Der wenig bekannte Aufsatz sei hier wiedergegeben.

Von einem Kollegen Jungs wurde er 1803 neu herausgegeben und mit weiteren Kupfern versehen.

Siehe dazu auch hier den "Vorläufer" der Erfindung in Jungs Lehrbuch von 1785. 

Heinrich Ernst entwickelte 1801 einen "sehr einfachen Streichtisch zur Anfertigung von Braunkohlenziegeln". Von ihm mein jedoch ein Rezensent: „Von der Form, die Braunkohlen zu Ziegeln zu streichen, dünkt uns die weit vortheilhafter zu seyn, welche der Hofrath Jung in Riems auserlesener Sammlung, 2ter Bd. 1te Liefr. 1792. S. 10-20 beschrieben, und ebenfalls in einem Kupferstiche abgebildet hat; die schon zu Abformung von 28 Mauerziegeln gut ist, und daher um so mehr zu Braunkohlenziegeln dienen tann, weniger kostspielig ist, und auch wenigere Arbeiter erfordert, wenn Jungs Vorschrift gehörig befolgt wird.“

 


Titel der Ausgabe:

Anzeige / der / Leipziger ökonomischen / Societät / von / der Michaelismesser 1790. / [Vignette] / = / Dresden, / gedruckt bei Carl Christian Meinhold.“

Hefttitel:

Anzeige / der / Leipziger ökonomischen / Societät / von / der Michaelismesser 1790. / - / Wahl eines Direktors. [...]


10          =-=
Neue Ziegelstreichmaschine.
Der Herr Hofrath, Professor Jung, zu Mar=
burg, hat als unser schätzbares Mitglied, Vorschläge
zu Verbesserung der Ziegelbrennereyen eingesendet,
die man sehr interessant befand, und solches ihres
weitumfaßenden Nutzens wegen, mit Folgendem hier
einrückt.

Es sagte der Herr Hofrath im Eingange, daß
die Ziegelbrennerey sehr nützlich sey, bedürfe keines
Beweißes: daß sie aber in einem noch weit höhern
Grade seyn könnte, wenn, statt so vieler Menschen,
einfache Maschinen arbeiteten, vermittelst welcher
man viel wohlfeilere und doch vollkommenere Waa=
ren in kürzerer Zeit zu liefern in Stand gesetzt würde;
sey ebenfalls keinem Zweifel unterworfen. Die Frage
wäre also nur: ob eine solche Verbesserung möglich
sey? Er beantwortete dieses bejahend, und übergab
sachkundigen Lesern seine Vorschläge zur Prüfung;
die dann wörtlich also lauten.

„Ich weiß wohl, das es  heut zu Tage einsichts=
volle Männer giebt, die gegen die Erfindung von Ma=
schinen einen Eckel haben, indem sie glauben, daß
sie den Arbeitsleuten Brod und Verdienst rauben.
Allein, wenn man von jeher so gedacht hätte, wo
          wären

=-=          11
wären dann jetzt die Weberstühle, die Strumpf=
stühle und so manche wohlthätige Erfindungen? -
Ich will lieber zwanzig Strumpfweber, als zwanzig
Strumpfstricker haben, denn jene arbeiten mehr und
wohlfeiler als letztere. Zudem sind auch die ersten
glücklicher, indem sie mehr verdienen können. Die=
sen Satz wende man auf die Maschinen, Erfindun=
gen, und also auch auf die meinige an. Wenn
man guten Thon und genugsame Brennmaterialien
hat, so beruht nun alles auf einer sorgfältigen Be=
arbeitung des Thons; auf einer Einrichtung, nach
welcher eine große Anzahl Ziegeln in einer kurzen Zeit
mit geringer Mühe und wenigen Kosten gestrichen
werden können; und dann auf dem vollkommenen
Aus= oder Garbrennen derselben in einem wohlein=
gerichteten Ofen. Diesen letzteren Punkt berühre ich
nicht, weil dazu nur ein geschickter Werkmeister er=
fordert wird; hingegen in der Bearbeitung des
Thons und im Ziegelstreichen ist noch gar vieles zu
verbessern; denn die vielen Menschen, di ehier erfor=
dert werden, und die Langsamkeit der Arbeit, machen
eben diese nützliche Baumaterialien kostbar.

Wenn man den Thon mit Wasser vermischt, und
aus dieser Masse ohne weitere Vorbereitung Ziegeln
brennt, so sind sie sehr mürbe, sie zerbröckeln leicht,
          und

12          =-=
und taugen gar nicht. Die Ursache liegt vorzüglich
in der Luft, welche mit der Masse vermischt ist: jene
dehnt sich im Feuer sehr aus, und bildet allenthalben
Zellen und Bläschen; so, daß der Ziegel im Bruche
dem Bienen=Roß gleicht, folglich gar keine Festigkeit
hat. Aus diesem Grunde ist es nöthig, daß man
die Thonmasse vielfältig knäte, durcharbeite und zäh
mache; damit so viel wie möglich alle Luft herausge=
bracht werden möge.

Dieses Knäten und Durcharbeiten hat einen noch
nicht so erklärbaren, aber nichts desto weniger einen
sehr wichtigen Nutzen. Es ist bekannt, daß alle
weiche Massen durch jene Bearbeitung immer zäher
und dehnbarer werden; das glüende eisen, das
Schusterpech und der Mehlteig sind davon bekannte
Beyspiele. Vermuthlich bekommt die Materie durchs
Ziehen und Knäten eine faßrichte Textur, indem sich
die Urtheilchen an einander reihen und so fester zu
sammenhängen. Vielleicht ist auch dieses zugleich
eine Würkung der herausgetriebenen Luft. Genug,
die Sache ist wahr; und je mehr die Ziegelmasse ge=
würkt und geknäten wird, desto beßer werden – wenn
alles andere Nöthige nicht unterlaßen wird – die
daraus verfertigten Waaren.
 
          von

=-=          13
Von der Richtigkeit dieses Satzes ist man auch
allenthalben überzeugt, und man hat deßwegen hin
und wieder die alte Art, nach welcher Menschen oder
Thiere mit den Füßen den Thon knäten, durch Thon=
mühlen zu verbessern gesucht. Eine Verbesserung die=
ser Art findet sich von Carl Wynblad im Schauspiel
der Künste und Handwerker, dem 7. Bande.

Auch wird die Thonmasse zu den vortreflichen
Holländischen Ziegeln durch Thonmühlen vorbereitet.
Indessen gestehe ich aufrichtig, daß mir die ganze
Einrichtung noch nicht genüget: denn die Thonmüh=
len können den Thon wohl verfeineren, aber zäh und
dehnbar können sie ihn nicht machen.

Ich fiel daher auf den Gedanken, ob nicht eine
Art von Stampfmühle alles nach Wunsch leisten
mögte: ich schlug sie auch in meinem Lehrbuche der
Fabrikwissenschaft, wiewohl noch unvollkommen
vor; hier aber will ich das endliche Resultat meines
Nachdenkens völlig entwickeln.

Wenn ordentliche gewöhnliche Stampfen in einen
Trog fallen, der mit Thonmasse angefüllet ist, so
wird sich jede Stampe ein Loch graben; und da die
Masse steif seyn muß, so wird die Stampfe immer
          wieder

14          =-=
wieder  in dasselbige Loch fallen, und alllso nicht knä=
ten; folgende Vorrichtung wird aberjeden Wunsch
erfüllen. Man baue eine Stampfmühle mit ihrer
Daumwelle, die durch Wasser, Wind und Pferde
getrieben werden kann. Die Stampfen werden von
hartem Holze, etwa 70 bis 80 Pfund schwer, gemacht:
sie brauchen keine eiserne Schuhe zu haben; auch dür=
fen sie nicht von einander entfernt seyn, sondern sie
müssen sich unter einander locker berühren, damit die
Thonmasse im Troge nicht zwischen ihnen hinauf stei=
gen könne. Der Trog wird zwey Schuh breit und
eben so tief, und von Bohlen fest gezimmert; seine
Länge richtet sich nach der Anzahl der Stampfen
und diese nach der Anlage der Ziegelbrennerey.

Die Stampfen müssen unten fast so breit seyn,
als der Trog weit ist, das ist etwa 2 Scuh, weni=
ger einen Zoll; dann werden sie auch unten abgerün=
det; ihre Figur seheman auf der I. Kupfertafel Fig.
I, bey g.

Wenn der Trog etwa auf 2/3. mit Thonmasse an=
gefüllt ist, und man läßt nun die Stampfen arbeiten;
so werden sie, da sie dicht neben einander liegen, und
wechselweise stampfen, sich immer die Masse zu=
schieben, und sie allso in sehr kurzer Zeit zäh machen.
          Um

[Kupfer]

15          =-=
Um diese einfache und leichte Einrichtung voll=
kommen zu verstehen, nehme man das hieher gehörige
Kupfer zu Hand. Man sehe die I. Taf. Fig. 2; a ist
ein Tisch, dessen Länge, je nach der Größe des Werks,
sich auf 18 bis 20 Schuh erstrecken kann: die Breite
muß so seyn, daß sich zwey Männer, die auf beyden
Seiten stehen, die Hände geben und allso den Tisch
überreichen können; die Höhe ist wie bey Tischen ge=
wöhnlich. Auf beyden Seiten sind Leisten, deren
Höhe auch ziemlich willkührlich ist; doch darfihre
Breite nicht so groß seyn, aus Ursachen, die sich
aus dem Gebrauche des Werkzeugs leicht errathen
laßen.

Zwischen beyden Leisten liegt ein Gitter auf dem
Tische, dessen Fächer die Ziegelformen sind. Es ver=
steht sich allso von selbst, daß die Gitterstangen ge=
rade so dick seyn müßen, als die Ziegel dick werden
sollen; ferner, daß ihre Entfernung von einander
durch die Länge und Breite der Ziegel bestimmt wird,
und daß man dieser Gitter so viele haben müße, als
es Arten vo  Ziegeln giebt. Bey Dachziegeln, die
einen Haken haben, müssen die Queerstangen so
breit seyn, daß man den Zapfen jenes Haakens *)
          hin

*) Diese Haaken, oder in einigen Gegenden sogenannten
Nasen, können bey dieseer Methode noch auf eine
          leich=

=-=          17
hineinschneiden kann, und doch die Queerfstangen noch
Strärke genug behalten.

Der Tisch sowohl, als auch das Gitter, müßen
sehr glatt gehobelt werdcen, damit sich letzteres auf
dem ersten leicht hin und her schieben lasse; und eben
deßwegen muß auch das Gitter etwas schmäler seyn,
als die Breite zwischen den Leisten beträgt.

Die Walze b besteht aus Gußeisen, sie ist gerade
so lang, daß sich zwischen den zweyen Leisten, ohne
sich zu klemmen, herum drehen läßt. Dann hat sie
zwey Zapfen, und an jedem eine Kurbel; jeder Za=
pfen muß am Ende viereckigt seyn, um die Kurbel
daran befestigen zu können.
          Wenn

leichtere weise an die Ziegeln gemacht werden, näm=
lich: man darf nur auf jeden Tisch ein apartes und
wie jenes bewegliches Tischblatt anbringen: in wel=
chem jede Nase ein geschnitten wird, so, daß sich solche
an jedem Ziegel nun zugleich mit formet. Am obern
Theile des Gitters sind hierbey immer die Rücken
der Ziegeln, die man daselbst nach der gewöhnlichen
Streichart mit den Fingern überfährt, und damit die
an den Ziegeln sichtbaren Striche als ein Zeichen der
Oberseite giebt. Dieß bewegliche Tischblatt wird dann,
wenn die Ziegeln nach des Herrn Verfaßers bald fol=
genden Beschreibung geformt sind, mit einem Brett
bedeckt, und so, sammt allem umgewandt, worauf
man jede Reihe Ziegeln, auf eben die art heraus
nimmt, als solches der Herr Verfaßer jetzt noch
lehret.

          B

18          =-=
Wenn man nun Ziegeln streichen will, so wälzt
man die Walze hinter das Gitter zurück; dann sticht
man Stücke mit einem Grabscheit, in hinlänglicher
Dicke, von wohlgearbeitetem Thone ab, bedeckt damit
das Gitter allenthalben von hinten bis vornen, so,
daß keine Lücke leer bleibe: und nun stellen sich zwey
Arbeiter an die Kurbeln, und wälzen die 2 bis 300
Pfund große Walze über den Thon bis vorn ans
Ende weg, und so auch wieder hinter das Gitter zu=
rück.Jetzt sind alle Formenmit Thon, und zwar
weit dichter angefüllt, als es einem Manne mit der
Hand zu bewürken möglich ist. Da aber mehr Thon
aufgetragen wird, als die Ziegeln erfordern, so wird
oben das  ganze Gitter damit bedeckt: um diesen über=
flüßigen Thon nun weg zu bringen, so bedient man
sich des Werkzeugs Fig. 3, c; indem man es hinten an
der Krücke d anfaßt, mit der Schneide e vorn auf
das Gitter ansetzt, und so damit, nach hinten zu,
allen überflüßigen Thon über das Gitter hinweg=
schabt. Daher muß auch die Oberfläche deßelben
glatt gehobelt seyn, damit die Schabe leicht darüber
hinweg gleiten möge. Diese Schabe wird aus Eisen
und vorn scharf gemacht, damit sie leicht durchschnei=
den könne.

Wenn nun die überflüßige Thon weggebracht
worden, so wird vorn, bey Fig. 2, ff, ein Brett vor
          den

=-=          19
den Tisch gehalten; dann zieht man mit den Grifffen
ff das Gitter so weit an, bis die erste Zeile über dem
Brette ist, und drückt dann einen Ziegel nach dem
andern aus seiner Form heraus; so fährt man fort
bis das Gitter leer ist. Wäre die ganze Einrichtung
groß, so würde das vollgestrichene Gitter für zwey
Männer zu schwer seyn: ind iesem Falle mache man
an jedem Griff, bey f, ein Seilfest; beyde giengen
alsdann erst an eine Welle oder Erdwinde, die durch
einen Hebebaum herum gedreht würde, und auf
welche sich die Seile aufwickelten. In diesem Falle
würden auch zwey Leisten nöthig seyn, die vom Tische,
gegen jene Winde zu, befestigt werden müßen, damit
das Gitter, wenn es über die Hälfte vom Tische weg=
geschoben wäre, darauf ruhen könnte.

Ueberhaupt würde sich bey Ausführung dieses
Vorschlags noch allerhand Nützliches und die Arbeit
Erleichterndes erfinden und anbringenlaßen; und
ich bin gewiß, daß durch eine so große Ersparniß an
Arbeitslöhnen, verbunden mit der Verfertigung einer
großen Menge Waare, in kurzer Zeit die Ziegeln
um ein Beträchtliches wohlfeiler dürfften abgeliefert
werden können, als bisher.

Ich brauche wohl nicht zu erinnern, daß vor dem
Auftragen des Thons, Tisch und Gitter mit Asche
          B 2          oder

20          =-=
oder Sand bestreut werden müßen, damit die Masse
nicht ankleben möge.“

So weit der Herr Verfasser. Wenn nun die
Hauptdeputation der ökon. Gesellschaft durch einige
praktische Proben ein und das andere zu Erleichterun=
gen und Verbesserungen dieses trefflichen Verfahrens
eerlangen kann; so wird man nicht ermangeln, solches
in den Anzeigen künftig nachzubringen. Zu gleichem
Endzwecke empfiehlt man diese Methode sämmtlichen
Herrn Mitgliedern. Inzwischen dankt man aber für
diesen sich zur Praxis qualificirenden Aufsatz unserm
so gefälligen Mitgliede, Herrn Hofrathe Jung, auf
das verpflichtetste hierdurch öfffentlich, mit der hinzu=
gefügten Bitte, welche unsern sämmtlichen Herren
Ehren= und correspondirenden Mitgleidern an ihr
patriotischeds Herz gelegt wird; uns öffters mit so ge=
meinnützigen und in der Ausübung praktisch mögli=
chen Aufsätzen zu beehren, und sich dadurch als flei=
sige Mitglieder auszuzeichnen.

 


192          =-=
[...]
b) An Modellen, Zeichnungen und Produkten
[...]
4.) Zeichnung von einer vielfachen Ziegelforme, von
dem Herrn Profeßor Jung zu Marburg.
[...]