Jung-Stillings Promotionsschrift von 1772
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Jung-Stillings Promotionsschrift ist bisher nicht nachgedruckt worden. Vielleicht liegt es an der lateinischen Sprache, die heute kaum noch jemand so beherrscht, dass er lange Texte dieser Art zu lesen vermöchte. (Auch ich wäre für eine genaue Übersetzung dankbar.) Ein weiterer Grund mag darin liegen, dass ein Teil von ihr durch Jung-Stilling selbst übertragen worden ist. Er schreibt in seinem Streit mit Becher folgendes (Hervorhebung von mir):
 
"Nun beurteilt der Verfasser weiter meine Beschreibungen des Siegenschen Eisen= und StalGewerbes [von 1777]. Es ist dies eine getreue Copie meiner ehemaligen Dissertation, worüber ich in Strasburg öffentlich disputirt habe; und welche den Beifall der gelertesten Chymisten gefunden hat."
 
Vielleicht findet sich ja jemand, der aufgrund dieser Texte eine Übersetzung anfertigt/anfertigen kann. Gern will ich sie in unsere "Chronik" aufnehmen! (Dies ist seit 2008 in Arbeit.) - Eine vorläufige Version findet sich hier.
 
Der Text der Promotionsschrift wird hier seitengenau mit allen Kustoden, Bogensignaturen usw. wiedergegeben. In kleinerer Type sind eingerückt erläuternde Hinweise gegeben und Literatur wird nachgewiesen. In eckigen Klammern […] finden sich im Text erläuternde Hinweise durch mich.
 
Man vergleiche auch den Text über das Erlernen der fremden Sprachen – besonders der lateinischen Sprache – und siehe zu dazu nun auch den Aufsatz von Gerhard Schwinge über Jung-Stillings Kenntnis der (klassischen) Sprachen in:
 
Reinhard Düchting: Sibi et amicis. Erinnerungen Kleine Studien Schriftenverzeichnis. Mit einem Brief von Georg Ellinger an Fritz Homeyer und Beiträgen von [...]. Hrsg. v. Jolanta Wienlocha. (Heidelberg:) Mattes (1006, ISBN 3-930978-77-6), S. 205-210 (m. 1 Abb. S. 209).
 
Allerdings: Der behandelte Text stammt nicht von Jung-Stilling!
 
 
Mit "Mars" ist nicht der Kriegsgott, sondern das Eisen gemeint, wie es noch vorkommt bei Rezepten (mars solubilis = Eisenweinstein); erst mit der Einführung des Periodischen Systems der Elemente (PSE) durch Julius Lothar Meyer (1830-1895) und Dmitri Iwanowitsch Mendelejew (1834-1907) nach 1869 wurden diese alten Bezeichnungen abgelöst.
In dem Werk
 
Herrn Peter Joseph Macquers Doctors der Arzneygelahrtheit von der Pariser Facultät, Mitglieds der königl. Französischen Akademie der Wissenschaften und der königl. Gesellschaft der Arzneygelahrtheit, Professors der Chymie & Chymisches Wörterbuch oder Allgemeine Begriffe der Chymie nach alphabetischer Ordnung. Aus dem Französischen nach der zweyten Ausgabe übersetzt und mit Anmerkungen und Zusätzen vermehrt von D. Johann Gottfried Leonhardi. - Erster Theil. Von A bis Erh. – Leipzig, bey M. G. Weismanns Erben und Reich, 1781.
 
findet sich S. 630 ff. der Artikel: "Eisen. Ferrum. Mars. Fer. Mars."; ebd. in "Dritter Theil. Von H bis Ph." ebd. 1781, S. 444 f. der Artikel: "Mars. Mars. Mars. Der Name eines Planeten, welchen die Chymisten dem Eisen beygelegt haben [S. 445:] und welcher noch in der Chymie und in der Arzneykunst gebräuchlich ist. S. Eisen."; in "Sechster und letzter Theil. enthaltend [sic] die nöthigen Register." ebd. 1783 findet sich S. 215 das Stichwort Mars verzeichnet mit den beiden Verweisen. [Dieses Werk ist in seiner französischen Ausgabe digitalisiert in der Universitätsbibliothek Göttingen unter Wissenschaftsgeschichte vorhanden (http://gdz.sub.uni-goettingen.de/de/index.html). Hier finden sich auch die genannten Artikel.]
 
In dem Werk
 
"Neues chemisches Wörterbuch oder Handlexicon und allgemeine Uebersicht der in neuern Zeiten entworfenen französisch=lateinisch=italiänisch=deutschen chemischen Nomenklatur nach Bergmann, Berthollet, Brugnatelli, de Fourcroy, Girtanner, Hermbstädt, Jacquin, Lavoisier, Leonhardi, de Morveau, Weigel, Scherer u. v. a. m. nebst Beyfügung der alten Nomenklatur und einem vierfachen Register von Johann Christian Wilhelm Remler. – Erfurt 1793 bey Georg Adam Keyser."
 
findet sich S. 106 innerhalb des Stichwortes Muriate: Muriato di ferro. (Sale di ferro o di marte; sale marziale.) Kochsalzgesäuertes, meersalzsaures, salzsaueres Eisen." und S. 232 f. unter "Tartrite" der Hinweis auf Eisenweinstein; dann deutlicher noch S. 238: "Fer. (Mars.) Ferrum. (Mars.) Ferro. (Marte.) Das Eisen.”
 
In dem Werk von
 
Johann Georg Ludolph Blumhof: Versuch einer Encyklopädie der Eisenhüttenkunde und der davon abhängenden Künste und Handwerke, oder alphabetische Erklärung der bey der Schmelzung, Verfeinerung und Bearbeitung des Eisens vorkommenden Arbeiten, Begriffe und Kunstwörter. Aus den vorzüglichsten Schriften und eignen Erfahrungen zusammengestellt und herausgegeben. Dritter Band. I – R. Tab. XXXIII. – XXXVIII. Gießen, bey Georg Friedrich Heyer. 1819
 
findet sich S. 298 das Stichwort "Martial, ist der Stempel oder das Fabrikzeichen eines feinen englischen Gussstahls von Sheffield, es soll eigentlich Marschall heißen, s. Gussstahl."
 
  

Den Text finden Sie unter diesem URL:  

 
 
Eine Rezension der Promotionsschrift (weitere sind bekannt):
 
In der Zugabe zu den Göttingischen Anzeigen von Gelehrten Sachen ... auf das Jahr 1773“ im Stück 8 vom 27. Februar 1773 wird Jung-Stillings Promotionsschrift neben anderen rezensiert. Hier schreibt man:
 
* * *                   LVII
Zugabe
zu den
Göttingischen Gelehrten Anzeigen.
-
8tes Stück.
Den 27. Februar. 1773.
-
 
S. 60:
 
LX          Zugabe zu den Gött. Anzeigen
Straßburg.
Den 3. Sept. 1772. vertheidigte der Hr. Prof.
J. Fridrich Lobstein, und unter ihm Philipp Jacob
Boyckert, eine wichtige Probschrift de nervis durae ma=
teris. …
8. Stück, den 27. Febr. 1773.     LXI
noch zur oben genannten Diss.
LXII          Zugabe zu den Gött. Anzeigen
Den 2. Sept. 1772. disputirte Lorenz Rouly de
singulari renis calculo. …
Den 24. Sept. erscheint Philip Henrich Gerhard
Petersen mit seiner Probschrift, in welcher casus ischu-
riae, ex materia podagrica ad vesicam delata be=
schrieben wird. …
J. Nusche disputirte den 16. Julius de frakturis
quae in variis ossis femoris partibus obtinent. Das
Wesentliche sind zahlreiche von den Straßburgischen
Aerzten gemachte Wahruehmungen. [sic; Wahrnehmungen] …
 
8. Stück. den 27. Februar 1773. LXIII
Casapar Maria Devans beschrieb den 20. Junius
einen fungum cancrosum ex verruca ortum, den
man durch das Abnehmen heben musste. …
J. Heinrich Jung vertheidigte den 24. Merz
eine wichtige Probschrift de historia Martis Nasso-
vici Siegenensis, die 52 S. ausmacht. Zuerst die
Erze. Alle Eisenerze im Siegenschen sind kalchartig,
das eine ist ein Blutstein, mit einem kalchichten Grund=
wesen, das andere ist ein weißes Stahlerz. Das
Rösten geschicht schichtweise, eine Schicht Kohlen
und eine Schicht Eisenerz, wechselweise aufein=
ander: das Rösten dient nicht etwas flüchtiges weg=
zurauchen, sondern nur die Erze zum Schmelzen zuzu=
bereiten. Zum Schmelzen gehört das Kohlengestübe,
welches das brennbare Wesen hergiebt. Die härtesten
Kohlen sind die besten. Die Beschreibung des
Schmelzofens: wiederum macht man Schichten von
Eisenerz und Kohlen. Die erste Schichte schmilzt zu=
erst, und dann die andern. Die Gosse von Eisen ist
prismatisch, die von Stahl ist flach: beyde sind noch
     roh
 
LXIV     Zug. z. d. Gött. A. 8. St. d. 27. Febr. 1773.
roh, und zum Teil glasartig, zumahl in dem weis=
sen Eisenerze. Die völlige Gare erhalten beyde durch
den Hammer. Man glüht das Metall: was fremd
ist, schmilzt, geräth in Fluß, und verliert sich, und
das zähere Eisen bleibt. Das Gebläse mus sehr stark
gehen, die Schlacken zu verblasen, und durch wieder=
holtes Glühen und Hämmern wird das Eisen schmei=
dig. Mit dem Stahl verfährt man ungefähr auf eben
die Weise. Das weiße Stahlerz hält Hr. J. für na=
türlichen Stahl. Aus dem sonst vortreflichen Siegen=
schen Eisen kan man durchs Cementiren keinen Stahl
machen, und der durch Kunst gemachte Stahl kömmt
dem natürlichen niemahl gleich.