 4/Dezember 1999, S. 176-178, m. Abb. – Jochen Krause: Menschen der Heimat. Kreis Olpe. Teil II ([Biographien Nr.] 34 bis 66). Olpe: AY-Verlag 1987. (ISBN 3-922659-08-X). [Biographien Nr. 34 – 66. - Zu Johann Baptist Molitor S. 296-300: "52 / Augenleiden der Armen im Pfarrhaus kuriert"; S. 383 Lit.-Verz.; S. 296 Abb. Titelblatt der "Wanderschaft" mit Überschrift "Johann Baptist Molitor", 2 Abb. zu Molitor.] 
Siehe auch: 
  • Friedrich Mehlhose: Der gottesfürchtige Jung-Stilling. Ein Pionier der Star-Extraktion. Düsseldorf: Triltsch (1983) = Düsseldorfer Arbeiten zur Geschichte der Medizin. Hrsg. v. Hans Schadewaldt. Beiheft Nr. 7. (63 S., mit 1 Bildnis Jung-Stillings nach Hegi/Wocher. Vorwort von Hans Schadewaldt vom April 1983. Nachwort Mehlhoses vom 15. November 1980.) 

 

  • W[ilhelm]. Doden: Heinrich Jung-Stilling (1740-1817), Pietist, Okulist, Kameralist, Strassburger Kommilitone und Studienfreund von Goethe. – In: Julius Hirschberg Gesellschaft (Deutschsprachige Vereinigung für Geschichte der Augenheilkunde) Societé Francophone d'Histoire de L'Ophthalmologie - 33 Beiträge zur Geschichte der Augenheilkunde – 33 Contributions à L'Histoire de L'Ophthalmologie (Wien:) Facultas (Universitätsverlag für Medizin und Naturwissenschaften Ges. m. b. H. 1991, ISBN 3-85076-296-3) S. 181-194 (S. 194 Abb. Jung-Stillings nach Lavaters Fragmenten] 
und ebd. S. 195-198 den Aufsatz abs
  • M[anfred] Jähne: Jung-Stilling (1740-1817) als Staroperateur in der Oberlausitz. 
Zum Begriff "Star" siehe man z. B. die Arbeiten von: 
  • [Ernst] J[ulius]. [August] Zacher (1816-1887): Blind. Star. Eine sprachwissenschaftliche Studie. – In: Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde. Hrsg. v. [Karl] W[ilhelm]. [von] Zehender 12, Stuttgart: Enke 1874, S. 277-302. 

 

  • Matthias Sachsenweger: Der Grüne und der Graue Star. Berlin: Verlag Gesundheit 1998, ISBN 3-333-01030-5 (ursprgl. Berlin: Ullstein).  

 

  • Vgl. auch diesen Link: Grauer Star, Erläuterungen von Dr. W. Bockelmann (Augenarzt und Journalist).

 

  • Harald Salfellner (Hrsg.): Mit Feder und Skalpell. Grenzgänger zwischen Literatur und Medizin, Prag: Vitalis 2014, ISBN 978-3-89919-167-7, S. 21-56: „Johann Heinrich Jung-Stilling. ‚Wenn einen der König des Himmels und der Erden zum Werkzeug macht’“. (40 Abb. – Geschrieben Dezember 2010, erschienen Juli 2014).. 
Mit Vorsicht sind die Äußerungen zu betrachten die gemacht werden von 
  • dem online-Lexicon Encarta, wo Jung-Stilling "durch den Handel mit einer Augenarznei die nötigen Mittel für das Medizinstudium" erwarb (dies ist falsch!).

 

  • Julius Hirschberg: Geschichte der Augenheilkunde. 3. Buch (Fortsetzung): Die Augenheilkunde in der Neuzeit. Mit 42 Figuren im Text und 6 Tafeln. Leipzig: Engelmann 1911 = Graefe-Saemisch: Handbuch der Gesamten Augenheilkunde unter Mitwirkung v. [...] begr. v. Theodor Saemisch, fortges. v. C. Hess. 2., neubarb. Aufl. Bd. 14. [Jung-Stilling Kap. 23, § 421. Jung-Stilling (12), S. 208-213 
und 
  • Wolfgang Münchow: Geschichte der Augenheilkunde. Separatdruck aus "Der Augenarzt" Band 9, 2., ergänzte und überarbeitete Aufl. Mit 243 Abb. u. 8 Tabellen. Stuttgart: Enke 1984. [Jung-Stilling S. 451 f. 
Im dritten Aufsatz liest man S. 451 z. B.: 
"Als sehr sensibler und theosophischer Mensch konnte er die jenerzeit unvermeidbaren Fehlschläge und somit Erblindungen psychisch nicht überwinden, wandte sich daher den Verwaltungswissenschaften zu". 
Sein ganzes Leben lang operierte Jung Augen! (Siehe dazu auf einer anderen meiner Seiten.) 
Im zweiten Buch liest man S. 208 von Julius Hirschberg: 
"von dem Pastor Molitor in Attendorn bestärkt, der in der Augenheilkunde pfuschte [sic] und ihn mit seinen Heil- und Geheim-Mitteln beschenkte." 
    
1770 
Im Februar Verlobung mit Christina Catharina Heyder (1749-1781), einer kränklichen Kaufmannstochter. – Im Herbst schreibt sich Jung nach vorbereitendem Selbststudium in Straßburg bei der medizinischen Fakultät ein. Seine Lehrer sind u. a. Jakob Reinbold Spielmann (1722-1783) und Jean Frédéric Lobstein (1736-1784). – Verkehr im Kreis um Johann Daniel Sal(t)zmann (1722-1812) und später bei umfangreichem Briefwechsel mit Friedrich Rudolf Sal(t)zmann (1749-1821): Freundschaft mit Johann Wolfgang Goethe (1749-1832) und Johann Gottfried Herder (1744-1803). - (Eine bisher unbeachtete Würdigung Goethes durch Jung-Stilling vom 1815-02-03 findet sich hier.)
 
Als lfd. Nr. 14 bzw. 2311 in der "Matricula Studiosorum Medicinae" findet sich der – in der gedruckten Matrikel – so nicht feststellbare korrigierte handschriftliche Eintrag: 
"d. 24. Septembr. 
Johannes Henricus Jung [aus getilgtem] Elberfeld [wird] Ronsdorfensis" 
 
Als Jung-Stilling abreiste, widmete Johann Michael Ott (1752-1792) ihm folgendes Abschiedspoem: mit dem Titel "Ode an Jung, da er von / Strasburg abreißte." (Dies Gedicht ist ohne weitere Quellenangabe zitiert in dem Werk von Erminio Morenghi: Jung-Stilling. Quarza di vita … 2004.)  
Abschiedsgedichte schienen an der Tagesordnung zu sein, wie das nachgewiesene "Apolls des ersten Bänkelsängers Leben und Thaten" von Heinrich Leopold Wagner (1747-1779) zeigt. 
 
Das Bild von Daniel Chodowiecki (1726-1801) aus der "Wanderschaft" (1778): "Goethe tritt ein" – in das Speisehaus der Schwestern Lauth – findet sich häufig gedruckt. 
    
In Meyers Neues Lexikon. 2., völlig neu erarb. Aufl. in 18 Bdn. (Leipzig:) VLB Bibliogr. Inst. 1973. S. 206. m. Porträt Jung-Stillings (wohl nach Kurz und Paldamus) Sp. 2: "studierte er [...] unter großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten" ist so nicht haltbar. – Auch die Angaben zur Studienzeit sind nicht immer richtig: z. B. Die Religion in Geschichte und Gegenwart Bd. 3, 1912, Sp. 865: "1772 bis 1774". 
    
Vgl. auch: 
Goethe et l'Alsace. Actes de Colloque de Strasbourg (11-15 mai 1970) Textes de R. Bauer, L. Chatellier, F.-G. Dreyfus, G.-L. Fink, A. Fuchs, E. Genton, R. Girard, P. Grappi, J. Keller, M. Klein, W. Kohlschmidt, G. Livet, M. Marache, F. Martini, J. Murat, B. Vogler. Ouvrage publié avec le concours et sous les auspices du Centre de Recherches Rhénanes et Régionales de l'Université des Sciences Humaines de Strasbourg. Strasbourg: Librairie Istra (1973) = Publications de la Société savante d'Alsace et des Régions de l'est. Collection «Recherches et Documents». Tome XVI. Darin u. a.: S. 98-122: Marc Klein: La Faculté de Médecine de Strasbourg au temps de Goethe; S. 223-235: J[ules]. Keller: Les sociétés culturelles à Strasboug vers 1770. 
    
1771 
17. Juni: Nach üblichem Aufgebot (am 2., 9. und 16. Juni) Heirat mit Christina Heyder (drei Kinder entstammen dieser Ehe [siehe hier]). – Die bisher (auch in der Literatur) als überraschende Heirat angesehene Eheschließung wirkt durch das Aufgebot nicht mehr so außerordentlich (vgl. auch LG S. 397). -  Dr. Johann Simon Gottlieb Dinckler/Dinkler/Dünckler/Dünkler (vgl. LG S. 284, 726) war nicht nur Trauzeuge, sondern auch sonst für das Leben Jung-Stillings wichtig. Darum siehe man zu ihm hier.
    
1772 
Examen in Straßburg. Jung geht als Lizentiat nach Elberfeld. – Johann Michael Ott: „Ode an Jung, da er von Strasburg abreißte.“; siehe hier
1. Mai: Eröffnung der Praxis in Elberfeld (heute zu Wuppertal); als praktischer Arzt ist Jung sieben Jahre dort tätig. 
 
Zu Jung-Stilling als Arzt siehe man neben den weiter unten genannten Arbeiten:
Wilhelm Theopold: Heinrich Jung-Stilling (1740-1817). – In: Theopold, Wilhelm: Doktor und Poet dazu. Dichterärzte aus sechs Jahrhunderten. (Mainz:) Kirchheim (2. Aufl. 1987; S. 143-146; ISBN 3-87409-032-9. = Edition Dt. Schriftstellerärzte. – Abb: Porträt nach Schlemmer/Schröder. – 1. Aufl. 1986, 399 S., ISBN 3-87409-024-8.)
 
Harald Salfellner (Hrsg.): Mit Feder und Skalpell. Grenzgänger zwischen Literatur und Medizin, Prag: Vitalis 2014, ISBN 978-3-89919-167-7, S. 21-56: „Johann Heinrich Jung-Stilling. ‚Wenn einen der König des Himmels und der Erden zum Werkzeug macht’“. (40 Abb. – Geschrieben Dezember 2010, erschienen Juli 2014).
 Lebenslauf 1773 Unterschrift
 
Er war nicht Augenarzt, wie es sich findet z. B. bei Meyers Neues Lexikon. 2., völlig neu erarb. Aufl. in 18 Bdn. (Leipzig:) VLB Bibliogr. Inst. 1973. S. 206, Sp. 2.- Die Religion in Geschichte und Gegenwart Bd. 3, 1912, Sp. 865. – Aber: 
 
Die Augenoperationen führte er Zeit seines Lebens nahezu "nebenbei" durch. Allerdings bezeichnet er sich selbst in der LG (z. B. S. 435) als Augenarzt.   1836 stellte man fest, dass er „auf seltsame Art zum improvisirten Augenarzt“ wurde.
 
[Nebenbei: Es immatrikulierten sich in Straßburg auch Philipp Adolph Fries am 21. Januar 1772 und Johann Christian Dressler am 12. Januar 1774, beide aus Siegen.]
 
Freundschaftliche Beziehungen zu Friedrich Heinrich Jacobi (1743-1819), Johann Caspar Lavater (1741-1801), Johann Gerhard Hasenkamp (1734-1777) u. a. 
 
Siehe auch: 
Gerd Propach: Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817) als Arzt. Köln: Forschungsstelle Robert-Koch-Straße 1983 = Arbeiten der Forschungsstelle des Instituts für Geschichte der Medizin der Universität zu Köln Bd. 27 = Kölner medizinische Beiträge hrsg. v. Marielene Putscher. ISSN 0172-7036. - ISBN 3-925341-26-9. [410 S.; 7 Dokumente, 11 Abb.] 
 
Vgl. zu Lavater: 
Gustav Adolf Benrath: Die Freundschaft zwischen Jung-Stilling und Lavater. - In: Bleibendes im Wandel der Kirchengeschichte. Kirchenhistorische Studien hrsg. v. Bernd Moeller u. Gerhard Ruhbach. Tübingen: Mohr 1973, (ISBN 3-16-135332-3) S. 251-306. [S. 303 ff. Überblick über den Briefwechsel von 51 Nummern.] –
Dazu: ergänzend:
Gerhard Schwinge: Jung-Stillings Verhältnis zu Lavater. Ergänzungen zu Gustav Adolf Benraths Studie von 1973. – In: Frömmigkeit unter den Bedingungen der Neuzeit. Festschrift für Gustav Adolf Benrath zum 70. Geburtstag. Herausgegeben von Reiner Braun und Wolf-Friedrich Schäufele. Darmstadt und Kassel: Verlag der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung 2001 = Quellen und Studien zur hessischen Kirchengeschichte Bd. 6, hrsg. v. Udo Wennemuth, ISBN 3-931849-08-2; Karlsruhe: Evangelischer Presseverband für Baden e. V. 2001 = Sonderveröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden Bd. 2, hrsg. v. Holger Bogs und Bettina Wischhöfer, ISBN 3-87210-913-8. [382 S., Abb.] S. 187-195. 
 
Siehe auch die Schriften von Gerhard Berneaud-Kötz zu Jung-Stillings (augen)ärztlichem Wirken! 
 
Wolfgang Müller von Königswinter hat in den "Erzählungen eines rheinischen Chronisten" dargestellt, was in Jakobys Garten und bei der Elberfelder Zusammenkunft geschah.
 
 
1771 - 1772 (1773)
Jung versucht, in den "Kirchensachen" für Ronsdorf Einfluss zu nehmen. Erstmals arbeitete darüber Klaus Goebel nach einem Hinweis von Gerhard Merk.
 
1771 - 1773
Exkurs: Jung und die Geodäsie - seine Kenntnisse
1756 begann in Frankreich die Aufnahme des Landes durch Cassini de Thury, und in der Pfalz begann 1763 Ferdinand Denis (nebst Schuller, Christian Mayer [mit dem Graphometer von Canivet (1751-1774); "Cavinet á La Spére á Paris"] die Landesaufnahme. Dieses Unternehmen ruhte bald, und erst 1767 begann man in der Pfalz mit der Kartierung der Waldungen (unter J. P. Kling, dem aus dem Elsaß stammenden Peter Dewarat (um 1740-1800) und Joseph Etienne. Die erste Karte erschien im Jahre 1773. – Jung-Stilling ist hier – wahrscheinlich auch durch die Vorbereitung durch seinen Onkel Johann Heinrich Jung (1711 – 1786) – eingebunden worden.
 
1771 – noch in Straßburg – und 1772 bemühte sich Jung, ein Vermessungsgerät zur „Verfertigung einer Charte von der Churpfalz“ (1771-11-13) zu entwickeln. Er meint: „Ebensoviel Vorteile Ich bei meinem Instrument finden werde, ebensoviel Tadel wird ein anderer ausschütten; eine Ursache hiervon kann der Neid, die andere eine nicht hinlängliche Einsicht desselben sein, die doch ohne Widerspruch ganz vollkommen sein muß, und da sie niemand besser haben kann als Ich, der Erfinder, und da Ich den wahren Nutzen, der ungemein groß ist, einsehe, so würde es mir leid tun, wann meine Erfindung getadelt und verworfen wird, und es wäre alsdann besser gewesen, wenn ich nie damit ans Licht getreten wäre.“
 
An einen anderen Empfänger schreibt er an gleichen Tag:
„Ich bin mir des Nutzens, der Genauigkeit und ungemeinen Geschwindigkeit meines Instruments im Operieren bewußt, umso vielmehr da ich lange mit Ausmessen ganzer Ländereien, Waldungen etc. wie auch mit Grundrissen mich beschäftigt habe und also alles weiß, was die practische Geometrie vor Vorteile und auch Unbequemlichkeiten hat, ob es schon nicht mit meinem Instrument, sondern nach gewöhnlicher Art geschehen. Es wäre also gar zu leicht, daß ein Geometra, der nicht sogleich alle Vorteile des Instruments einsiehet und dem auch an meiner Ehre nicht viel gelegen, selbiges verwürfe, auch wohl nicht zu brauchen wüßte, bevorab da meine geschriebene Abhandlung nicht genug ist, einen so wichtigen Gebrauch, wie die Verfertigung einer Landcharte ist, vollkommen zu begreifen.“ Ich will im kommenden „Frühjahr mit der Arbeit anfangen und folgendes Jahr endigen und auf solche Art meines teuresten Landesfürsten hohen Willen erfüllen, die Academie vollkommen vergnügen, meine Ehre und gutes Gerücht auf festen Fuß setzen, und solcher Gestalt wird der Nutzen des Instruments so überzeugend werden, daß hernach keine Verläumdung desselben mehr Platz finden wird.“
 
Am 1771-11-27 schiebt er nach: Zu „diesem Instrument gehöret ein besonders Studium geometricum und wer dieses nicht hat, begreift auch den Gebrauch nicht vollkommen.“
 
Jung hatte sich „ohnehin ganz den Wissenschaften gewidmet“ (1772-04-14) und arbeitete weiterhin am Instrument. Mitte Januar 1773 war das Instrument fertig, und am 1773-03-05 heißt es dann: „Endlich ist heute mein Instrument aufgeladen worden, und Morgen wird es von hier abgehen können“. „Ich habe das Instrument in mögliche Vollkomenheit gesetzt, mit einem Wort, Ich habe geleistet, was ich versprochen hatte. […] dieses Instrument [ist] völlig brauchbar und es braucht nur recht wohl ausstudiert werden, damit man damit umzugehen weiß, so kann man mit dem größten Vergnügen sehen, was man noch nie in der Geometrie gesehen und geleistet hat. Ich zweifle nicht, es werden sich Tadler finden, die es verkleinern, Ich bin aber ruhig dabei, Ich weiß, Ich habe geleistet, was Ich versprochen habe.“ (1773-03-18)
 
Noch deutlicher wird Jung am 1773-07-27: „In geographischen Arbeiten ist dieses Werkzeug ein uniques, unfehlbares Instrument, es gehören nur unparteiische geometrische Augen dazu, um es zu sehen. Man fordere nur die Auflösung aller Problematum von mir, und dann sehe man, ob Ich nicht demonstrative dartue, daß kein Instrument mehr in der Welt ist, das da leisten kann, was dieses leistet.“
Mit dem 1773-03-30 ist klar: Das Instrument ist zwar angekommen, aber in zerbrochenem Zustand.
 
Damit endet diese Bemühung Jungs um die Landvermessung (Geodäsie) noch nicht:
 
„Marburg, den 18. Julius 1796“ unterzeichnet „Dr. Johann Heinrich Jung“ seine „Vorrede / über die wirksamsten Mittel zur Einführung der verbesserten / Forstwirthschaft.“
 
Dies sind die Seiten S. V-XVIII in dem Werk:
   
„Die / praktisch=geometrische / Aufnahme der Waldungen / mit der Bousole und Meßkette. / Ein Beitrag zur Forstwissenschaft. / Nebst einer Vorrede / von Herrn Hofrath D. J. H. Jung. / Herausgegeben / von / H. C. Moser. / Mit 2 Kupfern und einer illuminirten Charte. / Leipzig 1797. / bei Heinrich Gräff.“
 
Jung war immer stolz auf seine mathematischen Kenntnisse gewesen. Davon zeugen z. B. seine Gespräche mit dem Schulmeister Zahn/Dentius im „Volkslehrer“, in denen er z. B. auf zwei Werke von Christian von Wolff (1679-1754) verweist.
    
Aber tatsächlich hatte schon früh ein Mathematiker „mit Allegirung [= Zitierung] verschiedener Autoren, deren ähnliche Erfindungen durch die Tabulas [= Tabulae sinuum tangentium …] außer Mode gekommen sind“, „die Unbequemlichkeiten des Instruments“ (Goethe; 1771-04) kritisiert. [Durch das Wort "Instrument" kann sich diese Kritik nicht auf die "Physisch-Chymische" Arbeit von 1772 beziehen; siehe hier unter 1772.]
 
Sonst ist weiteres zu dieser Vermessungssache bisher nicht bekannt. - Interessant ist aber, dass ein anderer Kritiker Jung-Stilling später bescheinigte:
 
„Von Philosophie, Naturkunde und Astronomie kennt er nichts“ (1808-12-02),
   
denn: „Das Feld der Mathematik und der Astronomie bleibt denn doch immer ein sehr ungünstiges Terrain für oberflächliche Kenntnisse und unbestimmte Deklamationen, da man hier mehr als in jeder andern Wissenschaft der Gefahr ausgesetzt ist, sich Blößen zu geben, die nur zu leicht auffallend, und dann - (durch die wichtige Miene beim Vortrage) lächerlich werden. - Geogenie, kritische Philosophie, antiphlogistische Chemie, Brownianismus und Französische Revolution sind das Feld, wo bei geringen Kenntnissen und einer sehr beschränkten Uebersicht der Dinge, aber einer großen Gabe zu deklamiren, sich leicht das große Wort führen läßt, ohne daß man zu befürchten Ursache hat, von einem Manne von solidern, bescheidenern Kenntnissen etwas unsanft, ehe man es sich versieht, ad absurdum geführt zu werden.“ (1799-12-17)
 
Derselbe Rezensent fügt dann das vernichtende Urteil bei:
  
„Hofrath Jung besaß nicht genug astronomische und arithmatische Kenntnisse, um einzusehen, daß man einen solchen Cyklus aus jeder Zahl berechnen könnte, – und daß das Ganze auf der arithmetischen Aufgabe beruht: daß wenn man einen Rthlr. in 90 Theile eintheilt, so hat man 90 Xr., und wenn man nun umgekehrt diese 90 Xr. zusammenlegt: so hat man wieder einen Rthlr.
Ich habe ihm dieses drey oder viermahl erklärt, aber eben mit keinem glücklichen Erfolge. Er konnte es immer nicht begreifen, daß man aus jeder Zahl so einen Cyklus berechnen könnte, der besser mit dem Himmel stände, als der seinige, – und daß dieses jeder Schulmeister könne, der nur die vier Species [= Grundrechenarten] verstehe.“ (1808-12-02)
 
 
1773 
22. April: In Abwesenheit wird Jung - nachdem er als "Med. Licent." seinen in lateinischer Sprache abgefassten (und erhaltenen) Lebenslauf (siehe hier) übersandt hatte - in Straßburg zum Doktor der Arzneigelehrtheit (Dr. med.) promoviert. Der vollständige Text der Promotionsschrift findet sich unter den hier abgedruckten Quellen: Die gedruckte Doktorproklamation zur "Geschichte des Nassau=Siegenschen (Stahl= und) Eisen(gewerbe)s" mit dem Datum "Argentorati Idibus Aprilis MDCCLXXIII.".  
 
26. August: Erste Augenoperation in Wichlinghausen (heute zu Wuppertal). 
 
Eine - von mehreren - Rezensionen der Promotionsschrift erscheint; siehe hier
 
1774 
22. Juli: Sogenannte "Elberfelder Zusammenkunft". Goethe besucht Jung und nimmt das Manuskript von "Henrich Stillings Jugend" an sich, das er nach Überarbeitung ohne Wissen Jung-Stillings zum Druck bringt (s. 1777). – Brotneid und Mißtrauen verleiden Jung das Leben in Elberfeld. 
Nota: Friedrich Heinrich Jacobi (1743-1819), jedoch nicht, im Gegensatz zur Lebensgeschichte (S. 320, 729), "sein Bruder der Dichter" Johann Georg Jacobi nahm an der Zusammenkunft teil! Bereits 1818 schreibt Friedrich Heinrich Jacobi: " Mein Bruder war gar nicht gegenwärtig". Dieses "nicht" ist nun aber genau so "eindeutig" wie die Lehrsprache in Straßburg/Strasbourg: Christoph Hermann Gottfried Hasenkamp vermerkt nämlich in seinem Tagebuch, dass beide Jacobis anwesend gewesen waren. – Siehe auch Goethes Bericht selbst unter den Texten. 
Vgl. das in Bezug auf Jung-Stilling noch immer nicht völlig fehlerfreie Werk: 
  • Hermann M[artin]. Flasdieck: Goethe in Elberfeld. Herausgegeben von Klaus Goebel. 3., veränderte Auflage. Wuppertal 1999 (Stadtbibliothek Wuppertal, Wuppertal 1999, In Zusammenarbeit mit der Goethe-Gesellschaft Wuppertal und dem Bergischen Geschichtsverein, Abteilung Wuppertal. ISBN 3-9806433-1-X). 
  •  
  • Siehe auch: Wilhelm Siebel: Goethe besucht Jung-Stilling in Elberfeld. – In: Siegerländer Heimatkalender 1956 [sic] Jg. 31, 1955, S. 93-97. 

Zu Georg Friedrich Grohe (falsch: Grahe) als Teilnehmer siehe ausführlich die Arbeiten von Manfred Wichelhaus und Ursula Broicher unter Neuere Arbeiten.

   
1775 
Abfassung von "Die Schleuder eines Hirtenknaben gegen den hohnsprechenden Philister, den Verfasser des Sebaldus Nothanker", Friedrich Nicolai (1733-1811). 
In: Friedrich Nicolai. Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Kritische Ausgabe. Mit 22 Illustrationen. Hrsg. v. Bernd Witte. Stuttgart: Reclam (1991. ISBN 3-15-008694-9) = Reclams Universal-Bibliothek Nr. 8694, findet sich S. 576-578 ein Nachdruck der Seiten 13-19 von Jung-Stillings "Schleuder". 
Kritische Gegenschriften zu Jung-Stillings Schrift – und diese selbst - finden Sie unter den Quellen
Vgl.: Klaus Lazarowicz: Verkehrte Welt. Vorstudien zu einer Geschichte der deutschen Satire. Tübingen: Niemeyer 1963. [Darin S. 84-94: "IV. Die verfehlte Satire. Jung-Stillings ‚Schleuder eines Hirtenknaben'."] 
In diesem Werk äußert sich Jung-Stilling erstmals über den Islam, die Muslime, die Mohammedaner; siehe dazu ausführlich hier nebst der dort abgedruckten Erzählung „Selim und Irene“.
 
Im Februar fehlgeschlagene Operation an Heinrich Ludwig von Lersner (1703-1785); siehe dazu den Operationsbericht in
Johann Heinrich Jung–Stilling: Geschichte meiner Staar Curen und Heylung anderer Augenkrankheiten hrsg. sowie mit einer Einführung und Anmerkungen versehen v. Gerhard Berneaud-Kötz. Siegen: Jung–Stilling–Gesellschaft (1992) und Goethes Erzählung unter den Quellen.   
Aus dem Nachruf auf Lersner (geb. 1703) erfahren wir auch dessen Todesdatum - 20. Juni 1785 - und etwas Neues über die Operation:
Den 20ten Jun. starb in Frankfurt am Mayn Herr von Lersner, ein würdiger Greis, der schon seit vielen Jahren staarblind war. Er hatte sich von einem auf seine Kosten hieher beschriebenen Augenarzt operiren lassen; allein die Cur war unglücklich abgelaufen. Einer von seinen ihn damahls besuchenden Freunden äußerte von ungefähr seine Verwunderung, daß die Operation gerade bey ihm mißlungen wäre, da der nämliche Mann unterschiedlichen andern Personen zu der nämlichen Zeit wieder zu ihrem Gesicht verholfen hätte. Der edle Blinde, der damahls noch unter großen Schmerzen das Bett hüten mußte, hörte diese Rede, welche nicht an ihn gerichtet war, und erkundigte sich begierig nach den nähern Umständen. Man nennte ihm die glücklich Operirten her, meistens arme Leute, die dem Augenarzt nicht einen Heller zahlen konnten. Nun Gott Lob! sagte Lersner, so will ich mein Unglück mit Geduld ertragen, weil es doch andern genützt hat, die den Arzt nicht hätten kommen lassen können. [...]
Im Juni 1775 berichtete eine große Zeitung:
„Herr D. Jung aus Elberfeld hat vorigen März sieben Personen hier den grauen Staar extrahirt, wovon sechs alles wieder recht gut sehen können, der siebende aber, ein Herr von hohem Alter noch nicht. Dieser rechtschaffene Arzt kommt den 2ten August deswegen wieder her, um wo möglich durch Gottes Beistand, auch diesen noch völlig herzustellen. Wer seine Hülfe benöthigt ist, muß sich aber zeitlich[...] melden, weil er nach dem 12ten August niemand mehr operieren wird.“
 
In den Frankfurter gelehrten Anzeigen veröffentlicht Jung-Stilling zwei Rezensionen– jetzt durch mich auch die zweite nachgewiesen. - Die Texte finden sich hier. Vgl. umfangreich dazu hier.
 
August Friedrich Cranz, = "Pater Gaßner der Jüngere", schreibt über die "Schleuder eines Hirtenknaben"; siehe hier
 
1776 
"Die große Panacee [= Allheilmittel] wider die Krankheit des Religionszweifels" kommt heraus, der die "Theodicee [= Rechtfertigung Gottes] des Hirtenknaben als Berichtigung und Vertheidigung der Schleuder desselben" folgt. 
Vgl. zu diesen Schriften von 1775 und 1776 (unter den Quellen abgedruckt): 
Rainer Vinke: Jung-Stilling und die Aufklärung. Die polemischen Schriften Johann Heinrich Jung-Stillings gegen Friedrich Nicolai (1775/76). Stuttgart: Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH 1987 = Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz. Bd. 129. Abtlg. f. abendländ. Religions-Geschichte. Hrsg. v. Peter Manns. ISBN 3-515-04933-9. [382 S.] 
 
1776
Im letzten Quartal des Jahres hat (nach den Quellen) Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (geb. Weimar 1757-09-03, Herzog seit 1758, Regent seit 1775, gest. Schloß Graditz bei Torgau 1828-06-14) Jung-Stilling unterstützt (in welcher Form ist noch unklar, betraf aber wahrscheinlich den jungen Literaten). Sollte Goethe hier gewirkt haben? Sollte er nur im Auftrage Jung unterstützt haben? Dies könnte erklären, woher der junge Advokat am Weimarer Hof selbst so viel Geld entbehren konnte, um Jung zu unterstützen. Immerhin handelte es sich um 115 Reichstaler in Gold (LG S. 344). – 1779-10-07 (Briefe S. 95-96) spricht Jung-Stilling (in anderem Zusammenhang ?) vom „Bruder Herzog“. Am 5. Februar 1782 wurde Karl August in der Loge Amalia in Weimar Freimaurer und im Dezember desselben Jahres unter dem Namen „a Falcone albo“ Ritter der Strikten Observanz. Vgl. auch 1779-10-17 Goethe an Lavater. - Inwieweit hier Beziehungen zur Freimaurerei verborgen sind, bedarf der weiteren Forschung. Auch Düntzer sagt dazu weiter nichts.
 
1776-12-19: Jung wird Mitglied der Kurfürstlich ökonomischen Gesellschaft zu Lautern. (Unter den „Membres Honoraires.“ wird verzeichnet mit dem Eintrittsjahr „1776. M. Jean Jung, Oculiste à Elverfeldt.“)

 

Jung-Stillings Titulatur und Mitgliedschaften (Übersicht)

Doktor der Arzneikunde [1772]

Doktor der Weltweisheit ehrenhalber [1786],

Gründungsmitglied der Geschlossenen Lesegesellschaft zu Elberfeld [1775-01-05]

Mitglied der Kurfürstlich ökonomischen Gesellschaft zu Lautern (seit 1776-12-19),

Professor für ökonomische Wissenschaften in Kaiserslautern [1778],

Professor für ökonomische Wissenschaften in Heidelberg [1784]

Mitglied der Kurpfälzischen ökonomischen Gesellschaft in Heidelberg,

Kurpfälzischer Hofrat [1785],

Professor für ökonomische Wissenschaften in Marburg [1787],

Mitglied der Kurfürstlichen deutschen Gesellschaft in Mannheim [1799 auswärtiges Mitglied, a. o. Mitglied 1782-12-14; o. Mitglied 1784-11-13,],

Mitglied der Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste in Kassel [1787-05-28]

[seit 1787-10-09] Mitglied der Leipziger ökonomischen Sozietät Mitglied"

 seit 1797-09-25 Mitglied der „Königlichen Societät der Wissenschaften und Künste“ in Frankfurt an der Oder


   
1777 
"Henrich Stillings Jugend" liegt im Buchhandel vor; der Name "Stilling" (vgl. Psalm 35, Vers 20 b; auch als Charaktereigenschaft deutbar: los mansos [die Stille]) verbindet sich nun dauerhaft mit Johann Heinrich Jung. Seit dieser Zeit gehört er als "Jung-Stilling" zum Fundus deutscher Literatur(geschichte). 
Literaturangaben und Hinweise zur "Jugend" finden sich unter diesem Link; hier wird auch auf das Hörbuch zur Lebensgeschichte hingewiesen.
 
Zu dem berühmten Märchen "Jorinde und Joringel" siehe man ausführlich hier und hier. -
 
 
Zur Übersetzung der 'Volkslieder' in die englische Sprache siehe man unter 1795 in der Bibliographie.
  
1777-1778 
Arbeiten Jung-Stillings über das Siegerländer Eisengewerbe erscheinen und provozieren einen Streit mit Johann Philipp Becher (1752-1831; zu ihm siehe hier); siehe dazu unter Quellen
  
1777-1778 
Naturerscheinungen lassen Jung-Stilling seit dieser Zeit annehmen, dass die Endzeit (nahe) sei:

"denn es hat freilich das ansehen, daß wir noch vielerley Gerichte zu erwarten haben, allein wann sie kommen werden, wen sie treffen werden, u. d. g. das hat Gott seiner Macht vorbehalten, auch das muß ich euch versichern, daß wir noch nicht nahe am jüngsten Tag sind, denn es müssen noch andere Dinge vorhergehen, ehe der kommt. […] gnug ich muß einmal sterben, die Sterbenszeit, und der Angstschweiß geht bald vorüber, und dann, dann haben wir ja in alle Ewigkeit nichts mehr zu fürchten, jene Welt wird durch keine Kraft in der Natur zerstört werden." –

(Jung hatte im Auftrag der Kameral Hohen Schule die Wetterdaten festzuhalten und an Interessierte weiterzugeben.) - Siehe unter 1793. 

Exkurs: Jung als "Wettermann":

1780 gründete Kurfürst Karl Theodor in Mannheim die "Pfälzische Meteorologische Gesellschaft", die ein phänologisches Beobachtungsnetz in der Kurpfalz (1780) sowie ein Netz meteorologischer Stationen in Europa, Grönland und Nordamerika mit einheitlichen Instrumenten und Beobachtungsstunden schuf. Die "Societas Meteorologica Palatina" bestand bis 1795 und gilt als Vorläuferin der WMO, der World Meteorological Organization (,  der Organisation météorologique mondiale = OMM) mit Sitz in Genf.

An der Arbeit dieser „Pfälzischen Meteorologischen Gesellschaft“ beteiligte sich auch Jung, wie bereits 1781 durch Johann Lorenz Böckmann bekannt gemacht wird, wenn er schreibt:

„Die hohe Schule zu Lautern war die erste öffentliche Anstalt, die sich mit uns zur gemeinschaftlichen Bearbeitung dieser nüzlichen Wissenschaft verschwisterte. Noch im Jahr 78 erhielt ich diese schätzbare Versicherung von ihrem würdigen Vorsteher, Herr Regierungsrath Medicus, und von ihren verdienstvollen Lehrern Succow und Jung und schon mit dem Anfange des folgenden Jahrs ward ihr Versprechen erfüllt.“

Jungs Berichte werden somit u. a. eingeflossen sein in:

Ephemerides Societatis meteorologicae Palatinae (Hrsg.): Historia et observationes anni 1781. Ex officina Novae societatis typographicae, 1783.

  
1778 
Berufung Jungs als Professor für praktische Ökonomik (= Kameralwissenschaften) auf den Lehrstuhl für Landwirtschaft, Kunstwissenschaft [= Technologie, Produktionswissenschaft], Handlungswissenschaft und Vieharzneikunst an die Kameral Hohe Schule nach Kaiserslautern.
Begonnen hatte diese Veränderung im Leben Jungs mit einem Spionageauftrag von Medikus an Jung-Stilling (LG S. 346), den dieser als zu „gefährlich“ ablehnte, dafür aber dann „durch allerhand nützliche Abhandlungen“ (s. o.) die Berufung einleitete. Nur an einer Stelle in der Literatur wird auf das folgende juristische Problem hingewiesen: Jung „hatte die Subscription auf die Werke der staatswirthschaftlichen Gesellschaft übernommen und Geld empfangen, er war also auch an Herrn Eisenhart acht und zwanzig Gulden schuldig geworden, die er nicht bezahlen konnte“ (LG S. 353). Medikus strich die Summe aus und Jung kam nach Lautern. – Nebenbei: Dr. iur. Johann Caspar Goethe (1710-1782), der Vater von Johann Wolfgang, zahlte seinem Gärtner, wie aus seinem über Jahrzehnte gewissenhaft geführten Haushaltsbuch (Liber domesticus) hervorgeht, ein Jahresgehalt (!) von 24 Gulden. Ein Dillenburger Kammerrat bezog als einer der obersten Beamten 1770 ein Jahresgehalt von 350 Gulden. 
 
Vgl.: Gustav Adolf Benrath: Johann Heinrich Jung-Stilling. - In: Genie und Geld. Vom Auskommen deutscher Schriftsteller. Hrsg. v. Karl Corino. Mit 34 Portraitzeichnungen von Peter Anders. Nördlingen: Greno 1987 = ISBN 3-89190-413-4; 3-89190-513-0 = Krater Bibliothek; S. 129-139. –
    
Auch als Taschenbuch: Karl Corino (Hrsg.): Genie und Geld. Vom Auskommen deutscher Schriftsteller. Mit 34 Portraitzeichnungen von Peter Anders. (Reinbek bei Hamburg:) Rowohlt (1991. ISBN 3-499-18835-X) = rororo Bd. 1980, rororo Sachbuch 8835.
Sehr einfühlsam und sachkundig stellt Otto W. Hahn S. 57-73 das Verhältnis von Jung-Stilling zu Ludwig Benjamin Martin Schmid dar. Neben der Verwechslung des Namens Schmid mit dem Beruf des Schmiedes S. 69 ff. (vgl. hier) gibt es einige unbeachtete Texte und Probleme, die hier vorgestellt werden sollen.
 
Zu Jungs Problemen mit Professor Tom/Ibbeken hier die ausführliche Darstellung zu diesem "Aventurier" nach wenig bekannten Dokumenten.(1775 erschienen von ihm in Frankfurt:  komisches Drama „Der Abstand, ein Gaukelspiel“, „Der Amtmann Klefeldt“ und das Singspiel „Der Zauberer“; je mit historischen Vignetten von Georg Melchior Kraus (1737–1806).)
 
"Stillings Jünglingsjahre" und "Stillings Wanderschaft" kommen heraus. – Geldsorgen veranlassen Jung, neben ökonomischen Fachbüchern auch Romane zu schreiben. Bereits 1846 wusste man: Romane „sind ihm ein Mittel, um seine Ansichten der speciellesten Leitung der menschlichen Angelegenheiten durch die göttliche Vorsehung mit Beispielen zu belegen.“ 
 
Wie nahezu bei jedem Beginn eines neuen Lebensabschnitts kam es auch hier zu Problemen: Die LG S. 375 berichtet über das Gut Siegelbach, zu dem hier mehr gesagt wird.
 
Nahezu unbekannt ist die wohl aus diesen Streitigkeiten entstandene Schrift "Wilhelmens Ehestand", die Ende 1779 bzw. 1780 erschien. Ich vermute "Spässel" - also Johann Nepomuk Gruber - als Autor; damit diese Schrift einmal in die Untersuchungen einbezogen werden kann, habe ich sie hier nachgedruckt. (Über Hinweise freute ich mich sehr und gebe den Text auch gern weiter.)
 
Zu der berühmten Geschichte "Großvater und Enkel" (S. 85; Kump bzw. für den alten Mann) siehe man ausführlicher hier.
 
Siehe zum Thema Jung-Stilling als "Kameralwissenschaftler" auch hier. –
 
 
Die Anzeige seiner Bestallung im "Deutschen Museum" (hrsg. v. Boie und Dohm) findet sich unter den Quellen
 
Vgl. zu den wissenschaftlichen Schriften Jung-Stillings sehe man: 
Anneliese und Waldemar Wittmann: Jung-Stilling, der >cameralische< Okkultist. - In: Medizingeschichte in unserer Zeit. Festgabe für Edith Heischkel [-Artelt] und Walter Artelt zum 65. Geburtstag. Hrsg. v. Hans-Heinz Eulner, Gunter Mann, Gert Preiser, Rolf Winau und Otto Winkelmann. Stuttgart: Enke 1971, S. 300-340. 
Dieser Aufsatz ist eine fundierte Würdigung des "Kameralisten" und Staatswissenschaftlers Johann Heinrich Jung-Stilling, die S. 333-340 eine bibliographische Zusammenstellung der wissenschaftlichen Arbeiten Jung-Stillings enthält. – Der Titel enthält, indem er auch die "Theorie der Geister=Kunde" (1808) einbezieht, einen sprachlichen Scherz für die Gefeierten, denn Goethe bezeichnete am 17. Oktober 1779 Jung-Stilling als "der treue kameralische Okulist". [Okulist – Okkultist: Augenarzt – Anhänger der Lehre von den übernatürlichen Erscheinungen und Wahrnehmungen.] –
 
Eine ähnliche Bibliographie bringt Klaus Friedrich Pott im Vorwort seines Neudrucks von Jung-Stillings "Handlungswissenschaft" von 1799 im Jahr 1995. 
 
Zum Weg Jung-Stillings in sein erstes akademisches Lehramt siehe: 
Helmut Busch: Der Weg Jung-Stillings in sein erstes akademisches Lehramt. – In: Aus der Geschichte des Lehrerseminars und des Jung-Stilling-Gymnasiums in Hilchenbach [.] Diese Schrift erscheint anläßlich des Stadtjubiläums 300 Jahre Stadtrechte Hilchenbach 1687-1987. Hilchenbach (1. Aufl. 1982 und 2. Aufl.) 1987, S. 87-95. 
Vgl. zu den Romanen Jung-Stillings 
Hans Grellmann: Die Technik der empfindsamen Erziehungsromane Jung-Stillings. Ein Beitrag zur Empfindsamkeit und Aufklärung. Neu hrsg. u. m. Vorwort, Dokumenten u. Anm. versehen von Erich Mertens. Kreuztal: verlag die wielandschmiede (1993. - ISBN 3-925498-46-X. – 343 S., 13 Abb.) 
Jung-Stillings Aufsätze und Erzählungen in dieser Zeit finden Sie unter den Texten
 
 
1778
erscheinen Rezensionen der drei ersten Teile der Lebensgeschichte; siehe hier.
 
1779 
Die "Geschichte des Herrn von Morgenthau" wird als Roman publiziert. 
    
Wintersemester 1779 – 1780: Jungs Lehrprogramm:
  
   „Theoretische und mathematische Collegia. […] Grundlehre sämmtlicher Kammeralwissenschaften wird Herr Professor Jung nach seinem eigenen Lehrbuche Nachmittags von 2 – 3 vortragen.[…] Praktische Wissenschaften.Die Technologie oder die Gewerblehre und das Fabriquenwesen wird Herr Professor Jung Morgens von 9 – 10 Uhr nach Beckmanns Lehrbuche erklären.Die Handlungswissenschaft wird der nämliche Morgens von 11 – 12 nach Mays Grundsätzen vortragen. […] Die Vieharzneykunst wird Herr Professor Jung nach Erxlebens Vieharzneykunde Nachmittags von 4 – 5 vortragen. Die Handlungsgeographie wird der nämliche, wann das Collegium über die Grundlehre wird geendiget seyn, Nachmittags von 2 – 3 über den Gatterischen Entwurf. S. dessen Abriß der Geographie XIX – XXXIV lehren. […] Die Gesellschaftliche Bibliothek wird alle Dienstag Abends von 5 – 7 geöfnet, und hat jeder daselbst einen freien Zutritt." [Jung hatte die Aufsicht.]
 
1780
Johann Philipp Becher verfaßt sein "Schreiben eines Siegerländers an Herrn Professor Jung, in Lautern"; siehe hier.
 
Sommersemester 1780: Jungs Lehrprogramm:
 
„Dies halbe Jahr wird für die neu ankommenden Jünglinge ein Collegium über den ganzen Zusammenhang sämtlicher ökonomischen Kameralwissenschaften gelesen. Dieses wird von Herrn Professor Jung über sein eigenes Lehrbuch, Versuch einer Grundlehre sämtlicher Kameralwissenschaften, Nachmittags von 3 bis 4 Uhr vorgetragen. [...] Der Professor Jung lehrt die Gewerbwissenschaften jährlich zweimal, auser daß nur immer die Landwirthschaft und Forstwissenschaft im Winter aber nur die Vieharznei gelesen wird. Seine Collegia sind künftigen Sommer folgende: Morgens von 6 – 7 wird er die Landwirthschaft nach Hrn. Beckmanns Grundsätzen der deutschen Landwirthschaft 2te Auflage, vortragen, auch öfters seine Zuhörer auf das Feld führen, um sie mit dem praktischen der Landwirthschaft bekannt zu machen. Von 8 – 9. wird er die Handwerkskunde nach Herrn Beckmanns Anleitung zur Technologie erklären. Von 10 – 11 lehrt er die Forstwissenschaft, und wird dabey Herrn Gleditschens Lehrbuch zum Grund legen, auch erbietet sich Herr Forstmeister Rettich die Herren Studirende bei Vorfällen mit in den Wald zu nehmen, und ihnen das praktische zu zeigen. Nachmittags von 3 – 4 wird er die Grundlehren wie oben gemeldet, vortragen, wenn dieses Collegium aber geendigt ist, so lehrt er in der nemlichen Stunde die geographische Handelsgeschichte nach Landcharten und Andersons Geschichte der Handlung, wo aber kurze Sätze in die Feder diktirt werden. Abends von 5 – 6 wird er die Handlungswissenschaft, und zwar in den wirtschaftlichen Theil nach Mays Einleitung in die Handlungswissenschaft, den politischen aber nach Sonnenfels 2ten Theile seiner Policei=Handlungs= und Finanzwissenschaft, welcher die Handlung allein enthält, erklären. [...].“
„Da viele wegen Kosten, die der Aufenthalt in Lautern erfordert, unterrichtet zu seyn wünschen, so wird hiemit bekannt gemacht, daß sich ein jeder an Herrn Prof. Jung zu wenden hat, unter dessen Aufsicht der Pedell der Hohen Schule sowohl Logis als Tische in verschiedenen, aber allemal billigen Preisen, den Studenten anweisen wird. [...].“
 
1781 
18. Oktober: Tod seiner Frau Christine in Kaiserslautern. Ein Grabstein ist nicht erhalten. – Der Roman "Die Geschichte Florentins von Fahlendorn" wird gedruckt. 
Noch am 1. April 1781 publizierte ein Anonymus in seinem Werk "Briefe eines durchs Elsas Reisenden." seinen Eindruck von der Kameral Hohen Schule in Lautern und schrieb: 
"Noch mehr vergnügten mich die Lehrer. Jung, [ist] ein offener, rechtschaffener Mann, und in seiner Familie, wie es mir schien, recht glüklich;" 
Im Oktober 1781 beschließt das Oberamt Lautern, die Witterungsverhältnisse zu überwachen. Jung-Stilling unterzieht sich dieser Aufgabe.
 
1781 
Der "Versuch eines Lehrbuches der Forstwirthschaft" erscheint; siehe dazu unter den Quellen
 
 
1781
werden verschiedene Ankündigungen des „Volkslehrers“ veröffentlicht; siehe hier.
Johann Philipp Becher schreibt im "Schlözerschen Briefwechsel" in den Jahren 1781–1782 gegen Jung-Stilling; siehe hier.
  
Werke Jungs werden in die französische Sprache übersetzt; so die Geschichte von Clarenbach, dem "Handlungs-Genie" (Sur le génie du commerce") und auch der Bericht "Description de la maniere de faire du charbon de bois dans le pays de Nassau-Siegen". - Damit dürfte die Bemerkung in der Edition Schwinge S. 403  falsifiziert sein. Siehe ausführlich dazu hier!
 
1781-07-16 besuchte erstmals nach ihrer Errichtung Kurfürstin Elisabeth Auguste, Pfalzgräfin bei Rhein usw., die Kameral Hohe Schule. Als viertältester Studierender an dieser Schule unterzeichnete das Carmen für sie Johann Heinrich Jung (1761-1832) nach Johann Heinrich Rödel, Karl Friedrich Rettig (beide aus Kaiserslautern) und Johann Friedrich Wilhelm von Cöln (aus Lippe-Detmold). 16 weitere Studierende folgen. Alle waren auch Studenten bei Jung-Stilling. Jung-Stilling hatte mit seinem gleichnamigen Vetter ein Jahr zuvor die Sternwarte in Mannheim besucht. Die beiden Besucher kamen damals mit dem dortigen berühmten Astronomen Christian Meyer (1719-1783) in persönliche Berührung. – Ein Stammbucheintrag des Studenten hat sich ebenfalls erhalten.
   
1781-1784 
Es erscheint die von Jung geschriebene Monatsschrift "Der Volkslehrer". – Das genaue Inhaltsverzeichnis über alle Bände findet sich auf einer separaten Seite (dazu Rezensionen und zur Sprache des VL), siehe unter Quellen. (Der gesamte Text liegt in kommentierter Fassung mir druckfertig vor.)  Das "Goldene Buch" daraus finden Sie hier.
Siehe dazu auch die (kommentierten Teil-) Nachdrucke: 
  • Gesellschaftliche Mißstände. Eine Blütenlese aus dem "Volkslehrer". Neu hrsg., eingel. u. m. Anm. versehen v. Gerhard Merk. Berlin: Duncker & Humblot (1990. ISBN 3-428-06782-7.) 
  •  
  • Gesellschaft, Leben und Beruf. Geschichten aus dem "Volkslehrer". Hrsg., eingel. u. m. Anm. versehen v. Gerhard Merk. Berlin: Duncker & Humblot (1990. ISBN 3-428-06916-1.) 
  •  

Christian August Wichmann (1735-1807) sieht die Sprache des Volkslehrers ähnlich wie Lavater in dem bekannten Brief an Jung-Stilling. Er schreibt 1784: 
„Ein Buch, das der Bauer nicht bezahlen kann, muß er ungelesen und ungenutzt lassen. – So hätte vor einigen Jahren das Wochenblatt für den gemeinen Mann *) so wohl wegen seines mannichfaltigen lehrreichen Innhaltes, als wegen der allgemein verständlichen Schreibart seines Verfassers, eine gar nützliche Schrift für den Landmann werden können, wenn es nicht dem immer geld=armen Landmanne zu theuer gewesen wäre. […] 
So ein Buch konnte auch wohl der so genannte Volkslehrer, eine neue Monatschrift *), werden, wenn der Ankauf desselben dem Bauer nicht eben so schwer gemacht, und der wichtige Innhalt nicht vielleicht durch einen Vortrag verdorben worden wäre, der dem Bauer schon deßwegen nicht gefallen konnte, weil dieser seine eigene Sprache wohl noch in dem Munde des Puppen=Komödianten gern hören mag, aber in dem gedruckten Buche dessen, der sein Lehrer seyn will, eben diese Sprache selbst am ersten ekelhaft findet. Der Bücherschreiber, der ihn unterrichten will, muß ihm ein edler und ehrwürdiger Mann, auch ins einer Sprache bleiben; simpel und verständlich muß diese Sprache seyn, aber nie gemein, nie bäurisch=schwatzhaft: sonst verachtet er den Schriftsteller, lacht über dessen noch so gut gemeinten Rath, und macht sich nichts aus dem Buch. Aber drey Groschen für das Stück von 4 kleinen Bogen sind an sich schon kein Kauf für den Landmann. Diese Monatschrift ist also auch nicht in die Hände des Volkes gekommen.“
 

In diesem "Volkslehrer", dem späteren "Intelligenzblat für Hessen", dem "Bauernfreund", dem "Grauen Mann" usw. zeigt sich Jung-Stilling als Pädagoge. Siehe dazu das Werk: 

  • Reiner Ullrich: Johann Heinrich Jung-Stilling. Versuch einer Einordnung in die Pädagogik. Zulassungsarbeit zur 1. Prüfung für das Lehramt an Volksschulen Sommer-Semester 1964. Fach: Historische Pädagogik. Vorgelegt der Pädagogischen Hochschule Reutlingen. Beratender Dozent: Dr. Fritz Loser. Juni 1964 [135 S. masch. Reutlingen 1964]. (Das jedoch trotz Vorbereitung zum Druck durch mich noch nicht die Genehmigung des Autors dazu erhielt.) 
Siehe neuerdings: 
  • Markus Schmeck: Ökonomischer Fortschritt durch bessere Bildung – Wirtschaftsberufliche Vorschläge bei Johann Heinrich Jung-Stilling. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft 2003. (ISBN 3-928984-24-1) [112 S., 9 Abb. 
  •  
  • Carola Thamm: Wirtschaftpädagogik vor der Wirtschaftspädagogik. Johann Heinrich Jung-Stillings "Gemeinnütziges Lehrbuch der Handlungswissenschaft (1785, 2. Aufl. 1799)", ein Vergleich von spätaufklärerischer Wirtschaftdidaktik mit heutigen wirtschaftspädagogischen Ansätzen. Freie wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des Grades einer Diplomhandelslehrerin am Department für Betriebswirtschaft - Munich School of Magenagemt - der Ludwig-Maximilians-Universität München; Referent. Prof. Dr. Volker Hoffmann. – 2005-06-30. – 3 Bl. 64 S., 3 Abb., masch. – Diesen Text darf ich mit freundlicher Genehmigung der Autorin auf meiner web-site hier veröffentlichen: 
Ein Hinweis sei gegeben zu: 
  • (Holger Böning/Reinhart Siegert:) Volksaufklärung. Biobibliographisches Handbuch zu Popularisierung aufklärerischen Denkens im deutschen Sprachraum von den Anfängen bis 1850. Bd. 2 (Teilband 2.1; 2.2). Stuttgart-Bad Cannstatt: frommann-holzboog 2001, Bd. 2.1, Sp. 396-398, Nr. 2132: 
Holger Böning (HB) konnte nicht klären, ob der "Neue Volkslehrer für alle Stände" Nachfolger des "Volkslehrers" von Jung-Stilling sei. Im letzten Heft dieser Zeitschrift findet sich – Jung-Stilling war im Herbst 1784 mit der Kameral Hohen Schule von Kaiserslautern zur Universität Heidelberg versetzt worden – S. 767-(768) die: "Nachricht ans Publikum." unter den Texten
 
Übersetzungen des Volkslehrers in andere Sprachen und andere Auflagen sind wie Nachdrucke einzelne Aufsätze nachweisbar.
 
1782 
Am 14. August: Heirat mit "Selma von St Florentin", das ist Maria Salome ("Selma") von Saint George (1760-1790), einer gebürtigen Wiesbadenerin, durch Vermittlung von Sophie von La Roche (1730-1807; von ihr sagt Jung: sie ist „eine gute Freundin, eine sehr vortrefliche Frau, die ich so liebe, als wenn sie meine leibliche Mutter wäre“.). Dieser Ehe entstammen sechs Kinder [siehe …]. 
Zur Hochzeit predigte Daniel Ludwig Wundt; seine Traupredigt druckt Jung-Stilling in seiner Lebensgeschichte S. S. 282-292 ab. Die Überschrift zu ihr ließ er dabei fort; sie lautet: „Das Glück der ehlichen Freundschaft. / Bey der Trauung des Herrn Heinrich Jung, / Professors an der Kameral Hohenschule / zu Lautern, mit Jungfer Maria / Salome von St. George.“
Zu Jung-Stillings Ehen siehe man hier
In der "Lebensgeschichte" findet sich durch Jung-Stilling die Angabe "Selma von St Florentin", nach der ihr Name dann immer falsch angegeben wird. Richtig ist aber: Maria Salome ("Selma") von Saint George (1760-1790). Sie ist nicht Nichte der Sophie von La Roche! 
Siehe auch Peter Jung: Jung-Stillings zweite Gattin: Selma von Saint George und ihre Familie. - In: Siegerland 67, 1990, H. 3-4, S. 71-76 (m. Abb.). 
Anlässlich dieser Vermählung erschien 
„Dem / wohlgebohrnen Herrn / Herrn / D. Johann Heinrich / Jung / Ordentlichen öffentlichen Lehrer der Landwirthschaft, / Technologie, Handlung und Vieharzneikunde &. &. / auf der Kameral Hohen Schule zu Lautern / und dem / Wohlgebohrnen Fräulein / Maria Selma / von St. George / widmen dieses bei Ihrer am 16ten Erndemond 1782 / vollzogenen Eheverbindung / nachstehende / Burger [sic; Bürger] der Kameral Hohen Schule / [nun zweispaltig; linke Spalte:] Cloßmann aus Alzei. de St. George aus Idstein. Gotthard aus Caub. Gräff aus Schwarzach. Heinrichmayer aus Eichstett. von Hößlin aus Venedig. Jaudas aus Nancy. Isenbeck aus Saarbrücken. [rechte Spalte:] Kühner aus Mannheim. Maler aus Karlsruhe. Graf von Portia aus Görz. von Rotenhan aus der fränkischen Ritterschaft. Schmitt aus Frankenthal. Semer aus Schongau in Baiern. de Serriere aus Höchst. / - [SL] / Mannheim, / gedruckt in der kurfürstl. Hof= und Akademiebuchdruckerey.“
 
(Zu den Autoren, die alle identifizierbar sind, siehe man die falschen Angaben in der Edition Schwinge S. 122 und die Korrektur dazu hier.)
 
Als Verfasser des folgenden – bisher unbekannten – Karmens werden Johann Karl Bonnet (1737-1786) und Ludwig Philipp Hahn (1746-1814) genannt. Das Gedicht lautet:

Als Herr Professor Jung
seine Selma heimholte, und zu Lautern einzog.
1782.
 
Wer kömt, begleitet von Musen,
In stolzer Karosse gefahren?
Wer ist der wichtige Mann
Von Achten gezogen? Wie fürstlich
Entschwebt er dem Walde, sich nahend
Zu deinen Mauern, o Lautern!
 
O Fremdling, du bist es allein,
Der frägt. Gewis von dem fernsten
Verdüsterten Lande der dummen
Barbaren kamstu erst heute.
Wer ist’s? – Der Lehrer des Volks ist’s,
Der gute Jung ist’s mit Selma.
 
O schaue, Fremdling, das Paar!
Wie glänzen die Geister der Küsse
Auf Beider Wangen und Stirnen,
Auf ihren Lippen noch irrend!
O welche Blicke voll Anmuth
Die Atmospäre durchdüften!
 
Kom mit mir, Fremdling, und flehe
Dem göttlichen Paare Vergnügen.
Dis Flehen höret der Herr,
Eh’ es den Lippen entfuhr. Ach!
Empfinde die Wollust zu beten:
Wenn die Erhörung gewis ist.
 
Mir sprach der Beste der Männer,
Nach langer Erzählung der Fügung,
Zum Preise der Vorsicht des Herrn,
Von Mannheim und Speier bezeuget:
Ach! Selma, Selma – sie ist mir
Die Krone des Lebens. – Sie sei es!
Sie sei’s! – O Liebster, so bet’ ich.
So betet die Menge der Freunde.
Doch ich auch habe für mich
Auf meinem Herzen den Wunsch noch:
Dich, Jung, umarmt’ ich; Selma,
Auch dich, dich möchte’ ich umarmen.
 
Zu den Beständen der Hessischen Landesbibliothek Wiesbaden aus der Familie des Franz von Saint-George und zur Frankfurter Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt-Georgen siehe man unter den Jung-Stilling-Orten
 
Zum Aufsatz über den Kaffee siehe man unter den Quellen
 
1782 
Am 14. Dezember wird Jung-Stilling gemeinsam mit Herrn von La Roche zum ausserordentlichen Mitglied der Kurpfälzischen deutschen Gesellschaft in Mannheim gewählt. Vom 17. Juni 1784 an darf er sich auf seinen Antrag hin deren Mitglied nennen, am 13. November 1784 wird er es dann tatsächlich. 
    
Jung-Stilling schlägt, zehn Jahre vor Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836), den Bau von Leichenhallen (Leichenhaus, Totenhaus, Totenhalle, Parentationshalle) vor. Neben der hygienischen Bedeutung sieht er diese vor allem als Mittel gegen die Gefahr des Lebendigbegrabenwerdens an. Siehe unter 1792/93 Vincke und auch ausführlich hier.)  Zu "Jung-Stilling und Hufeland" siehe hier
 
1782
erscheint Rezensionen des Volkslehrers; siehe hier, vgl. 1790.
 
1783 (vgl. zu diesem Jahr auch hier) 
Das "Leben der Theodore von der Linden" erscheint als Roman. 
 
1783 
Es erscheint: "Versuch eines Lehrbuchs / der / Landwirthschaft / der ganzen bekannten Welt / in so fern / ihre Produkten in den Europäischen Handel kommen. / - / Den Vorlesungen / auf der / Kurpfälzischen Kameral=Hohenschule zu Lautern gewidmet, / - / von / Dr. Johann Heinrich Jung, / öffentlichem ordentlichem Professor daselbst. / [Vignette: Familie – Eltern und 4 Kinder im Garten unter Büschen und Felsen, links Hütte; links im Vordergrund Krug] / - / Leipzig / in der Weygandschen Buchhandlung / 1783." - Siehe hier.
Im Jahr 2009 ist erschienen ein "Neudruck in Antiquaschrift besorgt von der Jung-Stilling-Gesellschaft e. V., Siegen", Postfach 10 12 72, 57203 Kreuztal, ISBN 3-928984-29-2.(XIX, 1-441 S.; Text, Satz: Alfred Marenbach; S. 427-441 ein Sachregister, das das von Jung-Stilling (S. 427-456) gegebene (s. u.) ersetzt. - Unter sichtlichem Bemühen, seitengenau und textgetreu zu sein, fehlen jegliche Anmerkungen und auch Hinweise auf die zwei (vom Titelblatt verschiedenen) Ausgaben sowie darauf, dass es einen leicht veränderten (mit vier Anm. vers.) Nachdruck der sechsseitigen Vorrede in: Johann Heinrich Jung: Aus Wirtschaft und Gesellschaft. Ausgewählte kleinere Abhandlungen. Hrsg. u. m. Anm. vers. v. Gerhard Merk. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1992. - ISBN 3-928984-02-0.) = Jung-Stilling-Schriften Bd. 3, S. 97-103, gibt. - Ein „flüchtiges Durchblättern“ (S. (VI)) macht nicht die Bedeutung des Werks klar, das Krünitz, Funke und Riem lobend nennen und das Johann Simon Kerner (1755-1830) zur Grundlage eines seiner Werke machte und nach dem man in Heidelberg 1788/89 auf der Universität las.
 
1783
verfaßt Gottlieb Konrad Pfeffel ein Gedicht auf Johann Heinrich Jung-Stilling, siehe hier
 
1784 
Verlegung der Kameral Hohen Schule nach Heidelberg. Jung wird Professor an der "Staatswirtschafts Hohen Schule" der Universität. 
Die jeweiligen Studienführer und Personalverzeichnisse der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, bei Winter in Heidelberg erscheinend, nennen dies. 
1784-08-28 wird die Verlegung der Schule nach Heidelberg beschlossen. 
In der Nachricht an das Publikum zur Verlegung liest man u. a.:
 

...

 
 

...

 
 

...

 
   
 
1784 wird auch von einer Berufung Succows und Jung-Stillings “an einen nicht genannten Orte“ berichtet. Es war eine fixe Besoldung von 1000 fl., 8 Ohm Wein, freies Holz, Deputat-Getreide und dergl. in Aussicht gestellt, ein ‚brillanter’ Antrag, wie Succow sich in einem Schreiben ausspricht. Aber: ‚Herr Professor Jung wird Ihnen vielleicht etwas davon melden; inzwischen beruht alles auf der Erklärung von mir, inwieferne ich auf einen förmlichen Ruf zu kommen gesonnen sei, da Jung nicht ohne mich berufen werden wird …. Da man Celebrität wünscht, ist uns völlige Postfreyheit anerboten … Herr Jung kann nicht viel darinnen beendigen, da es auf meiner Erklärung beruht.’“ 
  
1784
Der Verlag gibt 1784 den "Volkslehrer" von Jung-Stilling auf; siehe hier
 
1784-1785 
erscheint der (weitgehend auch autobiographische) Roman "Theobald oder die Schwärmer"; siehe die Hinweise hier.  (Ein kommentierter Text ist druckfertig und an Interessierte weitergegeben zur Bearbeitung; weitere potentielle Teilnehmer sollten sich bei mir melden. - Siehe den kommentierten vollständigen Text hier. Ergänzt sei, dass der "neue Theobald" als Fortsetzung 1797 in einer Zeitschrift angekündigt wurde.)
  • Vgl.: Ortwin Brückel: Heimatgeschichtliche Aspekte in Jung-Stillings Roman "Theobald oder die Schwärmer". – In: Wittgenstein. Blätter des Wittgensteiner Heimatvereins e. V. Jg. 86, Bad Laasphe 1998, H. 3, September, S. 78-83. 
  • Hermann Banniza identifizierte den Gruitener Heilpraktiker Jakob Lauterbach (1713-1773) "Als 'Arzt Rosenbach' in Jung-Stillings Theobald-Roman von 1784/85" – In: Journal 18. Jahrbuch des Kreises Mettmann 1998/99. Neustadt a. d. Aisch: Schmidt 1998 (ISSN 0722-0804; ISBN 3-87707-527-4), S. 7-12. 
Die Familie Blond/Blondin konnte von mir als Familie Lausberg identifiziert werden (siehe dazu im Text). 
Siehe auch: 
  • Schippan, Michael: Zwei Romane Jung-Stillings in Russland ("Theobald oder die Schwärmer" und "Das Heimweh"). Siegen: J. G. Herder-Bibliothek e. V. 2000 = Schriften der J. G. Herder-Bibliothek Siegerland e. V. Bd. 33 
  • Hans Grassl: Aufbruch zur Romantik. Bayerns Beitrag zur deutschen Geistesgeschichte 1765-1785. München: Beck 1968; zum Theobald S. 7, 125, 419 f., zu Jung-Stilling S. 313-315 (hier wird fälschlich Hermann Jung gleichgesetzt mit dem Vater Jung-Stillings. Tatsächlich handelt es sich um den Holsteiner Hermann Jung (1608-1678), Pfarrer in Monickendam; über ihn hat Reinhard Breymayer ausführlich berichtet.) 
  • Albert Hauck (Hrsg.): Realencyklopädie f. prot. Theol. u. Kirche, begr. v. J. J. Herzog, 3. Aufl. Bd. 17, 1906, S. 131-136 der Artikel von Georg Heinrich Klippel "Ronsdorfer Sekte", wo fälschlich S. 131-132 unter den Quellen "Theodor oder d. Schwärmer [S. 132:] von (Heinrich) Jung=Stilling" genannt wird. 
 
1784     wird von einer Berufung Succows und Jung-Stillings “an einen nicht genannten Orte“ berichtet. Es war eine fixe Besoldung von 1000 fl., 8 Ohm Wein, freies Holz, Deputat-Getreide und dergl. in Aussicht gestellt, ein ‚brillanter’ Antrag, wie Succow sich in einem Schreiben an Medicus meint. In eben diesem Brief schreibt Succow: „Herr Professor Jung wird Ihnen vielleicht etwas davon melden; inzwischen beruht alles auf der Erklärung von mir, inwieferne ich auf einen förmlichen Ruf zu kommen gesonnen sei, da Jung nicht ohne mich berufen werden wird …. Da man Celebrität wünscht, ist uns völlige Postfreyheit anerboten [… Herr Jung kann nicht viel darinnen beendigen, da es auf meiner Erklärung beruht.’“ Vielleicht handelt es sich hier um die Universität Ingolstadt, wie ein von Andre Wakefield als dritter Anhang publizierter Text vermuten läßt: Friedrich Casimir Medicus’s Unpublished Proposal for a Faculty of State Administration at the University of Ingolstadt.
 
1785 
31. März: Kurfürst Karl Theodor von Pfalz-Bayern (1724-1799) ernennt Jung-Stilling zum Kurpfälzischen Hofrat (vgl. 1808). 
Jung-Stilling besucht die Sternwarte in Mannheim und trägt sich ebenfalls in das Fremdenbuch ein.
"Dr. Johann Heinrich Jung, Churfürstl. Hofrat und öffentl. ordentlicher Professor der Gewerbwissenschaften in Heidelberg."
   
1786 
8. November: Jung-Stilling wird in Heidelberg – neben anderen – ehrenhalber zum Doktor der Weltweisheit (Dr. phil.) promoviert. Dies geschah im Rahmen der 400-Jahr-Feier der Universität durch Prof. Dr. Johann(es) Schwab (1731-1795). Zu diesem Anlaß hielt Jung-Stilling am 7. November 1786 die   
Jubelrede / über den / Geist der Staatswirthschaft / gehalten / den 7ten November 1786, / als die / Universität zu Heidelberg / ihr viertes Jubiläum feierte / - / Mannheim, / in der neuen Hof= und akademischen Buchhandlung. / 1787. 
Sie wurde nach dem Vortrag mehrfach gedruckt und dann kommentiert 1988 durch Gerhard Merk sowie 1990 von Reinhard Düchting nachgedruckt. 
 
1786 
Jung-Stilling ist Preisrichter einer 1785 ausgesetzten Arbeit über die Selbstbefleckung/Onanie/Masturbation. „Nur muß noch bemerkt werden, daß nicht nach dem März 86 sondern erst nach dem November 86 keine Aufsätze mehr an den Schiedsrichter Hn. Prof. Jung in Heidelberg eingeschickt werden können.“ Und: Dem Gewinner winkte „eine Summe von 17 Dukaten“ – Ein kritischer Beobachter bemerkt: „Die Ankündigung der Preisfrage über die Selbstbe- / fleckung nebst der darüber gehaltenen Rede trägt, so- / wohl in Ansehung der Handlung selbst als des Aus- / drucks, das Gepräge eines jugendlichen Enthusiasmus, / der schätzbar ist, aber vielleicht besser hätte gelei- / tet werden können. –“ 
 
1786-05/06:
Auf einer Reise trifft Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer (geb. Hamburg-Harburg 26. n. A. 28.01.1758 (n. A: 1759), gest. Gut Bramstedt 1.09.1840) Jung-Stilling und verbringt im Gespräch mit diesem eine halbe Nacht.
 
 
1787 

1787-03-26

Baron Karl Wilhelm von Rosenfels (geb. 1761, gest. (Suizid) Graz 9.09.1811 (; n. A. Wien 6.02.1811)) initiiert Jung-Stilling in Karlsruhe in die Puisegursche Form des Mesmerismus, die in Frankreich dominierte. Bereits am 1787-03-04 hatte von Rosenfels dies bei Johann Georg August von Hartmann (1764-1849) getan. – Siehe dazu detailliert hier.

 
 
Umzug nach Marburg, wo Jung-Stilling Professor für Ökonomik wird.
Detailliert zu Berufung siehe hier.

Zu Jung und Johann Georg Arnold Oelrichs siehe hier

Zu Jung und Johann Jakob Günther siehe hier und unten. 

 
Am 1787-05-14 erfuhr die Bevölkerung Kassels (und damit Hessens) durch eine Zeitungsnachricht davon:

„Civil=Beförderungen.

Der bisher zu Heidelberg gestandene Herr Professor Dr. Jung ist zum Professor der Oeconomie= Cameral= und Finanz=Wissenschaften bey der Universität zu Marburg gnädigst bestellt worden.

 
Er wohnt in den ersten Jahren im Haus "Engel" in der Barfüßergasse [heute Barfüßerstraße] 28, und redigiert das nur in diesem Jahr erscheinende "Intelligenzblat für Hessen" und versieht es mit eigenen Texten. – In "Seiner / Kurfürstlichen Durchleucht / zu Pfalz &. &. / Hof= und Staats= / Kalender / für das Jahr / 1788" wird Johann Heinrich Jung-Stilling nicht mehr als Lehrer genannt, da er ja nach Marburg berufen worden war. Aber auf S. 193 innerhalb des Verzeichnisses der Ordentlichen Mitglieder der Physikalisch-ökonomischen Gesellschaft heißt es fälschlich – jedoch nicht ohne Bezug zur Vita Jung-Stillings – und Marburg mit Straßburg verwechselnd: 
"Johann Heinrich Jung, öffentl. Lehrer zu Straßburg." 
Vielleicht hat hierher Walter Wendland in Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG Bd. 3, 1929, S. 568-569) seine falsche Information, die auch in andere Publikationen übernommen wurde. 
 
"Heil Marburg - daß Jung, der Gelehrte - der Dichter, der Rechtschaffenste Mann, der Unsre ist!" ruft ein Marburger Gelehrter schon in diesem Jahr aus. 
 
Die "Blicke in die Geheimnisse der Naturweisheit; denen Herren von Dalberg Herdern und Kant gewidmet" (Nachdruck dieses Werkes unter den Quellen; dazu der Aufsatz von Jacques Fabry; ebd.) erscheinen ebenso wie die Übersetzung von "Virgils [Vergils] Georgicon" und die "Jubelrede über den Geist der Staatswirthschaft" sowie 1788 das "Lehrbuch der Staats-Polizey-Wissenschaft" mit der biographischen Skizze "Meine Geschichte als Lehrer der Staats= / wirthschaftlichen Wissenschaften, / statt einer Vorrede." 
  Zu den "Blicke / in die Geheimnisse / der / Natur=Weisheit" gibt es eine (allerdings bisher nicht nachgewiesene) Übersetzung in die holländische Sprache durch J. H. van Dongen. 
 
Diese "Geschichte als Lehrer der Staatswirthschaftlichen Wissenschaften" ist nachgedruckt in der Lebensgeschichte, hrsg. Benrath, S. 666-683 und als Faksimile bei Lück S. 134-164 [3]. 
 
Das "Intelligenzblat für Hessen" enthält (soweit bisher nachweisbar) folgende Aufsätze von Johann Heinrich Jung, die auch unter den Quellen abgedruckt sind: 
"II. Oekonomie und Industrie. / Manco Capac der Kleine. 
Ein Autor mit der Sigle "H**." schreibt in einer der folgenden Nummern eine Ergänzung zu Johann Heinrich Jungs Artikel unter dem Titel: "II. Oekonomie. / 1. Der ehrliche Mann im Burgwald. / Ein Seitenstück zu Manco Capac der Kleine." 
"2. An Gottes Segen ist alles gelegen." 
"I. Nationalbildung und Aufklärung. / 1. Etwas über den Ein= und Ausflus [sic] des Weimarischen Modejournals." 
"II. Oekonomie. / Etwas über die Wiesenwässerung." 
"II. Industrie und Handlung. / Grosmann, oder Beispiel eines unternehmenden Geistes." 
Max Geiger (1963) nennt diese Beiträge als lfd. Nr. 43 – 46 ohne die hier genannte Nr. 4. und bei ungenauer Zitation. – Siehe auch einführend: 
Johann Heinrich Jung-Stilling: Erzählungen. Neu gedruckt und erschlossen von Erich Mertens. Als Dankesgabe der Jung-Stilling-Gesellschaft Alfred Marenbach in Dormagen in Freundschaft und Verbundenheit überreicht. Siegen: (Jung-Stilling-Gesellschaft e. V. 2003. ISBN 3-928984-25-X.) = Jung-Stilling-Schriften, Band 9. – 122 S., 17 Abb.; enthält: Geleitwort (Gerhard Merk); Lettre-préface (Agathe Bischoff-Morales und Anny-Claire Haus); Einführung; Die Texte Jung-Stillings: a) Geschichte von Peter und Claß – 1779/80; b) Des alten Gotthards Erzählungen – 1812/13 (Der arme Leinweber); c) Des alten Gotthards Erzählungen – 1813/14. Die Schatzgräber. d) Fortsetzung der Erzehlungen des Bauernfreundes (Die Schatzgräber.) – 1791.    Sowohl das Intelligenzblatt als auch Jung-Stilling werden genannt in: 
Wilhelm Kessler: Geschichte der Universitätsstadt Marburg in Daten und Stichworten. 2., neu bearb. u. erw. Aufl. Marburg 1984 = Marburger Stadtschriften zur Geschichte und Kultur 15, S. 66 (ohne nähere Hinweise zu Jung-Stilling). 
 
Alle Beiträge Jung-Stillings werden – ohne dass es bisher zur Kenntnis genommen wurde – genannt im Literaturnachweis in: 
Heinrich Stillings Jugend. – Herausgegeben und mit Anmerkungen und einem Anhange versehen von Christian Nostiz. – Preis 60 Pfg. – –  Weidenau (Sieg). Druck von Max Müller. – Deutsches Buchhaus Breitenbach & Co., Siegen. [o. J., etwa 1913; 82 S. - Siehe zu dieser Ausgabe hier.]   
 
1787
Am 1787-05-28. dem Namenstag Wilhelms IX., tagte die Hochfürstlich-Hessische Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste. Dann heißt es (publiziert 1788) von ihr:
„Endlich fand die Gesellschaft es vor zweckmäßig, den nunmehrigen, durch seine ökonomische Kenntnisse und Erfahrungen berühmten Marburger Professor der Cameral=Wissenschaften, Herrn Jung, in dessen Person des Durchlauchtigsten Beschützers weise und gnädigste Absicht daselbst dem Vaterlande einen Lehrer eines so nothwendigen und gemeinnützigen Unterrichts geben wollte, bey Höchstdenenselben als ordentliches Mitglied in unterthänigsten Vorschlag zu bringen, und den Herrn Hofgerichts=Rath und Professor Sömmering, zu Maynz, als einen auswärtigen Gelehrten vom bekannten Verdienst, zum Ehrenmitgliede. Des Herrn Landgrafen, Hochfürstliche Durchlaucht, haben solches auch gnädigst genehmiget.“
   
1787 
9. Oktober: Jung-Stilling wird in der um 16 Uhr beginnenden Sitzung zum korrespondierenden Mitglied der Leipziger ökonomischen Gesellschaft gewählt (wie unter anderen auch Succow). 
 
1788-1798
Es erscheinen "Die Erzählungen des Bauernfreundes." im "Hessen=Casselischen Calender". Sie finden die bisher unbekannten Texte unter diesem Link. 
 
1788 
Sein 'Lehrbuch der Staats-Polizei' (siehe hier) beginnt Jung mit einer umfangreichen Darstellung seines Lebens. Diese Einleitung wurde von einer zeitgenössischen Zeitschrift separat unter dem Titel aufgelistet:
„Jung, Joh. Heinr., Doct. zu Marburg, Methode wie sein Vater ihn erzogen hat, daß er sich in alle Schicksale des Lebens finden lerne; und Beurtheilung dieser Methode.“
   
30. Mai: Dionysus Eickel, geboren 1723, starb im Alter von 64 Jahren 5 Monaten und 5 Tagen an diesem Tag; er war 1756 ff. reformierter Pastor zu Elberfeld und ehelichte Anna Sophia Henrietta Kürten, die 77 Jahre alt 1810 in Ronsdorf starb. Jung-Stilling verfasste ihm zu Ehren 
"Eickels / Verklärung / eine Scene / aus der Geister Welt. / Zum freundschaftlichen Andenken / von / Johann Heinrich Jung. / - / - / - / Elberfeld / bey C. W. Giesen, Buchhändler. / 1788." 
Diese Scene erschien sowohl in einer Sammlung von Predigten als auch separat und jetzt im web. 
 
Siehe zu Eickel: Albrecht Blank: Dionysius Eickel – Ein interessanter Buchfund im Internet und zugleich Erinnerung an einen fast vergessenen Prediger aus Elberfeld. – In. Geschichte im Wuppertal. Hrsg.: Bergischer Geschichtsverein, Abteilung Wuppertal e. V., 12. Jg., 2003, S. 1-7 (m. Abb.) 
 
Ab dem Herbst 1788 bis zum Frühjahr 1789 kümmert sich Jung intensiv um Johann Jakob Günther (1771-1852). Nach Lektüre der LG hatte dieser sich (mittellos) zum Theologiestudium entschlossen und reiste nach Marburg zu Jung, da er von diesem Hilfe dazu erbat. Günther studiert zunächst Theologie, auf Anraten Jungs dann "Kameralistik", dann Medizin (Bonn 1797; ab 1799 in Marburg, 1801 Dr. med. ebd.) und wird berühmter Arzt im Rheinland. - Siehe detailliert hier.
 
1788-1798 
In elf Jahrgängen werden im "Hessen=Casselischen Kalender" zunächst anonym die "Erzehlungen des Bauernfreundes" von Jung veröffentlicht. 
"Die Erzehlungen des Bauernfreundes" sind eine belehrende und unterhaltende Sammlung von Texten für die hessischen Bauern. Jung ist hier – neben Albrecht Thaer (1752-1828) – einer der Vorläufer der ersten Agrarreform; der Übergang von der alten zur verbesserten Dreifelderwirtschaft mit dem Kleeanbau und der Intensivierung der Viehhaltung (Stallfütterung) wird hier (wie zuvor im "Volkslehrer") dokumentiert. Jung-Stilling ist hier in seinem Element als Volksbildner, -pädagoge. 
Alle Texte des "Bauernfreundes" sind unter den Quellen vorhanden. 
 
1789 
20. Juni: Jung verliest die "Rede über den Werth der Leiden, gehalten im Kreise einiger vertrauten Freunde, am 30sten Geburtstage seiner Gattin, den 20. Jun. 1789.", die 30 Druckseiten umfaßt.
Hierzu passt, was er Justi schreibt:
„Unsere Rosenstunden sind uns auf dem steilen Lebenswege erquickende Rasenbänke, wo wir uns zum fernern Klettern ausruhen. Aber auch während wir sitzen, müssen wir nützlich ruhen lernen! Ruhen heisst Kräfte sammeln.“
 
Briefwechsel mit dem Königsberger Philosophen Immanuel Kant (1724-1804). 
Zum Briefwechsel mit Kant siehe: 
Siegfried Detemple: Die vernünftige Begründung des Rechts: Ein Brief Immanuel Kants an Heinrich Jung-Stilling. (The Role of Reason and the Philosophical Foundations of Law: A Letter from Immanuel Kant to Heinrich Jung-Stilling.) – In: Im Dienste des Rechts und der Rechtsliteratur. Festschrift für Helmut Dau zum 65. Geburtstag am 30. September 1991 = In the service of law and legal literature hrsg. von Ralph Lansky. Berlin: Berlin-Verl. Spitz 1992. (358 S., Ill. ISBN 3-87061-393-9), S: 29-50; 
 
den umfangreichen Aufsatz von Jacques Fabry unter diesem Link. - Weitere Quellen zu "Jung-Stilling und Kant" findet man hier
 
Friedrich Heinrich Jacobi (1743-1819) schrieb am 1789-10-09 an Johann Friedrich Kleuker (1743-1827) in Osnabrück in Bezug auf Jung-Stillings Verhältnis zu Kant:
„Was Kants Aueßerung gegen Jung betrifft, so kann ich nach Allem was ich von ihm weiß und dem Zusammenhange seiner öffentlichen Aeußerungen kein sonderliches Gewicht darauf legen. Er hat vor einigen Jahren auf des sel. Hamanns Zureden einmal die Bibel gelesen, und sie nicht übel gefunden. Im Jahre 86 fing er auch in seinen Vorlesungen der Bibel oder vielmehr der christlichen Religion mit Beifall zu gedenken ... Hamann hielt ihn nichtsdestoweniger beständig für einen Mann ohne Religion, lobte aber seine sittliche Rechtschaffenheit und Güte. Mir erscheinen alle seine Aeußerungen zum Vortheile der christlichen Religion wie die Lessingschen in der Erziehung des Menschengeschlechts. die reine Vernunft verhält sich nach diesem Männern zum Neuen Testament wie das neue (Testam.) sich zum alten verhält; sie ist der Schmetterling der diesen Raupengestalten entflogen ist.“
Karl Christian van Gehren schreibt 1789: “Da es zu Marburg, während ich daselbst studirte, ausdrücklich verboten war, über Kants Philosophie zu lesen“, ist sicherlich das, was Jung-Stilling dazu und zu Jacobis Meinung meinte, besonders interessant. Dies ergibt sich aus seinem Brief vom 1791-01-23 (s. Edition Schwinge S. 147; zu ihr hier).
 
Das Verbot ergab sich 1786 durch ein Reskript des Landgrafen auf Betreiben von Samuel Endemann (1727-1789); es wurde durch Tiedemanns (1748-1803) Einsatz („Gedanken über die Natur der Metaphysik zur Prüfung von Hn. Kants Grundsätzen“, 1785) wieder aufgehoben, scheint aber Nachwirkungen gehabt zu haben. (Vgl. Georg  Andreas Will [geb. Obermichelbach 30.08.1727, gest. Altdorf 18.09.1798]: „Vorlesungen über die Kantische Philosophie – gehalten von Prof. Will. [Vignette] – Altdorf, im Monathischen Verlag, 1788.“, S. 27 ff.)
 
Was Jakob Salat zu Jung-Stilling und Kant zu sagen hat, findet sich hier.
 
Zur "Rede über den Werth der Leiden": 
Die "Rede über den Werth der Leiden" ist vielleicht einer der ersten Belege (der erste Beleg ?) für das in der modernen Chaosforschung häufig benutzte Bild des Schmetterlings, dessen Flügelschlag die Geschichte verändern kann. – Der vollständige Text dieser Rede ist zu finden unter den Quellen. - Vgl.  Abhandlungen des Staatswirthschaftlichen Instituts zu Marburg“ 1790/91; hier heißt es in der Vorrede: „So wie die Seiden=Raupe, wenn ihr ihre alte Hülle zu eng wird, sich ängstet und ringt, um sie abzustreifen, so ringt der menschliche Geist nach Freiheit und Licht“.
 
Zur Französischen Revolution und Jung-Stilling siehe unter 1793. 
 
1789 
Von der Ase-Neitha erscheint eine englische Übersetzung (, deren Autor man 1855 nicht mehr kannte). 
 
1789 und auch 1816 besucht Jung-Stilling; siehe unter Neuwied (auch zu dem Ereignis des Jahres 1816).
 
Exkurs:  Bereits 1784 machte Matthisson in Jungs Gesellschaft eine Reise nach Karlsruhe, „um die Wundererscheinungen des Magnetismus zu prüfen, der es dort, unter Böckmanns Vorsitz, zu einer Art von akademischer Verbrüderung gebracht hatte“. Die Begriffe Magnetismus (schon 1772 in der Promotionsschrift benutzt) und Elektrizität (im Volkslehrer erklärt) sollen hier nicht unterschieden werden, doch der Paragraph 133 in Jung-Stillings „Blicke in die Natur-Weisheit“ aus dem Jahr 1787 lautet: „Entsteht aber dies schreckliche Uebel aus andern Ursachen, so muß man sie zu entdecken suchen, und dann ihnen entgegen arbeiten. Die Elektrizität hat oft gute Würkung gethan, indessen ist der schwarze Staar in den mehresten Fällen noch zur Zeit unheilbar. Mir wenigstens haben die angerühmten Störkischen [Anton Freiherr von Stoerck, 1731-1803] Mittel keine Würkung thun wollen.“ – In einem Brief vom 5. Dezember 1792 schreibt Jung-Stilling: „Meine liebe Frau hat noch immer den schiefen Hals, doch scheint das Elektrisieren helfen zu wollen.“
Im März 1789 empfahl Jung „die Electricität“ der 34 jährigen Patientin „Frau Pfarrerin Maurer zu Floh, eine Stunde von Schmalkalden“ [Gattin des Johann Adam Meurer !, seit 1787 dort ref. Prediger, wie es zuvor sein Vater Jonrad Nikolaus Meurer (25.01.1705-5.07.1777) dort war]. Sicherlich war dies ein ähnlicher Fall wie der im Brief vom 1808-03-21 genannte; vgl. dazu unter diesem Link.
 
 
1790 
23. Mai: Tod der zweiten Gattin. – "Stillings häusliches Leben" und das "Lehrbuch der Cameral-Praxis" erscheinen. – 19. November: dritte Heirat mit Elisabeth ("Elise") Coing (1760-1817). Vier Kinder werden in dieser Verbindung geboren [siehe hier]. – Neben dem Gedicht auf die Eheschließung mit seiner dritten Gattin (Lebensgeschichte, hrsg. Benrath S. 467-469) erscheint auch ein Karmen von Friedrich Heinrich Hatzfeld auf den Tod der zweiten im Druck. 
 
Was Friedrich Heinrich Christian Schwarz dazu zu sagen hatte, findet sich hier.
 
Einfühlsam schreiben über den Tod der Gattin 
  • Barbara Beuys: Selma Jung-Stilling. 1760-1790. – In: Hans Jürgen Schultz (Hg.) [sic] Der Tod nimmt, die Liebe gibt. Porträts vom Leben und Sterben aus drei Jahrhunderten. (Stuttgart:) Quell (1994. – ISBN 3-7918-1979-8), S. 131-140. [Bereits der Klappentext verweist auf Selma: "Es ist die Rede vom Kindbett-Tod der Selma Jung-Stilling, [...]".] 
  •  
  • Friedhelm Ackva: Selig sterben. Beispiele aus Pietismus und Erweckung. – In: Frömmigkeit unter den Bedingungen der Neuzeit. Festschrift für Gustav Adolf Benrath zum 70. Geburtstag. Herausgegeben von Reiner Braun und Wolf-Friedrich Schäufele. Darmstadt und Kassel: Verlag der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung 2001 = Quellen und Studien zur hessischen Kirchengeschichte Bd. 6, hrsg. v. Udo Wennemuth, ISBN 3-931849-08-2; Karlsruhe: Evangelischer Presseverband für Baden e. V. 2001 = Sonderveröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden Bd. 2, hrsg. v. Holger Bogs und Bettina Wischhöfer, ISBN 3-87210-913-8. [382 S., Abb.] S. 113-120, hier bes. S. 115-117, wo über das Ableben aller drei Ehefrauen Jung-Stillings berichtet wird. 
  •  
  • Henri Brunschwig: Gesellschaft und Romantik in Preußen im 18. Jahrhundert. Die Krise des preußischen Staates am Ende des 18. Jahrhunderts und die Entstehung der romantischen Mentalität. (Frankfurt a. M. usw.:) Ullstein (1975. ISBN 3-550-07334-8; franz. Originalausg. 1947 und 1973) S. 251: Ehrgeizige, intelligente, aufstrebende junge Leute, deren Lehrer deren Lehrer "sich jedoch nicht darum [kümmerten], sie die Praxis des Lebens zu lehren", hatten "nicht alle das Glück, wie Jung-Stilling, eine Frau von Welt zu heiraten.", denn "Seine Frau gab ihm allmählich den Schliff, der ihm fehlte." – Zur ersten Ehe siehe auch ebd. S. 326 und Lebensgeschichte, hrsg. Benrath S. 462. 
  •  
  • In Romanform hat dies Nicole Vogel: Licht in Marburgs Gassen (Marburg:) Francke (2008, ISBN 978-3-86827-024-2) in leicht lesbarer, unterhaltender Form ausgestaltet.
Zu Jung-Stillings Ehen (siehe 1771, 1774, 1782) siehe man hier
 
1790
es wird gedichtet und erscheint im Jahr 1795 (Kursivierung von mir; Spationierungen nicht nachgebildet):
 
An Stilling *).
--
So wandle nun an Selma’s Hand
Auf holden Rosenwegen
Dem kummerlosen Vaterland
Der Heiligen entgegen,
Wo schon Christine feierlich
Ihr Harfenlied, gelehnet
An eine Palme, singt, und sich
Nach ihrem Stilling sehnet.
Mit bleichen Sorgen grüßest du
Den Wald, die Flur, die Haine,
Du suchtest für dein Herz dort Ruh’,
Und, ach, du fandest keine.
Hart war dein Lebenskampf und heiß;
Bei mancher Jammerscene
Rann deiner düstern Stirne Schweiß,
Floß deiner Wehmuth Thräne.
 Der
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*) Nachdem- ich sein häusliches Leben gelesen hatte.
Der Auserkornen Schaar war klein,
Die dicht sich an dich schlossen,
Und milden Trostes Oel und Wein
Aufs wunde Herz dir gossen.
Die Welt verkannte hier den Werth
Von deiner Biederseele;
Dort rächen Neider mit dem Schwerdt
Der Läst’rung deine Fehle.
Doch deine Seele zagte nicht.
Nichts konnte dir den Glauben:
Durch Finsterniß führt Gott zum Licht –
Im Erdenthale rauben.
Das Abend= und das Morgenroth
Sah’ dich mit heißem Flehen,
In stiller Einsamkeit vor Gott,
Voll heil’ger Andacht stehen.
Da scholl von Gottes Richterthron
Die Stimme friedlich nieder:
Groß sey des frommen Dulders Lohn! –
Und Himmel hallten’s wieder.
 Du
Du standes hochentzückt am Ziel
Von deinem Dornengange,
Laut tönte Gott! dein Saitenspiel
Beim frohen Preisgesange.
Des Dankes heiße Zähre rinnt,
Dir, Mann, von Gott gesendet!
Bis einst mein Pfad im Labyrinth
Des Lebens herrlich endet.
Dein frommes Beispiel strärkte mich
Im Dulden und im Hoffen,
Und Gottes Vaterhand sah’ ich.
Auch mich zu segnen, offen.
Mit jungen Rosen sey dein Pfad,
Du Heiliger! geschmücket,
Bis einst der Stunden schönste naht,
Die dich der Welt entrücket;
Erhört ist dann Chistinens Flehn:
In Gottes Palmenhainen
Wirst du an Selmas Hand sie sehn,
Und Freudenthränen weinen.
 
 
1790
Johan Gerhard Carel Kalckhoff (geb. Duisburg 08.1770, gest. Laren bei Zutphen (Gld.) 11.11.1843), seit 1804 Prediger in Laren berichtet 1822 folgende Anekdote über Jung-Stilling:
"Een dag of twee na de huwelijksverbindtenis [1790-11-19] met zijnee derde voortreffelijke vrouw (die 10 dagen voor hem gestorven is) bevond JUNG-STILLING zich, met dezelve en met zijnen ouden vader, op eene contra-bruiloft. Allen waren in staatsie gekleed, uitgezonderd de eerwaardige grijsaard, die zijn gewoon landelijk pakje aan had. Men besloot tot eene wandeling. Toen eene llerke regenbui het prachtig gekleed gezelfchap overviel, snelden eenige bedienden met parapluis aan. Jung gaf de eerfte aan zijnen vader, en wilde de andere voor zichzelven en zijne jonge echtgenoote gebruiken. Doch de oude man weigerde stellig, dat vreemde ding aan te nemen. „Wel nu, dan voegt zulks den kinderen even weinig!” Met deze woorden gaf de in het nieuw gekleede Professor de beide parapluis terug, en liet zich met zijne jonge vrouw gerustdijk doornat regenen."
 
1790
erscheint eine Rezensionen des Volkslehrers; siehe hier und vgl. 1782. 
 
1790-1791 
Lutherische und reformierte Christen in Marburg bemühen sich um die Wechselkommunion. Jung gerät in die Auseinandersetzung darüber hinein und muß sich in einem offenen Brief verteidigen. Siehe dazu unter den Quellen die Informationen. 
 
1791 
Die "Methode den grauen Staar auszuziehen und zu heilen, – nebst einem Anhang von verschiedenen andern Augenkrankheiten und der Cur=Art [= Behandlungsart] derselben" wird publiziert. – Siehe den vollständigen Text hier unter den Quellen. 
Im Spätsommer erhält Jung einen Besuch aus der Schweiz, der von ihm begeistert schreibt:
 „Es ist wahr, ich bin ganz enthusiastisch von Jung in Marburg eingenommen worden durch die Art, mit der er uns aufnahm, mit uns redete, uns ermunterte, uns warnte, uns erzählte, uns Lehren gab. So ein Mensch ist mir in Praxi noch nie vorgekommen! dachte ich beim Weggehen, und so oft ich an ihn dachte, welches eben die erste Woche fast den ganzen Tag, wenn meine Seele nicht stark mit einem andern Gegenstande sich beschäftigte, der Fall war. Sein Benehmen mit uns dünkte mich lavaterianisch, und noch etwas mehr! So offenherzig, so ohne alles Zurückhalten, Vermänteln, redete er mit uns über verschiedene Gegenstände, unter Anderm auch über seine zweite Gattin und ihren Tod, daß ich ordentlich ganz erstaunt war, und nicht glaubte, einen Menschen reden zu hören. Das Andenken an die sonderbaren Schicksale dieses Mannes von seiner ersten Jugend an kam noch dazu, und vermehrte den enthusiastischen Eifer, womit ich an Stilling dachte, von ihm redete und schrieb. Itzt hat sich sich enthusiastische Bisindenhimmelerheben Stillings bei mehrerem Nachdenken in stille Hochachtung verloren, welche Stilling, den rechtschaffenen Mann, verbunden mit dem liebenwürdigen Schwärmer Stilling nicht über die Wolken erhebt, aber ihn liebt und schätzt. Sie kennen mich, wie mich Niemand kennt, außer meinem Vater, werden sich’s also leicht erklären können, daß ich so in vollem Feuer Stillings seine Meinung wegen unserer Reise nach Göttingen meinem lieben Vater geschrieben habe, besonders da mich noch andere süße Empfindungen an Marburg fesselten. –“
 
 
1791
In diesem Jahr zeigt Jung-Stilling ein auffälliges Interesse am Werk von Antoine Raymond Jean Gualbert Gabriel de Sartine, Graf von Alby, dem Polizeichef von Paris von 1759 bis 1774. Es geht um Überwachung und den Staatsaufbau – was für den „Heimweh“-Roman sicherlich nicht uninteressant ist. Dazu siehe man ausführlich hier.
Friedrich Wilhelm Kahrel (geb. Herborn 30.10.1751, gest. Hospital Ockershausen 5.08.1827) gibt eine Auswahl von nützlichen Hinweisen aus Jungs und anderer Autoren Werken heraus. 
 
1791-03-15: Fürst Friedrich Karl zu Wied-Neuwied (1741, 1791-1809) wird von Mönch (derzeitiger Vorsitzende), Jung und den übrigen Mitgliedern des Instituts als Ehrenmitglied in das Staatswirtschaftliche Institut zu Marburg aufgenommen. Neben den allgemeinen Verdiensten des Fürsten war seine letzte Schrift „Ackerbau=Catechismus, oder Kurze Anleitung zur verbesserten Landwirthschaft. [Vignette] – Neuwied, bey Johann Ludwig Gehra. 1791.“ Grund für die Aufnahme. – Ein Rezensent dieses Katechismus meint aber: „Der Hauptzweck dieser Bogen ist die Empfehlung des Kleebaus und der dadurch bewirkenden Verbesserung des Viehstands und des Ackerbaus. Wir müssen aber gestehen, daß wir sie in keiner Rücksicht für sehr brauchbar halten.“; ein anderer meint: „Aber alles ist kurz, abgebrochen, unzulänglich zum Unterrichte, auch bemerkt man nicht die zweckmässige Auswahl.“

Während Fürst Friedrich Karl zu Wied-Neuwied am 1791-03-15 in das Marburger Institut aufgenommen wurde, ist die Aufnahme von v. Pöllnitz 1791 noch abgelehnt, später dann aber angenommen worden. (Die Werke beider haben gewissen Ähnlichkeit.) - Bereits 1790 und 1791 erwähnte der aus Heinersgrün stammende Carl Wilhelm Friedrich Leopold Freiherr von Pöllnitz in seine Werken Jung-Stilling. Durch § 509, S. 251 f. in Jung-Stillings „Grundlehre“ von 1779, fühlt sich v. Pöllnitz in seinen Grundansichten bestätigt. Er war Leutnant bei dem Kgl. Preuß. Inf.-Rgt. von Laurent zu Ansbach/Anspach und – wie er später von sich mitteilen ließ – Ehrenmitglied des Staatswirtschaftlichen Instituts zu Marburg. Er studierte in Gießen bei Friedrich Ludwig Walther, dem er den „Beitrag zur practischen Veredlung der Landwirtschaft an Deutschlands Gutsbesitzer“ widmete.  Seit 1784 war v. Pöllnitz Offizier im Seybothschen, dann Reitzensteinschen Infanterie-Regiment zu Bayreuth, ging nach Nimwegen (wo er Vorworte zu seinen Werken unterzeichnete) und dann (bis nach 1798) als Werber nach Nürnberg. Seine Schrift über den Adel, 1797, wurde 1833 von Joh. Phil. Schellenberg parodiert. – v. Pöllnitz war auch Freimaurer. - In einem (nicht in der Brief-Edition aufgeführten) Brief vom 1795-07-15 schreibt Jung-Stilling an Carl Wilhelm Friedrich Leopold von Pöllnitz, auf dessen Schreiben vom 1795-07-08 antwortend. Ein weiterer Brief Jungs vom 1795-12-08 an ihn ist nachgewiesen.
 
1791
Zur „Berichtigung und Beantwortung einer Stelle im Journal für Prediger, / im 4ten Stück des 23. Bandes, Seite 170. Halle bey Kümmel, / die Wechsel=Communion in Marburg betreffend.“siehe hier.
 
1791
Zu einem ungestümen Brautwerber und Jungs Bericht über einen verliebten Jüngling siehe hier.
   
1792
 Johan Gerhard Carel Kalckhoff (geb. Duisburg 08.1770, gest. Laren bei Zutphen (Gld.) 11.11.1843), seit 1804 Prediger in Laren berichtet 1822 folgende Anekdote über Jung-Stilling:
“Een student te Marburg liet zich een’ langen rok aanmeten, en wees den kleermaker aan, waar hij het benoodigde laken en verder toebehooren kon bekomen. Deze brengt, een’ tijdlang daarna, een’ korten rok; doch de student weigert dien aan te nemen, en wordt daarover bij den Akademischen Senaat aangeklaagd. De kleermaker houdt staande, dat het ontvangen laken ontoereikend was voor een’ langen rok. JUNG-STILLING, die toen juist Rector Magnificus was [1792-01-01], vat nu het woord op, in dezer voege: „Ik ben ook, kleermaker geweest, en zal nu zoo veel laken, als gij zelf zegt ontvangen te hebben, op kosten van ongelijk, laten, halen, en hier, in uwe en der Heeren Professoren tegen woordigheid, beproeven, een’ langen rok voor den aangeklaagden student daaruit te snijden. De uitkomst zal her verfchil beflislen.” Dit gezegde was genoeg, om den schelmschen snijder, die het op de proef niet durfde laten aankomen, te beschamen, en tot het intrekken zijner onregtvaardige klagt te bewegen."
 
Eine andere Anekdote, durch Carl Ludwig Börne (1786-1837) überliefert, findet sich hier.
 

1792

Friedrich Heinrich Christian Schwarz (geb. Gießen 30.05.1766; gest. Heidelberg 3.04.1837) heiratete (durch Pfarrer Johann Christian  Schlarbaum (1742-1820) getraut) in Marburg Johanna Magdalena Margaretha („Hanna“) Jung (geb. Elberfeld 5.01.1773, gest. Heidelberg 10.07.1826). Die Marburger Anzeigen, Nr. 17, vom Samstag, 1792-04-28 vermerken S. 135 in der zuständigen Rubrik „Bei der Ev. Reformirtern Gemeinde sind im Monat Aprill 1792. […] Getrauet: den 13. Herr Pfarrer Schwarz zu Dexbach mit Jungfer Johanna Madalene Margrethe Jung.“ Schwarz nennt sie 1804 „mein liebes Weib“, und sie schenkt ihm zehn Kinder.

Am 1795-04-13 notiert Melchior Kirchhofer sich, dass Schwarz eine Frau suchte, „deren Caracter sich noch nicht fest gebildet hatte, um denselben nach seinen pädagogischen Ideen zu formen.“ Friedrich Creuzer schreibt am 1807-05-30 an Leonhard Creuzer: „Jungs Tochter Hanne war übrigens schuld daran, daß (nach einem Brief von Friedrich an Leonhard vom 30. 5. 1807) auch Schwarz so wenig wie ihr Vater‚ ökonomisch vorwärts kam’.“ – Ein junger Mann, Maximilian („Max“) Emanuel Ernst Richter,

(geb. 9.11.1803, gest. Bayreuth 25.09.1821-22:30 Uhr an einem Nervenfieber), Sohn von Johann Paul Friedrich Richter (Jean Paul, 1763-1825) und Leopoldine Friederike Caroline Richter geb. Mayer (geb. Berlin 7.06.1778, gest. München 1860)

schreibt am 1820-11-16 aus Heidelberg an seine Eltern: „Die Aehnlichkeit mit der Krh. [Kirchenrätin] Schwarz finde ich gar nicht groß, im Gegentheil, ich wünschte es von keiner Seite; die Tochter von Jung Stilling zu sein steckt ihr immer im Kopfe u sonst bemerke ich auch ein bischen Stolz.“ Kurze Zeit später, am 1821-01-06, ergänzt er: „Die Schwarz ist eine herrliche Frau in Hinsicht ihres Charakters; allein der Stilling steckt ihr noch im Kopf; ihre Eintracht mit dem noch bessern Manne ist segensreich für die Kinder, die die herrlichsten Menschen von der Welt sind; die älteste Tochter ist möchte ich mit der Emma vergleichen; sie weiß eben so das Lächerliche jedem wirklich Lächerlichen abzugewinnen u so jede Eigenschaft gründlich zu wissen; ihre Häuslichkeit u Wirthaftlichkeit ist, wie bei allen Heidelbergerinnen, Muster für andere.“ (So die digitale www.jeanpaul-edition.de.)

 
1792
Mehrere Werke werden Jung während seiner Dienstzeit als Professor gewidmet, darunter dies von Georg Herwig:


     
Nebenbei: Jung scheint während seiner Zeit als Professor nicht das Promotionsrecht gehabt zu haben, denn es sind keine Doktoranden nachweisbar. Dagegen findet er sich mehrfach als Widmungsträger.
  
1792-1793
Jung-Stilling empfängt am 1792-04-23 in Marburg den angehenden stud. iur. (immatr. Marburg 25.04.) Friedrich Wilhelm Ludwig Philipp Freiherrn von Vincke (geb. Minden 23.12.1774, gest. Münster/Westf. 2.12.1844), der im Hause Jung Kost und Logis erhält, und als Familienmitglied aufgenommen wird. Dessen Vater Ernst Idel Jobst von Vincke (geb. Stolzenau 21. Februar 1738, gest. Minden 21. Mai 1813; ehel. 1762 Louise Sophie v. Buttlar) hatte zuvor seinen Sohn Jung-Stilling vorgestellt. 
von Vincke ist insofern für Jung-Stilling wichtig, da der Teil des südlichen Westfalens mit Jung-Stillings Geburtsort durch ihn zum Verwaltungsgebiet Westfalen (heute Nordrhein-Westfalen) kam, als Vincke 1815 Oberpräsident der preußischen Provinz Westfalen geworden war.  –
Im April 1793 erscheint ein Aufsatz des Studenten Freiherrn von Vincke, der Jung-Stilling die erste Idee zu Leichenhäusern einräumt (siehe dazu hier).
Vincke studierte vom Sommersemester 1792 bis zum Herbst 1793 in Marburg, von wo er nach Erlangen ging. Unter dem 1793-09-19 schreibt Jung-Stilling ein (nicht in der Edition Schwinge genanntes) Zeugnis für Ludwig von Vincke, in dem es u. a. heißt: von Vincke hat bei mir „mit äußerstem Fleyß und ununterbrochen gehört, und, wie ich Ihm, als meinem beständigen Haus= und Tischgenossen, am zuverlässigsten attestiren kann, sich durchgehends und in allen Stücken so betragen, wie es in Ansehung des Kopfs und Hertzens, den Sitten und der Tugend, den höchsten Wünschen eines Gott, Menschen und seinen Sohn zärtlich liebenden Vaters vollkommen entspricht.“ - Siehe auch unter 1817 und hier den Text zu Anm. 1..
 
 
1793 
Die Französische Revolution bestätigt Jung-Stilling in seiner schon 1777/1778 (s. d.) gefassten Meinung, die Endzeit sei da. 
Es erscheint
"Johann Heinrich Jung / über den / Revolutions=Geist / unserer Zeit / zur / Belehrung der bürgerlichen Stände. / - [engl. Linie 24 mm] / - [engl. Linie 61 mm] / Marburg, / in der Neuen Akademischen Buchhandlung. / 1793." 
Siehe dazu den Text unter den Quellen. – Nachdrucke: 
    • Untersuchung der Quellen des heut zu Tage allgemein herrschenden Revolutionsgeistes. Von Johann Heinrich Jung Stilling. - In: Siegerländer Heimat=Kalender auf das Jahr 1927. 8. Jahrgang. Hrsg. v. Verein für Heimatkunde und Heimatschutz im Siegerlande samt Nachbargebieten. Siegen: Vorländer (1926). 
    •  
    • Jörn Garber: Kritik der Revolution. Theorien des deutschen Frühkonservatismus. Band 1: Dokumentation. Kronberg/Taunus: Scriptor 1976 = Monographien Literaturwissenschaft [Bd.] 6. Darin S. 193-205: "16. Johann Heinrich Jung Über die schimärischen Menschenrechte Freiheit und Gleichheit (1793)" = Neudruck im Faksimile von S. 28-40 aus "Über den Revolutionsgeist unserer Zeit".
  • Übersetzung: [Umschlag und Titelblatt:] "Johann Heinrich Jung Stilling / Sullo spirito rivoluzionario del nostro tempo / a istruzione dei ceti borghesie / e / La famosa profezia di Cazotte sulla Rivoluzione francese / a cura di / Erminio Morenghi / 11 / Quaderni dell'Istituto di Lingue e Letterature Germaniche / Sezione Testi / - / Universit`1 degli studi di Parma / Facoltà di lettere e filosofia / - / Edzioni Zara – Parma 1996 [Schmutztitel:] Titoli originali / Über den Revolutionsgeist unserer Zeit / zur Belehrung der bürgerlichen Stände / Cazotte's weltberuhmte Profezeiung / von der franzosischen Revolution”; S. (69)-102: "Sullo spirito rivoluzionario / del nostro tempo / a istruzione dei ceti borghesie” 
Vgl. unter 1795 Jungs ähnliche Schrift. 
 
Jung-Stilling verfasst und lässt in einem achtseitigen Druck erscheinen: 
Der Tod / Ludwigs des Sechzehnten / Königs von Frankreich / besungen / von / Johann Heinrich Jung. / Marburg, den 31. Jänner 1793. 
Ein anderes Gedicht unter dem Titel "Beim Anblick von Ludwig XVI. Bild, ein Gedicht." steht in Ewalds 
"Urania / für / Kopf und Herz, / herausgegeben / von / J. L. Ewald. / - [Linie 53 mm] / Erster Band, / welcher die sechs ersten Stüke enthält. / - [engl. Linie 81 mm] / Hannover, / in der Helwingschen Hofbuchhandlung. / 1794.", 6. Stück, S. 519-520. 
Den Jahrgang ziert das Kupfer: "Ludewig XVI. / auf dem Schafot." – Den Text nebst allen anderen Texten Jung-Stillings in der "Urania" findet man unter den Quellen. – Zu Johann Ludwig Ewald siehe passim. 
 
  • Neu ist nun und muss mit notwendigen korrigierenden Ergänzungen versehen werden:
  •  
  • Gerhard Schwinge: Jung-Stillings Auseinandersetzungen mit der Freigeisterei und dem Revolutionsgeist. 35 Jahre ‚Vergleichende Zeitgeschichte’ (1779–1814). Ein Forschungsbericht. Gewidmet dem Stillingsfreund, meinem hochverehrten Doktorvater Gustav Adolf Benrath zum 80. Geburtstag, und den ebenfalls 80jährigen hochgeschätzten anderen Stillingsfreunden Jacques Fabry und Gerhard Merk. – In: Jahrbuch für badische Kirchen- und Religionsgeschichte, hrsg. v. Udo Wennemuth, Albrecht Ernst, Thomas K. Kuhn. Stuttgart: Kohlhammer Bd. 5, 2011, S. 25-40.

Behandelt werden u. a.

  • Rainer Vinke: Johann Heinrich Jung-Stillings Reaktion auf die Französische Revolution. - In: Deutschland und Europa in der Neuzeit. Festschrift für Karl Otmar Freiherr von Aretin zum 65. Geburtstag. 1. Halbband. Hrsg. v. Ralph Melville, Claus Scharf, Martin Vogt u. Ulrich Wengenroth = Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abtlg. Universalgeschichte Bd. 134, 1. Halbbd., S. 469-487 [Leicht veränderter Neudruck:] 
  •  
  • Rainer Vinke: Das Verhältnis Jung-Stillings und der Erweckung zur Revolution. - In: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes. I. A. des Vereins f. Rhein. Kirchengesch. hrsg. v. H. Faulenbach, D. Meyer, R. Mohr. Jg. 39, Köln und Bonn 1990, S. 59-83 
  •  
  • Thomas Baumann: Jung-Stilling und die Französische Revolution. Dem Andenken meines verehrten Lehrers Klaus Deppermann. - In: Pietismus und Neuzeit. Ein Jahrbuch zur Geschichte des neueren Protestantismus. I. A. der Histor. Kommission zur Erforschung des Pietismus hrsg. v. Martin Brecht, Friedrich de Boor, Klaus Deppermann, Ulrich Gäbler, Hartmut Lehmann u. Johannes Wallmann. Bd. 16, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1990, S. 132-154. (Zugl. veränd. Magisterarbeit von 1987.) 
  •  
  • Volker Jordan: Der protestantische Frühkonservativismus in Deutschland in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Magisterarbeit 1997, S. 113-144 (= Kap. 7.3): Johann Heinrich Jung-Stilling und die Französische Revolution, dargestellt unter Berücksichtigung seiner politischen Utopie. [e-book; downloadbar unter diesem URL. 
  •  
  • Jules Keller: Jung-Stilling face à la Révolution "L'homme en gris" lance anathème contre les sans-culottes. – In: Germanistik aus interkultureller Perspektive articles réunis et publiés par Adrien Finck et Gertrud Gréciano en hommage à Gonthier-Louis Fink. Institut d'études allemands, Université des Sciences Humaines de Strasbourg 1988 = Collection Recherches Germaniques n° 1(ISBN 2-86820-512-4), S: 155-164.   

   

1794 
Der erste Band des Romans "Das Heimweh" erscheint (vgl. 1796). Inhaltsverzeichnis, Register usw. finden sich hier
Ebenso verfasst Jung-Stilling am 7. Dezember des Jahres den lange vergessenen und von mir wiederentdeckten "Entwurf eines Plans und der Regeln des Teutschen Gelehrten-Bundes zur Aufrechterhaltung der Christlichen Religion und der Teutschen Reichsverfassung." Wegen seiner Bedeutung ist er unter den Quellen nachgedruckt. 
Im Jahr III des neuen französischen Kalenders (1794/95) wird Jungs Roman "Florentin von Fahlendorn" (1781-83) unter dem Titel "Florentin et Rosine" in die französische Sprache übersetzt. Der vollständige, kommentierte Text findet sich hier.
 
In der Enzyklopädie von Krünitz erscheint erstmals das Porträt Jung-Stillings von Gundlach (und Halle). 1803 erschien es in der zweiten Auflage. Siehe zu Gundlach und dem Porträt hier, allgemein zu den Porträts hier.
 
In einem Zeitungsbericht heißt es über den Schullehrer von Völkershausen (bei Vacha)
„Vor einiger Zeit mußt der hiesige Schullehrer eine Reise nach Marburg unternehmen, um sich von dem Hofrath Jung einen Schaden am Auge operiren zu lassen. Nun nimmt zwar der Menschenfreund Jung (wie die Leser der Geschichte Stillings wissen,) von keinem Patienten etwas für seine Bemühung – es wäre denn ein freywilliges Geschenk zur Kasse, woraus er die Armen, welche sich operiren lassen, in den Waisenhäusern mit der nöthigen Pflege und Wartung versorgt: aber ein Auffenthalt von einigen Wochen in der Stadt mußte dennoch in der Jahresrechnung eines Mannes, der bey geringer Besoldung eine zahlreiche Familie zu ernähren hat, Einnahme und Ausgabe in ein Mißverhältniß setzen, das ängstliche Nahrungssorgen, wobey sichs nicht gut arbeiten läßt, in Gefolge hat. Kaum erfuhr dies Prinz Karl, so machte er seinem geschätzten Schullehrer ein Geschenk, wovon er nicht nur die Reisekosten bestreiten, sondern auch manches andere Bedürfniß seiner Familie befriedigen konnte.“
     (Jung beklagte dieses kostenlose Operieren; siehe dazu ausführlich hier.)
 
1794
Zwei Rezension aus dem Jahr 1794 zur Schrift "über den Revolutions=Geist unserer Zeit zur Belehrung der bürgerlichen Stände" erscheinen; siehe hier.
 
1795 
Es erscheint der Aufsatz "Ueber die Revolutionssucht deutscher Weiber" in der Zeitschrift Eudämonia, der unter Quellen abgedruckt ist. – Vgl. die früheren Schriften Jung-Stillings unter 1793. 
 
1795 
Die Gedichte der Lebensgeschichte werden in die englische Sprache übersetzt, damit auch die Engländer, wie es in der Einleitung heißt,  mustergültige Beispiele deutscher Poesie kennen lernen können. Siehe dazu in der Bibliographie unter 1795 die Texte. 
 
1795-1816 
Es erscheint in dreißig Heften "Der graue Mann, eine Volksschrift". Jung-Stilling schrieb diese Zeitschrift selbst, ohne Beiträge anderer – wenn auch wenige Ausnahmen vorhanden sind. Die Angabe "hrsg. von de Valenti" ist so falsch. Denn: Fortgesetzt wurde diese Zeitschrift von Ernst Traugott Lachmann [1762-1825], Heft 31-38, 1821-1826, dann von Dr. Ernst Joseph Gustav de Valenti [1794-1871], Heft 39-42, 1830-1833. – Detaillierte Informationen zum "Grauen Manne" finden sich unter Quellen und den neueren Forschungsarbeiten. Im Jahr 2007 erschien in vier Bänden ein kommentierter Neudruck mit Register! 
 
1795 
bis 1801 erscheinen die "Szenen aus dem Geisterreiche" und werden bis heute neu aufgelegt. – Vgl. auch unter Quellen! – 
Einen Teildruck findet man unter diesem URL. -   Alexander François Siffle (1801-1872) hält 1843 eine bis heute unbeachtete Rede über die „Szenen aus dem Geisterreiche“ vor der Gesellschaft der Wissenschaften zu Middleburg, die interessante Einblicke gibt. – Siehe den Text hier.

1795

1795-07-03 findet die Hinrichtung eines Mörders auf dem Richtplatz, der „eine ziemliche Strecke vor den Thoren Marburgs liegt“ statt. Leonhard Johann Carl Justi war mit seinem Amtskollegen Johann Ludwig Henrich Fenner seitens der Kirche, Johann Karl Heinrich Gottfried Hille seitens der Justiz mit diesem Fall beschäftigt. Mehr dazu siehe hier.

1796 
Der Roman "Das Heimweh" – 1794 mit dem ersten Band begonnen – wird mit dem vierten Band beendet. Ergänzend wird der "Schlüssel zum Heimweh" publiziert. - Der Band 4 wird im Juni des Jahres auf den Index gesetzt, also verboten.– Siehe hier ausführlich zum Roman. 
Zu 1796-11-17: Christian Gotthelf Bauer (geb. Guben 1759-04-18, gest. Herrnhut 1842-04-22, er ehel. 15.04.1799 Sophia Elisabeth Reichel, daraus vier Kinder) hatte 1795 die Stelle eines Arztes in Zeist/Zeyst bei Utrecht übernommen, nachdem er zuvor in der Herrnhuter-Gemeine Niesky gearbeitet hatte. Zeist war 1752 von den Nassauer Grafen an einen Amsterdamer Kaufmann verkauft worden, der es den Herrnhutern als „Pflanzort“ einräumte, die seit 1746 dort Häuser und Fabriken angelegt hatten. Da das Klima ihm dort nicht bekam, reiste Bauer 1796 über Marburg zurück nach Herrnhut. Hier in Marburg konsultierte er „den als Augenarzt und in andern Beziehungen bekannten Jung Stilling einer Augenschwäche wegen“. So schreibt Jung-Stilling am 1796-11-17 für ein „Pro Memoria für Herrn Chirurgus Bauer“aus.
Faksimile und Transkription: Johann Heinrich Jung-Stilling: Stahlhandel, Metallverarbeitung und Mechanisierung im Bergischen Land. Beobachtungen und Einschätzungen. Neu hrsg. u. mit Anm. vers. v. Gerhard Merk. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1992. - ISBN 3-928984-03-9. = Jung-Stilling-Schriften Bd. 4). S. 86 f. [Nicht (wie andere Rezepte auch) in der Edition Schwinge genannt.] 
   
1796
Zum von Jung herausgegebenen Werk „Über Bibellehre und Christenthum für gebildete Layen.“ 8 Marburg: Krieger 1796“ siehe ausführlich hier
 
1796-04
Jung macht Bekanntschaft mit den Sabbatisten / Sabbatianer / Frankisten / Sabbatarier; siehe dazu Lebensgeschichte S. 502 ff.; die dort ungenannte Person ist hier identifiziert.

  
  1796-1801
LG S. 506 f.: Zum freundschaftlichen Umgang mit den v. Anhalt-Schaumburg-Bernburg und der Identifizierung der richtigen Personen siehe hier.

 
1796-1797 
Jung setzt sich nach Kontakt mit Veyder-Malberg für die französischen Emigranten von Barst ein und bittet auch Goethe um dessen Mithilfe. Siehe dazu ausführlich hier.
 
1797
Jung setzt sich in diesem Jahr für Carl Joseph von Wreden/Wrede ein, indem er einen Aufsatz in der Zeitschrift "Eudämonia" berichtigt. Sehen Sie hier die Texte und weitere Angaben zu Wreden/von Wrede.
 
1797-09-25:
Jung wird Mitglied der „Königlichen Societät der Wissenschaften und Künste“ in Frankfurt an der Oder.
 
1798
Jung-Stilling wird (Gründungs)Mitglied der Missions-Sozietät vom Senfkorn.
 
Friedrich Heinrich Hatzfeld (1768-1820) vermerkt einen Vorschlag Jung-Stillings, der bis heute seine Auswirkungen hat, wenn er schreibt:
„Alle ständige Ausgaben, die unbeträchtlichen wie die größeren, müssen in kurzen Terminen gleich nach der Erhebung ausbezahlt werden, ohne müßig in der Kasse zu liegen. Dadurch wird der Umtrieb des Geldes befördert; und alles was dahin abzweckt, ist wichtig, weil die allgemeine Wohlfahrt dadurch vermehret wird. *)“
und dazu die Anmerkung gibt:
 "Jung hat deswegen vorgeschlagen, die Besoldungen nicht quartaliter, sondern monatlich auszubezahlen.“
 
1798 besuchte ein später prominenter Politiker aus Ostpreußen Marburg, nannte es „diese schlecht gebauete Stadt“, besuchte Jung-Stilling und ging mit diesem dessen Werke durch. Natürlich gab es keine Einigung in Religionssachen, und in der Staatswirtschaft fand der Besucher ihn „schwankend“; und er notierte sich: „Er versicherte, daß er sich seiner alten Schriften schäme u. nur die Grundlegung der StaatsWirthschaft als ein Buch von Werth erkenne.“ (Dank nach Hirschberg in Polen!)
Durch das Zitat ließ sich v. Schön leicht identifizieren: Studienreisen eines jungen Staatswirths in Deutschland am Schlusse des vorigen Jahrhunderts. Beiträge und Nachträge zu den Papieren des Ministers und Burggrafen von Marienburg Theodor von Schön. Von einem Ostpreußen [d. i. Rudolf Ehwald (geb. Gotha 7.11.1847, gest. ebd. 13.07.1927)]. Mit einer Lithographie. Leipzig: Franz Duncker 1879, S. 562.
    
1799 
"Die Siegsgeschichte der christlichen Religion in einer gemeinnüzigen Erklärung der Offenbarung Johannis" erscheint ohne Verfasserangabe. 
Es gibt zwei Ausgaben dieser Exegese der Offenbarung im selben Jahr, da sehr schnell ein Neudruck erforderlich geworden war: 
Titelvignette: Druckerstock, eine Frauengestalt auf Wolken ruhend. Holzschnittleiste auf S. 3: Ein Stab mit einer Blumengirlande, in der Mitte eine Rosette. – Hier sind Druckfehler enthalten und am Schluß korrigiert.  Titelvignette ein Blumenkorb auf einer Konsole, am Anfange der S. 3 ein Stab mit Rokokoornamenten. – Bei gleicher Seitenzahl aber neuem Satz sind die Druckfehler verbessert. 
Sehen Sie hier zur detaillierten Information über diese beiden Ausgaben nach! Der kommentierte Text hier, der des Nachtrags von 1805 hier.
 
Zur "Siegsgeschichte" erschien später das von Jung-Stilling empfohlene Werk: 
[Traugott Leberecht Kämpfe (1762-1828)] Allgemeines und vollständiges Register über die Siegsgeschichte der christlichen Religion und den Nachtrag zu derselben. - Von M[agister]. Traugott Leberecht Kämpfe, Pastor in Langenberg bei Gera, und d. k. Instituts d. Mor. u. sch. Wissensch. auf d. Fr. Alex. Univ. ordentl. wie auch der pomol. Gesellsch. zu Altenb. corresp. auswärt. Mitgl. - Nürnberg, im Verlag der Raw`schen Buchhandlung. 1812. [Enthält: 1. Register S. 7-18: Bibelstellen; 2. Register S. 19-29: Zeitrechnung; 3. Register S. 30-55: Namen; 4. Register S. 56-128: Sachen. - Eine 2. Auflage erschien 1822.] 
 
1799 
Jung-Stillings "Vorrede. Berichtigung der gewöhnlichen Begriffe von der Mystik." diente der Einleitung zu Stahlschmidts "Pilgerreise" im Jahr 1799 und findet sich hier. Jung-Stilling ist nicht der Autor der "Pilgerreise"! Den Nachweis finden Sie unter "Falsch ist ..." 
 
1799
- erscheint eine Subskriptions-Anzeige zur "Siegsgeschichte der christlichen Religion"; siehe hier.
- schreibt Johann Friedrich Benzenberg scharf zur Siegsgeschichte und der Zeitberechnung darin gegen Jung-Stilling, siehe hier
 
1800
EXKURS: Im Jahr 1800 erscheint eine Kritik an Jung-Stilling, die das Urteil, er sei „kein scharfer Denker“ (Merk), „kein philosophischer Kopf“ (Pfeifer-Belli) stützt:
„Jung,
(Professor in Marburg.)
ein philosophisches Quodlibet. Er hat Scharfsinn, – aber zur Unzeit; er mischt Kantische Brocken in sein übriges Gemengsel – versteht aber Kanten selbst nicht. Bald schwärmt er mit Lavatern und Ewald; bald macht er den Mystiker und Herrnhuter; bald überfliegt er sich in der Philosophie. Bei einer seltnen Anlage, durch einen gewissen Anstrich von Schwärmerei auf seine Zeitgenossen zu wirken, die seinen Romanen (die er als Heinrich Stilling herausgab,) zu viel Gerechtigkeit haben wiederfahren lassen, artet sein Styl ebenfalls so excentrisch aus, wie seine Grundsätze. Er bleibt sich nie gleich und in seinem philosophischen Kalender sind beständig Aprilltage. — Unter den zünftigen Philosophen wird er nie viel Glück machen; auch hat er, seit seines Genossen Ewalds: Urania sich zur Ruhe auf das linke Ohr gelegt hat, hartnäckig seinen philosophischen Genius verstummen lassen. – Wir möchten um alles in der Welt nicht sein Sicard und Eschke werden! –“
Gemeint sind díe Taubstummenlehrer Ernst Adolf Eschke (geb. Meißen 17.12.1766, gest. Berlin 17.07.1811); Roch Ambroise [Cucurron] Sicard (geb. Le Fousseret 19./20.09.1742, gest. Paris 10.05.1822).
Pfeifer-Belli nennt Jung-Stilling „Gefühlsmensch“ und bezeichnet ihn als „der kindliche Mann“. Studer meint: „Ein Philosoph strenger Logik war er nicht.“ Jung war sehr stolz auf seine mathematischen Kenntnisse, muß sich dann aber von Benzenberg sagen lassen
 
„Hofrath Jung besaß nicht genug astronomische und arithmetische Kenntnisse, um einzusehen, daß man einen solchen Cyklus aus jeder Zahl berechnen könnte, – und daß das Ganze auf der arithmetischen Aufgabe beruht: daß wenn man einen Rthlr. in 90 Theile eintheilt, so hat man 90 Xr., und wenn man nun umgekehrt diese 90 Xr. zusammenlegt: so hat man wieder einen Rthlr.
Ich habe ihm dieses drey oder viermahl erklärt, aber eben mit keinem glücklichen Erfolge. Er konnte es immer nicht begreifen, daß man aus jeder Zahl so einen Cyklus berechnen könnte, der besser mit dem Himmel stände, als der seinige, – und daß dieses jeder Schulmeister könne, der nur die vier Species [Grundrechenarten] verstehe.“
 
Bereits am 1807-01-05 hatte Jung-Stilling Karlsruhe an seinen Schwiegersohn Friedrich Heinrich Christian Schwarz geschrieben, dass es ihm schwer fiele, philosophischen Gedankengängen zu folgen, da seine Bildung lückenhaft sei. (Schwarz hatte ihm gerade sein jüngstes Buch zugesandt.)
Jung-Stilling zeigt sich „zugleich als schlechter Denker und als geschickter Darsteller“ meint auch Varnhagen von Ense.
 
1800
Lavater kritisiert die „Siegsgeschichte“; siehe hier.
Vor dem Tod des Zaren Paul (gest. 23. März 1801) schreibt Jung-Stilling an ihn betr. die Schulden von Lavater. 
   
1801

 In seiner Lebensgeschichte (hrsg. Benrath S. 539) berichtet Jung-Stilling von seinem Aufenthalt im Waisenhaus in Ludwigsburg. Dieser Besuch am 1801-04-01 war ebenso ein Erlebnis für Justinus Kerner. Georgii-Georgenau meint: „tief berührt wurde Kerner in dieser Zeit durch Stilling, der ihm in Begleitung mit seiner Gattin und dem Waisenhauspfarrer Schöll auf dem Rückwege von dem Ludwigsburger Waisenhause, das er besichtigt hatte“. In seinem „Bilderbuch aus meiner Knabenzeit“ berichtet Kerner von diesem Zusammentreffen.

Neben Israel Hartmann amteten hier Pfarrer Johann Ulrich Schoell (Schöll, 1751-1823) und Eberhard Friedrich Georgii (1757-1830). Jung-Stilling hatte seine Freude im Kreis dieser Männer, vertraten sie doch seine Ansichten zur Onanie / Masturbation, über die sich die Jenaer Studenten so amüsierten, dass sie Jung-Stilling zum Preisrichter über eine Aufklärungsschrift zum Thema machten. „strengt Kopf und Herz, nicht Hände nur beim Werk an“ riefen sie den potentiellen Teilnehmern zu. (Salfellner: Mit Feder und Skalpell, 2014, S. 38)

Iris Ritzmann berichtet 2016 (in Virus. Beiträge zur Sozialgeschichte der Medizin Bd. 15) über „Erregte Gemüter“, einen viel schweren Fall, den diese drei Männer zu lösen hatten.

 
Ein „Y“ schreibt 1801 über "Der apokalyptische Schullehrer"; siehe hier
 
1802 
Julie Richerz geb. Eicke kommt zu Beginn des Jahres in Marburg an und gehört von nun an zum Haushalt Jung-Stillings (LG S. 529 u. ö.). Sie war die Tochter von Ludwig Börries Eicke (geb. 1722), des ersten Bürgermeisters und Lizentkommissars der Stadt Münden, und am 12.10.1760 in Münden geboren worden. Mit 19 Jahren ehelichte sie – wie aus ihrer Autobiographie zu entnehmen ist – den damaligen Universitätsprediger, späteren Superintendenten zu Gifhorn Georg Hermann Richerz (geb. Lübeck 1.04.1756, gest. Münden 7.07.1791). „La parfaite analogie de nos sentiments, surtout en matière religieuse, avait seule amenè cette union". Sie starb in Neudietendorf am 18.08.1850. – [Das Geburtsdatum ist angegeben in Jung-Stillings Merkbuch (LG S. 696), fehlt jedoch in der Edition Schwinge (S. 343, Anm. 1); in Schwinge: Jung-Stilling als Erbauungsschriftsteller ist das Fragezeichen S. 368 nach Richerz zu streichen.]
 
1802
Pestalozzis Gedicht auf Jung-Stilling erscheint; siehe hier.
 
1803
1803-09
Zuerst in der Marburger Zeitung, dann auch in anderen Zeitungen, wird der folgende Text publiziert, mit dem Jung-Stilling seinen „Nachfolger“ ankündigt:
„Der Herr Doctor Ullmann allhier hat bisher meinen Staaroperationen fleisig beygewohnt, und ich habe das Zutrauen zu Ihm, daß Er sich diesem wohlthätigen Geschäfte treulich widmen, und der leydenden Menschheit hülfreich seyn werde. Das hiesige Evangelisch=Lutherische Waysenhaus wird, wie bisher, die Staarblinden gegen billige Bezahlung, für treue Aufwartung und Pflege, aufnehmen.
Marburg den 8ten Sept. 1803.
Dr. Joh. Heinrich Jung,
Kurpfälzischer Hofrath.“
Hier handelt es sich um Christoph Ullmann, der als Sohn des späteren Marburger Oberrentmeisters Johann Friedrich Ullmann aus Hofgeismar und der Marien Elisabeth Bode, Tochter des Platzmajors Johann Christoph Bode, geboren wurde. – [Georg ?] Christoph Ullmann, geb. Kassel 11.05. (n. A. 12.06.) 1773; gest. Marburg 18.01.1849, ist der Bruder des Mineralogen und Prof. d. Staatswiss. Johann Christoph Ullmann (3.09.1771-6.08.1821). – Seit 1795 in Marburg, seit Mai 1804 a. o. Prof. der Heilkunst, 1807 o. Prof. d. Anatomie; Prof. med. a. o. seit Mai 1814. Später auch Direktor des Landeskrankenhauses der Provinz Oberhessen.
 
1803 
bis 1807: In Heften wird "Der christliche Menschenfreund in Erzählungen für Bürger und Bauern" publiziert. Siehe die umfangreichen Angaben zu dieser Zeitschrift hier. Dazu auch der Aufsatz von Martin Völkel unter den neueren Forschungsarbeiten. 
Siehe hier unter 1808 ausführlich dazu.
 
1803 
Umzug nach Heidelberg. Jung-Stilling wird Berater Karl Friedrichs von Baden (1728-1811) und damit freier religiöser Schriftsteller. (Zu seiner Wohnung siehe unter Orte!) - Schnell wurde er  „Liebling des Churfürsten von Baden“ (so C. F. C.; 1806).
1825 hieß er in einem Lexikon: „ Am Ende seines Lebens nahm er eine Vocation nach Carlsruhe als gh. badis. geh. Hofrath an, ohne zu bestimmten Geschäften verpflichtet zu seyn.“ (Stepf)
Falsch ist, dass Jung-Stilling 1803 Professor für Staatswissenschaft in Heidelberg wurde bzw. seit 1804 wieder dort lehrte, auch wenn dies in vielen Lexika 
(z. B. Brockhaus Die Enzyklopädie 1997, Bd. 11, S. 308; Volker Meid: Reclams Lexikon deutschsprachiger Autoren, Stuttgart 2001, S. 458; R[aymond]. Matzen: [Artikel:] Jung-Stilling. – In: Encyclopédie de l'Alsace Bd. 7. Hemmerle-Kientzheim. Strasbourg: Editions Publitotal 1984, S. 4388, Sp. 2-3, hier Sp. 3: "il obtint une chaire de sciences politiques à Heidelberg".) 
und Darstellungen 
(z. B. Wilhelm Schulte: Heinrich Jung-Stilling. – In: Wilhelm Schulte: Westfälische Köpfe. 300 Lebensbilder bedeutender Westfalen. Biographischer Handweiser. Münster: Aschendorff (1963), S. 141-143. [M. 1 Porträt Jung-Stillings nach Schlemmer/Schröder.]) 
gesagt wird! 
Im 14. Stück des "Grauen Mannes" (1803) schreibt Jung S. 73:
Karl Friedrich von Baden "giebt mir eine anständige und hinlängliche Besoldung, wofür ich schlechterdings zu keinem Amt oder Dienst verpflichtet bin, sondern nun ganz allein meiner religiösen Schriftstellerey und Correspondenz, und meinen Augencuren mich widmen kann." und ebd. S. 122: "der schreibe an mich unter der einfachen Addresse an den Hofrath Jung in Heydelberg – Professor bin ich nicht mehr." – Im 15. Stück (1804) heißt es S. 133: "daß ich von allen irdischen Geschäften befreyt" bin. 
In einem Brief (nicht in der Edition Schwinge) aus dem Anfang des Jahres 1805 liest man: 
"daß mich der fromme Kurfürst von Baden von Marburg wegberufen hat, und mich nun von allen irdischen Geschäften und Verbindlichkeiten befreyt, blos dafür besoldet, daß ich zum Besten des Reichs Gottes, so gut ich kann und mag, nach bestem Wissen und Gewissen, durch Schriften und Correspondenz wirken soll; ausser diesem hab' ich durchaus kein Amt und keine Verbindlichkeit." 
In einem anderen Brief heißt es im September 1803: 
"Was nun meine Lage betrift, so bin ich wieder in Heidelberg, aber in ganz andern Verhältnissen als ehmals, ich war damals Lehrer an einer Universität, die unter dem Druck der Römischen Hierarchie stand, und jezt herrscht hier ein Fürst, der ein wahrer Christ im erhabensten Sinn des Worts und mein Freund ist, damals war ich mit Akademischen Geschäften, mitten in verdrieslichen Collegialischen Verhältnißen beladen, jezt Von dem allem frey, beschäftige ich mich – unabhängig und entledigt Von Allem was ein Amtsgeschäft heisen kann, blos mit religiösen Gegenständen, und lebe so ganz dem Herrn und seinem Reich, dann aber auch den Augenpatienten. Vormittags besorge ich meine weitschichtige Correspondenz und Nachmittags meine Schriftstellerey, jezt arbeite ich an der Fortsezung meiner Lebensgeschichte." 
In seiner Zeitschrift "Der Christliche Menschenfreund in Erzählungen für Bürger und Bauern [...] Viertes Heft. [...] 1807" liest man S. 104: 
"indem mir dieser theuere Fürst mir versprach, mich bey erster schicklicher Gelegenheit von Marburg weg, und in seine Länder zu berufen, und zwar ohne Amt, oder irgend eine Bedienung, sondern nur blos zu dem Zweck, zum Besten der Religion, und des Reichs Gottes thätg zu seyn." 
Die falsche Angabe rührt sicherlich auch her von MEUSEL Bd 11, 1805, S. 406: "seit 1804 kurbadischer Hofrath und ordentlicher Professor der Staatswirthschaft auf der Universität zu Heidelberg." Allerdings: In MEUSEL Supplement Bd 2, 1810, S. 247 f.: liest man korrigierend: "übrigens ist er nicht Professor zu Heidelberg, sondern privatisirt zu Carlsruhe." 
Selbst Heinrich Düntzer (1813-1901) schreibt fälschlich: "kam […] Ende 1803 als kurfürstlicher Leibarzt nach Heidelberg". Ebenso irrt Amelie von Graevenitz in "Metzler(s)-Goethe-Lexikon", hrsg. v. Benedikt Jeßing, Stuttgart usw.: Metzler 1999, S. 268, wenn sie ihn als "vortragenden Rat" bezeichnet. 
Literatur
  • G[ustav]. A[dolf]. Benrath: Karl Friedrich von Baden und Johann Heinrich Jung-Stilling. - In: Badische Heimat. Mein Heimatland. Zeitschrift für Heimatkunde und Heimatpflege. Hrsg. i. A. des Landesvereins Badische Heimat e. V. mit 41. Ekkhartjahrbuch [Ekkhart. Jahrbuch der Badischen Heimat] 52, 1972, S. 73-82 (m. 2 Abb.) 
  •  
  • Wolfgang Leiser: Jung-Stilling und Karl Friedrich von Baden. - In: Festschrift für Professor Dr. Dr. Wolfgang Mülller zum 65. Geburtstag = Alemannisches Jahrbuch 1970. Hrsg. Alemannisches Institut Freiburg/Breisgau. Bühl (Baden): Konkordia (1969) S. 273-279. [Mitteilung der Handschriften aus dem GLA Karlsruhe; Beschreibung von Jung-Stillings Grabmal und dessen Verschenkung nach Hilchenbach, Erwähnung der Gedichte Max von Schenkendorfs.]  
  •  
  • Gerhard Schwinge: Jung-Stilling und die oberrheinische Literaturlandschaft seiner Zeit. – In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins Bd. 156, NF Bd. 117, Stuttgart: Kohlhammer 2008, S. 261-283. [Siehe dazu auch hier.]
Siehe zu Jung-Stillings seelsorgerlichen Tätigkeit die das Wesentliche treffende Studie:
Hans-Martin Wolf: Seelsorge bei Jung-Stilling. - In: Deutsches Pfarrerblatt, 67. Jg., 1967, 7. Heft, S. 211-213. 
 
Interessant ist sicherlich eine Untersuchung der Frage: Welchen Einfluß hatte die französische Politik auf die Berufung Jung-Stillings und wie nutzte sie später seinen Einfluß auf den Großherzog? Bisher wird nur ein Bericht - jedoch meist ohne (vorhandene) Quellenangabe - genannt. 
 
 So schreibt
Annette Borchardt-Wenzel: Die Frauen am badischen Hof. Gefährtinnen der Großherzöge zwischen Liebe, Pflicht und Intrigen. Mit 25 Abbildungen. München u. Zürich: Piper (2003 = Serie Piper Bd. 3696. Ungekürzte Taschenbuchausgabe, ISBN 3-492-23696-0; Lizenz des Katz-Verl., Gernsbach. [= Gernsbach: Katz 2001, ISBN 3-925825-80-0.] S. 157:
  
„Der Kaiser der Franzosen machte keinen Hehl daraus, dass er mit den Badenern unzufrieden war. Kein Wunder: Der französische Geschäftsträger Massias [Nicole de Massias (1764-1848)] schilderte die Zustände am badischen Hof in den schwärzesten Farben: Die Gräfin Hochberg und der Markgraf Ludwig versuchten angeblich, die Herrschaft an sich zu reißen. Der Großherzog, bei dem sich das Alter zunehmend mit Charakterschwäche verbinde, sei nur noch ein Abglanz seiner selbst: „Ich habe Beweise dafür, dass er zuweilen gar nicht von den Befehlen in Kenntnis gesetzt wird, die in seinem Namen erlassen werden. Er wird auf ein absolut vegetatives Leben beschränkt.“ Sobald Karl Friedrich versuche, sich durchzusetzen, werde der Augenarzt und Theosoph Jung-Stilling zugezogen. Der Geheime Hofrat lese dem Großherzog dann aus der Bibel vor und entziehe ihn mit seinen Visionen der Wirklichkeit.“
  
Übernommen ist dies sicherlich aus
  
Edmond Bapst: A la Conquête du Trône de Bade. La Comtesse de Hochberg La Grand-Duchesse Stéphanie Gaspard Hauser. Paris : Lahure 1930.
 
 
wo es S. 128 heißt:
 
"Une autre faveur accordée par le grand-duc à la comtesse sa femme fut la construction à Carlsruhe d’une maison monumentale, presque un palais, où elle pourrait abriter son veuvage. En même temps elle soutirait continuellement des ordres de payement grâce auxquels elle allégeait un peu ses dettes. Comme le margrave Louis agissait de même pour réduire les siennes, le trésor badois, déjà mis à forte contribution par les frais de la guerre, était en voie d’épuisement complet. Le grand-duc signait ce que son fils ou sa femme lui présentaient, sans se rendre compte de ce qu’il faisait si par hasard il avait un retour de ses anciens sentiments d’économie, on endormait ses scrupules à l’aide d’exhortations d’ordre mystique qu’était toujours prêt à lui adresser un illuminé, oculiste de profession nommé Jung Stilling; lui-même très porté vers les doctrines théosophiques avait fait venir cet homme à Carlsruhe l’année précédente 1. Voici ce qu’écrivait sur cet état de choses le 29 janvier 1807 le chargé d’affaires de France au prince de Talleyrand : « Tout est ici entre les mains du prince Louis et surtout de la comtesse de Hochberg. Le grand-duc n’a que l’ombre de l’autorité; sa vie est toute végétative. On l’a mis entre les mains d’un oculiste nommé Jung, espèce d’illuminé qui, lorsqu’il en est besoin, lui procure l’entretien de Dieu et des anges. » Et plus tard, le 18 août, revenant sur le même sujet Massias répétait : « La vieillesse se joignant chez le grand-duc à la faiblesse naturelle du caractère, il n’est plus que l’ombre de lui-même. J’ai la preuve que quelquefois on ne le prévient même pas des ordres que l’on donne en son nom. On l’a réduit a une vie absolument végétative. Quand il a du chagrin on lui amène pour le consoler un oculiste illuminé nommé Jung qui lui lit la Bible et qui par ses visions le distrait de la réalité. » Telle est la situation qui avait été signalée au grand-duc héréditaire quand s’achevait le siège de Dantzig […]".
  
1803
„dated Feb. 27, 1803“ wird ein Lebenslauf Jung-Stillings englischer Sprache veröffentlicht; siehe hier.
   
1804 
"Heinrich Stillings Lehr-Jahre" erscheinen. - In lateinischer Sprache verfasst er seinen Lebenslauf (s. hier).  
Zur Bekanntschaft mit Johann Peter Hebel siehe unter Texte der Zeitgenossen! 
Der folgende, mehrfach gedruckte, Brief aus Heidelberg im Jahr 1804 ( – vielleicht an Evertsen in Barmen?) wurde 1855 erstmals nach der Handschrift publiziert, fehlt jedoch in der Edition Schwinge. In eckigen Klammern habe ich einige Unterschiede zu späteren Drucken vermerkt.
„Lieber theurer und in unserm Herrn und königlichen Erlöser innigst geliebter Bruder! Wenn Sie künftig mehr an mich schreiben, so lassen Sie ja alle Titel weg, denn die helfen zu nichts; wir sind Brüder! Alles, was Sie mir Schönes und Gutes von mir und meinen Schriften schreiben, das lege ich zusammen in ein Bündlein und bringe es auf den Altar des Herrn. Alles Gute ist von ihm, ich bin sein unnützer Knecht, ein pures Nichts; er ist mein Alles.
Mit der innigsten Aufrichtigkeit, Liebe und Demuth widerrufe ich alles gern, was ich je in meinen Schriften Falsches oder Unrichtiges geschrieben habe. Allein, theurer Bruder! das kann ich doch nicht eher, als bis ich von dieser Falschheit und Unrichtigkeit überzeugt bin. Können Sie in Anschauung des seligen Rock das leisten, so ist der graue Mann willig und bereit alles Falsche zu berichtigen. Die Quellen, woraus ich die Nachrichten über den seligen Rock geschöpft habe, sind folgende: Mein Geburtsort ist nicht weit von Berleburg entfernt, und Rock war oft in meinem Vaterlande im Fürstenthum Nassau=Siegen gewesen, wo er auch mehrere Reden gehalten hat. Mein Vater war ein sehr frommer Mann, der von Erweckten aller Art sehr fleissig besucht wurde. Von Augenzeugen weiß ich die Geschichte von dem Eimer Wasser (Theobald I [Me: Bd. 1, S. 51-53]), und Marsay war ein sehr theuerer Mann. Ich habe Rock’s Schriften gesehen und gar nichts Anstößiges darin gefunden, und bin von Herzen überzeugt, daß es Rock treu und redlich gemeint habe; aber, lieber Herzensbruder, der heilige Geist bedient sich nicht der Ohnmachten, Convulsionen und Verlusts des Bewusstseins, wenn er Zeugnisse an die Menschen verkündigen lassen will. Mir sind viele männliche und weibliche Personen bekannt geworden, die auch Zuckungen bekamen, dann in eine Entzückung geriethen, und so die herrlichsten und heiligsten Bibelwahrheiten auf die schönste und heiligste Weise aussprachen, sogar künftige Dinge voraussagten, die pünktlich eintrafen; [meine erste selige Frau gehörte unter diese Zahl (Me: Christine Heyder, dieser Halbsatz fehlt bei anderen Hrsgg.!)] – aber allmählich und am Ende ging es kläglich und oft schändlich aus, und nun entdeckte sichs, daß sich ein falscher Geist in einen Engel des Lichts vergestaltet hatte. Nach meiner noch bis dahin innigsten Ueberzeugung würde es mit dem seligen Rock denselben Ausgang genommen haben, wenn er nicht durch eine gewaltige Nervenerschütterung [von seiner Krankheit (Me: Ergänzung bei späteren Drucken!] wäre befreit worden.
Liebe Herzenskinder! lasst uns doch lediglich bei der Bibel bleiben. da ist uns ja Alles hinlänglich bekannt gemacht. Die Schriften und Aussprachen des sel. Rocks und anderer frommer Männer lesen wir und erbauen uns dadurch; aber weder Er, [noch ich, (Me: später ergänzt.)] noch irgend ein anderer Mensch darf Anhänger haben, wir dürfen nur Anhänger Christi sein.
Merken Sie sich folgende ganz gewisse und himmelfeste Wahrheit: Wenn Menschen die ein sehr empfindsames Nervensystem haben, sich lange und ernstlich mit Gott und göttlichen Dingen beschäftigen, dabei aber auf die Imagination durch Vorstellung der zukünftigen Schicksale, der Geisterwelt, des menschlichen Verderbens mehr als auf ihr eigenes Herz und das grundlose Verderben desselben und seine Reinigung durch das Blut und den Geist Jesu Christi wirken, so wird öfters ihr Ahnungsvermögen entwickelt und sie gerathen dann in den aussernatürlichen Zustand, in dem sich die Wahrsager, deren in der heiligen Schrift so oft gedacht wird, auch Schwedenborg [Swedenborg], Johann Tenhardt, Mutter Eva zu Schwarzenau, Anna von Büchel oder Zionsmutter zu Elberfeld, die Jungfer Kummerin im Württembergischen und noch viele Andere mehr, besonders auch nach meiner Ueberzeugung Johann Friedrich Rock befunden worden. Alle jene Personen haben bibelmäßig, wenigstens im Anfang, geredet, aber gegen das Ende bemerkt man den falschen Geist, der in solche geöffnete Thore einschleicht. Alle jene hatten und haben noch eifrige Anhänger, die Leib und Leben darauf setzen, daß ihre Vorgänger das gewesen seien, was Sie von dem sel. Rock sagen. Diesen seligen Mann halte ich für einen frommen und rechtschaffenen Mann und nicht für einen Betrüger; aber daß der heilige Geist nicht durch ihn geredet hat, sondern daß es sein eigener durch das entwickelte Ahnungsvermögen exaltirter Geist gewesen, [den er selber nicht gekannt hat, (Me: später eingefügt)] davon bin ich fest und so lange überzeugt, bis Sie, mein theurer Bruder! mir das Gegentheil bewiesen haben.
Bruder in dem Herrn! Nichts in der Welt ist gefährlicher als Inspiration, sie ist eine offene Thür für falsche Geister. Die Bibel, die Bibel ist unser einziger Leitstern, der uns zu Jesu Christo führt. Er sei und bleibe uns Alles in Allem.
Ihr durch seine Gnade Ihnen ewig verbundener Bruder
Johann Heinrich Jung=Stilling.
 
1805 
Zum "Taschenbuch für Freunde des Christenthums" – erschienen von 1805 bis 1816 – siehe man hier
Bereits 1805 erscheint für 1806:
„Twänne sentenzer för hwar månad, af hofrådet, hos nuwarande churfursten af Baden, doktor Joh. Heinr. Jung: Stilling.“
Jung veröffentlicht am 7. Mai 1805 einen (in der Briefedition nicht aufgeführten) Brief, in dem er deutlich macht, dass er niemals Bestätigungszeugnisse für umherreisende Okulisten ausgestellt habe. Ohne Namensnennung scheint dies – wie auch zeitgenössische Zeitungsberichte vermuten – abzuzielen auf den herumreisenden Starstecher Michel Duchelard (geb. 1764, Chirurg seit 1787). - Zu Duchelard siehe z. B. die Arbeit von Doris Schwarzmann-Schafhauser.
 
1806 
Umzug Jung-Stillings nach Karlsruhe; die Familie folgt zu einem späteren Zeitpunkt (im Jahr 1807). – Jung-Stilling schreibt im August in Baden-Baden eine Predigt über Ev. Johannes 14. 
 
1807 
Am 17. Juni findet der Umzug der gesamten Familie von Heidelberg nach Karlsruhe statt, nachdem folgendes Ereignis vorausging: 
(Hausgeräth=Versteigerung.) Dien= / stags den 9. Juni soll in der Hofrath Jungi= / schen Wohnung im Bomeißlerischen Hause in / der Steingasse allerhand Hausgeräthe, nament= / lich Schränke, Tische, Stühle, Büchergerüste / u. dergl., nebst einem leichten Reisewagen, öf= / fentlich gegen gleich baare Bezahlung an den / Meistbietenden verkauft werden. 
 
1807
Aus „Heidelberg, den 7. März 1807.“ schreibt Heinrich Voß/Voss an Charlotte von Schiller:
„!Sie haben schon eine günstige Meinung für unser Heidelberg, […]. […] Ein gar herrlicher Schlag von Menschen und ein recht ächter deutscher, behaglicher Ton, der das Ganze hier zusammenhält und gleichsam alle zu Einer Familie vereinigt. Obenan unser Jung, den ich wahrlich einen Apostel nennen möchte. Er hat in seiner Miene viel Energisches und dabei eine fast kindliche Unschuld, die sich bei jeder Gelegenheit im Gespräche kund gibt. Er nähert sich schon dem Greisesalter, aber er bleibt ein schöner Greis in Jünglingskraft. Das war Gleim auch; 1 aber Gleim war für seine Jahre zu ungestüm. Jung ist weit milder und inniger. Beide sind jetzt in Karlsruhe, Jung als Freund und Gesellschafter unseres alten guten Großherzogs. – […]“
    
1808 
Karl Friedrich von Baden ernennt Johann Heinrich Jung vor dem 7. März zum Geheimen Hofrat in Geistlichen Sachen (vgl. 1785). 
1808-08-10 bis 1808-08-12: Johann Friedrich Oberlin macht in Markirch/St.-Marie-aux-Mines die Bekanntschaft von Jung-Stilling.
in diesem Jahr machen Jung-Stilling und Friedrich Rudolf Saltzmann die Bekanntschaft der Frau von Krüdener. Beiden werden sich die Haare gesträubt haben, denn Jung-Stilling überredete Saltzmann dazu, Lose in der Lotterie zu kaufen. Die Russin hatte die Gewinnzahlen für den Hauptpreis in Straßburg erträumt: 3  – 8  – 5  – 35. Durch Vertraute ließ der Straßburger Lose erwerben und teilte dann die Ziehungsergebnisse mit: 18 – 12 – 90 -76 – 26.
 
1808 
Die "Theorie der Geister=Kunde" - "Bey diesem vorhabenden Werk ist es heißer Wunsch meines Fürsten, der mich dazu auffordert." (Brief Jung-Stillings, März 1807) - wird in Nürnberg gedruckt. Ihr kommentierter Text findete sich hier. Das Inhaltsverzeichnis des Werks findet sich nebst weiteren Informationen und einem ergänzenden Text Jung-Stillings unter den Quellen. – Ich empfehle die Ausgabe von 1979 mit dem Nachwort – und wegen dieses Nachworts – von Michael Titzmann: 
"Johann Heinrich Jung-Stilling / Theorie der Geisterkunde. / Mit einem Nachwort / von Michael Titzmann. / Gerstenberg Verlag Hildesheim / 1979" = Texte zum Literarischen Leben um 1800. Hrsg. v. Ernst Weber [Bd.] 8. (= Reprographischer Druck der Ausgabe Nürnberg 1808.) ISBN 3-8067-0832-0. – XXVIII, 380 S. zuzügl. Nachwort S. 381*-417*: "Zu Jung-Stillings 'Theorie der Geisterkunde': Historischer Ort und Argumentationsstruktur". 
Seit April schrieb Jung-Stilling an diesem Werk und meinte in einem Brief: „Ich fühle mich Vorzüglich aufgelegt und aufgeregt, zu diesem Werk; jeden Morgen stelle ich mich bätend und willenloß in die Gegenwart Gottes; ich versuche keine LieblingsIdee zu behaupten, sondern folge ganz ruhig den Aufschlüßen, die im Licht der Wahrheit in meinem Gemüth entstehen, und wozu es nun schon über 30 Jahr Vorbereitet worden.“
Viele wichtige Ausgaben der "Theorie" sind hier genannt
Nota: Es erscheinen zwei Ausgaben der "Theorie der Geisterkunde" in "Nürnberg, / im Verlag der Raw'schen Buchhandlung. / 1808." und als (Raub-)Nachdruck "Frankfurt und Leipzig. / 1808." – Ein (unerlaubter) Nachdruck durch den Buchhändler Jakob Sonnenwald zu Stuttgart wurde (wohl vollständig) konfisziert und vernichtet. 
 
Achim von Arnim (1781-1831) nannte dieses Theorie "ein herrliches tiefsinniges und dabei so menschliches Buch […] wie eine griechische Mythologie". In Arnims Erzählung "Die Majoratsherren" finden sich Einflüsse Jung-Stillings. 
Siehe auch Christian Drösch: Johann Heinrich Jung-Stillings Theorien und Achim von Arnims Novelle Die Majorats-Herren. – In: Ètudes 58, 2003, 1, S. 5-27. 
 
Die Einschätzung von Stephan Schütze findet man unter den Texten ebenso wie eine Stellungnahme von Johann Peter Hebel
 
Das folgende Werk führt kritisch in die "Theorie" ein und bietet mit seinen Materialien die Basis für eine weiterführende Auseinandersetzung mit einem der bekanntesten Bereiche in Jung-Stilling Lebenswerk, der zugleich am meisten umstritten ist: 
Johann Heinrich Jung-Stilling. Geister, Gespenster und Hades. Wahre und falsche Ansichten. Hrsg. u. eingel. v. Gerhard Merk. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1993. ISBN 3-928984-05-5) = Jung-Stilling-Studien Bd. 1 (siehe dazu auch unter den Quellen bei der "Theorie der Geister-Kunde".) 
Dies Buch enthält neben Einleitung und Anmerkungen a) das zusammenfassende letzte Kapitel der "Theorie", das eine eigene Paragraphen-Zählung hat, nicht im Inhaltsverzeichnis aufgenommen und also anscheinend nachträglich von Jung-Stilling angefügt wurde, b) die "Apologie der Theorie der Geisterkunde" von 1809 und c) das "Abgeforderte Gutachten einer ehrwürdigen Geistlichkeit", Basel 1809. 
Vgl. z. B. weiterhin: 
  • Martin Landmann [Pseud.]: Ahnungen, Visionen und Geistererscheinungen nach Jung-Stilling. Eine ausdeutende Untersuchung. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1995. ISBN 3-928984-12-8.) 
  • Vgl. auch: Walter Jens (Hrsg.): Kindlers neues Literaturlexikon. Bd. 8. Ho-Jz. (München:) Kindler (1990, Chefred.: Rudolf Radler. ISBN 3-463-43008-8/-43108-4). - Darin S. 971-973: Johann Heinrich Jung-Stilling. [Artikel zur "Lebensgeschichte" von Marianne Bernhard und KLL sowie der "Theorie der Geister=Kunde" von Volker Hoffmann. – Fälschlich wurde S. 971 aus Johannes Harder "J. Herder".] 
  • Louis Vax : Les Philosophes au Pays des Spectres. – In: Germanica. Études germaniques, Université de Lille III. [ISSN: 0984-2632] Bd. 3, Lille 1988, S. 51-116 
Aus Anlass einer neuen Ausgabe der "Theorie" (Nördlingen: Greno) 1987 erschienen u. a.: 
  • Sukeyoshi Shimbo: Über Johann Heinrich Jung-Stillings ‚Theorie der Geisterkunde'. – In: Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie 30, 1988, S. 243-250. 
  • Christian Begemann: Begegnungen in der falschen Ecke. Johann Heinrich Jung-Stillings "Theorie der Geisterkunde" in einer Neuausgabe. - In: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 202 v. Mittwoch, 2.09.1987, S. 10, Sp. 1-3. 
Siehe auch unter Esoterik und passim auf dieser web-site! 
 
1809
wird Jung-Stilling persönlich bekannt mit dem nunmehrigen Senator Henri Graf Grégoire (ehem. Bischof von Blois, geb. Vého bei Lunéville 4. 12.1750, gest. 28.05.1831; der erste konstitutionelle Bischof, auch er Mitglied des Rats der 500). Grégoire hatte zuvor die „Theorie der Geisterkunde“ durch einen Bekannten Jung-Stillings zugesandt erhalten. Später meint Grégoire würdigend: die Theorie „a fait du bruit en Allemagne. Quelle que soit la manière d’envisager ses opinions, on ne peut lui contester du talent, des moyens, et une droiture qui commande l’estime ; c’est une justice que je me plais à rendre à un homme ue j’ai connu personnellement et à plusieurs de ses amis.“ – 1797 hatte Jung-Stilling Grègoire in seinem Grauen Mann in einem ihm zugesandten Bericht genannt. „Was wird denn nun, mitten in diesem erstaunlichen Zusammenfluß von Menschen aus den Kirchen des Camus und des Gregoire, diesen Tempeln der Vernunft“? hatte es dort geheißen.
  
1809 (nach dem 13. Juni): Jung-Stilling wird in den von Johann Christian II. Ehrmann (1749-1827) und Friedrich Christian Mathiae (1763-1822) gegründeten "Orden der verrückten Hofräte" aufgenommen.
„Jung=Stilling erhielt ein […] durchaus abweichendes Diplom, worin ein ob [lat. „ob“ =Angabe des Grundes] nicht angegeben ist. Wol aber heißt es nach Anführung der staatlichen Stellung des Creirten: nec non Daemonotheorice auctor dementissimus. Links unter dem Diplom ist in Holzschnitt ein Harlekin mit einer Pritsche.“ [Pritsche: Schlag- und Klapperwerkzeug des Hanswursts (bis auf den Griff aus in dünne Blätter gespaltenes Holz bestehend), erzeugt kaum Schmerzen, dafür aber umso mehr Lärm.]
   
1809-01-30: Nicht (!) Jung-Stilling schreibt an Jens Baggesen (1764-1826) wie in der Literatur angegeben (und nicht in der Edition Schwinge genannt), sondern Franz Wilhelm Jung (1757-1833, siehe hier) schreibt an Baggesen.
 
Jung-Stilling widmet in diesem Jahr Henriette Hendel-Schütz (1772-1849) ein Stammbuch-Blatt:
„Wie Du schöne Gestalten bildest,
          das Göttliche fühlest,
Das die Natur durchglüht, so empfindet
          Dein Herz auch die Wonne
Edler Thaten, die Du der Menschheit als
Beispiele darstellst,
Und am Abend des Lebens durchschauert
Dich ewiger Friede.
Carlsruh.                            Jung Stilling. 
 
1810
In diesem Jahr entstand das Erziehungsinstitut der Frau Amalie von Graimberg, geb, Budberg, in Karlsruhe. Siehe für Jung-Stilling dazu hier unter 1810 und 1816, für Max von Schenkendorf, der für das Institut seiner "Christlichen Gedichte" schrieb hier.
 
 
1811
Im Streit mit Sulzer fasst Jung seine Ansichten über Katholizismus und Protestantismus in seinem Antwortschreiben an Sulzer zusammen. Dieses Werk wurde bisher wenig beachtet, ist aber durchaus von Wichtigkeit, denn seine Meinung ist dezidiert, warum er niemals Katholik sein könne. Auch fasst er seine Meinung zu Swedenborg zusammen. Darum ist der Text "Antwort durch Wahrheit in Liebe" hier vollständig und kommentiert wiedergegeben.
1811-08-28: Jung-Stilling schreibt Carl Gottlieb (Theophil) Ewald Rhenius, geb. 5.11.1790 in Graudenz/Westpreußen (Grudziùdz/Polen), gest. 5.06.1838 in Tinnevelly (Tirunelveli)/Tamil Nadu (Südindien). 17jährig pietistisch erweckt, trat er 1811 in Berlin in Johann Jänickes Missionsseminar ein, das 1800 als erste deutsche Missionsschule gegründet worden war. Bereits ein Jahr später wurde er lutherisch ordiniert und setzte in England seine Studien fort. Für ihre neuaufgenommene Arbeit in Indien entsandte ihn die anglikanische Church Missionary Society (CMS) 1814 nach Madras. – Auch dieser Brief fehlt in der Edition Schwinge..
Karl Rhenius hatte Jung-Stilling wegen der Wiederbringungslehre, die in einigen Stillingschen Schriften andeutungsweise vorgebracht war, zur Rede gestellt. Darauf antwortete der 71jährige Hofrat:
Karlsruhe 28. August 1811. Mein teuerster und innigst geliebter Bruder! Ich war einige Wochen verreist, daher meine verspätete Antwort. Ihr Brief hat mich sehr gefreut. Der Herr lasse Sie in Ihrem wichtigen Beruf zu seiner Ehre und zum Heile vieler armen Helden gedeihen! Er segne Sie überschwenglich in jeder Rücksicht! (Ist eingetroffen!) [Hinweis in Klammern vom damaligen Editor; Me]
Was aber nun den Hauptpunkt Ihres Briefs, die Wiederbringung aller Dinge (apocatastasis) betrifft, so bediene ich mich ihrer nicht als eines Lehrpunkts, sondern nur da, wo es die Ehre Gottes und die Verteidigung der Wahrheit erfordert; übrigens läßt man die Sache beruhen. Soviel ist aber gewiß, daß in der ganzen Bibel keine einzige Stelle gefunden wird, die der Wiederbringung widerspricht. Denn alle hebräische und griechische Wörter, die man durch ewig, Ewigkeit übersetzt, zeigen nirgend eine unendliche Zeit an, sondern eine sehr lange aus vielen Jahrhunderten, aber unbestimmter Währung. Nichts ist unendlich als Gott und seine Seligkeit; wer daran teil nimmt, der hat auch unendlichen Genuß; auch die Engel, Geister und Menschen leben unendlich, weil ihr Lebensprinzip aus Gott ist. Alle Sprüche, die Sie da anführen, beweisen nichts gegen mich. Was den Sünder gegen den h. Geist betrifft, der hat keine Vergebung weder in dieser noch in jener Welt zu hoffen. Aber ‚Welt’ ist ja nicht die unendliche Dauer Gottes und seines Reichs, sondern das Reich Christi auf Erden; daran soll ein Sünder keinen Teil haben; und eben dieser Spruch beweist, daß in jener Welt doch noch Vergebung möglich ist. Die Worte Christi; da ihr Wurm nicht stirbt, wollen nur soviel sagen, daß die Qual ohne Zwischenruhe, ohne Erleichterung unaufhörlich fortdauern werde bis zum Ziel 1 Kor. 15, 28, wo auch der letzte Feind, der zeitliche und ewige Tod aufgehoben und Gott alles in allem sein wird. Dann wird Christus seine Weltregierung dem Vater wieder übergeben und Ihm auch selbst unterthan sein, so wie er es von Ewigkeit her war.
Disputieren Sie ja nicht über diesen Punkt, lieber Bruder! er ist kein Glaubensartikel; jeder kann davon glauben, was er will. Nur verurteile keiner den andern! Laß uns um einzig nötigen nur treu und eines Sinnes sein, so bleiben wir in der Einigkeit des Geistes, die so unaussprechlich wichtig ist. Der Geist des Vaters und des Sohnes sei das Element Ihres Lebens und Wirkens!
Ewig Ihr treuer Bruder
Jung Stilling.
   
Zur Apokatastasis/Wiederbringung aller Dinge siehe man unter den Orten die USA/U.S.A. und die Ergänzungen zur Briefedition zu van Goens / Cunningham van Goens.
  
1814 
bis 1815 erscheinen die "Erzählungen" in drei Bänden, mit einer Vorrede von Johann Ludwig Ewald (1747-1822) begleitet. - Zu Jung-Stilling als 'Erzähler' siehe man hier
 
1815
(Zum Eintrag in einem Lexikon siehe unter 1817.)
Exkurs: 1815-03-25: Gründung der Heiligen Allianz. Erst am 1815-09-26 unterzeichnen Zar Alexander I., Franz I. von Österreich und Friedrich Wilhelm III. von Preußen den Vertrag der „Heiligen Allianz“. in Paris Diese Initiative des russischen Zaren wurde zweifellos beeinflußt durch staats- und gesellschaftspolitische Ideen von Adam Heinrich Müller (1779-1829), Karl Ludwig von Haller (1768-1854), Franz Xaver von Baader (1765-1841), Barbara Juliane von Krüdener (1764-1824), Roxandra von Stourdza und Jung-Stilling. Mit Ausnahme Großbritanniens, des Kirchenstaates und der Pforte treten alle europäischen Staaten dieser Allianz bei. (Zur Bedeutung des Datums: Der 1815-09-26 war nach dem alten Kalender der 14. September; dies war der Gedenktag der Kreuzeserhöhung durch Kaiser Konstantin und seine Mutter Helena; Alexander d. Große und Konstantin waren für Katharina d. Gr. die Namenspatrone für ihre Enkel; Moskau war das Dritte Rom. - An Literatur verweise ich nur auf die Werke von Francis Ley.) – Die Edition Schwinge nennt S. 591 im Brief Jung-Stillings vom 5. März 1816 den Druck dieses Manifest in der (Karlsruher) Großherzogl. Bad. Zeitung, Nr. 32, S. 135 in der Rubrik „Rußland“. Bereits am 1816-02-01 erschien im „Courrier du Departement du Bas-Rhin. Niederrheinischer Kurier“ (Straßburg: Silbermann) dieser Text, einen Tag danach brachte die „Frankfurter Zeitung“ diesen Text. - Hier der Schluss des Artikels aus dem "Courrier":
 



 
 
1816
 Aus dem Jahr 1816 – wohl dem Juni (oder August, dem letzten Aufenthalt Jungs in Baden-Baden) – ist die Begegnung eines Wanderers mit Jung-Stilling erhalten, die Kotzebue 1819 “eben nicht anlockend“ nennt. – Der Wanderer bei Baden-Baden kehrt von dem naheliegenden Belvedere zurück und fällt in einen Heidelbeerbusch; er erzählt:
 
„wobei ich nicht nur eine Wunde an der Lende davon trug, von der mir das Blut durch die Beinkleider sickerte, sondern mir auch Kleider, Hände und Gesicht mit den reifen Heidelbeeren beschmutzte. Mehr noch wie meine Wunde mich schmerzte, mit der es übrigens so gar viel nicht auf sich hatte, verdroß mich die unfreiwillige Malerei, die mir das Ansehen gab, als wenn ich einem Farbenkessel zu nahe gekommen wäre. So sollte ich nun durch die Stadt nach Hause gehen? ich mußte einen Auflauf der Gassenbuben fürchten! Doch meine Verlegenheit sollte aufs Aeußerste getrieben werden. Ich ging, ziemlich ermüdet, auf dem nächsten gebahnten Wege nach Hause, und überlegte, wie ich wohl am Unbemerktesten nach meinem Gasthofe kommen könnte, als ich ohnfern dem Ausgange des Waldes, an einer Stelle, wo es unmöglich war aus dem Wege zu biegen, einen alten Herrn sitzen sahe, der nicht wenig über meine bunte Figur erstaunet schien. Da er mich einmal gesehen hatte, so hielt ich es für das Beste, mich neben ihn zu setzen, und ihn mit meinem Unfall bekannt zu machen. Ich wurde aber so überrascht als beschämt, da ich in dem Manne den Geheimen=Rath Jung=Stilling erkannte. Drolligt genug muß ich ausgesehen haben, da selbst dieser ehrwürdige Greis sich eines Lächelns nicht erwehren konnte, das sich aber in eine lebhafte Theilnahme verwandelte, als er bemerkte, daß ich mich im Fallen verletzt hatte. Mir gelang es ein Gespräch in den Gang zu bringen, das eine seiner Lieblings=Meinungen betraf, und da ich ihm überdem von einer sehr großen Verehrerin von ihm, die meine Verwandte ist, Nachricht geben konnte, so hatten wir beide bald meine unanständige Figur vergessen. Aber ein neckender Dämon schien heute sein Spiel mit mir zu treiben, denn als wir gerade in der besten Unterhaltung waren, kamen drei Frauenzimmer, wovon eine im Matronenalter und zwei reizende Mädchen waren, und setzten sich zu uns. Vergebens strebten die jungen Schönen ihr Lachen über meinen Anblick zu verbergen; meine Beschämung machte natürlich meine Gestalt noch lächerlicher; am Ende stimmten auch die Alten mit ein, und ohne uns gegenseitig zu kennen, lachten wir uns mit einander herzlich satt.“
    
1816
Wie im Jahr 1789 besucht auch in diesem Jahr Jung-Stilling Neuwied, wo er ein ihn sicherlich schockkierendes Erlebnis hat; siehe dazu ausführlich unter Neuwied hier.
 
1817 
Am 2. April: Johann Heinrich Jung, genannt Jung-Stilling, stirbt elf Tage nach seiner dritten Gattin in Karlsruhe und wird dort begraben. – Die gefaltete Kupfertafel ‚Jung-Stilling nach seinem Hinscheiden’ von Ferdinand Anton Krüger nach Georg Schmidt erschien, sie erhielt 1820 noch eine besondere Würdigung (siehe hier).  Ein Bild seines Grabes mit Text siehe z. B. hier auf der web-site des Friedhofs. - Vor seinem Tode teilte er selbst das Abendmahl aus; siehe dazu hier
 
Todes=Anzeige.
Gestern Nachmittags, den 22. d., nach 3 Uhr, schlummerte meine theure Gattin, Elisabetha, geborne Koing, ruhig und sanft in das bessere Leben hinüber. Dies mach ich und die Meinigen unsern Freunden bekannt, und wir verbitten uns freundschaftlichst alle Beileidsbezeugungen.
Karlsruhe, den 23. März 1817.
Jung, Stilling, geh. Hofrath,
und dessen hier anwesende Kinder und
Kindeskinder.
 
Todes=Anzeige.
Heute Mittags um 12 Uhr entschlief in seinem Erlöser unser verehrter Vater, Dr. Johann Heinrich Jung, genannt Stilling, Großherzogl. Bad. geheimer Hofrath, im 77. Jahre seines thätigen gemeinnützigen Lebens, an Entkräftung. Von der Theilnahme aller derer, die den Seligen kannten, überzeugt, verbitten wir uns alle Beileidsbezeugungen, und empfehlen uns – mit dem innigsten Dank für das dem Verewigten bewiesene Wohlwollen – zu fernerer Gewogenheit und Freundschaft.
Karlsruhe, den 2. April 1817.
Die trauernden Kinder und hier anwesenden
Enkel.
Jung, Hofgerichtsrath.

 

Neben verschiedenen Gedichten und anderen Texten auf den Tod – z. B. von Ewald – erscheint Jung-Stillings "Alter" (siehe die Ausgabe von Benrath S. 629 ff.), das mit zwei Nachworten versehen wurde. Diese Nachworte sind in den Ausgaben der "Lebensgeschichte" zumeist nicht – auch nicht bei Benrath – abgedruckt worden. Es handelt sich um: 
Vater Stillings Lebensende, / beschrieben von seinem Enkel / Wilh. Heinrich El. Schwarz, / Dr. der Philos. und jetzigem Stadtpfarrer bei der evang. Protestant. / Gemeinde zu Mannheim. / (Zweite etwas umgeänderte Auflage 1835.) 
und 
Nachwort / Von / Jung=Stillings Schwiegersohne, / dem / Großherzogl. Badischen Geh. Kirchenrath und Prof. der Theologie, / Dr. Schwarz zu Heidelberg; / Zugleich / Namens der übrigen Kinder des Verstorbenen. / (Zweite Auflage mit einigen Umänderungen. 1835.)  (siehe hier)
Beide Texte sind durchaus interessant und darum auch wie der Text Ewalds im Volltext unter den Quellen wiedergegeben. - Die Texte finden sich auch im Hörbuch (siehe hier). 
 
Vielleicht ist es auch ein Beitrag zum Thema "Selig sterben", wenn hier einige Texte zusammengetragen sind, die über das Ableben von Jung-Stilling berichten. Auch erfährt man an einer Stelle der Texte etwas Neues aus der Jugendzeit des "Patrarchen der Erweckung".
 
Ein Lexikoneintrag aus dem Jahr 1817 (nach dem Jahr 1815) zeigt sowohl Jung-Stillings Bedeutung an als auch die damalige Problematik des Presserechts; siehe den Text hier. Auch unter den Würdigungen und den Texten von Zeitgenssen finden sich weitere Quellen.
 
Siehe auch unter 1867, 1917, 1967 (und auch ebd. in der Literatur).
 
1817 
Es erscheint das Epos in vier Szenen 
"Stillings / Siegesfeyer. / Eine / Scene aus der Geisterwelt. / - / Seinen Freunden und Verehrern. / Von ....r.. / - / - / Stuttgart, / bey Joh. Friedr. Steinkopf. / 1817." 
Lange vermutete man hinter dem Stigmonym Pfarrer Burgk in Göppingen oder "(Friedrich von Meyer oder Sailer?)", aber bereits 1865 kannte Karl Werner den Autor Christian Gottlob Barth (1799-1862), der dann 1998 durch Werner Raupp "wiederentdeckt" wurde. 
Schon zwei Jahre zuvor hatte (wahrscheinlich) der verantwortliche Redakteur des Missionsblattes Barth benannt: 
[Hermann Gundert]: [Nachruf auf Christian Gottlob Barth]. – In: Calwer Missionsblatt 36, 1863, Nr. 1 vom 1. Januar, S. 1-11; hier heißt es S. 3: 
"Frühe ward er [Barth] mit Stillings Schriften vertraut. Schon als Gymnasiast hatte er eine Reise zu dem seltenen Mann gemacht, der ihm einen tiefen Eindruck zurückließ, so daß er bis in sein Alter sein ‚Heimweh' jährlich einmal durchlas. Außer einigen Gelegenheitsgedichten war Stillings Siegesfeier, eine Scene aus der Geisterwelt, das erste Produkt seiner Feder, das (Okt. 1817) im Druck erschien. Die Verse des begeisterten Jünglings machten einiges Aufsehen in den engen Kreisen der Glaubigen. Man rieth hin und her auf den Verfasser. Wegen vieler Nachfrage wurde es alsbald wieder aufgelegt." 
Christian Gottlob Barth, Doktor der Theologie, nach seinem Leben und Wirken, gezeichnet von Karl Werner. Bd. 1, Calw: Vereinsbuchhandlung und Stuttgart: Steinkopf i. Comm. 1865 = Dr. Barth's Leben und Wirken Bd. 1, S. 99: "Sein [d. i. Barths] Name war auf dem Titel nur angedeutet und blieb eine Weile, doch nicht lange [!], verborgen." – Siehe auch ebd. S. 110 zur zweiten Auflage. 
Otto W. Hahn nennt zwar die Arbeit von Werner (S. 514, Z. 4 v. u.; S. 807) mit S. 75, aber ihm ist dieser Hinweis zur Auflösung des Stigmonyms entgangen. 
Werner Raupp: Christian Gottlob Barth. Studien zu Leben und Werk. Stuttgart: Calwer (1998. ISBN 3-7668-3579-3) = Quellen und Forschungen zur württembergischen Kirchengeschichte hrsg. v. Martin Brecht und Hermann Ehmer Bd. 16, S. 80 ff., bes. S. 84 f. (Siehe dazu Michael Kannenberg in: Blätter für württembergische Kirchengeschichte. I. A: des Vereins für württembergische Kirchengeschichte hrsg. v. Hermann Ehmer und Siegfried Hermle. (ISSN 0341-9479) 101. Jg. Stuttgart: Scheufele 2001, S. 321-335.) 
Ich danke Herrn Michael Kannenberg für diese Hinweise auf Karl Werner und Hermann Gundert! 
  
1817
 Im September 1817 wird ein Nachruf auf Jung-Stilling veröffentlicht; siehe hier und hier.
 
1817-03-23
Die neue preußische Provinz Westfalen kommt an diesem Tag, letztlich am 1. Juni 1817, zustande. Die „Kreise Siegen und Wittgenstein [wurden] auf einen besonderen Wunsch des westfälischen Oberpräsidenten von Vincke [1774-1844] und auf ein Gutachten des rheinischen Oberpräsidenten Grafen von Solms=Laubach aus Rücksicht auf ihre geographische und wirtschaftliche Lage der Provinz Westfalen zugeteilt.“ – Bereits  am 1817-02-14 hatte u. a. Max von Schenkendorf die Einsetzung des Siegener Landrates Karl Friedrich von Schenck befürwortet. Das Koblenzer Amtsblatt vermeldet die Einsetzung aller neuen Landräte auf S. 76 des Jahrgangs 1817. – Siehe oben unter 1792 und hier den Text mit Anm. 1.
Vgl. Wilhelm Güthling: Die Landräte des Kreises Siegen von 1817 bis 1919. – In: Siegerland. Blätter des Siegerländer Heimatvereins e. V. Bd. 47, 1970, H. 2, S. 35-43. [M. 2 Abb.; S. 43 Faksimile des Aktenstücks vom 14.02.1817; Porträt v. Holtzbrinck.] – Porträt von v. Schenck als Tafel zwischen Seite 96/97 in: Lothar Irle: Das Siegerland und Westfalen. Hrsg. v. Landkreis Siegen, Hilchenbach: Weyandt (1967).
 
Nach Jung-Stillings Tod bemühte sich Buchhändler Raw in Nürnberg um den Verlag von dessen Biografie. Er schrieb  an Stilling's Tochter Karoline. Sie antwortet ihm: „Was seine letzten Lebenstage und die während derselben gesprochenen merkwürdigen Worte betrifft, so hat dieselben mein Neffe Schwarz aufgezeichnet und will sie, so viel ich weiß, drucken lassen, so auch den Anfang von „Stillings Alter", welcher vom Vater begonnen, aber nicht fortgesetzt worden. Auf keinen Fall darf, auf ausdrücklichen Befehl des Vaters, irgend Jemand es vollenden; es wird seinen Freunden und Verehrern so weit mitgetheilt, als seine eigene Hand es aufgezeichnet hat. Auf Ihr freundschaftliches Schreiben, welches ich gestern Abend erhielt, nahm ich mir sogleich vor, heute an meinen Neffen Schwarz zu schreiben und ihn wissen zu machen, daß Sie die Güte haben wollen, es zu übernehmen. Und wenn er es noch nicht vergeben hat, wie ich gewiß nicht zweifle, so werde ich die verlangte Antwort sogleich mit umgehender Post zu melden das Vergnügen haben. Meine verklärten Eltern bewahrten die aufrichtigste Freundschaft und Hochachtung für Sie bis an ihren Tod". 
 
Jung-Stillings Bibliothek

(Zugleich eine Ergänzung zu seiner Lektüre und dem Aufsatz:

Schwinge, Gerhard: Jung-Stillings Lektüre. Zur Rezeption von Druckwerken des 17. bis 19. Jahrhunderts durch den Arzt, Staatswirtschaftler und religiösen Schriftsteller Johann Heinrich Jung gen. Stilling (1740-1817). – In: Pietismus und Neuzeit. Ein Jahrbuch zur Geschichte des neueren Protestantismus, Bd. 28, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2002, S. 237-260.)

Einige Zeit nach Jung-Stillings Ableben verkauften die Hinterbliebenen „die zahlreiche Bibliothek“ des Verstorbenen. Der Auktionator machte besonders aufmerksam auf die folgenden Bücher:

„1) Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschen = Kenntnisse und Menschenliebe von J. C. Lavater, mit Kupfern. Leipzig und Winterthur 1775.

2) Humphry Klinkers Reisen, aus dem Englischen. 3 Theile, Leipzig 1755. [Autor: George Smollett (1721-1771)]

3) Idea Fidei Fratrum, von A. Ch. Spangenberg.

4) L’esprit du vrai Christianisme, par Mad. I. M. B. de la Mothe - Guyon, Tom 4. a Paris 1790.

5) La Vie de Madame I. M. E. de la Mothe - Guyon, Tom 3. Paris 1741.

6) Lettres Chretiennes et Spirituelles enrichies de la Correspondence secrete de Mr. de Fenelon avec L’auteur. à Londres 1767. Tom 4.

7) J. Böhm's Theosophische Schriften. Amsterdam 1682. 6 Bände.

8) A. G. Spangenberg's Leben von Zinzendorf, 6 Bände.

9) William Lave [richtig: Cave] erstes Christenthum, aus dem Englischen übersetzt. Leipzig 1723.

10) J. G. Burkhardt, Geschichte der Methodisten in England. Nürnberg 1795. 

11) J. H. Jung, der graue Mann. Nürnberg 1798. 24 Hefte.“

 
1818
erschien eine Würdigung Jung-Stillings, die in dem Satz gipfelt: „Er wirkte auf das Zeitalter.“
 
„So wie Schwedenborgs Einbildungskraft mit Geistererscheinungen beschäftigt war: so war es auch die des wohlthätigen Augen= und Thierarztes und einsichtsvollen Staats= und Landwirthschaftslehrers, Joh. Heinrich Jung (geb. 1740 gest. 1818), f) und ungeachtet der Regeln, vorsichtiger Prüfung, die er in Ansehung dieser Erscheinungen aufstellte, lebte er in ihnen und glaubte an sie; mit ihm aber doch nicht sehr viele von denen, welche von dem Ergusse seiner Anhänglichkeit an Jesus Christus, seiner enthusiastischen Wärme für das Edle und Heilige, seines unerschütterlichen Glaubens an göttlichen Beistand, den er, nach den Fügungen des Allmächtigen in seinem Leben, hoffend festhielt, und überhaupt für praktisches Christenthum und Gemüthsreligion in der Menge seiner, unter dem Namen: Stilling, herausgegebenen Schriften ergriffen worden sind. Eine gewisse Art stiller und sanfter Schwärmerei, nicht die, gegen welche er sich und sein Zeitalter verwahren wollte, g) waltete in denselben; doch nicht überall Klarheit, aber Ernst und Kraft, und übrigens gesunder Sinn für Wahrheit und Lauterkeit. Er wirkte auf das Zeitalter."
(Weitere Würdigungen finden Sie auf anderen Teilen meiner web-site.) 
 
Bereits 1818 muß Friedrich Heinrich Christian Schwarz (zu ihm siehe hier) seinen Schwiegervater Jung-Stilling verteidigen. Hier ging es darum, dass Jung-Stilling angeblich die Leibeigenschaft begrüßt habe. Dies hatte Kotzebue gemeint, und Schwarz trat ihm entgegen. Kotzebue ruderte zurück, aber Schwarz war damit nicht einverstanden, wie der folgende Text zeigt:
Vgl.: Gerhard Schwinge: „freundlich und ernst“ Friedrich Heinrich Christian Schwarz. Theologieprofessor und Pädagoge in Heidelberg von 1804 bis 1837 und die Heidelberger Gesellschaft seiner Zeit. (Ubstadt-Weiher, Weil am Rhein und Basel:) verlag regionalkultur (2007. ISBN 978-3-89735-504-0.) = Archiv und Museum der Universität Heidelberg. Schriften Hrsg. v. Werner Moritz [Bd.] 11; vgl. zum Werk hier. –
Hier wird S. 18 dieser Streit kurz dargestellt, jedoch der folgende Text nicht genannt; auch fehlt ebd. der Hinweis, dass die Verteidigungsschrift von 1822 im Jahr 1824 erweitert nachgedruckt wurde.
„Berichtigungen und Streitigkeiten.
In dem l. W. von A. von Kotzebue Nr. 46, 1818, antwortet der Herausgeber auf eine Erklärung, die ich gegen den Verf. des bekannten Bulletins wegen einer in demselben enthaltenen Bemerkung über Jung=Stilling in Nr. 96 des allg. Anz. d  D   gegeben habe, weil ich sie der Ehre des ehrwürdigen Verstorbenen schuldig war. Mit dieser Antwort hofft der Staatsrath von Kotzebue meiner Erklärung zu genügen. Was seine Absicht für Jung’s Ehre betrifft, so nehme ich sie als genügend an, daß aber der Verf. nachdem er die befragliche Stelle seines Bülletins und die von mir dagegen gehaltene, aus Stilling’s Alter &. angeführt hinzusetzt:
‚Ich gestehe, daß ich in diesen Phrasen keinen wesentlichen Unterschied finde’; kann mir nicht genügen. Denn ich gestehe wiederholt, daß ich einen wesentlichen Unterschied darin finde; und dieser würde selbst in der Gegenerklärung des Herrn von Kotzebue vor Augen liegen, wenn das Wörtchen solcher mit ausgezeichneter Schrift dastände. Ich beziehe mich also auf meine erste Erklärung, und setze nur das hinzu, daß mir und andern rechtlichen Leuten, denen es um Warheit und Ehre gilt, nicht alle Phrasen gleich gelten. Wäre es zum Scherz zu thun, so würde man hier wol dazu versucht, da es aber die ernste Behauptung betrifft, daß ein Mann, wie der selige Jung=Stilling der Leibeigenschaft das Wort geredet habe, so erkläre ich nochmahls ernstlich, daß Herr v. Kotzebue die befragliche stelle ganz irrig dahin gedeutet. Weil der Herr v. K. indessen gesteht, daß er gewisse Phrasen nicht unterscheide, so kann ich ihn auch nicht zu überzeugen hoffen und also nicht weiter darüber zu ihm reden, sondern muß an die Logik appelliren, welche in der Verwechselung dessen, was simpliciter und secundum quid gesagt wird, einen Trugschluß findet, wie z. B. in Kiesewetter’s anerkanntem Lehrbuche (2. Th. ad § 115. N. 3.) leicht zu ersehen ist.
Heidelberg, den 14 May 1818.
Dr. Schwarz, Kirchenrath.“
 
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1818: Friedrich Heinrich Christian Schwarz wird zum korrespondierenden Mitglied des literarischen Komitees der Kaiserlichen Menschenliebenden Gesellschaft in St. Petersburg und zum ordentlichen Mitglied der Gesellschaft für deutsche Sprache in Berlin ernannt.
 
1818: Es beginnen Auswanderungen nach Rußland, die Auswandeer nachmen sich Bengels und Jung-Stillings Schriften zum Vorbild. Sie wurden auch als Jerusalemsfreunde bezeichnet.
 
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1819
schreibt Franzisca („Fanny“) Christiane Johanne Friederike Tarnow (geb. Güstrow in Mecklenburg-Schwerin 27.12.1783; gest. Dessau 4.07.1862):
"Heinrich Stillings Schriften sind ins Russische übersetzt; man glaubt hier, daß sie auf die religiöse Bildung des Volkes vortheilhaften Einfluß haben werden, man bietet daher alles auf, sie zu verbreiten und der Kaiser hat dem Uebersetzer derselben mit einem Brilliantring und 40,000 Rubel beschenkt."
 
1822
Es erscheint in den Niederlanden ein Porträt Jungs, das mit einem Gedicht darauf hier dargestellt ist.
  
1824
Franz Horn schreibt über Jung-Stilling; siehe hier.
 
1825 erscheint eine
Vertheidigung eines ehrenwerthen Verstorbenen.
In der Hallischen Literatur=Zeitung Nr. 32. Febr. 1825, S. 262 sagt der Recensent der Meierischen Schrift: Schwärmerische Gräuelscenen oder Kreuzigungsgeschichte einer religiösen Schwärmerin in Wildenspuch &., da wo er von den bei Moser und Peter vorgefundenen Schriften spricht: ‚Auch dere graue Mann figurirt in dieser Schwärmerbibliothek. Recensent theilt mit Herrn Meier sein Bedauern, daß ein Mann, wie Jung, ein übrigens so edler Menschenfreund, sich zu solch tollen Ausgeburten eines verbrannten Gehirnes, wie die Theorie der Geisterkunde u. dgl., hat hinreißen lassen u. s. w.’
Obgleich der Verfasser der Theorie der Geisterkunde in späterer Zeit bereuete, seine eigenthümliche Ansichten über diesen Gegenstand vor das Publicum gebracht zu haben, so wird doch der geneigte Leser, welcher sich die Mühe geben will, die Einleitung zur Theoirie der Geisterkunde zu lesen, hierin mehr Sinn und Verstand, als in dem sinnlosen Urtheile des Recensenten: ‚– tolle Ausgeburten eines verbrannten Gehirns – ’ finden. Wenn man aber noch gar in den angehängten Worten: ‚und dergleichen’, andere Schriften Jung=Stillings willkührlich und unbestimmt in dieses Urtheil hineingezogen sieht, so dringt sich jedem Unbefangenen die Ueberzeugung auf, daß ein leidenschaftlicher schmähsüchtiger Recensent durch einen giftigen Auswurf die Asche eines Menschenfreundes zu begeifern sucht.
Rastatt den 30. Juni 1825.
Jung genannt Stilling.
Großherzogl. badischer Hofgerichts=Rath.
 
Die Redact. bezieht sich hierbei auf das gerechte Wort, das auch er in den Theol. Nachr. Jul. 1824 S. 286 gegen ähnliche Schmähungen in Betreff des sel. Ehrenmannes gesprochen, wie auch auf die frühere Erklärung der Kinder von Jung=Stilling in der Kirchenzeitung 1822. Nr. 64.      S[chwarz].
 
1825
Georges-Bernard Depping schreibt in französischer Sprache über Jung-Stilling; siehe hier.
Schlegel schreibt über Jung-Stilling; siehe unter 1898 und hier.
 
1830
Der schweizerische Schriftsteller Ulrich Hegner (1759-1840) publiziert den folgenden Aphorismus:
„Man sollte nicht so geschwind mit seinen religiösen Muthmaßungen herausrücken, um sie der Welt bekannt zu machen, wie Heinrich Stilling, denn es wird immer viele geben, die daran glauben, und meist stärker als der Autor selbst; diesen gereicht es dann zu einem großen Nachtheil an ihrem Glauben überhaupt, wenn sich jene Muthmaßungen nicht erwahren, oder gar das Gegentheil geschieht; sie werden bewogen auch das Glaubwürdige zu verwerfen.“
 
1832
Goethe stirbt. In einem Nachruf heißt es:

Ach den Dein Arm so jugendlich umfangen,
     Zu dem die prächt’ge Stirne Du geneigt,
Wo blieb Dein Stilling? – Er ist heimgegangen;
     Nicht reich wie Du, war er aus Gott gezeugt.
Kein großer Geist kann Himmelslicht erlangen,
     Wenn sich das Herz zum Staube nicht gebeugt; –
Er beugte sich: – Hast Du Dich auch gebeuget?
Ich frage nicht, – die bleiche Lippe schweiget.
  
   
1835
Angezeigt wird im Jahr 1835 das bereits am bereits 1833-08-10 angekündigte Werk: 
“Henry Stilling. Part I. His Childhood, Youthful Years, and Wanderings. Translated from the German. Hamilton, Adams, & Co. This is a biography of no every-day character, but of one who, from the lowest ranks of society, rose to a state of eminent usefulness; and exhibits such a beautiful and indubitable guidance of Providence as must put unbelief to the blush, and prove highly encouraging to all who are placed in similarly trying circumstances. Stilling was a teacher, and had to endure all the poverty, the mortification, and degradation of that kind of life; but, by unremitting perseverance, he rose above his grade, and was enabled to serve his country in a higher, if not in a more useful capacity. As a book full of interest, of high moral force, it is more calculated to enchant the well-ordered mind than a romance, and he who reads it, we are quite certain, will rise up from its perusal both wiser and better.”  
Es handelt sich dabei um die Ausgabe:  
Heinrich Stilling Pt. 1. His childhood, youthful years, and wanderings. (Part II. His domestic life an years of tuition. Sequel to Heinrich Stilling, containing Stilling’s old age, a fragment; his last hours (by W. H. E. Schwarz); a supplement, by his son-in-law (- Schwarz); and Letters to Stilling (with a preface by P. J. H. Jung [sic] ), etc.) Translated from the German [Übers. v.] Samuel Jackson. London and Bristol: Hamilton, Adams u. Co. 1835-1836, 12°, Teil 1-3. (Mehrere spätere Auflagen: 1842, 1843, 1844 (?), 1845 (?).). = Portable and interesting works.  
Siehe dazu hier.  
 
1836
Philippine Demuth Bäurle träumt von Jung-Stilling; siehe hier.
Jenny von Gustedt schreibt, sich erinnend, zur "Jugend"; siehe hier
Zu den Bemühungen um ein Denkmal für Jung-Stilling s. u. und
Johannes Burkardt: Der Bau des Jung-Stilling-Denkmals in Hilchenbach (1836-1872). – In: Jahrbuch für Westfälische Kirchengeschichte 112, 2016, S. 183-297 (m. Abb.).
 
1838
Umfangreich wird in englischer Sprache Jung-Stilling gewürdigt, siehe hier.
 
1839
erfährt Jung-Stilling folgende Würdigung :
 
„c) Jung Stilling. Jung Stilling, obgleich eine naivere, reinere und bei Weitem nicht so widerspruchsvolle Natur, wie Hamann, hat doch mit diesem in manchen Stücken eine Aehnlichkeit, die nur aus den gemeinsamen Zeitinfluenzen zu erklären ist. Dahin gehört zunächst der ‚Pantheismus der unächten Religiosität,’ d. h. jener ganz apart christlich sein wollende, in der That aber unchristliche Disposition des gläubigen Gemüths, welches Alles, auch das Endlichste direct auf Gott bezieht, [...] Stilling aber, der ohne ein besonnenes, auf wahrer Selbsterkenntniß beruhendes Streben, ohne Festigkeit und Sicherheit eines gebildeten Charakters, sich aus einem Beruf in den andern wirft, identificirt sich bei jeder Veränderung der Lebensweise, die er willkührlich herbeiführt, seinen Entschluß mit Gottes ewigem Rathschluß, und macht in naiver Selbsttäuschung und in fortgesetztem Widerspruche mit dem Bekenntniß selbst immer von Neuem geltend, dies und nichts Anderes habe Gott mit ihm vorgehabt. [...] ganz im Gegentheil ist bei Stilling und ihm gleich disponirten Geistern das Gebet die Anstrengung, Gott gegenüber sich in seiner endlichen Subjectivität zu behaupten; bei jeder Wendung des Lebens, bei jedem für das [Sp. 1981:] Subject wichtigen Momente wird ‚mit Gott gerungen,’ [...] man sucht ihn nach Art der Heiden zu ermüden (fatigare deuum precibus), um ihn willfährig zu machen [..]. das heißt zugleich Gott selbst zum abstracten Subject absoluter Willkür machen, wenn man der göttlichen ernunft die Unvernunft und Willkür des Subjects aufdringen will; heidnich sinnliche Vorstellung! [...] [zu lebhaften Empfindungen, Gemütserhebungen usw.]“
 
Theodor Echtermeyer / Arnold Ruge: Der Protestantismus und die Romantik. Zur Verständigung über die Zeit und ihre Gegensätze. Ein Manifest. – In: Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst. Kritiken. – Charakteristiken. – Correpondenzen. – Uebersichten. Leipzig: Wigand, Nr. 245, 12. October 1839, Sp. 1953-1955; Nr. 246, 14. October 1839, Sp. 1961-1968; Nr. 247, 15. October 1839, Sp. 196-1976; Nr. 248, 16. October 1839, Sp. 1977-1984; Nr. 249, 17. October 1839, Sp. 1985-1992; Nr. 250, 18. October 1839, Sp. 1939-2000; Nr. 251, 19. October 1839, Sp. 2001-2004. [Artikelende in Nr. 310, Sp. 2480, dort unterz.: Echtermeyer und Ruge.“ - Jung-Stilling Sp. 1979-1982: „c) Jung Stilling.“; dies im Abschnitt „4. Die Progonen der Romantik.“ Zunächst wird Friedrich Heinrich Jacobi, dann Hamann und nach Jung-Stilling die Fürstin Gallitzin und Friedrich Stolberg besprochen.  – Neudruck Glashütten/Taunus: Auvermann 1972.]
 
1840
Am 1840-07-24, zum 100. Geburtstage Jung-Stillings erscheint folgende
  
„Einladung. Um sich über die Stelle, an welcher das für Jung=Stilling beabsichtigte Denkmal zu errichten, zu einigen, soll zu deren gleichzeitigen Bestimmung eine Deputation aus hierbei Interessirten, welche sich am 27. dieses Monats Nachmittags 2 Uhr in der Wohnung des Herrn Gastwirths Wolschendorf in Hilchenbach einfinden wollen, gewählt werden. Müsen, den 19. Juli 1840. Für das Comité [sic] Stähler.“
Ihr folgte am 1840-09-18 die
„Oeffentliche Danksagung.
Da die heutige schöne Feier an dem Kreuz bei der Kronprinzen=Eiche der Ehre eines Mannes galt, den ich unendlich hochschätze und liebe, mit dem ich selbst in Verbindung stehe, nicht nur dadurch, daß ich als Schüler einst zu seinen Füßen gesessen, und er mir auf einer großen Strecke meiner vorbereitenden Laufbahn ein väterlicher Freund und Führer gewesen, sondern auch dadurch, daß ich durch die Bandes des Bluts mit ihm verbunden bin, indem der fromme Eberhard Stilling, Heinrichs Großvater, mein Urgroßvater war: so fühle ich mich verpflichtet, dem verehrlichen Comité zur Errichtung eines Jung=Stillings= [Sp. 2:] Denkmals im Namen der ganzen Familie den wärmsten Dank zu sagen.
Zwar würde diese Danksagung eigentlich seinen Kindern, welche dem gefeierten Manne näher stehen als ich, zukommen; da ihnen jedoch das Schicksal fern von hier ihre Bahnen bezeichnet hat, und sie vielleicht niemals den Giller betreten, an dem Heinrich die ersten frommen Eindrücke von Wilhelm und Ebert empfing und als Knabe fromme Träume träumte: so bitte ich das verehrliche Comité und zugleich alle Förderer des Stillings=Denkmals, den Dank der Familie anzunehmen von mir, als einem der ältesten Glieder der Familie, den nun auch bald das Heimweh zieht an die Stätte, zu der Schchail und Elgamar unsren Heinrich Stilling führten.
Hilchenbach, den 13. September 1840.
J. W. Jung,
von Steinbrücken.“
 
   
1841
Louis Spach schreibt in französischer Sprache über Jung-Stilling, siehe hier.
Der Literaturhistoriker Johann Heinrich Gelzer schreibt 1841 über Jung-Stilling; siehe hier 
Zur Werkausgabe dieses Jahrs und der folgenden Jahre siehe man hier in englischer Sprache (vgl. 1835).
 
1842
Der Literaturhistoriker Georg Gottfried Gervinus schreibt 1842 über Jung-Stilling, siehe hier.
Es erscheint das American Biblical Repository in der Juli-Ausgabe mit dem Aufsatz  „Remarks on Prayer“ von Calvin Ellis Stowe (1802-1886). Zur Verdeutlichung der gewünschten Aussage bringt er eine Nacherzählung von Jung-Stillings Leben; siehe dazu hier.
 
1843
Der Literaturhistoriker Friedrich Christoph Schlosser schreibt 1843 über Jung-Stilling, siehe hier.
Alexander François Siffle (1801-1872) hält eine bis heute unbeachtete Rede über die „Szenen aus dem Geisterreiche“ (siehe 1795) vor der Gesellschaft der Wissenschaften zu Middleburg, die interessante Einblicke gibt. – Siehe den Text hier.
 
1845
Jakob Helmann Jung hatte schon 1831-01-13 geschrieben: „Es ist der Wille meines sel. Vaters, meinem Zunamen seinen schriftstellerischen Namen beizufügen.“ Und so konnte am 1840-02-11 eine Zeitung fragen: „Wird wohl der Missionsverein diesen Herrn Jung-Stilling bald zum Präsidenten wählen und ihn zum Censor aller geeigneten Missionspredigten und Beisteuern aufstellen?“ – Am 1845-04-14 gibt Jakob Helmann Jung(-Stilling) nun auf Anfrage Nachricht von sich und seiner Familie in einem mehrfach gedruckten Brief:
„Mannheim, den 14. April 1845.
Mein lieber Vetter!
Sie haben mich durch Ihren werthen Brief vom 6. März, worin Sie mir Nachricht von sich, Ihrer Familie und übrigen Verwandten gaben, auch so liebreich sich nach mir und den Meinigen erkundigt, eine um so größere Freude gemacht, als Ihre gute Mutter durch die sorgfältigste Pflege unseres gemeinschaftlichen Großvaters, um Ihre verstorbene Schwester Marianchen, wegen ihrer uns so treu geleisteten Dienste, noch in dankbarem Andenken bei uns steht.
Nun will ich auch gerne Ihren Wunsch befriedigen und hnen Nachricht von der Jung=Stilling’schen Familie geben. Als mein Vater im Frühjahr 1817 starb, hinterließ er noch zwei unversorgte Kinder aus der dritten Ehe, eine [sic] Sohn eine Tochter; den Sohn Friedrich nahm sogleich Sr. Majestät der Kaiser Alexander von Rußland nach St. Petersburg und stellte ihn im Ministerium des Kultus an; jetzt ist er Gouvernements=Postmeister und Stadtrat in Rega [sic; Riga] und glücklicher Vater von sieben Kindern. Die unversorgte Tochter Christina heiratete später den jetzt dahier beim Oberhofgericht als Sekretär angestellten Kanzleirat Hedeus [sic; Hedäus/Heddäus]; es geht ihr bei einem schwächlichen, kränklichen Körper im übrigen wohl, denn sie hat einen braven Mann und wohl erzogene Kinder, einen Sohn und vier Töchter. In den Kindern, die beim Ableben meines Vaters bereits versorgt waren gehörten 1) die schon im Jahr 1792 an den Geheimen Kirchenrat Schwarz in Heidelberg verheiratete Tochter erster Ehe, die aber seit 1825 tot und deren Mann vor etwa 5 Jahren ihr in die Ewigkeit nachgefolgt ist. Drei ihrer hinterlassenen Söhne bekleiden Pfarrämter, ein vierter Sohn ist hier Oktroi=Einnehmer und ein fünfter Apotheker in Nord=Amerika. Von den drei Töchtern ist eine an den Sekretär Vömel allda verheiratet und die jüngere dort bei ihrr Schwester im ledigen Stande. Zweitens war eine Tochter meines Vaters aus dritter Ehe Amalie bei seinem Absterben Gouvernante der herzoglichen Prinzessinnen, und nachdem die Erziehung bei dieser vollendet war, übergab ihr die Herzogin Stephania die Direktion des unter iher Protektion stehenden Fräulein=Instituts. Da hat nun meine gute Schwester einen schweren, aber ihrem Talent angemessenen und entsprechenden Beruf. Ihrer Leitung und Erziehung sind etwa 70 junge Frauenzimmer untergeben und 6 Gouvernanten nebst mehreren Lehrern besorgen den Unterricht. Das Institut besteht hier und genießt einen sehr guten Ruf und Ansehn im Ausland. {Auf diese Tochter hatte Stilling auch die Gewalt über die Gemüter anderer am entschiedensten vererbt; sie ist gestorben am 18. Januar 1860.} 3) Die sieben Kinder meines Vaters aus zweiter Ehe sind alle längst tot. Es ist nur noch 4) meine Person übrig. Als mein Vater starb, war ich Hofgerichtsrat in Rastatt; dort verlor ich meine liebe Frau im Jahr 1821. Sie war eine Schwester meiner Stiefmutter, der dritten Frau meine Vaters, und die jüngste Tochter des Professors Coing in Marburg. Sie hinterließ mir einen Sohn und fünf Töchter. Im Jahr 1826 ward ich hierher an das Oberhofgericht versetz, wo mich ein hartes Geschick betraf. Ich verlor nämlich einen einzigen Sohn, nachdem er bereits seine Studien auf der Universität in Heidelberg vollendet hatte, an einer langwierigen Krankheit im Jahr 1830. Drei Monate nach ihm vollendete meine älteste Tochter ihren kurzen Lebenslauf. Diese beiden Totesfälle [sic] zweier vortrefflicher Kinder haben mir beinahe das Herz gebrochen.
Nimm hin, was dein ist, o Gott, nimm hin,
Ich will mich nicht drum grämen;
Was von dir kommt, ist mir Gewinn,
Dein Geben und dein Nehmen.
Ich lege auf dem Brandaltar
Das Liebste dir zum Opfer dar,
Ein Stück von meinem Herzen.
Es kam von dir und bleibt auch dein
Und soll auch dein auf ewig sein,
Hilf du es mir verschmerzen.
Du nahmst es hin; ach Herr, es ist
Bei dir wohl aufgehoben,
Obschon mein Aug’ in Thränen fließt
Muß ich dich dennoch loben.
Das Dort ist besser als das Hier
Und komm ich Armer einst zu dir,
Es wird mich nicht gereuen,
Daß ich dies hingab, als du kamst
Und das, was dein ist, wiedernahmst,
O nein, es wird mich freuen.
Ich gehe nun leichter meinem bevorstehenden Ende entgegen, denn ich freue mich, beim Eintritt in mein 72. Jahr und bei einem kränklichen Körper auf ein baldiges seliges Wiedersehen durch die Gnade und Barmherzigkeit Gottes in Christo Jesu. Doch ich bin meinem himmlischen Vater für das viele Gute, was er mir neben vielem Leiden während meiner Lebenszeit hat zufließen lassen den innigsten Dank schuldig. Ich genieße unter der zärtlichen Pflege zweier noch bei mir befindlichen Töchter ein ruhiges, sorgenfreies Alter. Meine jetzt älteste Tochter ist an einen sehr frommen Prediger namens Huth zu Scheina im Darmstädtischen seit 12 Jahren verheiratet und noch eine andere ist Gouvernante im Institut meiner Schwester Amalie.
Nun, mein lieber Vetter, schließe ich beruhigt, daß Sie Ihr beschiedenes Los so mit Gott ergebenen Sinn hinnehmen; er wolle ferner mit Ihnen sein.
Freundlichst grüßt Sie Ihr treuer Vetter
     Oberhofgerichtsrat Jung.“
 
1846
Arnold Ruge (1802-1880) veröffentlichte 1846 „Unsere Classiker und Romantiker seit Lessing“. Darin behandelt er auch Jung-Stilling. Was Ruge schreibt, findet sich hier.
 
1851
Ein informativer Lexikon-Artikel von Heinrich Döring in Ersch/Gruber zu Jung-Stilling erscheint, siehe hier.
Joseph Freiherr von Eichendorff beurteilt Jung-Stilling; siehe hier.
 
1867
Ein neues Jung-Stilling-Komitee tritt am 1867-06-19 zusammen. Großzügig geplant wurde das Jung-Stilling-Denkmal als Gedenkstein am Kreuz auf der Rothaard, als Obelisk an der Kirche zu Hilchenbach, als Fonds zur Unterstützung der Blindensache und letztlich als Büste in der Aula des Seminars zu Hilchenbach. Ehrenmitglieder des Komitees waren Alexander, regierender Fürst zu Sayn=Wittgenstein=Hohenstein. Albrecht, regierender Fürst zu Sayn=Wittgenstein=Berleburg. Den geschäftsführenden Ausschuß bildeten Freiherr von Dörnberg, Landrat zu Siegen, Vorsitzender; Stähler, Schulinspektor zu Müsen, Stellvertreter des Vorsitzenden; Kreutz, Superintendent zu Siegen, Schatzmeister; Reifenrath, Pastor zu Marquardt bei Potsdam, Sekretär; Kind, Pastor zu Hilchenbach, Stellvertreter des Sekretärs. Die übrigen Mitglieder waren August Klein, Eisengießereibesitzer und Gewerke zu Dahlbruch. Wilhelm Klein, Ehrenamtmann daselbst. Krämer, Bürgermeister zu Hilchenbach. von Oven, Landrat zu Berleburg. Dr. Romberg, praktischer Arzt zu Hilchenbach. Solms, Salarienkassenrendant daselbst. L. K. Stahlschmidt, Gewerke zu Ferndorf. Winckel, Superintendent zu Berleburg.
Siehe dazu:
Johannes Burkardt: Der Bau des Jung-Stilling-Denkmals in Hilchenbach (1836-1872). – In: Jahrbuch für Westfälische Kirchengeschichte 112, 2016, S. 183-297 (m. Abb.).
  
1871
Gumprecht (?) würdigt "Jugend" und "Heimweh"; siehe hier.
 
1898
Friedrich Schlegel schreibt über Jung-Stilling; siehe hier.
 
1900
Maximilian Harden (d. i. ursprgl. Felix Ernst Witkowski) geb. Berlin 20.10.1861, gest. Montana (Wallis) 30.10.1927) Herausgeber (seit 1892) der Wochenschrift „Zukunft“, schreibt in dieser Zeitschrift:
„Ein Leser der "Zukunft" schreibt mir:
"Ich finde bei Jung-Stilling eine Stelle, die Beachtung verdient. Der fromme Doktor der Arzeneikunde und Weltweisheit läßt in seinem parabolischen Roman "Heimweh" den chinesischen Kaiser Kian-Long also schreiben:
'Du hast mir, Fürst der Christen' - gemeint ist Eugenius, der Held des Buches -, 'in dem Brief Dinge erzählt [... = Heimweh III, 3; bis:] wenn nicht in deinem Brief ein Geist wehte ...' u.s.w.
So zu lesen in Jung-Stillings Schriften Bd. IV, S. 723 u. f. [Me: richtig SS Bd. 4, 1836, S. 728 f.; SW Bd. 4, 1841, S. 871.] Heute dürfte ein Deutscher nicht mehr so über englische Civilisirung- und Mission-Arbeit sprechen; oder er müßte gewärtig sein, dass man ihm mit dem biblischen Wort von dem Balken im eigenen Auge antwortet; wobei dann allerdings zu bemerken wäre, daß der Balken in unseres Vetters Auge inzwischen keineswegs zum Splitter geworden ist."
 
1914
schreibt Rainer Maria Rilke über Jung-Stilling, siehe hier.
 
1917
Über eine Feierstunde für Jung-Stilling am 1917-04-02 liest man:
„Die Zeitlage verbietet eine größere Gedenkfeier an einen der einflußreichsten Siegerländer; doch soll am zweiten Ostertage ein Festgottesdienst in Hilchenbach und eine Festversammlung in Grund stattfinden, um die Erinnerung an ihm [sic] wachzuhalten. Die Festspredigt hat ein Urenkel Stillings, Herr Pfarrer Vörmel [sic; Vömel] in Frankfurt a. M., die Festrede ein anderer Verwandter unseres Landsmannes, Herr Pfarrer Lic. Krämer aus Nürnbrecht [sic; Nümbrecht] übernommen.“
  
An anderer Stelle liest man:
 
„* (Der 100jährige Todestag Jung Stillings) gibt unserer Gemeinde Veranlassung zu einer schlichten Gedenkfeier an ihren großen Sohn. Am Ostermontag, 9. April, ist vormittags 9 1/2 Uhr Festgottesdienst in der Kirche (Festprediger Herr Pfarrer Vömel=Frankfurt a. M., ein Urenkel Jungs) und Kranzniederlegung am Jung Stilling=Denkmal. Nachmittags 3 Uhr findet eine Feier in Stillings Geburtsort, in Grund, statt. Sie beginnt mit einer kurzen Ansprache am Geburtshause. Sodann hält Herr Pfarrer Krämer aus Nümbrecht im Völkelschen Saale die Gedenkrede. Lieder des Gemischten Chores sowie Vorträge Stilling’scher Gedichte werden neben gemeinsamen Gesängen die Feier umrahmen. Gelegenheit zum Kaffeetrinken ist sowohl im Völkelschen Saale als bei der [sic] Bewohnern Grunds gegeben; Zucker muß jeder mitbringen. Voraussichtlich werden außer den beiden Festrednern auch andere Nachkommen Jung Stillings an der Feier teilnehmen. Auf eine besondere Einladung von Festgästen mußte leider mit Rücksicht auf die Knappheit an Lebensmitteln verzichtet werden.“
 
  
In einem weiteren Bericht lautet es u. a.so:
    
Über 1000 Gäste waren im Gottesdienst, wo Pfarrer Vömel über Hebr 13, 7-14 die Festpredigt hielt. „Schon vor 25 Jahren hat man in dankbarer Erinnerung an die von Jung Stilling ausgegangenen Segensströme ihm vor dem Chor der Kirche ein einfaches Denkmal errichtet.“ Hier legten Pfarrer Stein-Hilchenbach und Vömel einen Kranz nieder, dieser für die Gemeinde, jener im Auftrag von Karl Schwarz. Roderich Eberhard von Jung-Stilling und Leutnant der Reserve Johannes Vömel legten eine Kranz für die Familie Vömel nieder. „Die Aufschrift der größten Kranzschleife hatte Frau Adolf Klanke hierselbst kunstfertig in Gold gestickt.“ Zur Feierstunde am Nachmittag liest man, daß auch viele Auswärtig gekommen seien. „Leider erlitt die Festordnung durch das plötzlich einsetzende Schneetreiben insofern eine Störung, als die Feier am Geburtshause Jung Stillings auf einen Liedervortrag des gemischten Chors Grund und auf eine kurze Ansprache des Herrn Pfarrers Stein eingeschränkt und die zahlreiche Zuhörerschaft in die Schule und dem Völkelschen Saal verteilt werden mußte.“ Vömel (über Joh 7, 38) und Pfarrer Lic. Kraemer hielten „packende und zu Herzen gehende Festreden.“ „Für die Vorbereitung und Durchführung der Feier hat sich Herr Hauptlehrer a. D. Immel, der zurzeit die Schule in Grund verwaltet, verdient gemacht. Auch die Gemeinde Grund, insbesondere der Gemeindevorstand, hat zum Wohlgelingen des Festes nach Kräften beigetragen, indem sie das Geburtshaus Jung Stillings sinnigst geschmückt, Ehrenbogen errichtet und die Schar der Festgäste bereitwilligst mit Kaffee bewirtet hat.“ Telegrafische Grüße kamen von Pastor Rudolf Vömel in Gruiten, Roderich Eberhard von Jung-Stilling und Dr. Schwarz und Familie. Abschließend heißt es: „Die Festpredigt und die Festreden werden demnächst gedruckt in Buchform erscheinen und somit weiteren Kreisen zugänglich sein.“
  
Dabei handelt es sich um:
   
Jung-Stilling. / Eine Erinnerungsgabe / zum / Gedächtnis seines 100. Todestages. / * / Herausgegeben vom Westfälischen Preßverband. / * / Preis 40 Pfennig. / Der Erlös ist für das geplante Stillinghaus / in Hilchenbach bestimmt. / * / Lutherverlag Witten. [Titel:] Jung-Stilling. / Eine Erinnerungsgabe / zum / Gedächtnis seines 100. Todestages. / * / Herausgegeben vom Westfälischen Preßverband. / * / Preis 40 Pfennig. / Der Erlös ist für das geplante Stillinghaus / in Hilchenbach bestimmt.
     
Umschlag und 32 S.; enthält Festansprache von Pfarrer Otto Stein (Hilchenbach), Festpredigt von Pfarrer Alexander Vömel (Frankfurt am Main) über Hebräer 15, 7-14; Festrede von Pfarrer Liz. Richard Kraemer/Krämer (Nümbrecht) „Jung-Stilling der Gottessäemann“, „Festrede gehalten in der Nachfeuer in Grund von Ebert Jungs Ururenkel“.
 
1922
Nichts hat sich von den Texten erhalten, die für die Aufführung der Lebensgeschichte - von der 'Jugend' an - notwendig gewesen sind. Vielleicht lassen sie sich ja doch noch aufspüren!
 
  
1940
Im August 1940, zum 200. Geburtstag, wurden bereits Sonderführungen im Museum der Stadt Siegen durchgeführt, und die Feierstunde begann am 14. September um 17:15 Uhr. An sie schloß sich eine Besichtigung der „Stilling=Gedenk=Austellung“ an. Der Eintritt betrug „RM 0.30.“
Ebenfalls kann man lesen: „Auch im Röntgen=Museum in Remscheid=Lennep hat man Jung=Stilling in dem den berühmten bergischen Ärzten gewidmeten Raum einen Ehrenplatz eingeräumt.“
Ein Einblatt-Sonderdruck aus der Druckerei Wesener Nachfolger in Hilchenbach erscheint mit
„Aus Liedern Jung Stillings
Zur Feier der 200 jährigen Wiederkehr
seines Geburtstages am 12. 9. 1940 in der Kirche zu Hilchenbach.
   -“
   
1940-09-15: Auf einem hektographierten Blatt lädt Pfarrer Dr. Müller seine Gemeinde „zu einer Stilling-Gedenkfeier“ in die Kirche ein. Darin heißt es:
„Nach der Feier kann, wer will, noch Stillings Haus in Grund besuchen. Für Verpflegung wolle jeder selbst sorgen!“
Der Sonntagsgottesdienst wurde u. a. so angekündigt:
„Sonntag 9 1/2: Gottesdienst anläßlich der 200=jährigen Wiederkehr von Stillings Geburtstag (P. Alex. Vömel=Altenhaßlau. Nachher kurzer Gedenkakt an Stillings Denkmal Kindergottesdienst fällt aus. 2 1/2: Stilling=Gedenkfeier in der Kirche (P. Dr. Müller und P. Alex. Vömel).“[Schreibweise oben im Zitat mit Klammern sic!]
Vömel sprach über „Göttliche Vorsehung in Stillings Leben“, Müller über „Stillings Bedeutung für die Gemeinde Gottes einst und heute“ und erneut Vömel über Stillings „Heimweh“. Statt des verhinderten Superintendenten Heider sprach Pfarrer Büscher aus Geisweid. Eugen Vömel legte einen Kranz nieder, dto. Rektor Schmitt aus Weidenau für die Gemeinschaften des Siegerlandes. - Um allen Konfirmanden Jung-Stillings „Lebensgeschichte“ geben zu können, wurde ein Jung-Stilling-Gedächtnis-Fonds aufgelegt, und ein junger Kaufmann schenkt der Gemeinde Hilchenbach 200 Exemplare der „Jugend“.
   
Es gab zu dieser Feier auch ein gedrucktes Blättchen mit dem Porträt Jung-Stillings – wohl dem Wocherschen nachgebildet – und dem Heimweh-Spruch mit dem Gedicht von Adolf Wurmbach:
Stilling, daß dein Wort vom Heimweh
   
 In einem Zeitungsartikel liest man:
„Es darf an dieser Stelle noch besonders darauf verwiesen werden, daß auch das Kunstwerk dieser Woche im Schaufenster der Kunststube Lagemann dem Stilling=Gedenken dient. Ein aus Köln kommender Künstler namens Dombrowski hat den Kopf Heinrich Jung=Stillings in rötlichen Strichen gestaltet und damit seinem Werk den Charakter des Besonderen verliehen.“
Vgl.: Greven's Adreßbuch des Stadt- und Landkreises Köln, Band 81, Köln: Greven 1939,  S. 295: „Dombrowski Ludwig Kunstmaler“.
   
Für den 3.  November kündigte die „Evangelische Kirchengemeinde Siegen“ zu 15:30 Uhr „im großen Saale des Kaisergartens eine Reformationsfeier“ an.“:
„Herr Universitätsprofessor D. Goeters, Münster / wird einen Vortrag halten über / ‘Jung=Stillings Weg und Wirken heute.’ / Der Eintritt ist frei. / Alle Glieder unserer Gemeinde und Freunde Jung= / Stillings in Stadt und Land werden zur Teilnahme / an dieser Feierstunde herzlich eingeladen. (66 / Der Vorsitzende des Presbyteriums: / Dr. Schmidt, Pfarrer.“
 
1967
Am 1967-03-01 wird das Jung-Stilling-Zimmer nach Restaurierung im Siegerländer Heimatmuseum im Oberen Schloß in Siegen wird wieder zur Besichtigung freigegeben.
Über die Feierlichkeiten berichtet:
Gerhard Scholl: Jung-Stilling-Gedenken 1967. - In: Siegerland. Blätter des Siegerländer Heimatvereins. Hrsg. Wilhelm Güthling Bd. 44, 1967, H. 1, S. 31-32. [Text S. 32, S. 31 2 Abb. a) der Grabsteine und b) der Plakette am Geburtshaus in Grund. Aufnahmen von a) Peter Schleifenbaum; b) Hans Berggold.
 
1988 
Am 3. September wird in Siegen die Jung-Stilling-Gesellschaft e. V. gegründet. – Anreger war neben dem Präsidenten der Gesellschaft Professor Dr. rer. pol. Waldemar Wittmann (1925-1988). 
 
1990 
Stiftung einer Jung-Stilling-Medaille für Augenärzte durch Gerhard Berneaud-Kötz
Zu den Pubikationen dieses Jubeljahres siehe man unter Literatur.
 
 
Weitere Angaben finden sich auf anderen Teilen dieser web-site.
 
     
 

 
[1] Reinhard Arhelger: Jung-Stilling - Genese seines Selbstbildes. Untersuchungen zur Interdependenz von Religiosität, Identität und Sozialstruktur zur Zeit der 'Jugend'. Frankfurt/Main, Bern u. New York: Lang (1990. ISBN 3-631-42310-1, ISSN 0721-3301. Ursprgl. phil. Diss. Gießen 1989 m. d. T.: 'Erwählung'. Analyse einer pietistischen Sozialisation am Beispiel von Jung-Stillings 'Jugend'.) = Europäische Hochschulschriften. Reihe I. Deutsche Sprache und Literatur. Bd. 1187.
 
[2] Die unterschiedliche Zählung der Psalmen und ihrer Verse ändert nichts an dem Hinweis auf diese Textstelle in der Luther-Bibel. Der reformierte Jung-Stilling lobte sehr die Übersetzung Luthers. – Die Straßburger katholische Bibel (1734) z. B. zählt hier Ps. 34, V. 20 (mit anderer Übersetzung). – Vgl. die (von mir nicht eingesehene) Festschrift des Schwimm-Vereins Stillinge Dessau E. V. 1902-1927. Dessau: Schwimm-Verlag 1927 (Dessau: Sickert u. Reiche), 16 S., zahlr. Ill. – Nach freundlicher Auskunft des Vereins vom 2008-08-28 hat dieser nichts mit Jung-Stilling zu tun. Der Name des Schwimm-Vereins leitet sich ab von „Stilles Loch“, einer Kiesgrube bzw. einem alten Arm der Mulde. - Die Deutung entspricht der Interpretation des Beinamens von Jung-Stilling mit Schwerpunkt auf "still, friedlich"; dies wird bestärkt durch: Heinrich Lindner: Geschichte und Beschreibung des Landes Anhalt. Deßau [Dessau]: Ackermann 1833, S. 169: „Die Mulde hat viele stehende stille Wasser, daher Stillinge genannt, gebildet“.
 
[3] Wolfgang Lück: Johann Heinrich Jung-Stilling 12. September 1740 - 2. April 1817. Wirtschaftswissenschaftler, Arzt und Schriftsteller. Lebensbilder und Werk des Siegerländer Gelehrten und Marburger Universitätsprofessors. (Marburg:) Hitzeroth (1990. ISBN 3-89398-022-9). 
 

 

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