„War Max von Schenkendorf katholisch?“
Die Jahre 1912 und 1913 gelten als Vorfeld des Ersten Weltkriegs, in denen auf dem Balkan Krieg herrschte. Am 1. November 1913 zum griechisch-osmanischen Friedensabschluss in Athen. Die Spannung der Zeit spiegelt sich in den Inhalten der Zeitungen. Am 16, November 1913 publiziert ein G. Fuchs aus Leipzig für die Bewohner des Siegerlands den Artikel: „Die deutsche Reformation und die deutschen Freiheitskriege.“ und schreibt darin: „Ein Katholik, Max von Schenkendorf, erinnert die Nation an eine gemeinsame Sündenschuld“. – Ein Katholik!
Joseph von Eichendorf publizierte 1847 den Aufsatz „Die geistliche Poesie Deutschlands“, worin er schreibt:“ Soll denn auch unsere Frömmigkeit bei dem Protestantismus betteln gehen? Wir lassen ihren religiösen Dichtungen, wenn sie es verdienen, gern und unumwunden volle Gerechtigkeit wiederfahren, ja, wir würden keinen Anstand nehmen, einige der besten Kirchenlieder von Dach, Gerhard, Novalis oder Schenkendorf freudig als die unseren anzuerkennen.“ – Ein Protestant!
Schon 1873 schrieb Franz Hipler (1836-1898) klarstellend: Max von Schenkendorf „blieb, obgleich er [S. 259:] nicht konvertirte, bis an sein Ende ein Gegner Luther’s, der ihm die Einheit der deutschen Nation in Staat und Kirche gebrochen hatte, während ihm das Papstthum und dessen damaliger Träger, der greise Dulder Pius VII [.], ‚der Hirte der einen Kirche‘, stets ein Gegenstand der höchsten Verehrung war. – Uniert?
Texthinweise:
1810-03-07: Es erscheint Max von Schenkendorfs „Ein Hymnus des Mittelalters“ in der Zeitschrift „Der Spiegel“ vom heutigen Tag.
Die Einleitung lautet:
„Viele herzerhebende Gesänge sind aus jener Zeit des lebendigen Glaubens uns noch übrig. Manche sind verloren gegangen in dem alles verschlingenden Strome der Zeit, aber welche uns noch übrig geblieben, z. B. Dies irae, dies illa - wer kennt ihn nicht aus Mozarts ewig unvergänglichen Requiem? Stabat mater dolorosa mit Pergolesis himmlischer Musik und andere, bieten dem Verehrer ächt christlicher Poesie heilige Erhebung. Einer dieser Gesänge, dessen eingentlicher Verfasser Accursius seyn soll, steht in einer Sammlung: Hymni sacri in ecclesiae calamitatibus, 4to. Brixiaq 1593. Ich theile ihn hier nebst einer möglichst treuen, der Versart des Originals sich genau anschmiegenden Uebersetzung mit, Stil und Versart des Originals sprechen deutlich das 16te Jahrhundert aus.“
1814
An die h. Jungfrau. […]
in:
Christliche Gedichte. - Frommen Jungfraun und Mägdlein zur Weihnachtsgabe - 1814.
1815
Allerheiligenfest.
An Karoline Stilling, 1815.
[…]
O der übergroßen Freud',
Welche nicht ist auszusagen,
O der Zier und Herrlichkeit,
Welche Gottes Heil'ge tragen!
Aller Heil'gen Tag,
Welchen Gott gegeben,
Daß er laben mag
Uns im längsten Leben!
Himmelan die Augen klar,
Himmelan das Herz gehoben,
Daß wir mit der Heil'gen Schaar
Unsern Hirt und Meister loben!
Schwester, gib die Hand,
Denn auf gleichen Wegen
Ziehn wir einem Land,
Einem Heil entgegen!
Friedrich Förster, dem Max von Schenkendorf als „frommer Ritter“ erschien (V, 34). war zugleich „der Waffensänger der deutschen Erhebung“ (Josef Nadler). Wilhelm Kosch ist er der begeisternde, Katholiken und Protestanten versöhnende ostpreußische Edelmann“ und Emilie Charlotte Elise Polko, die ihn „Friedrich Ferdinand Gottfried Max Schenk von Schenkendorf“ nennt, resümiert: „Bedeutender noch als seine patriotischen Lieder sind seine religiösen Gedichte.“ Eduard Emil Koch schließt sich diesem Urteil in seine „Geschichte des Kirchenlieds und Kirchengesangs“ an.
Walther Hubatsch würdigt den „empfindsamen, an Schiller gereiften Schenkendorf“ durch die Aufnahme in seine „Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens“.
Ähnlich fasst Heionrich Funcke 1918 zusammen: „Unter den Dichtern aus der Zeit der Befreiungskriege hat keiner so begeistert und begeisternd den christlichen Glaube» bekannt, wie Max von Schenkendorf. Fast alle seine Gesänge durchzieht eine religiöse Grundstimmung; sie fordern Reinigung und Verklärung des deutschen Volkstums durch das Christentum und machen die Befreiung des Vaterlandes und die Wiedererringung staatlicher und bürgerlicher Freiheit abhängig von der Wiederkehr zum frommen Glauben und zur frommen Sitte .“
In den 1930er Jahren fragte man dann erneut: „War Schenkendorf katholisch?“ Als Antwort kam: „Max von Schenkendorf evangelisch“!
Im Rheinland veröffentlichte man z. B. die Taufurkunde, was kaum der Forschung bekannt war, um diese „Evangelizität“ nachzuweisen.
Nat. d. 11t December ren. d. 23. Dec:
von Schenkendorf, H. Lieutenant u. Nota den / fol-
Salz Factor George Heinrich / Ferdinand. genden / Sohn
mat: Charlotta Louysa geb. Karriussis dieser / Eltern
fili9
Gottlob Ferdinand Maximilian Gott-
fried.
Carl Lud= / wig
Namens / Johann
Testes: / H. General v. Borck, Tugendreich /
-
- Just:Dir: v. Aweyden, H Ca- der 1785 den /
plan D / Karrius, H. Just:Amtm: 24t. Junius morg
Bolz , Fr Ob:Lieut: v. Frankenb. um 4 Uhr gebohr /
Jfr. Bolzin. und den 10: July
/ getauft worden
/ Siehe P. 606
/ unter den Taufen 1789
Original heute: EKU, Taufregister Tilsit/Ostpr.-Stadt, Jg. 1783, S. 498.
Diese damalige Antwort der Pastöre ist bis heute zutreffend. Die Nähe zur römisch-katholischen Kirche ist sicher auch durch das Umfeld Max von Schenkendorfs bedingt. Noch nach seinem Hinschied ist das nachzuweisen: Die Gattin Elisabeth geb. Barkley (s. o.) sorgte dafür, dass in der Kölner Elendskirche die Exequien für ihren Gatten Max gelesen wurden.
Brieflich erbat sie sich aus Koblenz diese Messe in Köln. Der Empfänger schreibt dazu: „Er [der Brief] enthält vor allem eine Bitte, die uns als Katholiken höchlichst überrascht, aber auch mit großer Hochschätzung und Bewunderung vor einer Frau und Protestantin erfüllen muß.“
Man notiert später: Die Exequien „wurden am 3. Januar 1818 in der Elendskirche veranstaltet“. Diese Amtshandlung verursachte Kosten, aber es wurde die „Forderung von Rth. 24 auf 18. herunter[gehandelt].“
Diese Exequien fanden im Beisein von Eberhard de Groote, Joseph de Groote und deren Vater Erhard Anton Hermann Melchior von Groote u. a. statt. Ein Teilnehmer vermerkt: „Die vielen kleinen Messen sind ein wahrer Unfug.“
So muss auch die erst seit 1908 römisch-katholische Pfarrkirche St. Nikolaus in Rüppurr, heute ein Stadtteil von Karlsruhe in Baden-Württemberg, in ihrer Festschrift „200 Jahre Nikolauskirche Karlsruhe-Rüppurr 1776-1976“. Hrsg. v. d. Kathol. Pfarrgemeinde Christkönig. Karlsruhe-Rüppurr (1976) S. 53-54, den Aufsatz von Karl Baier: „Max von Schenkendorf (1783-1817)“ veröffentlichen.
Grundlegende Untersuchungen fehlen noich.