Zum Zusammenhang siehe hier!

 

1799 liest man in einem Journal:

 

„Jung’s und Höslin’s Schuzrede für Strohdächer.

In meiner Uebersicht der Sicherungsmittel gegen Feuersgefahr S. 32. habe ich schon die Erfahrung zu Gunsten der Strohdächer im Fürstenthum Nassau=Siegen aus Jung Statspolizei angeführt. Die zahlreichen Eisenschmelzhütten sind dort wenigstens grösstentheils mit Stroh gedekt; die Flammen lekken drüber hin; Ströme glühender Feuerfunken regnen darauf; demungeachtet hört man aber selten vom Abbrennen dieser Hütten, und die Ursache eines wirklichen Brandschadens wird niemals dem Strohdache beigemessen. Vorzüglich ist dies bei den Stabhämmern der Fall. Sie haben durchgehends zwei Heerde, welche als eingemauerte Schornsteine zum Strohdach herausragen, und fast beständig Myriaden glühender Funken ausspeien, die dann glühend auf das Strohdach herabfallen, ohne im geringsten zu zünden.

Neuerlich hat Prof. Jung im ersten Heft seiner statswirthschaftlichen Ideen S. 122 diese Erscheinung umständlich erklärt, und die nachahmungswerthe Bereitung dieser Strohdächer beschrieben. Es wird nämlich das vorher wohl gekämte Rokkenstroh [sic; Roggenstroh] in Lagen eines guten Fingers dik auf Tannenbretter ausgebreitet, dann mit einem guten Ziegelthon etwa 2 Fus breit so dicht und dik bestrichen, daß er zwischen den Halmen eindringt, und man oben keine Halme mehr sieht. Nur am Stoppelende sowohl, als oben gegen die Aehre zu, lässt man das Stroh dort zwei Zoll, und hier noch breiter unbestrichen . Der Dachdekker lässt von dem Brette, worauf ihm das Strohblatt zugetragen [S. 62:] wird, dasselbe auf den Latten, wo es liegen soll, herabrutschen, so das die Thonseite oben komt. Dieses Blatt wird, wie gewöhnlich, befestigt. Auf das erste Strohblatt wird ein eben so bereitetes zweites so viel höher hinaufgerükt, daß nur die unbestrichenen Stoppelenden hervorragen und allein sichtbar sind; u. s. w . mit den folgenden Lagen. Das Aeussere dieses Strohdaches ist wie bei den gewöhnlichen. Der darauf fallende Regen wird von den Stoppelenden abgeleitet. Die Hauptsache ist der innere Kern von Thon, der zwei bis drei Zoll dik und zusammenhängend durchs ganze Dach geht, so daß nur die untere wie die obere Fläche blosses Stroh ist. Fällt auf ein solches Dach Feuer, so werden blos die Strohenden weggesengt; – das Dach selbst bleibt wegen des Thonkernes unversehrt, so lange, bis Latten und Sparren darunter entzündet werden. Auch ein innerer Brand ist dem Dache nicht so gefährlich, wie andern, sondern wird vielmehr dadurch aufgehalten; und durch Hize und Zerspringen wird es den Löschenden nicht nachtheilig, wie dies bei Ziegel und Schieferdächern oft der Fall ist. – Die gewöhnliche Dauer einer solchen Dachdekkung rechnet man auf 18 bis 20 J., bis das Stroh bis an den Thon wegfault, und dieser also dem Regen ausgesezt wird. Bei solcher Einrichtung bedarf es also keines Verboths gegen die Strohdächer, die doch um ihrer Feuergefährlichkeit wegen verrufen sind, da sie übrigens nicht nur wegen ihrer Wohlfeilheit, sondern auch wegen mancher andern Bequemlichkeiten vor den im Sommer brennend heissen, im Winter ausserordentlich kalten Ziegel= und Schieferdächern, die noch dazu, bei ihrer grössern Schwere, einen stärkeren Dachstuhl und stärkere Sparren und Hange= [S. 63; Hangebalken; Hängebalken] balken erfordern, entschiedene Vorzüge haben. – Eine ähnliche Schuzerde für die Strohdächer, * ) als die sichersten wider Regen, Schnee, Hize und Kälte, und selbst wider Feuersgefahr findet man in Höflins Beschreibung der Würtembergischen Alp. (Tübingen 1798. S. 82 ff.)“ Die Anm. lautet: „*) Vergl. auch Valentiners Bemerkungen Pr. Ber. 1795. II. S. 133.“

 

F[riedrich Valentiner (1756-1813):] „Nachricht von der allgemeinen Vertheilung der Brandschäden in den Landdistrikten der Herzogthümer Schleswig und Holstein im Jahr 1794, nebst einigen Bemerkungen über die Entstehung dieser Schäden.“ (mit Tabellen) – In: Schleswig-Holsteinische Provinzialberichte 9.Jg.,1.Bd., (1795) (15), S. 128-134.

Höslin, Jeremias: Weil. Jeremias Höslins, Pfarrers zu Böringen, Uracher Oberamts, Beschreibung der Wirtembergischen Alp, mit landwirthschaftlichen Bemerkungen. - Herausgegeben von dessen Sohn, M. Jeremias Höslin, Pfarrer zu Gruorn, Uracher Oberamts. - Tübingen: Jakob Friedrich Heerbrandt 1798. – Höslin, Jeremias, 1722-1789; Höslin, Jeremias, 1752-1810.