„Über Bibellehre und Christenthum für gebildete Layen.“ 8 Marburg: Krieger 1796“
„Ueber Bibellehre und Christenthum. Für gebildete Layen. Leipzig 1796. 120 S. 8.“
„Ueber Bibellehre und Christenthum. – Für Freunde der Wahrheit. – Neue Auflage. – Leipzig, 1815.“
Die Briefedition verweist ohne Kenntnis des Werks S. 189, Anm. 8 nur auf S. 193, Anm. 1 und hält sie für einen Umfang von „ca.136 S.“ Auch kennt der Editor nicht den Verfasser der Ausgabe, wenn er sich allein auf die Briefstelle S. 193 als „altem Offizier“ bezieht.
Autor dürfte Ernst Anton August von Göchhausen sein, den Jung bereits seit seiner Mitarbeit an der Zeitschrift „Eudämonia. Ein Journal für Freunde der Wahrheit und Recht“ kannte.
Ernst Anton August von Göchhausen, geb. Weimar 15.07.1740, gest. Eisenach 23.03.1824; sein Ordensname war „Nahor“, und er war Ritter des Weißen Falkenordens. Seine Pensionierung im Jahr 1809 führte dann durch die Folgen der napoleonischen Kriege zu seiner Verarmung. (Me: Ludwig Adolf Christian von Grolman[n], geb. Gießen 5.12.1741, n. A. 1742, gest. ebd. 25.12.1809; nach Allg. Handbuch der Freimaurerei S. 562 Hrsg. der Eudämonia.)
Seit 1786 war er, wie sein Buch „Enthüllung des Systems der Weltbürger-Republik“ zeigt, Gegner der Illuminaten und 1817 Mitgründer und erster Präsident der „Eisenacher Bibelgesellschaft“
Im Brief vom 1797-02-12 an Johann Caspar Lavater meint Jung über den Herausgeber der "Eudämonia":
„wackere und grose Männer arbeiten daran, sie hat den Zwek, sich dem Strom alles Unheils entgegen zu stämmen“.
Schon vor dem Oktober 1796 hatte Jung von Göchhausen in seine Bemühungen um die Unterstüzung der Familie von Barst (siehe hier) kontaktiert, denn dieser sandte Jungs Brief vom 1796-10-26 an Goethe weiter.
Später zeigt Jung nähere Kenntnis vom Schaffen Göchhausens, wenn er dessen pseudonymes Werk
„Meines Vaters Hauschronika – ein launiger Beytrag zur Lebensweisheit [,] Menschen- und Weltkunde. Mit Belegen, Anecdoten und Characterzügen. – Herausgegeben von Martin Sachs. === Erfurt, 1790. bey Georg Adam Keyser.“
am 1797-11-21 nennt (das von Gerhard Schwinge nicht zur Lektüreliste Jungs hinzugefügt worden ist):
„Ich kenn den Verfasser von Meines Vaters Hauschronik. Er ist ein vortreflicher Mann. Ob ich ihn aber nennen darf, darum muß ich ihn noch fragen; doch es ist ja auch kein Geheimniß mehr, es ist der Herr Geheime Cammerrath Freyherr von Göchhausen zu Eisenach.“
In späteren Briefen aus dem Frühjahr 1807 (und diese Bitte 1808 wiederholend) und vom 1808-07-26 (Briefe S. 407-408) an den Staatsrat Johannes von Müller empfiehlt Jung von Göchhausen. Er fragt geradezu flehend:
„Wissen Ew. Excellenz kein Mittel, keinen Weg, wie man diesen braven Mann mit seiner Frau und Tochter für dem Bettelstab bewahren und gegen den Hungertod schützen kann?“
Das Werk, um das es hier geht, ist
„Ueber Bibellehre und Christenthum. – Für gebildete Layen. - - Leipzig. 1796.“
ist im GV (alt), Bd. 14, S. 439 mehrfach genannt und ebenso bei Kayser Tl. 1, 1750-1832, 1834, S. 254.
Im Januar/Februar 1797 wurde das Werk wegen Kantischer Grundsätze in Wien durch den Reichsfreiherrn Franz Xaver von Schneider auf Negelsfürst verboten.
Franz Xaver (seit 1790; 17.11.1809 und 18.08.1813 in die Baierische Adelsmatrikel eingetragen) von Schneider; seit 1793 geh. Rat in München; vgl.: Sr. kurfürstl. Durchlaucht zu Pfalz Hof- und Staats-Kalender 1787, S. 196. – Zum Verbot siehe z. B.: Allg. Literar. Anzeiger N. CXXV v. 1797-10-19, Sp. 1295. – ALZ Nr. 91, 1797-07-29;
ERSCH gibt in seinem Repertorium die Angaben „Leipzig 1796, 120 S., 8°, 18 gr“ und nennt eine Anzahl von Rezensionen:
ALZ 97, IV, 796-798
NAdB 33, 1, 89-91 von Bry
Neue allgemeine deutsche Bibliothek 1797, 33. Bd., 1. St., S. 89-91; hier wird die Textstelle S. 9 f. mit Jung zitiert. Bry schließt mit dem Zitat von S. 109: „Daher läßt er seinen Gläubigen S. 109. also beten: ‚Herr, rette deine Menschheit aus den Händen der neuen Philosophie! Amen!’“
Oberdt. Litz.-Ztg. 97, II, 1026-1027
„Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung.“ Nr. CXLII, Sp. 1025-1027 nennt „S. S.“ das Werk „Gallimathias“.
Stäudlins B. III, S. 714-34
„Göttingische Bibliothek der neuesten theologischen Literatur“ hrsg. v. Johann Friedrich Schleusner und Carl Friedrich Stäudlin. Bd. 3, H. 5, Göttingen: Vandenhoeck- und Ruprecht 1797, S. 714-734, unterz. von „B.“, der sehr kritisch die Schrift untersucht.
Rintelner Annalen 97, Beyl., 8, S. 4-7 von +*
„Erste Beylage zu den Annalen der neuesten Theologischen Litteratur und Kirchengeschichte. – Neunter Jahrgang 1797.“ Rinteln, Leipzig und Frankfurt 1797, S. 4-7. - Hier heißt es S. 5 z. B.: „nimmt fast mit jeder Seite die Schwärmerey und fanatische Intoleranz des Verfs. sichtbar zu.“
Am 1796-10-16 empfiehlt Jung-Stilling dies Werk Carl Friedrich Adolph Steinkopf (Briefe S. 22, 187-189):
„Hier bey Kriegern ist ein vortrefliches Werkchen herausgekommen es heist: Über Bibellesen und Christenthum für gebildete Layen 8 [8°] 8 Bogen. Die christliche Gesellschaft muß es suchen in jedermanns Hände zu bringen, es ist warlich vortreflich.“
Am 1796-12-07 wiederholt er dies in einem Brief an Carl Friedrich von Baden (Briefe S. 22, 192-194):
„Jezt aber lege ich ihn mit Freuden hier bey und füge noch zwo kleine Schriften dazu: die eine über Bibellehre und Christenthum ist ganz vortreflich, ein alter preußischer vornehmer Offizier, der aber nicht genannt seyn will und nun in einem ansehnlichen Civildienst steht, hat sie geschrieben, und ich habe sie zum Druck besorgt.“
Nach dem 1797-04-29 erhält Jung-Stilling in Marburg den unter diesem Datum geschriebenen Brief Lavaters (Briefe S. 23, 199-200, Regest nach VÖMEL: Briefe S. 15-20), i dem es heißt:
„Lieber Bruder Jung!
...
Ich vermisse diese Respektabilität in vielen meiner liebsten und sonst ihrer Absicht und ihrem Geiste nach respektabelsten Schriften. Das macht mich sehr leiden. In der Eudämonia *) zum Beispiel herrscht offenbar nicht der gute Ton, der dies gutgemeinte Werk durchaus, auch bei gutgesinnten Lesern empfehlen könnte. Welch ein treffliches Werk: Bibellehre für gebildete Laien - und welche Kruditäten, fremde, unerklärte Wörter, Unbewiesenheiten! Sollte die christliche Wahrheit nicht so gut klassisch, als gemein und ungefällig gesagt werden können? (Bei diesem Anlaß empfehl’ ich Dir eine prägnante treffliche Predigt von Stapfer über den Charakter Jesu, die auch klassisch zu sein verdiente, und es beinahe ist - so sehr es eine kantianersche Predigt sein kann.)
Die Titelseite ist S. (1), die Schlußseite trägt die Ziffer „120“. Als Widmung sind genannt Bibelsstellen
a) Lk 10, 21-24 und b) 2. Joh, 9.
Lk 10, 21-24: Zu der Stunde freute sich Jesus im Geist und sprach: Ich preise dich, Vater und HERR des Himmels und der Erde, daß du solches verborgen hast den Weisen und Klugen, und hast es offenbart den Unmündigen. Ja, Vater, also war es wohlgefällig vor dir. Es ist mir alles übergeben von meinem Vater. Und niemand weiß, wer der Sohn sei, denn nur der Vater; noch wer der Vater sei, denn nur der Sohn und welchem es der Sohn will offenbaren. Und er wandte sich zu seinen Jüngern und sprach insonderheit: Selig sind die Augen, die da sehen, was ihr sehet. Denn ich sage euch: Viele Propheten und Könige wollten sehen, was ihr sehet, und haben's nicht gesehen, und hören, was ihr höret, und haben's nicht gehört.
2. Joh, 9: Wer übertritt und bleibt nicht in der Lehre Christi, der hat keinen Gott; wer in der Lehre Christi bleibt, der hat beide, den Vater und den Sohn
(Am Schluß des Buchs zitiert.)
Jung wird durch die folgende Textstelle als Autor ausgeschlossen, wenn es heißt:
S. 9:
Wer jetzt Wasser des Lebens haben will, muß selbst zur Quelle gehen, sich nichts irre machen lassen, auf keinen Graben umher, auf keine verzierte Einfassung, achten, und in heiligen stillen Nächten, wie mein Freund / Jung,
S. 10:
Jung, von der göttlichen Weisheit selbst geleitet, harren ob er das Rauschen der göttlichen Quelle vernehme. So bald er Gottes Geist wehen hört, ists Augenblick für ihn, zu schöpfen. […] Im Heimlande wird er ausgetheilt werden.
Am Schluss des Buchs steht als Paragraph 84 die „Skizze des Bildes eines Christen.“ (S. 112-119; engerer Zeilendurchschuß ab S. 115), der „Zugabe und Schluß.“ folgt.
Das Jahr 1815 brachte eine neue Ausgabe (, vorh. in der Bibl. Nat. et Univ. in Strasbourg (Sign. E.157.137; 3.6701.00938.6500) mit dem Titel:
„Ueber Bibellehre und Christenthum. – Für Freunde der Wahrheit. – Neue Auflage. – Leipzig, 1815.“
Wiederum sind es 120 Seiten, und „Zugabe und Schluß.“ stellen nun die Seiten 119-120, und die „Skizze des Bildes eines Christen.“ die S. 110-118.
S. 13-16: „Glaube“, § 1-9; S. 17-31 „Wunder, und ihre Glaubwür= / digkeit &.“, § 10-28; S. 31-55 „Gott. Offenbarung.“, § 29-44; S. 56-59 „Zeitrechnung.“, § 45-46; S. 60-74 „Ursprung des Bösen. / Wiederherstellung.“, § 47-58; S. 74-75 „Unverdiente Rechtfertigung durch / Jesu Verdienst.“, § 59; S. 76-95 „Tugend. Moral.“, § 60-73; S. 96-103 „Zufall, individuelle göttliche / Vorsehung.“, § 74-79; S. 103-109 „Gebet.“, § 80-83 S. 110-118 „Skizze / des Bildes eines Christen.“, § 84; S. 119-120 „Zugabe und Schluß.“
Die „Heidelbergischen Jahrbücher der Literatur“ geben in ihrem Literaturbericht April-Juni 1817, S. 37 an: Marburg bei Krieger an, und auch der angebundene Prospekt des Verlags an das Buch:
Johann Wilhelm Bickell: Ueber die Verpflichtung der evangelischen Geistlichen auf die symbolischen Schriften. 2., sehr verm. Aufl. Kassel: Krieger’s Verlagshandlung 1840
nennt
„Bibellehrer und Christenthum, über, für Freunde der Wahrheit. Neue Aufl. herausgegeben von H. Jung. 8. 1815. 8 Gr.“
Auch findet man die Angabe: Berlin u. Halle: Waisenhaus 1815.
Im „Grauen Mann“ H. 8, 1800, S. 122, liest man:
„Im verwichenen Jahr kam ein Tractätchen heraus, das den Titul hat: ächt christliche Kritik philosophischer Sophisterey mit Mantel und Kragen auf Katheder und Kanzel, welches viele wichtige, und aller Achtungswürdige Wahrheiten enthält, und daher gelesen zu werden verdient.“
Jung sagt nichts zu der vorausgehenden Schrift und gibt sich damit sehr bedeckt, was das Werk Göchhausens angeht. Hier handelt es sich um die Schrift:
- „Aecht Christliche Kritik philosophischer Sophisterey mit Mantel und Kragen, auf Katheder und Kanzel, von den, den Christen sich aufbringenden Aufklärern unsers Zeitalters, zum Verderben aller folgenden christlichen Generationen: Oder, Seitenstück zu der kleinen Schrift: Uiber Bibellehre und Christenthum, Leipzig 1796. – Für gebildete Layen von einem Layen im völligen Sinn des Worts. – 1799.“
Titelblatt = S. (1) bis Textseite 61.
Verfasser ist Johann Gottfried Schoener nach: Catalogue de la bibliothèque cantonale vaudoise. Lausanne: J. S. Blanchard Ainé 1853, Sp. 258, unter Nr. 1448.
Zur identifizierung des Autor verhilft nun folgendes:
S. 109 f. im Paragraphen 83 (S. 108-109) findet sich hier (in der Ausgabe von 1815 auf S. 107) der Text:
„Daß Gott Kindergebet wörtlich erhöre, Christen im ächten Sinne, habt ihr davon nicht tausendfältige Erfahrung? Mir ist ein Kind bekannt, das einen unheilbaren Schaden am Halse bekam. Zu erweichen war er nicht; aufzuschneiden hiese, wegen des Fleckes, wo er saß, das Kind unter der Operation verbluten und sterben lassen wollen. Die geschiktesten Chirurgen bekannten ehrlich, ihre Hülffe vermöge hier nichts. Die Aeltern und das Kind waren – Kindsseelen, und Beter. Wende dich, sagten die erstern zu diesem, zum Heilande. Das Kind gieng in den Garten, warf sich auf die Kniee, betete einfältig: Lieber Herr, heile mich von dem Schaden! und Er half auf der Stelle! Das nicht zu erweichende Geschwür brach auf, und das Kind ward, ohne menschliche Hülffe, gerettet.“
Genau diese Stelle findet sich in:
„Sammlung wahrer und erwecklicher Geschichten aus dem Reiche Christi, und für dasselbe von Johann Arnold Kanne, Professor in Nürnberg. - - Nürnberg, 1815. Bei Monath und Kußler.“ S. 85.
Dies erneut:
„Sammlung wahrer und erwecklicher Geschichten aus dem Reiche Christi, und für dasselbe von Johann Arnold Kanne, weiland Prof. der orient. Literatur zu Erlangen. – Erster Theil. Zweite Auflage. = Nürnberg, 1836. Bei August Recknagel.“, S. 84-85, Nr. 52: „Erhörtes Kindergebet.“
Hier allerdings ist dieser kurze Text unterzeichnet mit dem Quellenhinweis
„(Von Göschhausens [sic] Bibellehre und Christenthum.)“
Die vorstehenden Ausführungen dürften erwiesen haben, dass der Autor Göchhausen und Jung der Herausgeber dieser Schrift ist.
Zu Göchhausen siehe z. B.
- Neuer Nekrolog der Deutschen, Jg. 2, 1826, 1824, H. 2, S. 613-617.
- Heinrich Döring S. 41 f. in Ersch/Gruber: Allg. Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, 1. Sektion A-G, hrsg. v. Hermann Brockhaus, Teil 72, Leipzig: Brockhaus 1861.