Wenn man neu in einer Arbeitsstelle beginnt zu arbeiten, dann ist man geneigt, auch Arbeiten anzunehmen, die man in ihrer Bedeutung und in ihren Folgen nicht erkennt - nicht erkennen kann. So ging es auch Jung-Stilling, als seine Kollegen in Lautern ihm die Beaufsichtigung des Gutes Siegelbach übertrugen.

 

In seiner LG berichtet Jung-Stilling S. 373 ff. über sein Wirken für das Gut Siegelbach. Abschließend heißt es dort S. 385:

„Mit der Siegelbacher Gutsverwaltung ging es schief, alles schlug fehl, überall war Fluch, anstatt des Seegens; untreues Gesinde, diebische Nachbaren, heimliche Tücke der Unterbeamten, Schulden, keine Unterstützung, das alles stand Stillingen im Wege, so daß er endlich, wenn er nicht selbst mit zu Grunde gehen wollte, die ganze Verwaltung abgeben und seine Rechnung ablegen muste.“

Siegelbach-Verwalter ist zunächst (seit 1774) Herr Welker, dann Karl Wahl (1776) und seit 1778 Johann Gottlieb Sauer. Seit dem 1778-11-02 kümmert sich Jung-Stilling um die 40 Morgen (Nürnberger Maß) Güterstücke in Siegelbach. Es war dies „Ein Landgut zu Siegelbach unweit Lautern, zu den praktischen Vorlesungen über den Ackerbau, und die Viehzucht.“ (Franz Xaverius Moshammer 1782, S. 35). – Man „hoffte hier eine aufgehende Sonne zu erblicken, die Licht über ihren Horizont verbreiten würde.“, jedoch wurde es ein „Fehlschlag“, der „den Bauern in seiner hegenden Meynung stolz“ machte, es besser als die Gelehrten zu wissen und zu können. (Kraemer)

Im gut eingerichteten Kuhstall stehen 20 abgemagerte Kühe, zwei Arbeitspferde und Schweine. Johann Keiper hat (fälschlich) Sp. 30 f. in der Anm. 1 die Angabe, daß Jung-Stilling sich bereits seit 1774 mit dem Gut beschäftigte, um dort den neu aufgekommenen Kleebau mit Viehzüchtung durch Stallfütterung auszuprobieren. „Unbekannt mit den Verhältnissen unterzog er [= Jung-Stilling] sich mit Eifer seiner Aufgabe, ohne zu ahnen, dass unter den obwaltenden Verhältnissen an eine Sanierung kaum zu denken war.“ Haeberle schildert 1910 diese Verhältnisse ausführlich.
 
Christian Wilhelm von Dohm schreibt im Februar 1778, S. 100 im Deutschen Museum in der Anm. von S. 99 her:

„Der Boden ist hier fast durchgehends roter Flugsand; aber die ökonomische Gesellschaft zu Lautern hat ihn auf ihrem Gut Siegelbach durch Vermischung mit besseren Erdarten schon seit drey Jahren sehr zu verbessern gewust, und wird ihn künftig noch mehr verbessern.“

Der „Pfälzischer kleiner / Kalender / - / auf das Jahr / 1781.“ berichtet S. 114:

„Landgut zu Siegelbach. Wurde in dem Jahre 1772 erkauft, im Jahre 1774 aber in eigenen Bau genommen, und bestimmet, jene Säze [sic] in dem Großen auszuüben, die in den gesellschaftl. Schriften vorgetragen werden. Die Aufsicht hat Herr Professor Jung.“

Dies wird dann gleich in einer Publikation in französischer Sprache übernommen:

Description de ce qu’il y a d’intéressant et de curieux dans la résidence de Mannheim 1781, S. 101:

„Bien-de-campagne à Siegelbach.
Il fut acheté en 1772, mais mis en culture en 1774, & destiné à exécuter en gros ce qui avoit été proposé par la société dans ses écrits. Mr. le profess. Jung en a l’inspection."

Krünitz schreibt in Bd. 33, 1785, S. 473 f. in der Anm. 10:

(10) Die oekonomische Gesellschaft kaufte das Gut zu Siegelbach, um dort unter ihrer eigenen Aufsicht die von ihr vorgetragenen Lehren des Ackerbaues und der Viehzucht in Ausübung zu bringen. Sie übernahm zu Anfange des J. 1774 gedachtes Gut wirklich selbst zu bauen; und da ihre Vermögensumstände ihr nicht erlaubten, diesen Bau ganz aus eigenen Mitteln zu bestreiten, so hielt sie es für das rathsamste [sic], das zu Anschaffung des nöthigen Viehes, zu Schiff und Geschirr, auch zu Bestreitung der Oekonomie nöthige Capital durch Subscription zu erhalten. Sie bestimmte solches auf 4000 Gulden, und setzte 3 Jahre fest, in welchen es nach und nach bezahlet werden sollte. Und da die Gesellschaft bereits 2000 Fl. für Aufkaufung, des Gutes ausgelegt hatte, so war das sämmtliche Capital 4000 Fl. Dieses wurde in 72 Actien eingetheilet; jede Actie zu 83 Fl. 20 Kr. Die Gesellschaft behielt davon 24 Actien, welche 2000 Fl. ausmachten; und die übrigen 48 Actien unterzeichneten die Mitglieder, je nachdem einer, sich mehr oder weniger einzulassen, gesonnen war. Zugleich ernannte die Gesellschaft einen Verwalter, welcher auf dem Gute wohnen, die Rechnung, Aufsicht und Oekonomie führen sollte, und setzte eine Commission nieder, vor welcher er möge monathlich seine Rechnung ablegen, und ferner Nachweisung zu Führung der Geschäfte erhalten sollte. Das Gut selbst wurde anfänglich dem Futterbaue größten Theils bestimmet; denn auf einem so elenden Gute war ohne Dünger nichts anzurichten, und diesen konnte man ohne einen großen Viehstand nicht erzeugen, welcher Viehstand aber zuvörderst viel Futter erforderte. Der beste Theil der Aecker wurde also zur Ansäung des rothen Klees bestimmt, und, dessen Wachsthum zu beschleunigen, sowohl Kalk als Gyps verwendet.

1786 meint dann Johann Riem in seiner Anmerkung zu dem Aufsatz von Johann Jakob Krämer „Was war der Erfolg der Pfälzisch physikalisch ökonomisch gesellschaftlichen Bemühung auf ihrem Guthe zu Siegelbach bey Lautern? *)“:

"Denn wahr ists, wenn einer ökonomischen Gesellschaft etwas mißlingt, so ist nicht allemal die Unternehmung schuld: mehr die Verschiedenheit der Stimmen, die bald so, bald anders wählen und so manchmal die Sacher verderben. Hat man auch jezt die Fehler eingesehen: so ist inzwischen ein guter Verwalter müde geworden; er befürchtet neue Einschränkungen, und geht ab. Dem folgt ein andrer Verwalter, der hene begangene Fehler nicht kennet: er macht jezt – selbst bey dem besten und durch mißlungene Versuche bewährtem Plane der Gesellschaft, neue Fehler; die Sache mißlingt“. So empfiehlt Riem, daß, „da ökonomische Gesellschaften nicht reicht genug sind, daß sie auch, mit Verlust im Anfange, praktische Lehrgüter aufzustellen vermögen, diese Ehre immer lieber einem eifrigen Privatmanne überbleiben müsse; weil auf diesen nicht so viele Augen schauen, und dieser daher leichter im Stillen arbeiten kann, wenn auf jene alle Augen sehen, und dann oft mehr sehen, als wirklich geschehen ist.“

 

Man „hoffte [so Kraemer] hier eine aufgehende Sonne zu erblicken, die Licht über ihren Horizont verbreiten würde.“, jedoch wurde es ein „Fehlschlag“, der „den Bauern in seiner hegenden Meynung stolz“ machte, es besser als die Gelehrten zu wissen und zu können.

 

1789 meint die Gesellschaft dann, diese Angelegenheit beendend:

„Das Siegelbacher Gut hat weder der Absicht der Gesellschaft, noch der dabei intereßirten im mindesten entsprochen, und leztere in großen Schaden versezet. Die Entfernung von dem damaligen Wohnsize der Gesellschaft machte die nöthige Aufsicht beinah unmöglich, sie mußte sich auf Verwalter verlassen, einer von diesen gieng gar durch, und man kann sich die Ursach davon schon vorstellen. Zudem hatte man beständig mit Hindernissen zu kämpfen, die man um so weniger hier wieder in Rückerinnerung bringen mag, da man ohnehin weiß, daß alle gute Absichten ihre Feinde haben, die an der heimlichen Untergrabung unaufhörlich arbeiten. In den lezten Jahren übergab man das Gut einem Beständer, und auch dieser entwich heimlich nach Ungarn mit Mitnehmung alles desjenigen was er nur irgend zu Gelde machen konnte, und blieb nicht allein den Pacht der ganzen Pachtzeit, den man ihm zu seiner besscren Unterstüzung stehen gelassen, sondern auch noch ein beträchtliches Kapital nebst Interessen schuldig, das man ihm baar dargeliehen hatte. Alle diese unangenehme Ereignisse bewogen endlich die Gesellschaft, das Gut an einen Siegelbacher Einwohner wieder zu verkaufen , und sich dieser undankbaren Arbeit ganz zu entlasten.“

 

 

Ein Pächter Becker hatte es ebenfalls einige Zeit betreut und kaufte es wohl auch. (Haeberle)