Back to Top
 
 
 

Johann Philipp Simon

Das theure Grab auf dem Kirchhofe zu Coblenz.

 

Über Johann Philipp Simon, geb. Koblenz 13.11.1810, nennt Brümmer das, was zuvor Karl Weller (Hrsg.): Dichterstimmer der Gegenwart. Eine Sammlung vom Felde der deutschen Lyrik seit 1850.Leipzig: Heinrich Hübner 1856, S. 593, bereits wußte. Simons „Russisches Leben“ erschien in zwei Auflagen in Frankfurt bei Völker  1855 und 1856 (Brümmer: 2. Aufl. Berlin 1858); Poetische Blumen, Leipzig: Voß 1845; Gedichte, Darmstadt: Lange 1856; nachweisen lassen sich „Ausgewählte Gedichte von Johann Philipp Simon“, Aachen: Kaatzer 1855 mit 26 S.

 

Das theure Grab auf dem Kirchhofe zu Coblenz.

 

Wenn ich schon als Kind, als Knabe,

  Auf den alten Kirchhof ging,

Weilt' ich immer an dem Grabe,

  Wo der Kranz von Epheu hing.

Bei dem Kinde, bei dem Knaben

  Blieb der Tobtengräber steh'n:

„Liegt Dein Vater hier begraben,

Daß ich Dich so oft muß seh'n?"

 

Keinen von den Eltern, keinen

  Birgt ein Hügel ringsumher,

Keinen hab' ich zu beweinen,

  Doch das Grab da zieht mich her." –

Wenn ich Gold und Silber hätte,

  Wäre ich ein reicher Mann,

O, wie schön schmückt' ich die Stätte,

Alles wendet' ich daran!

 

Keine Ehrensäule, seine

  Wappen schmücken dieses Grab,

Nur ein Kreuz aus rohem Steine

   Man dem theuern Hügel gab.

Aber stiller Gottesfrieden

  Leihet Glorie diesem Stein,

Säuselt um des hehren Müden

Hingesäetes Gebein;

 

Denn hier ruht ein treuer Jünger

  Aus der frommen Christenschaar:

Schenkendorf, der Minnesinger,

  Der so hold, so bieder war.

Schenkendorf, du Deutscher Ritter,

  Zeuge Deutscher Herrlichkeit!

Kämpfen halfst du mit der Cither,

Siegen in der Knechtschaft Streit.

 

[S. :398]

 

Als ein Jüngling zog ich ferne,

  Weit bis hin nach Asia,

Und im Geiste sah ich gerne,

  Was als Knabe oft ich sah:

Jenes Grab, das die Gebeine

  Des Verklärten sanft umfing,

Und das Kreuz aus rauhem Steine,

  Wo der Kranz von Epheu hing.

 

Heimgekehret sucht' ich lange

  In der Hügel dichten Reih'n,

Bis ich, nach dem zweiten Gange,

  Fand das Kreuz aus rauhem Stein.

Und nun weil ich immer länger

  An dem stillen Aschenhaus,

Wo der edle Deutsche Sänger

Ruhet nach dem harten Strauß.

 

Traulich lasse ich mich nieder;

  Welche Farben, welch' ein Duft,

Alle Blumen seiner Lieder

  Schmücken diese holde Gruft!

Wer viel Gold und Silber hätte,

  Schöner könnt' der reichste Mann

Nimmer schmücken diese Stätte,

  Wendet' er auch alles d’ran.

 

Trüglich sind die Ehrenmähler

  Mit des Ruhmes Strahlenkranz,

Sie verschweigen alle Fehler,

  Prunken nur mit Tugendglanz.

Wenn die Prahlsucht in Ruinen,

  In den Staub das Erz zerfällt,

Wird dein Hügel ewig grünen,

Schenkendorf, du Sängerheld!