Back to Top
 
 
 

 

Matthisson „Der Aschenkrug. An Heinrich Stilling. 1785.“

 

1785-12 beschloss das „Deutsche Museum“ mit diesem Heft seinen 2. Band für das Jahr. Auf den Seiten 564-566 findet sich als 13. Beitrag das Gedicht „Der Aschenkrug. An Heinrich Stilling. 1785.“

August Wilhelm Anton Neidhardt (ursprünglich: Neithardt) von Gneisenau (geb. Schildau 27.10.1760, gest. Posen 23.08.1831) scheint es sehr gefallen zu haben, denn in seinem Nachlass fand sich eine Abschrift, die Georg Heinrich [Jakob] Pertz (geb. Hannover 28.03.1795, gest. München 7.10.1876) begründet für ein Werk des Grafen hielt. (Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neithardt von Gneisenau, Bd. 1, 1760 bis 1810. (Mit einem Kupfer und einer Karte.) Berlin: Georg Reimer 1864; Beilagen, S. 645-647).

Der Lehrer [Ludolph Louis] Theodor Colshorn (geb. Ribbesbüttel bei Gifhorn 13.01.1821, gest. Hannover 1:09:1896) übernahm dies aus Pertz mit der Quelle Gneisenau in sein Lehrbuch „Des Mägdleins Dichterwald. Stufenmäßig geordnete Auswahl deutscher Gedichte für Mädchen. Aus den Quellen. Siebte Aufl., verb. U. verm. Hannover: Carl Rümpler 1875 [auch 1856, 1871], S. 499 ff.

Karl Heinrich Jördens: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten, Bd. 3, Leipzig: Weidmann 1808, S. 461 hatte dieses Gedicht jedoch in seinem Artikel zu Matthisson zutreffen aufgeführt.

Der als Literarhistoriker und Dr. phil. gefallene Landsturmmann im Reserve-Inf.-Reg. Nr. 246, 1. Komp. Gottfried Bölsing (Berlin 5.08.1885, gefallen 25.09.1915 bei der Bellewaarde-Ferme, Flandern; Nachruf im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, Nr. 237 v. 12.10.1915-10-12, S. 1368) war bekannt als Herausgeber von Friedrich Matthissons Gedichten. In dem ersten Band dieser Ausgabe nennt er (Bd. 1, S. 104, Fußnote 81 a) das im „Deutschen Museum“ publizierte Gedicht „Der Aschenkrug. An Heinrich Stilling. 1785.“

Friedrich Matthissons Gedichte. Bd. 1. Die Gedichte von 1776-1794. Nebst einem Anhang. Gedruckt für den Litterarischen Verein in Stuttgart. Tübingen (H. Laupp) 1912, = Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart, Bd. 257 und 261. Tübingen: Litterarischer Verein, 1912 und 1913

 

Hier der Text:

 

Deutsches Museum.

Zwölftes Stück. Dezember, 1785

--

[S. 564 ff.]

564

________

13.

Der Aschenkrug.

An Heinrich Stilling. 1785.

---

Was schimmert einsam dort, wo sich der Bach im Thal

Durch Thränenweiden schlingt, im goldnen Abendstrale?

Die Schwermuth leitet mich auf düstrem Pfad hinab.

Ist hier Arkadien? Ein blumenvolles Grab !

Ein kleiner Aschenkrug, den eine fromme Hand

Voll heilger Zärtlichkeit mit Trauerlaub umwand

Im dämmernden Gebüsch !

 

An seinem Marmorfuß, wo junge Rosen wanken,

Blinkt eine goldne Schrift durch dunkle Epheuranken :

„ Ihr Haine flüstert sanft ! weh leiser Frühlingslust !

Ein edles Mädchen ruht in dieser stillen Gruft.

Sie glaubte, liebte, litt. Du fromme Dulderin,

Die Tugend blieb dein Glück, dein Reichthum und Gewin,

Da Alles dich verließ!“

 

Heil ! dir, Vollendete, du hast daen Kranz errungen,

Den dir die Tugend wand. Durch trübe Dämmerungen

Drangst du mit Himmelskraft empor zum ewgen Licht.

Dich schreckte selbst die Nacht am Scheidewege nicht !

Ein Schimmer jenes Heils, das dort am Wonneziel

Der guten Seelen stralt, erhob dich zum Gefühl

Der Unvergänglichkeit.

 

Und dies Gefühl, vor dem das rasende Gewimmel

Der Erdenstürme schweigt, das einen ganzen Himmel

Stillheitrer, sanfter Ruh* in edle Seelen gießt,

Ist der erhaben Lohn der aus der Tugend fließt!

      Wo

 

  1. Der Aschenkrug. 565

Wo diese Gottheit wohnt, blüht Engelseligkeit,

Wallt spiegelrein und still der Strom der Lebenszeit

Durch Paradiesesau’n.

 

Es mag umhüllt von Nacht und grausen Ungewittern,

Vom Donnersturm umras’t, des Erdballs Axe zittern,

Der Elemente Kampf Tod und Vernichtung dräun,

Und stolzer Flotten Macht wie dürres Laub verstreun :

Wo diese Gottheit wohnt erheitert, sich die Luft,

Die Fluren im Gesang und Kühlung weht und duft

Aus stiller Haine Grün.

 

Es mag am jähen Rand verlaßner , wilder Küsten,

Auf rauher Felsenbahn, in menschenleeren Wüsten

 

Der müde Wandrer gehen ; schon brach sein Pilgerstab,

Schon dpnkt die Schöpfung ihm ein weites , ofnes Grab :

Wo diese Gottheit wohnt, verschönt sich jeder Pfad

Wo ihres Lieblings Tritt voll Zuversicht sich nacht,

Zum Schattengang der Ruh’.

 

Es mag des Todes Arm, im Vollgenuß der Freuden

Erhabner Sympathie , den Freund vom Freunde scheiden,

Der, sanft und fest und treu, am Abgrund der Gefahr

Wie auf der Bahn des Glücks, ihm Alles, Alles war :

Wo diese Gottheit wohnt, Verlaßner ! da erhellt

Der Zukunft Mitternacht ein Stern der bessern Welt

Mit sanfter Hofnung Glanz.

 

Es mag (wenn rungsumher die Rosen sich entfärben,

Des Jünglings Scherze fliehn, des Mannes Freuden sterben)

Der lezte süße Ton der Liebe selbst verwehn

Und jedes goldne Bild der Täuschung untergehn:

Wo diese Gottheit wohnt, reicht die Erinerung

Dem Allvergeßnen noch den lezten Labetrunk

Wenn schon sein Auge bricht.

      N n 3 Kein

 

566         14. Iziger Werth des spanischen Geldes

      Kein Stundenschlag ertönt , kein Tropfen Zeit

               entfluthet,

Wo nicht ein edles Herz um edle Herzen blutet,

Kein Abendstern erscheint, kein Morgenroth beginnt,

Wo nicht der Wehmut Schmerz auf frühe Gräber rinnt :

Wo diese Gottheit wohnt, hebt über Grab und Zeit

Und Trennung das Gefühl der Unvergänglichkeit

Des Dulders Geist empor!

               Matthisson.

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.