Jung-Stilling zu den Juden
Mehnert, Gottfried: Jüdische Wissenschaft im Dialog mit evangelischer Theologie. Auseinandersetzung mit Adolf von Harnack; Marburger Rabbinerprüfungen; Marburger Verein zur Abwehr des Antisemitismus. (Münster:) LIT (Verlag Dr. W. Hopf Berlin 2017. ISBN 978-3-643-13670-1.) = Forum Christen und Juden Bd. 16; darin S. 137-164: Juden in Jung-Stillings Leben und literarischem Werk.
Bereits 1802 erschien in Aufsatz mit dem Titel „Jung Stilling und die Zukunft Israels.“ Ausgehend vom Chrysäums-Text Jung-Stillings schreibt ein „Zions=Freund“ abschließend: „So dachte Stilling, ein Mann aus dem 18. Jahrhundert, gestorben im April 1817; ein Mann, welcher vom Schneidertisch Schulmeister, vom Schulmeister Student in Straßburg und hierauf Professor in Marburg wurde; ein Mann, der zur Zeit des Rationalismus in Deutschland und der Revolution in Frankreich lebte; ein Mann, welcher viel in der Bibel forschte, täglich einen Spruch aus dem Hebräischen und einen aus dem Griechischen übersetzte und sich daran erbaute; ein Mann, welcher bis an sein Ende ein wahrer Glaubens- und Gebetsmann genannt werden darf, abgesehen davon, daß manches in seinen Ansichten dem heutigen Geschlechte fremd vorkommt. Immerhin ahnte er etwas von den Vorgängen, von denen wir mehr Erkenntnis besitzen, weil das Licht des Evangeliums heute heller leuchtet, wie zu seiner Lebenszeit. Wie würde er heute fühlen und was würde er sagen, wenn er die zionistischen Bewegungen schauen dürfte!“
Unbekannt war bisher – und nur von Martin Peters genannt – was sich 1783-04-21 ereignete: Jung-Stilling erklärt eine Bescheinigung für falsch! Erst 1789 wird darüber berichtet durch Schlözer, wenn es in einem umfangreichen Artikel zu Jean Adam / Johann Adam Englender / Englander (geb. 19.05.1734) heißt:
„Den 24 Aug. 1781, stellte Engl. [= Englender] dem Juden Koppel Levi in Bruchsal eine Verschreibung auf 46 fl. für schwarzes Tuch aus, die er bis zum 26 Maj 1783 in 3 Terminen jalen wollte. Er zalte nicht. Den 7 Dec. klagte der Jude beim Vicariat: 3mal wurde Engl. zur Zalung angewiesen, ohne daß er nur eine Antwort gab. Endlich den 6 Febr. 1783 producirte er eine hebräische Quittung von dem Sohne des Juden, der zufolge er bereits 41 fl. abbezalt hätte, und nur noch 5 fl. schuldig wäre, welche er gerichtlich deponirte. Den 15ten Febr. erklärten die Juden diese Quittung für falsch; dafür erklärte sie auch Hr. Prof. Jung in Heidelberg, den 21 Apr. (B, S. 114). Der Jude erbot sich zum Eide: wie es den 8 Apr. dazu kommen sollte, stand Engl. ab, und erbot sich, die 40 fl. sowol, als die GerichtsKosten [sic], zu bezalen.
Die SchuldenKlage [sic]war also abgetan: aber damit war Engl. nicht rein; […].“
Näheres ist bisher nicht bekannt geworden.
Ein umfangreicher Text Jung-Stillings aus dem Jahr 1814 ist nebst kleineren Texten unter diesem Link abgedruckt.
Bereits 1782 schreibt Jung-Stilling:
Vielleicht ist der folgende Text eine Reaktion Jung-Stillings auf einen Angriff auf die Juden, der drei Monate zuvor in einer (wohl auch von ihm gelesenen) Zeitschrift erschienen war. In einem mit „Heimersberg in der obern Pfalz den 26. März 1782.“ unterzeichneten Aufsatz liest man nämlich: „Also ist aus bis erwehnten Ursachen (obwohl ich noch viele anzuführen wüste) genugsam erprobet, daß die Juden einem Staate schädlich, und nicht nützlich sind; daher wäre meines Erachtens das Beste, wenn man die Judenschaft nun bis auf ein? und andere zur Erfüllung der Worten Christi, daß sie bis zu Ende der Welt bleiben sollen, succeßive absterben ließe, und daß denenselben das vielfältige Heurathem verbothen, die Handelschaft aufgehoben, und denselben unterdessen, bis sie auf eine geringe Anzahl ausgerottet sind, gnädigst anbefohlen wurde, folgende Handthierungen zu erlernen, als: Glaßmacher, Hammerschmid, Hufschmid, Maurer, Nagelschmidt, Perückenmacher, Petschierstecher, Schlosser, Schreiner, Wagner, und Zimmerleute & denn bey andern Handwerken, als Schneider Schuster und Weber & ist ihnen schon nicht zu trauen.“
Hier findet sich ein weiterer Text aus dem Jahr 1788.
„A letter from the Rev. John Janicke, of Berlin to the Rev. J. S. C. F. Frey. Berlin, May 8, 1814.”
The Jewish Repository, or Monthly Communications Respecting The Jews, and the Proceedings of The London Society. Bd. 2, 1814. London [Hrsg. u. Druck: London, Society for Promoting Christianity amongst the Jews] Sold by Gale, Curtis, and Fenner, Paternoster Row.
Joseph Samuel Christian Frederick Frey (geb. Joseph Levi, 1771–1850), 1809 Gründer der London Society for promoting Christianity amongst the Jews nach Streitigkeiten mit der London Missionary Society.
Carl Gottlieb (Theophil) Ewald Rhenius, geb. 5.11.1790 in Graudenz/Westpreußen (Grudziùdz/Polen), gest. 5.06.1838 in Tinnevelly (Tirunelveli)/Tamil Nadu (Südindien). - Vgl. 1811-07-21 Rhenius an und 1811-08-28 Jung-Stilling an Rhenius. – Siehe hier und hier.
„A letter from the Rev. John Janicke, of Berlin to the Rev. J. S. C. F. Frey. Berlin, May 8, 1814.” [1814-05-08]. – In: The Jewish Repository [Hrsg.: London, Society for Promoting Christianity amongst the Jews], 1814-08, S. 281-285.
Dort heißt es Seite 282:
“During the war, we were very much confined, by reason of the ports being shut; but now has Jesus, our almighty king, sent us help; for which we give him worship, glory, and praise. The beloved youth, whom the privy counsellor Jung, of Carlsruhe, has sent to us by way of Frankfort on the Mayn, is an amiable young man, and has experienced the mercy of our Lord Jesus Christ. He purposes, as his letter will inform you, to study, and afterwards to rise up among his own nation, to tell them that Jesus is the Christ, is the propitiation for our sins, is God, is Emmanuel, is Jehovah, is every thing.
May the Holy Spirit establish and strengthen him in the word of holy truth, and preserve him from temptation here, where unbelief is so prevalent! He, the Gracious One, will do it! May he give you and your much respected wife, his heavenly blessing.”
Vgl. zu diesem Jugendlichen ebd.: derselbe an Frey, ebd. Seite 283:
“I was recommended by the privy counsellor Jung Stilling, of Carlsruhe, with whom, perhaps through his writings, you are acquainted, to the worthy minister Janicke, who was to have baptized me, and to have received me into the Mission - Seminary: but I should act contrary to God’s will and my own, if I devoted myself to a calling to which I feel no inclination. Ah, my dear friend, what a mission awaits me in Germany among my brethren the Jews!”
Man vgl. auch unter Schopenhauer.