Zur Aussage
"Jung-Stilling finden Sie in der Abteilung Esoterik!",
zu den (fiktiven) "Protokollen nachtodlicher Belehrungen"
und zu der vermeintlichen "Jung-Stilling-Sekte"
1787 las man: „Aber noch ganz anders sehen ihn [den Mond] die Stillingianer, vom Oberhaupte der Sekte **) [„**) In der Vorrede zur Geschichte Florentins von Fahlendorn.“] selbst Stillings Freunde, benamset.“
Jakob Lorber und Emanuel Swedenborg
Jung-Stilling veröffentlichte im Jahr 1808 seine "Theorie der Geister=Kunde", die großes Aufsehen erregte. Neben drei gleichzeitigen Drucken entstanden auch Übersetzungen in andere Sprachen.
Das Inhaltsverzeichnis der Theorie der Geister=Kunde ist mit weiteren Hinweisen unter diesem Link abgedruckt.
Die Zeitungen füllten ihre Spalten mit Artikeln über die "Theorie". Als ein Beispiel sei gegeben der Text der Ergänzungsblätter der Allgemeinen Literatur-Zeitung Nr. 33 vom 21. März 1811, Sp. 262, wo es heißt:
"Es muß noch einmal gesagt werden: Daß selbst erweckte Menschen die Theorie der Geisterkunde für ein gefährliches Buch halten, ist ein Beweis, wie weit schon der giftige Hauch des Drachen in das Heiligthum eingedrungen ist. Die ehrwürdigen Theologen von Basel sind hier nicht gemeint; der Vf. weiß nun das Verhältniß und die Quelle, aus welcher ihr Gutachten geflossen ist, und er ist mit ihnen wohl zufrieden. Wahr bleibt aber doch wahr: Es giebt Leute, die Geister sehen können, wo andre nichts sehen, nicht bloß Phantasme, wie Nicolai in Berlin, die durch Blutigel am After weichen, sondern wirkliche Geister, wie der Prophet Elia, der Prophet Daniel und der Apostel Paulus."
Zur Einschätzung der "Theorie" durch Stephan Schütze siehe man hier.
Der Dresdner Oberhofprediger Franz Volkmar Reinhard (1753-1812), "einer der kundigsten Seelenärzte unsers Zeitalters", hielt am Ostersonntag 1809 aus diesem Anlaß eine Predigt über Lukas 24, 1-10 mit dem Titel: "Der Zustand unsrer Verstorbenen im Lichte der Auferstehung Jesu". Er gab mit diesen Predigten "ein kräftiges Gegengift gegen den Aberglauben" (Intelligenzblatt zum Morgenblatt Nr. 15, 1809, S. 60, Sp. 1).
Der König von Württemberg verbot den Verkauf des Drucks. Besonders der vom Buchdrucker Jakob Sonnenwald in Stuttgart ohne Erlaubnis der Zensurbehörde angefertigte Nachdruck musste bis auf das letzte Exemplar eingezogen werden. Nicht nur Jung-Stillings bis 1808 erschienene Werke waren vorboten, sondern auch noch gleich alles, was er zukünftig noch schreiben werde. So klagte Jung-Stiling am 13. September 1813.
In Basel übergab Antistes Emanuel Merian (1732-1818) folgendes "bey Samuel Flick" gedruckte Gutachten dem Baseler Bürgermeister, das auch hier zum Verbot der "Theorie" führte:
"Abgefordertes / Gutachten / einer / ehrwürdigen Geistlichkeit / der / Stadt Basel / über / Herrn Dr. Jung's genannt Stilling / Theorie der Geisterkunde. / - / - / 5. B. Mos. 29, 29. / Die verborgenen Dinge sind für den Herrn, unsern Gott: Diejenigen / Dinge aber, die da offenbaret sind, sind für uns und unsre Kinder ewiglich, / daß wir thun sollen alle Worte dieses Gesetzes. / - / - / Basel 1809".
Max von Schenkendorf schrieb am 20. Februar 1813:
"Er [= Jung-Stilling] gilt für einen Schwärmer / - Doch wer gilt nicht dafür? und bald wird das wohl ein Ehrentitel / seyn. Zur Erneurung dieses Vorwurfs hat seine Theorie der / GeisterKunde viel beigetragen. Ob ein solches Buch überhaupt / geschrieben werden sollte will ich dahin gestellt seyn lassen, / und daß die Beispiele darin schlecht gewählt sind gebe ich / gerne zu; aber das System selbst ist ungemein scharfsinnig, / und ich glaube daß der geförderte animalische Magnetismus noch mehr / Licht hierüber verbreiten wird. Das Buch ist übrigens geschrieben / Gespensterfurcht zu vertreiben und nicht zu erwecken."
Zusammen mit Jung-Stillings "Szenen aus dem Geisterreich" (1795-1801; vgl. hier) führte die "Theorie" dazu, dass Jung-Stilling in den Buchhandlungen in der Abteilung "Esoterik" (Geheimlehre; Geheimwissenschaft) eingeordnet ist/wird.
So findet sich Jung-Stilling auch in:
Horst E. Miers: Lexikon des Geheimwissens. (München:) Goldmann (1993. ISBN 3-442-12179-5. Originalausgabe.) [Jung-Stilling S. 328-329. Identisch bis auf Literaturnachweis mit ders.: 4. Aufl. 1981; Taschenbuchausg.: Freiburg i. Br.: Bauer 1976. Verlags.-Nr. 11708; ISBN 3-442-11708-9; Jung-Stilling S. 218.]
Umfangreich ist der Aufsatz
Werner Meyer: Heinrich Jung-Stilling [,] ein Bahnbrecher der Parapsychologie. - In: Neue Wissenschaft. Zeitschrift für Grenzgebiete des Seelenlebens. Olten (Schweiz) 7, 1957, S. 22-30, 73-82, 103-119.
Ausführlichere Darstellungen - auch zu den "Szenen aus dem Geisterreiche" fehlen noch.
Jung-Stillings Horoskop
Jung-Stillings Horoskop (Aufzeichnung der Stellung der Gestirne bei der Geburt eines Menschen zur Charakterdeutung und [angebl.] Zukunftsvorhersage) ist nachlesbar bei
Hans-Hinrich Taeger (Hrsg.): Internationales Horoskope Lexikon. 6000 Horoskope des Taeger-Archivs for bilingual use (German/English). Bd. 2. Freiburg i. Br.: Bauer (1989. = Eine wissenschaftliche Veröffentlichung im Rahmen des Instituts für Astroenergetische Studien (IAS). ISBN 3-7626-0385-5, Gesamtausgabe ISBN 3-7626-0393-8. 1.-3. Tsnd.) [S. 824 zu Jung-Stilling; dazu ebd. Bd. 5, S. 824; die dortige Quelle ist Jacques de Lescaut, private Datensammlung, Encyclopedia of birth data. Eigenverlag Brüssel 1978-91; hier Bd. 9, 6000 Personalbibliographien 23.8.-23.9., Brüssel 1989.
Diejenigen, die sich die Freude machen wollen, sollten unter http://www.astro.com/cgi/ahor.cgi einmal die dortige Datenmaske ausfüllen mit: "Johann Heinrich / Jung-Stilling / male / 12 / September / 1740 / 20 (8 pm) / 00 / Hilchenbach". Sie können dann Jung-Stillings Horror-skop in englischer Sprache lesen. (Diesen Hinweis und andere Fingerzeige verdanke ich P. K., der auch die Anregung zu dieser Seite gab.)
Ein Chirogrammatomant (Handschriftendeuter) stellte nach der Handschrift fest: glatte Handschrift, gutmütiger Charakter, daher: „Vorherrschendes Gemüth.“
Rudolf Steiner (1861-1925)
Andererseits findet sich Jung-Stilling durch diese Zuordnung zur Esoterik in Nachbarschaft von Rudolf Steiner (1861-1925), dem Begründer der Anthroposophie (Lehre vom Menschen in seiner Beziehung zum Übersinnlichen). In Steiners Briefwechsel mit Friedrich Eckstein finden sich, Weimar, (Ende) November 1890, die Sätze:
"Ihr lakonischer Brief ‚Lesen Sie Jung-Stillings Heimweh' wiegt wohl viele dickleibige Schreiben auf. Solch ein Buch lehr uns den Weg zu dem ‚Stirb und Werde!' Wissen Sie, daß Jung-Stilling auch einen ‚Schlüssel zum Heimweh' geschrieben hat?"
So verdanken wir auch diesem Kreise die gute Ausgabe des "Heimwehs" von Martina Maria Sam im Verlag am Goetheanum.
Vgl. auch: Martina Maria Sam: Der Lebenslauf als Prüfungsreise. Das Schulungsmotiv in Jung-Stillings Leben und in seinem Roman Heimweh. – In: die drei. Zeitrschrift für anthroposophe in wissenschaft, kunst und sozialem leben. Stuttgart: freies geistiges Leben ISSN 0012-6063; 1994, Jg. 65, Nr. 12, S. 993-999.
Heuser, Annie: Von der Entwicklung eines lebendigen Geistbewußtseins. Jung- Stilling und Kierkegaard. - In: Das Goetheanum (Dornach) 1951, S. 318.
Wolfgang Münchow schreibt einfühlsam, aber ohne Belege und z. T. falsch, S. 451 in
Wolfgang Münchow: Geschichte der Augenheilkunde. Separatdruck aus "Der Augenarzt" Band 9, 2., ergänzte und überarbeitete Aufl. Mit 243 Abb. u. 8 Tabellen. Stuttgart: Enke 1984:
"Als sehr sensibler und theosophischer Mensch konnte er [= Jung-Stilling] die jenerzeit unvermeidbaren Fehlschläge und somit Erblindungen psychisch nicht überwinden, wandte sich daher [nein!] den Verwaltungswissenschaften zu und wurde 1787 in Marburg und [von nun an falsch!] 1807 in Heidelberg Professor der 'Cameralwissenschaften'."
Siehe dazu richtig stellend auch hier zu den Augenoperationen!
Jakob Lorber und Emanuel Swedenborg
In dem Buch von
Kurt Hutten: Seher Grübler Enthusiasten – Das Buch der traditionellen Sekten und religiösen Sonderbewegungen. Stuttgart: Quell (1992)
wird Jung-Stilling zweimal erwähnt: Zum einen im Zusammenhang mit Johann Friedrich Oberlin (S. 721), der ja auch Beziehungen zur Geisterwelt hatte, und S. 583 mit Jakob Lorber (1800-1864, Gründer der gleichnamigen Gesellschaft; s. u. und vgl. unter dem URL) und Emanuel Swedenborg (1688-1772). –
Über Jakob Lorber schreiben die Herausgeber von dessen "Die Jugend Jesu", 7. Aufl., 13.-17. Tsnd. 1927, S. 6:
"Vor allem machte sich aber in seinem Wesen eine gewisse Innerlichkeit bemerkbar. Er las mit Vorliebe Werke von Schriftstellern, die in ihren Werken transzendentale Gegenstände behandelten, z. B. Werke von Swedenborg, Jung=Stilling, Jakob Böhme und Justinus Kerner. Er machte jedoch aus dieser Lektüre kein eigentliches Studium, weil letzteres überhaupt seine Sache nicht war."
(In ähnlichen Worten berichtet dies auch Kurt Hutten: Seher Grübler Enthusiasten. Das Buch der traditionellen Sekten und religiösen Sonderbewegungen. Stuttgart: Quell (1982) S. 583.)
Jung-Stillings Schriften
Jung-Stilling schrieb ein bisher ungedrucktes Werk (das hier nachgedruckt ist):
Theosophischer Versuch vom Wesen Gottes und vom Ursprung aller Dinge im August 1776 von Johann Heinrich Jung D. A. G. d.
Folgende Kapitel hat Johann Heinrich Jung-Stilling dem "Versuch" gegeben:
Erstes Buch Die Grundlehre
Erster Abschnitt Vom göttlichen Wesen § 1-20
Zweyter Abschnitt Ursprung der Zorn Welt § 21-30
Dritter Abschnitt Von der Welt des Sohns Gottes § 31-46
Zweites Buch Die Theologie oder die Lehre von der Religion
Erster Abschnitt Vom Fall Adams § 47-60
Zweiter Abschnitt Plan Gottes zur Verbesserung des Menschen § 61-76
Dritter Abschnitt Weg des Menschen zur Vereinigung mit Gott § 77-82]
Die Spezialforschung sei darauf hingewiesen, dass sich der Inhalt dieses "Versuchs" wieder findet in dem später publizierten Werk:
Blicke / in die Geheimnisse / der / Natur=Weisheit / denen Herren / von Dalberg Herdern und Kant / gewidmet / - / - / Berlin und Leipzig, / gedruckt bey George Jacob Decker. / 1787.
Das Werk ist hier mit einer Einleitung von Jacques Fabry nachgedruckt.
Alles bisherigen Untersuchungen über diese beiden Texte sind zusammengefaßt und weitergeführt worden in dem Werk:
Jacques Fabry: Kosmologie und Pneumatologie bei Jung-Stilling. Der "theosophische Versuch" und die "Blicke in die Geheimnisse der Naturweisheit". Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft e. V. 2006 = Jung-Stilling-Studien, Band 4, ISBN 3-928984-28-4.
Vgl. auch dazu z. B.:
Jacques Fabry: Du Piétisme à la théosophie: Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817). – In: Ésotérisme, Gnoses & imaginaire symbolique: Mélanges offerts à Antoine Faivre. Edité par Richard Caron, Joscelyn Godwin, Wouter J. Hanegraaf & Jean-Louis Vieillard-Baron. (Leuven/Louvain:) Peeters 2001, S. 267-278. [XII, 948 S. - ISBN: 90-429-0955-2.], S. 274.
Hans-Bernd Spies: Johann Heinrich Jung-Stilling und Carl von Dalberg. – In: Siegerland. Blätter des Siegerländer Heimat- und Geschichtsvereins e. V. Bd. 76, 1999, H. 2, S. 125-134. (M. 1 Abb. Dalbergs.)
Auch der Dialog "Die Warheit der Christlichen Religion, apodiktische Beweise aus der menschlichen Natur" ist im Zusammenhang mit diesen Werken zu sehen; sein Text findet sich hier.
"nachtodliche Belehrungen"
Seit vielen Jahren erscheinen gereimte "nachtodliche Belehrungen". Stellvertretend sei hier nur genannt
Jung-Stilling belehrt von Christlieb Himmelfroh Siegen. Kirchhundem: AK-Verlag 1991.
Hier liest man in Anm. 18:
"Siona = Begleitengel von Johann Heinrich Jung-Stilling. Siehe Heinrich Jung-Stilling: Szenen aus dem Geisterreich, 6. Aufl. Bietigheim (Rohm) 1973, S. 219 ff (S. 279: Siona diktiert Jung-Stilling zu Lebzeiten in die Feder). Bei nachtodlichen Erscheinungen von Jung-Stilling war Siona häufig sein Begleiter. Siehe Treugott Stillingsfreund: Erscheinungen im Siegerland. Kreuztal (verlag die wielandschmiede) 1987, passim, Gotthold Untermschloß: Begegnungen mit Johann Heinrich Jung-Stilling. Siegen (Kalliope Verlag) 1988 sowie Glaubrecht Andersieg: Allerhand vom Siegerland. Siegen (Höpner) 1989, S 96, S. 99, S. 167, S. 171."
Diese "nachtodlichen" Belehrungen, die man obendrein "downloaden" kann, führten zu heftigen Diskussionen im www (vgl. z. B.: unter diesem und diesem URL) . Allerdings gab es auch Irritationen, wie folgende E-Mail an mich zeigt:
"ich habe die von Ihrer Gesellschaft veröffentlichten nachtodlichen Belehrungen Jung-Stillings gelesen und bin etwas irritiert: Da soll ein Mann, der vor knapp 200 Jahren gestorben ist, in netten und witzigen Verschen Bedeutsames an uns Lebende weitergeben? Handelt es sich bei dem ganzen nur um einem Scherz oder steckt mehr dahinter? Der Hintergrund meiner Frage: Ich bin verantwortlich für die Kinder- und Jugendarbeit unserer Gemeinde. Auf unserer Homepage fanden sich besorgte Fragen von Jugendlichen, ob hier tatsächlich ein Verstorbener zu uns redet."
Nach einem Telefongespräch publizierte der zitierte Pfarrer folgende Notiz für seine Gemeindeglieder (die im Allgemeinen mich richtig zitiert):
Nochmal eine Meldung von mir, nachdem ich heute abend mit Dr. phil Erich Mertens, dem zweiten Vorsitzenden der Jung-Stilling-Gesellschaft telefoniert habe. Er hat mir glaubhaft versichert, daß die mehrfach genannten "nachtodlichen Belehrungen" nichts anderes als eine "Methode" sind, das Gedankengut von Jung-Stilling bekannt zu machen. Es hat also rein gar nichts mit echten Botschaften aus dem Jenseits zu tun. Vielmehr geht es darum, die Gedanken Jung-Stillings in aktuellen Geschehnissen zur Sprache zu bringen. Um das ein wenig effektvoll zu gestalten, habe ein Mitglied der Gesellschaft zur Gedichtform gegriffen. Dahinter stünde aber lediglich eine Art Gag, eine bloße Methode, aber keinesfalls irgendein Spiritismus. Die Jung-Stilling-Gesellschaft, zu der ausschließlich Wissenschaftler, Ökonomen, Politologen u. ä. gehören, wehrt sich gegen jede Form von Geisterglaube. Im Gespräch mit ihm hat Herr Mertens mehrfach betont, daß er bereit ist, auch auf persönliche Anfragen (seine mail-Adresse findet ihr auf der Homepage der Jung-Stilling-Gesellschaft) einzugehen, um jeden Rest von Verwirrung zu beseitigen und jedes Mißverständnis auszuräumen. Ich hoffe, die Sache ist, zumindest was die Jung-Stilling-Gesellschaft angeht, beendet. Das Thema an sich bleibt ja aktuell und damit auch mein Angebot, zu diesem Thema mal einen Abend zu machen. Ich warte auf mails. Ganz liebe Grüße
Unter dem URL, gefunden am 2002-04-07, liest man
Geschrieben von Jean-Pierre am 06. April 2001 23:51:55:
Als Antwort auf: Höllischer Spuk! geschrieben von Sabine Schudel am 04. April 2001 20:20:44:
Hallo, Sabine!
>In letzter Zeit kommt Jung-Stilling mit seine Botschaften aus dem Jenseits in vielen Internet-Foren und auch in Chats immer wieder vor.
>Das ist wohl ein Zeichen dafür, dass diese Aussergewöhnliches, Interessantes zu bieten haben. Denn es ist wohl kaum anzunehmen (und wohl auch gar nicht möglich) dass einige wenige "Stillings-Freunde" bzw. "Stillings-Freundinnen" diese vielen Einträge weibeln, puschen.
>Bei näherem Besicht fällt hier zunächst die Form auf. Die Erscheinungs-Rapporte sind immer in leicht fassliche, paarige Reime gegossen, und zwar meistens in volkstümliche Jamben, einem Versfuß aus einer kurzen (unbetonten) und einer langen (betonten) Silbe
>Die Versifikation ist fehlerfrei, kunstgerecht, die Sprache ist tadellos; die Wortwahl immer passend.
>Das lässt schon einmal darauf schliessen, dass diese Botschaften aus einer "höheren geistigen Ebene" kommen – wie immer man das definieren mag.
>Nun zum Inhalt. Du, Sabine, stösst Dich an der nachtodlichen Belehrung "Bibelchristen".
>Dazu muss man sagen, dass Jung-Stilling schon damals auf dem (heute wohl von der überwiegenden Mehrheit unserer Theologen geteilten) Standpunkt war, dass Glaube UND Erfahrung, Bibel UND Vernunft die Botschaft Gottes durch Jesus Christus aufnehmen müssen. Ein "nur der Glaube; sola fides", "nur die Bibel; sola Scriptura" ist sicherlich eine Haltung, die Glauben heute nicht mehr begründen kann. Gerade das aber wird in der von Dir gerügten und als höllischen Spuk verdächtigten Botschaft nach meinem empfinden sehr richtig zum Ausdruck gebracht.
>Wer diese Erscheinungs-Rapporte letztlich verfasst hat (sie scheinen hier aus der Schweiz zu kommen, wie schon einige Male bemerkt wurde), ist letztlich egal. Mir scheint bemerkenswert, dass dadurch wieder einmal eine Besinnung auf die Grundfragen unseres Glaubens ausgelöst wurde. Und das ist allemal gut!
>Soweit ich die Rapporte gelesen haben, drücken sie ein ganz klares, eindeutiges Bekenntnis zu unserem Herrn Jesus Christus aus. Sie können daher wohl, liebe Sabine, kaum aus der Hölle kommen.
>Sicher kannst Du Dich ja einmal bei näherem Interesse mit den Jung-Stilling-Leuten in Deutschland in Verbindung setzen. Auf der Homepage ist sogar eine Einladung zu deren Treffen ausgesprochen.
Gott der Herr segne Dich und die Deinen!
Jean-Pierre (der wegen seines Amtes gern ein bisschen im Hintergrund bleiben möchte und daher auch keine E-Mail-Adresse angibt: bitte verstehe das!)
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Auch hier ist es ein Anonymus, der schreibt, so wie der Pseudonymus eine Fülle von Büchern verfasst hat.
Man kommt nicht "Zur angemessenen Einschätzung der Herausgeber der Jung-Stilling-Studien", wenn man sich der Meinung von Diethard Sawicki (Leben mit den Toten. Geisterglauben und die Entstehung des Spiritismus in Deutschland 1770-1900. Paderborn usw.: Schöningh 2002, ISBN 3-506-77590-1, S. 57 f., Anm. 10) anschließt, zumal dann, wenn man sich nicht an das Gespräch zwischen Vespasian und dessen Sohn Titus erinnert.
Der Pseudonymus – es handelt sich um eine einzige Person – ist mit seinen Pseudonymen verzeichnet in und zusammengestellt unter dem Lemma "Andersieg, Glaubrecht" auf S. 20 in:
Kürschners Deutscher Literatur-Kalender 2000/2001. Zweiundsechzigster Jahrgang. Red.: Andreas Klimpt. Bd. 1: A-Q. München u. Leipzig: Saur 2001. [Hier findet sich eine Auflistung nahezu aller Pseudonyme mit Nennung einiger Publikationen.] – Dieser Kalender verweist unter seinem URL http://www.saur.de/kdl/ auf http://www.uni-siegen.de/~stilling. Allerdings scheint dieser Hinweis wieder aus dem www verschwunden zu sein.
Es ist zu melden, dass mit dem Download „kategorischer_Imperativ“ zu Immanuel Kant (URL) der Pseudonymus Christlieb Himmelfroh eingegangen ist in das „Ethisch-philosophische Grundlagenstudium“. Der Text dient als Beispiel für die schon „zu Lebzeiten [sic] Kants von christlicher Seite geäußerten Kritik“. Da nur der Zugriff auf die web-site (2004-06-28) vermerkt ist, wird nicht klar, ob der Autor – Christlieb Himmelfroh – ein Zeitgenosse Kants gewesen ist oder nicht, wenn es bei Frank Martin Brunn heißt:
„Unter dem Pseudonym Christlieb Himmelfroh faßt sie [die Kritik] ein unbekannter Autor nach einem Gespräch mit dem Geist des verstorbenen Zeitgenossen Kants Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817) in dem Gedicht ‚Kants kategorischer Imperativ’ in folgende Verse: [...]“.
Was geschieht, wenn der URL nicht mehr vorhanden sein wird?
Frank Martin Brunn: Theologie und Ethik. Die Bedeutung des Wirklichkeitsverständnisses für den ethischen Diskurs. – In: Matthias Maring (Hrsg.): Ethisch-philosophisches Grundlagenstudium. [Bd.] 2. Ein Projektbuch. Münster usw.: LIT Verlag 2005, ISBN 3-825 8-8361-2 = Ethisch-philosophisches Grundlagenstudium Bd. 2, S. 21-29, hier S. 25.
In einer Fußnote nannte Doris Böggemann 1991 den Namen des Pseudonymus, und ein Dortmunder Antiquariat gibt auch je nach dem Pseudonym den richtigen (?) Namen des Autors an.
Leider haben diese gerade genannten Werke die Arbeit der Jung-Stilling-Gesellschaft auch in die Ecke gerückt, eine Sekte [kleinere religiöse Gemeinschaft, die sich von einer größeren Glaubensgemeinschaft gelöst hat und meist von dieser abgelehnt wird] zu sein. Allem Anschein nach wurde dies 1995 von Burkhard Dietz (s. u.) erstmals getan - nachdem der Begriff bereits 1787 angewendet wurde (Jung, das "Oberhaupt der Sekte"), wenn er schreibt: "Mithin liegt der Verdacht auf der Hand, daß es sich bei der Siegener Jung-Stilling-Gesellschaft tatsächlich um eine esoterisch-mystische Vereinigung handelt, die auch einige wissenschaftlich daherkommende Veröffentlichungen in ihrem Programm hält."
Allein ein Blick auf die (ehem.) Liste der Sektions-Obleute und die Autoren, die über Jung-Stilling schreiben und schrieben sowie auf diese hier vorliegenden Web-Seiten, erweist m. E. diesen Vorwurf als haltlos; Burkhard Dietz hat sich m. M. n. "ver – dacht". (Auf seiner Web-Site wurde obiges Zitat nicht vollständig gebracht!)
(Siehe auch unter Waldemar Wittmann und Gerhard Berneaud-Kötz in der Rubrik Forscher!)
Zum "Ahnungs-Vermögen"
Am 18. Juni 1797 schreibt Jung-Stilling an Lavater, um nur ein Zeugnis seiner Vorstellung zu geben:
"Eins von den Empfindungsorganen für jene Welt ist das Ahnungsorgan oder Vermögen; hierunter verstehe ich abwesende und zukünftige Dinge, wenn sie mit uns in Rapport geraten, mehr oder weniger deutlich, bald durch, und bald ohne Bilder zu erkennen und zu erfahren. Dies ist auch das Organ, durch welches wir, sobald es entwickelt ist, mit der Geisterwelt in Rapport kommen."
(Siehe dazu ausführlicher die Briefedition von Gerhard Schwinge, S. 202-207, hier S. 204; vgl. 302 ff.).
Siehe auch in der "Theorie der Geister-Kunde" (Anhang § 20 und passim) sowie
Johann Heinrich Jung-Stilling. Geister, Gespenster und Hades. Wahre und falsche Ansichten. Hrsg. u. eingel. v. Gerhard Merk. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1993. ISBN 3-928984-05-5) = Jung-Stilling-Studien Bd. 1.)
und
Martin Landmann: Ahnungen, Visionen und Geistererscheinungen nach Jung-Stilling. Eine ausdeutende Untersuchung. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1995. ISBN 3-928984-12-8.)
Vgl.: Ernst Jünger: Annäherungen. Drogen und Rausch. (Frankfurt a. M., Berlin, Wien:) Klett-Cotta im Ullstein Taschenbuch (1980. = Ullstein Taschenbuch Nr. 39003; ISBN 3-548-39003-X; © Stuttgart: Klett 1970), S. 26.