Wechselkommunion in Marburg
von
Erich Mertens und Petra Mertens-Thurner
(Quellennachweise sind im rekonstruierten Original vorhanden!)
Fragt man heute, so nennen die Befragten verschiedene Religionen, kommen aber bei Konfessionen schon in Schwierigkeiten: römisch-katholische und evangelische Christen kennt man noch. Bei Altkatholiken und Reformierten sowie Lutheranern wird es schon schwieriger. Da man kaum oder keine Unterschiede benennen kann, fallen Streitigkeiten im Allgemeinen fort.
Heinrich Heppe schreibt 1868: „Die confessionellen Gegensätze bestanden in Hessen bis zum Anfang des neunzehnten Jahrhunderts fast in derselben Schroffheit wie früher. Einen ersten Lichtblick in eine heilsamere spätere Gestaltung der kirchlichen Verhältnisse gewährte i. J. 1789 eine landesherrliche Verfügung, welche durch den gottseligen Professor Jung (=Stilling) 64) zu Marburg erwirkt war.“
Die Spannungen blieben jedoch unterschwellig erhalten, wie die Bemühungen der Marburger Katholiken um den Verbleib ihres Pfarrers Leander (Johann Heinrich) van Eß (1772-1847) z. B. im „Hesperus. Nationalblatt für gebildete Leser“, Nr. 63, 1814-12, S. 504, zeigen.
Martin Völkel hat in seiner gegründeten Jung-Stilling-Biographie 2008 das Kapitel „7.4.5 Überkonfessionalität“ entsprechend benannt. Jung-Stillings Problem mit der „Wechselkommunion“ wird dabei nicht ausführlich behandelt. So sollen hier wiederum Materialien dargeboten werden.
Wilhelm IX. (1743/1785-1821) bemühte sich sehr um die Universität Marburg, berief zum einen auch neue Lehrkräfte und hatte Erfolg: „Dadurch hob sich die Zahl der Studirenden in Kurzem beträchtlich, so daß in dem einen Jahre 1786 150 neu angekommene Studirende, worunter drei Grafen, sechs Edelleute und 29 Mediziner waren, eingeschrieben wurden.“
Zum Anderen erließ er am 1787-12-21 ein Edikt über die „Verstattung der katholischen Religions=Uebung in Marburg.“. Die Katholiken erhalten damit die Erlaubnis zum Gottesdienst, „damit Katholiken in Marburg ebenfalls studiren könnten“.
Der Text des Edikts findet sich in Konrad Wilhelm Ledderhoses „Kleine Schriften“, 1787, S. 827 ff.
Bernhard August Gärtner, Franz Benjamin Ries und Ludwig Karl Eberhard Heinrich Friedrich von Wildungen bearbeiten dies in Zusammenarbeit mit der Regierung zu Mainz und dem deutschen Orden. Karl Faciola („ein sehr rechtschaffener, friedfertiger Mann“, S. 266), in Mannheim geboren, sein Vater stammt aus Italien und lebte als Kaufmann in Mainz, feiert ab 1. Adventsonntag 1788 mit den 65 Katholiken, darunter 8 Studenten, den ersten Gottesdienst.
Das „Journal für Prediger“, Bd. 21, Stück 3, 1789, S. 300 schreibt dazu: „Am dritten Adventsonntage 1788 hat der katholische Gottesdienst zu Marburg, wovon bisher viel Redens und Schreibens gewesen ist, in der Kapelle des Hospitals der heiligen Elisabeth im deutschen Hause würklich seinen Anfang genommen. Man hoffet zum Besten der Universität einen guten Erfolg davon. Als Geistlicher ist Herr Canonicus Falciola von Maynz hieher geschickt worden; von dem man sich eine billige, aufgeklärte Denkungsart verspricht. Ohne diese würde er freylich auch auf einer protestantischen Universität eine erbärmliche Rolle spielen.“
Falciola, „der würdige Pfarrer dieser Gemeinde“, durfte dann auch durch „das gnädigste Patent“ des Landgrafen „in der ganzen Katholischen Christenheit, in und außer Hessen, eine Collecte zu ihren Bedürfnissen […} sammlen.“ So berichtet Baldinger in seinem Medizinischen Journal.
So hatte sich für die Marburger Katholiken ein Problem gelöst, das für die evangelischen Christen dort weiter bestand.
Bereits im Jahr 1787 fand sich in den „Hessischen Beiträgen zur Gelehrsamkeit“ S. 463 ff. ein Brief mit der Anfrage, ob Lutheraner bei reformierten in katholischen Ländern zum Abendmahl gehen könnten/dürften.
Erst zwei Jahre später, im „Journal für Prediger“, 1789, S. 298, heißt es: „In Marburg ist die Privatbeichte aufgehoben. Auch ist den Eheleuten luth. und reform. Confession verstattet, gemeinschaftlich wechselweise bei Predigern beider Confessionen zu kommuniciren.“
Das „Journal von und für Deutschland“ 1789, 6. Jg., 6.St., druckt S. 590-591 einen „Auszug eines Schreibens aus Marburg den 2ten Junius.“ ab. Anläßlich des Todes von Samuel Endemann (1727-1789) wurde es verfaßt, und am Schluß liest man unter dem Datum 1789-05-31: „Schließlich muß ich doch noch ein sehr nachahmungswürdiges Beyspiel der Duldung von unsern Marburger Honoratioren anführen: Verschiedene Ehepaare, wovon ein Theil lutherisch, der andre reformirt ist, haben nach eingehohlter Erlaubniß von ihren Geistlichen angefangen zusammen zu communiciren, so, daß das eine mahl die Frau mit dem Mann in seiner, und das folgende mahl der Mann mit der Frau in ihrer Kirche zum Abendmahl geht. Möchte das doch allenthalben, wo beyde protestantische Kirchen vermischt sind, eingeführt werden!“
Ein Schreiber „X.“ lobt noch 1800 im „Westphälischen Anzeiger“ diese „Religionsvereinigung“.
So weit, so gut; aber das Problem war anscheinend noch nicht aus der Welt.
In dem Jahresrückblick auf das Jahr 1790 bezieht sich das „Journal für Prediger“, Bd. 23, H. 4, S. 470 in 1791 auf diesen knappen Hinweis des Jahres 1789 und schreibt:
„Viel lermen um nichts! So gings schon oft in der / Welt. So geht’s noch immer. So geht’s auch leider / oft rühmlich sein sollenden Geschichten von Toleranz, und / dadurch wird offenbar der guten Sache viel geschadet. / Dahin gehört auch die Nachricht im 3ten St. Des 22sten / B. des Journals von der wechselseitigen Communion der / Reformirten und Lutheraner in Marburg. Hier die wah= / re Geschichte von jenem Vorfall aus einer ganz zuverlässi= / gen Quelle:
Ein Reformirter in Marburg, der eine lutherische / Frau hat, kam auf den Gedanken, mit seiner Frau wech= / selweise in der lutherischen und reformirten Kirche zum / Abendmal zu gehen. Das hiesige Ministerium fragte / darüber bei dem Consistorio an, welches die Sache an den / Landgrafen gelangen ließ. Nun kam auch - der Ver= / fasser der Geschichte des Herrn von Morgenthau - / auf [S. 471:] auf diesen Einfall, und suplicirte darum; es kam an das / Ministerium ein Rescript, das nur die Fälle namentlich / nannte: diese Ehepaare wären beim Abendmahl zugelassen. / Ersterer ist seitdem von Marburg weggezogen; die luthe= / rische Frau des zweiten [die lutherische zweite Frau, Maria Salome gen. Selma geb. St. George] seitdem gestorben und eine refor= / mirte [Elisabeth Coing] an ihre Stelle gekommen. Die Sache scheint schon / also zu Ende zu seyn, und Niemand hat bisher Lust be= / zeigt, nachzufolgen. - Ist das nun Toleranz? Oder / ists nicht vielmehr bloße Ziererei an einem Orte, wo beide / Kirchen sind?“
Der „Verfasser der Geschichte des Herrn von Morgenthau“, Jung-Stilling, sah sich veranlasst, auf diesen Artikel zu reagieren – vor einem größeren Publikum als der Leser des „Journals für Prediger“.
„Marburg den 12ten Oct. 1791.“ schreibt Jung-Stilling an den Herausgeber der Journals von und für Deutschland, Siegmund Freiherrn von Bibra:
„Berichtigung und Beantwortung einer Stelle im Journal für Prediger, / im 4ten Stück des 2;sten Bandes, Seite 170. Halle bey Kümmel, / die Wechsel=Communion in Marburg betreffend. / Daß die Zeitschriften, und über= / haupt die Publicität den Zweck haben, / Aufklärung und Belehrung für alle / Stände zu verbreiten, ist eine völlig / ausgemachte Sache; und eben so ge= / wiß ist es, daß auch dieser Zweck auf / eine höchst wohlthätige Weise erreicht / werde, wenn die Einsendere der Nach= / richten redlich und unpartheyisch die [Sp. 2:] Wahrheit sagen. Aber nun fordre ich / auch jeden edlen deutschen Mann, je= / den Freund Gottes, und der Menschen / auf, über die schrecklichen und unab= / sehbaren schädlichen Folgen nachzuden= / ken, die solche Zeitschriften haben müs= / sen, wenn falsche, hämische oder gar / ehrenrührige Nachrichten eingerückt wer= / den, von denen derjenige, den sie be= / treffen [S. 632, Sp. 2:] 632 XII. Berichtigungen, Antworten und Nachrichten. / treffen, oft gar nicht erfährt, sich / also gar nicht verantworten kann! – / während der Zeit, da er vielleicht im / edelsten Würkungskreis lebt und webt, / schleicht in der Nähe und Ferne jene / Nachricht wie eine Furie in der Nacht / herum, und vergiftet seine Ehre und / guten Namen, an denen doch jedem / rechtschaffenen Manne, vorzüglich wenn / er in einem öffentlichen Amt steht, / nächst seinem Leben alles gelegen ist. / Man antworte mir nicht; der unschul= / dig Leidende könne sich verantworten; / nein! das kann ein Geschäftsmann nicht / immer, er kann bey weiten nicht alle / Zeitschriften lesen, folglich auch nicht / alles erfahren, was im Publico / von ihm gesagt, geschrieben und ge= / läster wird, Ich lese das Journal für / Prediger nicht, und nur durch einen / Freund erfuhr ich etwas von der / Stelle, die diesen Aufsatz veranlaßt. / Freylich ist diese Anzeige nicht so arg, / daß meine Ehre und guter Name dar= / unter leidet, aber doch immer so be= / schaffen, daß sie eine Erinnerung ver= / dient; dem zufolge will ich also die / Geschichte ganz nach der Wahrheit er= / zälen, und sie dann mit der Anzeige / des Prediger=Journals vergleichen. / Ein hiesiger, rechtschaffener Gelehr= / ter, reformirter Religion, heurathete / eine edle brave Person aus der luthe= / rischen Gemeinde; beyde liebten sich / zärtlich, und beyde empfanden etwas / trauriges darinnen, daß sie bey dem / Vereinigungsmahl der Christen, / dessen Zweck es doch ist, das Band / der Liebe immer mehr zu befestigen und / enger zu knüpfen, getrennt seyn muß= / ten, und sie glaubten, es sey schicklich, / und Gott auch wohlgefällig, wenn auch / Ehegatten zusammen communicirten; / sie beschlossen also anzufragen, ob die / wechselseitige Kommunion statt finden / könnte? – Die hiesigen reformirten [Sp. 2:] Geistlichen fanden keinen Anstand, und / der lutherische Prediger hatte ebenfalls / nichts einzuwenden, folglich gieng die / lutherische Frau mit ihrem Manne bey / den Reformirten zum Nachtmahl. Mei= / ne seel. Frau, die auch lutherisch war, / erfuhr das; auch sie hatte es oft mit / Wehmut empfunden, daß sie nicht / mit mir, und ich mit ihr communici= / ren konnte, folglich machte ihr diese / Nachricht viel Freude, und ich muß / gestehen, ich freute mich ebenfalls über / diese Annäherung der frohen Zeit, wo / einmal die verhaßte Scheidewand zwi= / schen den beyden verschwisterten prote= / stantischen Kirchen einstürzen würde. / Ich wendete ich also auch an die lu= / therische Geistlichkeit (denn die refor= / mirte wünschte die Wechselcommunion), / allein ich fand Widerstand; ich machte / also eine Vorstellung ans Fürstliche / Consistorium, und bat um die Erlaub= / niß, daß meine Frau mit mir bey den / Reformirten, und ich mit ihr bey den / Lutherischen communiciren dürfte, zu= / gleich aber erinnerte ich, daß ich wohl / wüßte, daß diese Erlaubnis um der / Ordnung willen, nur allein die ver= / mischten Ehen angehen könne. Das / Consistorium wollte für sich nicht ent= / scheiden, sondern berichtete die Sache / an Serenissimum; darauf erfolgte nun / folgender Extract geheimen Rathspro= / tocolls de dato Weißenstein den 3ten [1789-07-03, s. d.] / Julius 1789, an das hiesige Fürstli= / che Consistorium, welcher von Wort / zu Wort so lautet:
- „Daß es bey vermischten Ehen / „protestantischen Eheleuten gestattet / „seyn solle, das heilige Abendmahl / „nach eigenem Gefallen in der pro= / „testantischen Kirche zu nehmen, wo / „sie wollen.“
Das ist der wahre Hergang der Sa= / che, wobey ich Schwachheiten verschwie= / gen und mit dem Mantel der Liebe be= / deckt [S. 633, Sp. 1:] XII. Berichtigungen, Antworten und Nachrichten. 633 / deckt habe, weil ich durchaus nie= / mand beleidigen will. Aber nun halte / man die Nachricht im Prediger=Jour= / nal dagegen – Sie lautet von Wort / zu Wort folgendergestalt: / „Ein Reformirter in Marburg, der / „eine lutherische Frau hat, kam auf / „den Gedanken, mit seiner Frauen / „wechselweise in der lutherischen und / „reformirten Kirche zum Abendmal / „zu gehen. Das hiesige Ministerium / „fragte darüber bey dem Consistorium / „an, welches die Sache an den Land= / „grafen gelangen ließ. Nun kam auch / „der Verfasser der Geschichte des / „Herrn von Morgenthau – auf die= / „sen Einfall, und suplicirte darum; / „es kam an das Ministerium ein Re= / „script, das nur die Fälle namentlich / „nannte: diese Ehepaare wären beym / „Abendmahl zuzulassen. Ersterer ist / „seitdem von Marburg weggezogen; / „die lutherische Frau des zweyten seit= / „dem gestorben, und eine reformirte / „an die Stelle gekommen. Die Sache / „scheint also schon zu Ende zu seyn, / „und niemand hat bisher Lust bezeigt, / „nachzufolgen. - Ist das nun Tole= / „ranz? – oder ists nicht vielmehr Zie= / „rerey an einem Ort wo beyde Kirchen / „sind?
Was also von dieser Nachricht grund= / falsch ist, fällt in die Augen:
- I) Fragte das lutherische Ministe= / rium nicht an, als der reformirte Ge= / lehrte bey ihm um die Wechselcom= / munion anhielt, sondern seine Frau / communicirte connivendo bey den Re= / formirten.
2) Ich fragte bey dem Consistorio / an, und darauf kam die gnädigste Re= / solution; und
3) sind die Fälle nicht namentlich / genannt; nicht uns beyden Paaren [Sp. 2: ist] die Wechselcommunion ausschließlich / erlaubt worden, sondern alle gemisch= / te Ehepaare können und dürfen in / beyden protestantischen Kirchen com= / municiren wo sie wollen.
Nun wäre es zwar unnöthig weiter / ein Wort hinzuzusetzen: allein man / erlaube mir nur, dem Manne der so / schreiben konnte, ein paar Worte ans / Herz zu legen, und einen Blick auf das / Colorit zu werfen, in welchem die Sa= / che vorgestellt wird.
Angenehm ist mirs, lieber Unbekann= / ter! daß ich Ihren Namen nicht weiß; / ich würde mit bitteren Empfindungen / gegen Sie zu kämpfen haben, wenn / ich ihn wüste, und das ist weit schwe= / rer als Ihre kleine Neckerey zu ertra= / gen. Bleiben Sie also in Ihrem Dun= / kel, damit ich Ihnen mit voller See= / le Liebe erzeigen könne, wo sich Ge= / legenheit dazu darbietet. Aber blicken / Sie einmal tief in Ihre Seele, was da / vorgieng, als Sie schrieben: Nun kam / auch – der Verfasser der Geschichte / des Herrn von Morgenthau – auf / diesen Einfall. – Mir ists zwar sehr / einerley, ob Sie mich so, oder Hein= / rich Stilling oder Professor Jung / genannt haben: war aber Ihr Herz / so, wie es diese Stelle vermuthen läst, / so verzeihe Ihnen Gott! – ich habs / Ihnen längst verziehen. Und die Fra= / ge: Ist das nun Toleranz? oder ists / nicht vielmehr Ziererey u. s. w. was / will die sagen? – Wenn das, was ich / that nicht Toleranz war, so möchte ich / doch wissen, was Sie sich bey dem / Wort denken.
Marburg den 12ten Oct. 1791.
Jung.
„Die neuesten Religionsbegebenheiten mit unpartheyischen Anmerkungen“ bringen in ihrer Nr. 11 des Jahres 1791 eine Zusammenfassung der Ereignisse, wobei der Beitrag „III. Ueber das Königl. Preussische Religions-Edict.“ in dem sich das Thema Wechselkommunion ebenfalls findet.
Man liest dort:
„IV. / Toleranz der Reformirten und Lutheraner / in Marburg. /==
In dem Journal für Prediger ( 2 Band 4 St. S. 170.) war eine Nachricht von der Wechsel=Communion der Reformirten und Lutheraner in Marburg gegeben worden, die nicht ganz richtig war. Der berühmte Herr Professor Jung in Marburg, von welchem auch etwas in der gedachten Nachricht befindlich war, das sich nicht ganz so verhielt, ließ deswegen einen Aufsatz in das Journal von und für Deutschland (1791. 7. St. S. 631) einrücken, worinn er jene Nachricht berichtigte. Wir wollen das Wesentliche und den wahren Hergang der Sache mit seinen eignen Worten erzählen:
‚Ein hiesiger rechtschaffner Gelehrter, reformirter Religion heurathete eine edle brave Person aus der lutherischen Gemeinde, beyde liebten sich zärtlich, und beyde empfanden etwas trauriges darinn, daß sie bey dem Vereinigungsmahl der Christen, dessen Zweck es doch ist, das Band der Liebe immer mehr [S. 677:] mehr zu befestigen und enger zu knüpfen, getrennt seyn mußten, und sie glaubten, es sey schicklich und Gott wohlgefällig, wenn auch Ehegatten zusammen communicirten; sie beschlossen also anzufragen: ob die wechselseitige Communion statt finden könnte? Die hiesigen reformirten Geistlichen fanden keinen Anstand, und der lutherische Prediger hatte ebenfalls nichts einzuwenden; folglich gieng die lutherische Frau mit ihrem Manne bey den Reformirten zum Nachtmahl. Meine seel. Frau, die auch lutherisch war, erfuhr. das; auch sie hatte es oft mit Wehmuht empfunden, daß sie nicht [mit; Me] mir, und ich mit ihr, communiciren konnte; folglich machte ihr diese Nachricht viel Freude, und ich muß gestehen, in ich freute mich ebenfalls über diese Annäherung der frohen Zeit, wo einmal die verhaßte Scheidewand zwischen den beyden verschwisterten protestantischen Kirchen einstürzen würde. Ich wendete mich also auch an die lutherische Geistlichkeit (denn die reformirte wünschte die Wechselcommunion,) allein ich fand Widerstand; ich machte also eine Vorstellung ans Fürstliche Consistorium, und bat um die Erlaubniß, daß meine Frau mit mir bey den Reformirten, und ich mit ihr bey den lutherischen communiciren dürfte; zugleich aber erinnerte ich, daß ich wohl wüßte, daß diese Erlaubniß, um der Ordnung willen, nur allein die vermischten Ehen angehen könne [S. 678:] könne. Das Consistorium wollte für sich nicht entscheiden, sondern berichtete die Sache ad Serenissimum; darauf erfolgte nun folgender Extract geheimen Rathsprotocolls de dato Weissenstein den 3ten Julius 1789. an das hiesige Fürstliche Consistorium, welcher von Wort zu Wort so lautet:
‚Daß es bey vermischten Ehen protestantischen Eheleuten gestattet seyn solle, das heilige Abendmahl nach eignem Gefallen in der protestantischen Kirche zu nehmen, wo sie wollen.‘ ‘ “