Bechers "Schreiben eines Siegerländers" von 1780

 
 
 
 
 
Grundlegend dazu auf der Basis eines von mir entdeckten Aktenfaszikels:
Karl Heinrich Stamm: „Ein Patriot darf zuweilen Klage füren.“ (Johann Heinrich Jung). Zur Kontroverse zwischen Jung-Stilling und Johann Philipp Becher um die Darstellung des Siegerländer Eisengewerbes. – In: Siegerland. Blätter des Siegerländer Heimat- und Geschichtsvereins e. V. Bd. 80, H. 2, 2003, S. 97-106 (m. 1 Abb. des Geburtshauses.) [Erschienen am 5. Dezember 2003.]
Weitere Informationen zu Becher bietet der Katalog der Ausstellung in der Universitätsbibliothek Siegen:
Johann Philipp Becher – Ein Lebensbild. Sein anonymes Schreiben an Professor Johann Heinrich Jung (-Stilling) löste vor 225 Jahren einen Gelehrtenstreit aus. Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Jung-Stilling-Gesellschaft e. V. vom 15. November bis zum 27. November 2004. Siegen: Univ. Siegen 2004. ISBN 3-9809821-0-6 = Veröffentlichungen der Universitätsbibliothek Siegen Bd. 6.
 
 
Die Ursache zu dieser anonym erschienenen Schrift Bechers findet sich in seiner Stellungnahme zu Jung-Stillings Schriften. Die wichtigsten Informationen dazu finden sich hier. – Zu den Beiträgen in Schlözers Briefwechsel siehe man hier.
 
Der Text Bechers wird hier wiedergegeben mit allen Kustoden, Bogensignaturen usw. In eckigen Klammern […] finden sich Hinweise und Erläuterungen. Die Auszeichnungen des Textes werden nicht wiedergegeben.
 
Die Textkorrekturen dieses schlecht redigierten Werks erfolgen nach den "Dillenburgischen Intelligenz=Nachrichten" Nr. 4 vom 22. Januar 1780. Damit ist zugleich nachgewiesen, dass dieses Werk bereits zum Jahreswechsel 1779/1780 vorlag.
 
Der Text der Anzeige lautet:
 
"Gelehrte Anzeigen. / Bey Johann Christian Krieger, in Giesen, ist abgedruckt und in dem lezten Stück der hiesigen Intelligenz=Nachrichten bereits angezeigt worden: Schreiben eines Siegerländers an Herrn Professor Jung / [sic] in Lautern / [sic] zur Berichtigung seiner Geschichte des Nassau=Siegenschen Stahl= und Eisengewerbes. Da der Verfasser, wegen Abwesenheit vom Drukort, die Korrektur dieser Piece nicht selbst besorgen können; so ist nicht allein auf eine gleiche Rechtschreibung nicht die nöthige Aufmerksamkeit verwendet; sondern es sind auch nachfolgende, den Sinn entstellende Drukfehler eingeschlichen, die man hiermit anzeigen, und die Leser, um deren beliebige Verbesserung, ersuchen will.
Seite 7. Zeile 5. anstatt Stolle lies Stolln.
— 7. — 6. — söhtig — söhlig.
Seite 10. die lezte Zeile anstatt aber lies also.
11. Zeile 12. anstatt sey lies seyn.
Seite 12. Zeile 8. genommen lies gewonnen.
— 12. Zeile 18. anstatt reeler lies reeller.
— 13. — 4. — Besezung lies Ersezung.
Seite 15. Zeile 7. anstatt auf vieliährige lies aus vieliährigen.
Seite 17. Zeile 11. anstatt darüberdem lies der überdem.
Seite 17. Zeile 15. anstatt zu vermuthen lies dieses nur zu vermuthen.
Seite 20. Zeile 13. anstatt neue lies arm.
— — — — — welchen lies welcher.
Seite 21. Zeile 5. anstatt mit lies und.
— 23. — 25. — noch — nach.
— 24. die letzte Zeile anstatt Maiser lies Maisen.
Seite 27. Zeile 18. anstatt Siemoisen lies Siamoisen.
Seite 33. Zeile 4. anstatt Schneppenkunter lies Schneppenkauten.
Seite 34. Zeile 13. anstatt Letfeld lies Litfeld.
Der Verfasser."
 
 
Schreiben
eines Siegerländers
an
Herrn Professor Jung,
in Lautern
zur
Berichtigung seiner Geschichte
des Nassau = Siegenschen Stahl = und
Eisengewerbes.
[Vignette]
Quid dignum tanto feret hic promissor hiatu?
Horat.
 
Motto nach Quintus Horatius Flaccus (Horaz): Epistularum Liber Secundus, Epistula III (bekannt als "Ars Poetica").
Nec sic incipies, ut scriptor cyclicus olim:
"Fortunam Priami cantabo et nobile bellum".
Quid dignum tanto feret hic promissor hiatu?
Parturient montes, nascetur ridiculus mus.
Quanto rectius hic, qui nil molitur inepte:               140
"Dic mihi, Musa, uirum, captae post tempora Troiae
qui mores hominum multorum uidit et urbes".
 
Vgl. zum lateinischen Text des Horaz z. B. unter:
http://home.swipnet.se/~w-41909/arspoet.htm
http://www.uah.edu/student_life/organizations/SAL/claslattexts/horace/epistulae203.html
http://www.uah.edu/student_life/organizations/SAL/claslattexts/horace/arspoetica.html
An Übersetzungen in die deutsche Sprache werden z. B. angeboten unter
http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/germ4/dichtk/horadi1.htm.
 
"Von Priams Schicksal und dem weitberühmten Krieg
begeb ich mich zu singen" - Großgesprochen!
Was kann der Mann uns sagen, das, den Mund
dazu so weit zu öffnen, würdig wäre?
Es kreißte, wie die Fabel sagt, ein Berg,
und er gebar, zu großer Lustbarkeit
der Nachbarschaft, ein kleines kleines Mäuschen.
Um wieviel besser Er, der niemals was
unschicklichs vorgebracht: Erzähle mir,
http://www.lateinforum.de/thesauru/WdAntike/P/parturie.htm erläutert: Horaz, in der Ars poetica (Episteln II, 3, 139) von einem Dichter, der Großartiges verspricht und wenig hält.
 
--
Gießen bey Johann Christian Krieger,
1780.
Seite 3; nach Vignette
Siegen im December 1779.
Mein Herr Landsmann!
Dank verdiene Sie immer, daß Sie der
Geschichtschreiber ihres Vaterlandes ge=
worden, und Fragmente vom Siegen=
schen Stahl= und Eisenkommerzium geliefert ha=
ben. Ich gestehe es, ich freute mich im vor=
aus sehr, wie ich in der vorläufigen Ankündi=
gung als, daß Sie eine Beschreibung dieses Ge=
werbes in die Bemerkungen der Kurpfälzischen
physikalisch=ökonomischen Gesellschaft vom Jahr
     A 2     1777.
Anmerkung.
Herr Jung nennt sich mit einer gewissen Autors=
Selbstgefälligkeit den ersten Schriftsteller seines
Vaterlands. Wenn dieses so viel heisen soll,
daß noch gar keiner vor ihm gewesen sey; so ist
 
4     ==
1777. und 1778. einrücken lassen wollten, und
konnte kaum erwarten, bis selbige im Druck
erschienen waren. Ich vermuthete nicht anders,
als Sie würden dasselbe, nach seiner Wichtig=
keit, und allen seinen Zweigen treu und zuver=
lässig beschreiben, und dabey über ein und an=
dres ihr bescheidenes Urtheil einfliesen lassen. –
Allein, wider alles Erwarten, habe ich gefun=
den, daß Ihre Abhandlungen Unrichtigkeiten
enthalten, mit falschen auf den Berg= und Hüt=
ten=Betrieb nicht anwendbaren Säzen= und
Folgerungen angefüllt sind, und daß Sie über=
dem nicht selten in ihren Raisonnements die
Grenzen der Bescheidenheit sehr übertretten
haben.Ich wünschte aufrichtig, daß Sie richtig=
gere Beobachtungen, als wie die, die Sie vor
10 und 20 Jahren, ohne die mindeste Sah=
kenntniß, gemacht haben, angestellt, zuverlässigere
Nachrichten eingezogen, und vielleicht nicht
bloßen
dieses, auf das glimpflichste davon zu reden
falsch. Beziehet es sich aber nur auf das mi=
neralogische Fach; so will man ihm zwar dieses
Verdienst gern gönnen, doch größere Ehre
würde es für ihn gewesen seyn,, wenn er ent=
weder ganz geschwiegen; oder sein erster Ver=
such besser ausgefallen wäre.
 
==     5
bloßen Erzehlungen zu viel getraut, und vor=
nämlich die Lehre, die Sie gleich im Anfang
ihrer Geschichte, zur Erlangung wahrer Wis=
senschaft, geben, bei sich selbst in Anwendung
gebracht; mithin die gemachten und gesammel=
ten Erfahrungen und Nachrichten zuvor wohl
studirt hätten; denn möchten diese Gegenstände
glücklicher von Ihnen bearbeitet worden seyn.
Etwas ganz vollständiges würden Sie gleich=
wohl hierinnen nicht geleistet haben; denn dazu
fehlten Ihnen hinlängliche Einsichten in die
Bergwerks= und andern damit konnexen Wissen=
schaften – und Ueberblick des Ganzen.
Ich habe an Ger= Hütten= und Hammer=
werken Antheil, und mich in Rücksicht meines
eigenen Interesse, um deren Betrieb, und die
Grundsäze, die demselben zur Richtschnur die=
nen, bekümmern müssen, oft dieselbe daher ge=
prüfet, und nicht selten selbige auch mit andern
vernünftigen Leuten, die in die inländische Ver=
fassung gründliche Einsichten hatten, erwogen;
aber das Resultat ist jederzeit geblieben, daß
wenn unser Kommerz von Dauer seyn, und
dasselbe in der Folge bey seinem Flor erhalten
werden sollte, just die Grundsäze, die Sie tadlen,
beibehalten werden müssten. Ich versicher Sie,
Ihre Vorschläge sind nicht neu. Nein? Sie
sind öfters so wohl abstrakt als konkret erwo=
     A 3     gen
 
6     ==
gen; allein, ohne vorabsichtlichen Ruin, un=
seres blühenden Kommerziums nicht praktika=
bel gefunden worden.
Ich glaube verpflichtet zu seyn, damit das
Publikum durch falsche Schilderungen nicht
getäuscht werde, unrichtige höchst nachtheilige
Ideen von meinem Vaterland bekommen, und
uns vor kurzsichtig, ohne bewährte Grundsäze,
Plan und Ordnung in unserm Gewerbe hand=
lend ansehen möge, ihre Grundsäze und Vor=
würfe zu prüfen, und Sie zur Beurtheilung
unbefangener Sachverständiger darzustellen.
Ferne sey es von mir, und glauben Sie’s nicht,
daß ich mir etwan, in Ermangelung eigenen
Stofs, dadurch, daß ich an Ihren Abhand=
lungen tadle ein Säulchen errichten wolle.
Nein! gewiß nicht. Daß dieses mein Absehn
nicht sey, erhellte ohne alles Anführen daraus,
daß ich mich nicht nenne.
Also zur Sache selbst.
Zuerst liefern Sie eine Beschreibung des
Müsener=Stahlbergs, und nennen Sie voll=
ständig. Sie ist aber nichts weniger, wie
dieses; sondern äuserst mager, höchst unvoll=
ständig, und gewiß für keinen Mineralogen
befriedigend. Welche Mannigfaltigkeiten boten
sich Ihnen dabei an? – Wie hätten Sie
die Martinshard mineralogisiren, dadurch das
     minera=
 
==     7
mineralogische Publikum unterhalten, unter=
richten, und Natur=Geschichte bereicheren
können? so erzählen Sie nur die Mächtigkeit
des Stahlsteins, Teufe der Schächte, Anzahl
der Arbeiter, und daß der tiefe Stolle [korrigiert zu "Stolln"; Stollen] wasser=
paß oder söhtig [korrigiert zu "söhlig"] getrieben, und wenn darinnen
die Berglampe nicht brennen wollte, ein
Schacht abgesunken werde u. s. w. Die Gang=
und Berg=Arten, und deren Bestandtheilen,
mithin; ob dieselbe einfach; oder zusammenge=
sezt, benebstden in diesem Gebürge, streichenden
Schwabenkuhler und St. Friederichs Gängen
mit ihren Mineralien, und Verhalten im
Streichen und Fallen, hätten Sie vor jenen;
oder doch wenigstens mit jenen minderwichtigen
Sachen beschreiben sollen. Wie hätten Sie
den Mineralogen überrrascht! wenn Sie ihm
erzehlt, daß im hangenden und liegenden des
Stahlbergs besondere Gänge sich befunden,
worauf ein höflicher Bau auf Fahlerz geführt
würde; deren ersterer sich wie der Stahlberger=
Gang gegen Morgen, letzterer aber gegen
Abend sich verfläche. Den Stahlstein hat der
Herr geheime Kammer=Rath Kartheuser be=
 
Friedrich August Cartheuser: Mineralogische Abhandlungen von Friedrich August Cartheuser, Hochfürstl. Hessischen Bergrath und Professor zu Gießen. Giessen: Krieger Bd. 1, 1771, Bd. 2, 1773.
 
reits untersucht, und in seinen mineralogischen
Abhandlungen präzis beschrieben. Ich führe
dieses nur hier an, damit Sie wenn Sie in
der Folge wider eine Gegend mineralogisch zu
beschreiben wagen sollten, wissen mögen: wor=
auf es ankomme, und was der Mineraloge fo=
     A 4     dere?
 
8     ==
dere? Der Eisenzecher Gang sezt auch viel wei=
tere zu Feld, als wie es Ihnen, dessen Strei=
chen anzugeben, gefällig ist. Es kann dieses
zuverläßig auf 200 Lachter angegeben, und da=
bey nicht gesagt werden, daß sich der Gang ab=
schneide, und sein Streichen nicht weiter gehe.
Wo mögen Sie solche positive Urtheile von
Gängen zu fällen gelehrt worden seyn? Es ist
überaus schwer und nicht ohne hinlängliche, zu
dessen Wiederausrichtung angestellte Versuche
zu sagen; dieser oder jener Gang nimmt hier sein
Ende; oder keilet sich aus. Ich folgere hier=
aus, daß eigentliche Bergwerkswissenschaften
ihr Fach nicht sind, und aus dem Verfolg
wird sich ergeben, daß insbesondere Gruben=
Bau und Berghaushaltungskunst von Ihnen
gar nicht studirt worden sey, und sie nicht die
Kenntniß eines Anfängers darinnen besizen.
Es thut mir leid, daß ich Ihnen dieses sagen
muß. Indessen hoffe ich, daß Sie mir meine
Offenherzgkeit nicht über nehmen, und mir sel=
bige in dem Grad, wie Sie sich derselben ge=
gen uns bedienet, erlauben werden. Es bleibt
mir, und jedem ihrer Landsleute, der in Berg=
werkswissenschaften Einsichten hat, ein Räth=
sel, wie Sie, da Ihnen ihre Schwäche hier=
innen wohl nicht unbekannt seyn kann, sich nicht
entblöden mögen, so entscheidende Urtheile zu
fällen, zu tadlen, ihre Axiomen uns aufzudrin=
gen, und sich überhaupt zu einem unberufenen
     Richter
 
==     9
Richter aufzuwerfen. Sie tadelen, daß der
Betrieb der Hütten und Hämmer auf eine ge=
wisse Zeit beschränkt sey, und wollen dieses
auf das Axiom gründen: Man erwerbe so viel
man kann. In so fern dieses heisen sollte:
Man erweitere die Erwerbungs=Sphäre so
sehr, als es mit der Dauer des Kommerzes,
dessen Quellen so wohl einzeln als im Ganzen,
nach allen Verhältnissen, einem vernünftig ent=
worfenen Plan gemäs bestehen kann, würde
dieser Grundsatz allerdings bey uns zur Ausü=
bung gebracht. Allein sie wollen haben, die
Hütten benebst den Hämmern sollen unbe=
schränkt, ohne Rückblick; ob es die Bergwerke
ertragen, und ob es dem Stahl und Eisen
in Ansehung des Preises nachtheilig seyn könne,
betrieben werden. Die Gründe die Ihnen
unsre Bergbedienten deßwegen entgegenstel=
let, beruhigen Sie nicht; sondern sind Ihnen
lächerlich. Sie glauben nicht, daß ein unbe=
schränkter Hütten=Betrieb, den Eingang der
Bergwerke, Verringerung des Eisen= und
Stahl=Preises, und eine Vertheurung und ei=
nen endlichen Mangel der Kohlen zur Folge
haben werde. Ich will dieses näher beleuchten,
und durch weitere Ausführung obiger drey
Gründe zeigen, daß von gegenwärtigen Be=
triebs=Plan unsrer Berg=Hütten und Ham=
merwerke, ohne vorabsichtlichen Ruin unsres
     A 5     Eisen=
 
10     ==
werden möge.
Der Betrieb der Hütten= und Hämmer
hängt lediglich von den Bergwerken ab; Sind [sic]
diese erschöpft; so sinken jene. Es ist daher
einer der ersten Grundsätze einer vernünftigen
Berg=Oekonomie, den Gruben=Bau mit Vor=
sicht zu führen, während der Gewinnung der
entdekten Anbrüche Versuch Oerter zur Ausrich=
tung neuer zu treiben, mithin den Bau so wohl
zu Feld, als in der Teufe fortzuführen, und
überhaupt diejenige Vorrichtungen zu treffen, die
den Bau verlängern, und es möglich machen,
alle entdekte Mineralien, sicher, wirthschaft=
lich und auf die beste Art zu gewinnen.
Diese vernünftige Betriebs=Anstalten,
würden aber nicht zu bewerkstelligen seyn, da=
fern die Hütten so stark wie möglich betrieben
werden sollten. In dem Fall müsste nur für
Steingewinnung gesorgt, die nöthige, die Ver=
längerung des Baus durch Aufsuchung neuer
edlen Fällen bezielende Betriebs=Anstalten
aber ausser Acht gelassen werden, wenigstens
würden dieselbe wenn sie auch angefangen wür=
den, nicht zu vollführen seyn. Die vorräthige
Anbrüche würden nun solchergestalt bald weg=
genommen, oder geraubt, keine frische aber ent=
deckt worden seyn. Was würde aber [korrigiert zu "also"] folgen?
     Die
 
==     11
Die Werke würden liegen bleiben;die zum
Wohl des Landes noch Jahrhunderte blühen
und viele Menschen ernähren könnten. Es ist
sicher, daß durch unwirthschaftlichen Betrieb;
oder einen Raub, Bau=Gruben in wenigen
Jahren zum Erligen gebracht worden sind,
die gegenseitig eine nicht zu bestimmende Zeit
im Umtrieb bleiben können. Beispiele sind
hiervon genug vorhanden. Die Anwendung
ihres Grundsazes, den ich bey andern Fa=
briken auf seinen Werth will beruhen lassen, und
der dabey anwendbar seye [korrigiert zu "seyn"], aber auf Berghüt=
ten, und Hammerwerke nicht übergetragen
werden mag, wäre mit dem Niedergang der=
selben vergesellschaftet, und würde diesen zur
unausbleiblichen Folge haben. Einem einmal
ganz gesunkenen Bergbau aber, ist sehr schwer
und nicht ohne große Kosten, wozu selten ge=
werkschaftliche Kassen hinreichen, aufzuhelfen.
Es würde mithin unser blühendes Land, in
Befolgung dieses Grundsazes, in einen armen
und Nahrungslosen Zustand endlich versezet wer=
den. Ich kann nicht bergen, daß ihr Plan et=
was blendendes hat, und er bei dem einem; oder
dem andern meiner Mitgewerken, die das ganze
so nicht übersehn, Beifall finden möge, ins
besonder, da Sie Ihnen die Zukunft so rei=
zend schildern. Erlauben Sie mir daher das
obengesagte durch ein Beispiel anschaulich zu
machen. Sie kennen den Müsener=Stahl=
     berg
 
12     ==
berg, und wissen welche Veranstaltungen, zu
dessen längerer Dauer und Verfolgung dessen
Anbrüche in die Teufe getroffen worden. Glau=
ben Sie, daß alles dieses geschehen können, ja
derselbe noch existirte? wenn die Stahl=Hütten
in älteren Zeiten, so stark man gekönnt betrie=
ben, also der Stahlstein diesem verhältnißmä=
ßig genommen worden wäre. Zuverläßig wür=
de dieses nicht seyn, wenigstens er seinen Flor
nicht so viel Jahrhunderte behauptet haben.
Gesetzt nun! die Gewerken hätten ein halbes
Jahrhundert; oder nicht einmal so lange; denn
es fragt sich, obs so lange möglich gewesen wä=
re, jährlich mehr gewonnen, als bey dem je=
zige Plan die Ausbeute oder der Ueberschuß
in einem solchen Zeit=Raum beträgt; allein da=
bey das Werk niedergetrieben. Wäre dieses
denn reeler [korrigiert zu "reeller"] Vortheil gewesen? Gewiß nicht!
denn so haben sie in ihren Nachkommen bey der
längeren Dauer ungleich mehr, und obiges zu
rechnende Kapital mit samt Interessen doppelt
gewonnen, und das Werk ist bis dahin eine
sichere Einnahme für Sie, für die herrschaftli=
che Kasse und eine beständige Nahrung für die
Unterthanen geblieben. Und noch lange wird
der Müßener=Stahlberg würdig, von einem
Freyherrn von Born, oder Charpentier besucht
S. u.
und beschrieben zu werden, in seinem Flor blei=
ben, wenn er nach den Grundsäzen einer ver=
nünftigen Gruben=Haushaltungskunst gebaut
     werden
 
==     13
werden wird. Sie betrachten es zwar als mög=
lich, daß die Bergwerke nach ihrem Plan er=
schöpft werden mögen, hoffen aber, daß neue
Werke, zur Besezung [korrigiert zu "Ersezung"] der niedergehenden, auf=
gemacht oder entdekt werden können. Ich leug=
ne dieses nicht, es kann solches geschehen; aber
auch eben so gut fehlen; und soviel bleibt im=
mer gewiß, daß, wenn auch einige neue ergie=
bige Gruben entdekt werden, diese nicht alle nach
dem Verhältniß, wie die alten, abgebaut wer=
den, verstehet sich immer nach ihrem Grundsaz,
in Aufnahme gebracht werden können. Und
bey diesen würde diesenfalls entstehen und nie=
dergehen eins seyn. Besuchen Sie Bergwerks=
Reviere; Sie werden, dafern der Bergbau
anders nach den Regeln der Gruben=Baukunst,
das heiset: wirthschaftlich und zur möglichsten
Beförderung des herrschaftlichen und gewerk=
schaftlichen Interesse geführt wird, Ihr Axiom
gewiß nicht angewandt finden. Ich komme nun
zum zweeten Grund, auch der Stahl und Ei=
sen=Preis würde sinken. Wem ist es wohl im
Land unbekannt daß in der müßigen Zeit; oder
wenn wegen Wassermangel nicht stark geschmie=
der, also Stahl und Eisen in der sonstigen
Quantität nicht verfertiget werden kann, der
Karn [sic; Karren] ½ bis 1 Laubthaler aufschlage, hernach
aber, wann die Hämmer wieder im ordentlichen
Gang sind, nicht selten zum vorherigen Preise
wieder sinke. Was würde es also geben, wenn
     diese
 
14     ==
diese Waaren in so großer Menge wie Sie es
verlangen, gemacht würden? Da dieses aus
der Natur der Sache fließet; so braucht man
nur gemeinen Menschen=Verstand, um dieses
einzusehen, und ihren Einsichten, würde ich zu
nahe tretten, wenn ich zweifelte, daß Ihnen
dieses nicht selbsten einleuchten würde. – Ver=
ringerung des Preises von Stahl und Eisen
würde unvermeidlich seyn.     Wahrhaftig eine
schöne Politik! vornehmlich in dem weiteren
Betracht des 3ten und letzten Grundes, daß,
da ungleich mehr Kohlen konsumirt würden;
die Wittgensteiner, Berlenburger und Köll=
nische Köhler damit natürlicher Weise im Prei=
se steigen würden; denn diese würden es Ihrer
Bemerkung nicht entgehen lassen, daß ihre
Nachbarn die Hütten und Hämmer stärker
betrieben, und ihre Kohlen dazu haben müß=
ten; Sie würden damit zurückhalten, und sich
selbige theuer bezahlen lassen. Stahl und Ei=
sen=Preis fiele also, und die Kohlen sammt
den andern Materialien stiegen, und endlich
entstünde gar ein Mangel an Kohlen. Gewiß
ihre Landsleute sind gut durch Sie berathen!
Ueber ihre vorgeschlagene Forstverbesserungen
nur diese kurze Bermerkungen. Unser Forst=
Oekonomie ist in dem besten Stand, und eine
sehr gute Ordnung darinnen, in Ansehung der
jährlichen Gehäuen eingeführt, so daß wir aus
ihrer künftigen Forst=Wissenschft, weder Grund=
     Lehr,
 
==     15
Lehr, noch heische Säze und Korollarien zu
Korollarium: hier: aus einem Satz gefolgerter Satz.
Verbesserung derselben anzuwenden nöthig ha=
ben werden, und dieses verdanken wir demjenigen
Mann unter dessen Direktion das ganze Forst=
wesen dermahlen stehet, der seine Forst=Wis=
senschaft nicht blos in der Stube studirt hat:
sondern wirklich tiefe auf vieljährige [korrigiert zu "vieljährigen"] Erfahrun=
gen, Beobachtungen und mit Klugheit ange=
stellten Versuchen geschöpfte Einsichten in dieser
Wissenschaft besizt. Ihr Vorschlag die Herr=
schaftliche Waldungen in 32 Theile einzutheilen,
jährlich davon einen Theil zu hauen und zu
verkohlen, und Sie im übrigen wie die Hau=
berge zu behandlen, hat wieder völlig das Ge=
präge der Unwissenheit von unserer inländischen
Verfassung. Woher sollte denn das starke
Holz, dazu zu Hütten= und Hammer=Bauun=
gen, dern Bergwerken und andern landwirth=
schaftlichen Gebäuden, erforderlich ist, erhal=
ten werden, dafern sothane Forsten Haubergs=
sotan: derartig, solch, so beschaffen; unter sotanen Umständen
mäßig behandelt würden. Auch hierbey will
ich Ihnen die Frage vorlegen: Gedenken Sie,
wenn Berg= und Hütten=Werke eingegangen
die Herrschaftliche und Gemeinds=Waldungen
noch mit dem nämlichen Vortheil, wie jetzt zu
benuzen, und gleiche Revenüen davon zu ver=
Revenue: Einkommen, Kapitalertrag.
schaffen? Wieder zur Hauptsache. Indessen
würde das Ende, der gänzliche Verfall, des
Siegenschen Berg= Hütten= und Hammerwe=
sens seye [sic; sein]. Sie stellen dieses auch so ganz nicht
     in
 
16     ==
in Abrede, und zu ihrem Ruhm sey es gesagt;
Sie lassen uns denn in unsrer Noth nicht ste=
cken; sondern wissen recht gut der Verlegenheit,
worinnen wir denn in Ansehung unsers Erwer=
bes gesezet werden möchten, abzuhelfen. Sie
haben ns zu der Zeit reich gemacht; die Lan=
des Oekonomie verbessert; es blühen Manu=
facturen, und andere werden noch errichtet,
auch versichern Sie uns, daß uns der gütige
Himmel unsere Unbesonnenheit nicht anrech=
nen; sondern ferner uns Brod beschehren wer=
de, wenn wir die rechte Mitteln gebrauchten.
Ob wir diese bey einem solchen tragischen Aus=
gang angewendet? seye der Beurtheilung des
vernünftigen Publikums überlassen: Ich muß
gestehen, ich bewundere Ihren Plan, als ein
Ideal; das recht vielen Reiz hat, und das in
einem Roman, der einen gewöhnlichen und er=
wünschten Ausgang haben soll, vortreflich pas=
sen würde. Nicht selten geschiehet es darin=
nen, daß der Held der Geschichte, bey allen
verkehrten und zweckwidrigen Anstalten dieselbe,
wider alles Erwarten der Leser, zu seinem Vor=
theil geendiget siehet, er kommt zu seinem Zweck [,]
erlangt Reichthümer, und den Besitz seiner
lang erseufzeten Geliebten, und dieses alles
dadurch, weil es dem Verfasser gefällt, diesen
und keinen andern Ausgang der Geschichte neh=
men zu lassen. Eben so behandlen Sie unser
Gewerbe. Nach dem bemerkten Grundsatz be=
     trie=
 
==     17
trieben, würde jeder vernünftige schließen, daß
sein Untergang unvermeidlich, und es um den
Wohlstand und Erwerb des Siegenschen in
der Folge mislich aussehen werde. Es erfolgt
jener. Wir sind aber reich. Manufakturen
werden errichtet, und unser Land wird ein Ely=
sium; Berg= Hüttten= und Hammerwesen kann
entübriget werden. Dieses wäre eine Geschich=
te die sich gut leßen liese. – Einem Mann, der
eine also betitelte Abhandlung: über das
Handlungs=Genie geschrieben, und darüber
dem [korrigiert zu "überdem"] Gewerbe=Wissenschaft noch recht studie=
ren und in Ordnung bringen will, mag nicht
unbekannt seyn, wenigstens wäre es eine In=
iurie zu vermuthen [korrigiert zu "nur zu vermuthen"], welche Schwierigkeiten
überhaupt mit Errichtung neuer Fabriken und
Manufacturen verbunden sind, wie ungewiß
der glückliche Erfolg solcher Unternehmungen
und wie weit geringer der Vortheil sey, wenn
die dazu nöthige Materialien von Auswär=
tigen müssen angeschaffet, als wenn dieselbe
im Land erzielet werden. Geschiehet es nicht
oft, daß die besten Plane und Anordnungen,
durch unvorhergesehene Zufälle, misslingen?
Können Sie dieses in Abrede stellen? Sie sa=
gen selbst: „Es ist entsezlich schwehr, und
„nur einem alles umfasenen Genie mög=
„lich; solche Lehrsätze anzugeben, die aus
„abgezogenen Begriffen, und allgemeinen
„Säzen herausgefolgert, dennoch in der An=
     B     wendung
 
18     ==
„wendung ihre behörige Wirkung thun. Es
„giebt im gemeinen Wesen vielfältige kleine
„Umständen, die auf vielen Seiten dem Er=
„folg im Wege stehen, und dem entwerfende
„Geist nie ein gefallen waren.“
Diese richtige Bemerkung, mein trauter
Herr Landsmann, müssen Sie wohl damals,
als Sie so entscheidende Urtheile, über unsere
Verfassung fälleten, in ihrer Kraft nicht ge=
dacht und empfunden haben, sonsten möchten
Sie wohl weniger in einem solchen entscheiden=
den, oder geniemäßigen Ton gesprochen haben.
Es seye denn, daß diese direkte einen Bezug
auf Sie haben sollen, und Sie sich selbsten
dadurch ein Kompliment machen wolten, wel=
ches mich jedoch ihre Bescheidenheit nicht ver=
muthen lässt. Viele Mühe ist gewiß mit An=
legung einer Fabrike verbunden, doch was hat
man ohne Mühe? wenn nur der Erfolg nicht
so ungewiß wäre, die Fabrikaten gleich anfäng=
lich gut, und von gleicher Güte wie ältere Fa=
briken zu liefern, um Absaz zu erhalten, ist
sehre schwehr. Unzählige andere Umständen,
die mit einem jeden neuen Unternehmen, mit
einem mehr, dem andern weniger, verpaart
sind, nicht zu rechnen.
Warum verlangen Sie also, daß wir
unser Gewerbe, dem unser Land Jahrhunder=
     te
 
==     19
te seinen Flor zu verdanken gehabt, zu Grunde
richten sollen? Vielleicht um einen Versuch mit
ihrem Ideal zu machen? Nein! so unklug sind
wir nicht. Noch lange müsse mein Vaterland
seinen Flor dem Berg= und Hüttenwesen zu
verdanken haben! Gewiß der Wunsch eines je=
den Patrioten! Dasselbe ist das dauerhafteste
und älteste Gewerbe, welches die menschliche
Nothdurft erfand; es kann durch keine fremde
Gegenanstalten so leicht zum Niedergang ge=
bracht werden, auch nicht Luxus, sondern Be=
dürfniß machens es nothwendig. Bevor ich
weiter gehe, muß ich offenherzig, und ohne alle
Zurückhaltung Ihnen sagen, daß die Anwen=
dung ihres Sazes: Man mache so viel Ei=
sen und Stahl als man kann, die elendeste
Politick seye, die unsre Nachkommen zu bewei=
nen Ursach haben würden. Sie sagen weiter:
das Siegensche Land seye arm, der Unterthan
mit unerschwinglichen Abgaben belegt, und er
ernährte sich mit Kummer. – Eine offenbare
Unwahrheit! – Welche Unzufriedenheit mag
Sie zu dieser Aeuserung verleitet haben? Es
ist mir unbegreiflich, wie Sie dieses so auf ge=
radewohl hinschreiben können. Bekannt ist
es, daß dieses die vermögendste Unterthanen
in den deutschen Staaten des Prinzen von
Oranien Hoheit hat. Der Nahrungsstand
ist hier sehr ausgebreitet, und ein jeder Ber=
Hütten und Hammer Interessent, die andere
     B 2     Erwer=
 
20     ==
Erwerbungs=Zweigen, die gewiß ansehnlich
sind, nicht zu gedenken, - hat Gelegenheit
bey klugen Vorkehrungen sich sein hinreichendes
Auskommen und Vermögen zu erwerben, und
nicht wenige besitzen lezteres wirklich. Durch=
aus gleich vermögende Leute, sind in keinem
Staat, und auch im Siegenschen nicht. Aber
Verdienst, und wie ich zuverläßig, ohne
Schmeichelei, sagen kann, hinlängliche Ver=
dienst kann bei uns ein jeder arbeitsamer Mann
haben. In ihren StaatswirthschaftlichenAn=
merkungen de 1775 nenne Sie unser Land,
einen blühenden Staat, und hier nein [korrigiert zu "arm"]. Wel=
chen [korrigiert zu "welcher"] Widerspruch! bemerken zur Empfehlung
und zum Lobe desselben, daß man wenige oder
gar keine Bettler, darinnen antreffe, welches
gewiß eine gute Polizei nd Arbeitsamkeit der
Einwohner an Tag leget. Und doch sprechen
Sie ihren guten Landesleuten, hernach alle In=
dustrie ab. – Keineswegs sind wir mit uner=
schwinglichen Abgaben belegt; sondern diese
sind unserm Vermögen völlig proporzionirt, und
werden von jedem mit Freuden entrichtet. Und
wer solte hierüber murren? Wen solten diese
drücken? da wir Erwerb und Nahrung ha=
ben. – Unterm Scepter unseres höchstgü=
tigen höchstweisen und allerbesten Fürsten
leben wir höchst glücklich, - und sind der
Neid unsrer Nachbarn. Höchstderen einziges
Augenmerk ist, das Wohl der Unterthanen zu
     beför=
 
==     21
befördern, und dieselbe so ganzglücklich und
zufrieden zu machen, und die hohe Landes=Re=
gierung kehrt solche Mittel vor, die den höch=
sten Absichten völlig entsprechen; Sie ist mit [korrigiert zu "und"]
Männern besezet, die ihre Einsichten mit Recht=
schaffenheit in vielen Fällen erprobet haben. Ich
könnte Sie nennen, dafern ich nicht ihrer Be=
scheidenheit, dadurch zu nahe zn [sic; zu] tretten, be=
fürchtete.
Ich will Ihnen über ihre unzeitige höchst
unwahre Bemerkungen eiter keine Vorwürfe
machen, noch Ihnen etwan in einem Ton,
wie erforderlich wäre, darauf antworten; son=
dern es dem ganzen lieben Publikum überlassen,
sich einen Mann zu schattenrissiren, der sich er=
frechet, vom Fürsten, dessen hohe Dika=
sterien und dem ganzen Lande solche nach=
Dikasterien: Gerichtshöfe.
theilige Beurtheilungen an das Licht tretten zu
laßen; wovon das Gegentheil notorisch ist. –
Selbst ein unruhiger Britte, der oft, um sei=
nem schweren melancholischen Blut Luft zu ma=
chen, König und Ministerium tadlet, hätte
sich kaum anzüglicher ausdrücken können.
Es ist ungegründet, daß ein Theil unsres
Roheisens auser Lands ins Märkische gefahren
werde. Kein einziger Wagen wird weder da=
hin, noch [korrigiert zu "nach"] anderwärts auserhalb verkauft; son=
dern dieses alles im Land zu Reckeisen verschmie=
     B 3     det
 
22     ==
det; wie denn der Roheisen=Verkauf in das
Ausland bei Strafe der Konfiscazion verboten
ist; dahingegen wird desselben vieles aus dem
Grund= Seel= und Burbach und Dillenburgi=
schen noch angekaufet, und von uns verschmie=
det. Eben so wenig gehet einiges Rohstahlei=
sen auser Land; sondern dieses wird ebenfalls
erst alle zu Stäbe geschmiedet, und denn ver=
kaufet. Wären Sie hiervon von ihrem Korre=
spondenten besser benachrichtiget; oder Ihnen
zuverlässigere Nachricht einzuziehen gefällig ge=
wesen; so hätten ihre Vorwürfe über die Aus=
fuhr ganz erspart werden können. Doch damit
wäre Ihnen vielleicht nicht gedient gewesen;
denn Sie wollten gern tadelen, und daher wa=
re ihnen iede [sic; jede] Nachricht, die Ihnen Stof dazu
gabe, willkommen. Es ist wirklich nichts leich=
ter, als in der Stube, die Verfassung von
Ländern zu reformiren, anscheinende Verbesse=
rungs=Regeln auszudenken, und von seiner
eingebildeten Höhe auf andere Leute als seichte
Köpfe herabzusehen. Allein wirkliche reelle Ver=
besserungen auszuführen, ist schwerer, und diese
machen den wohlthätigen Mann, und unter=
scheiden ihn von dem weitschichtigen Projekten=
Macher.
Der Unachtsamkeit und der geringen Po=
litick unsrer Zunft=Vorsteher soll es zuzuschrei=
ben seyn, daß der Eisenhandel abgenommen
     habe,
 
==     23
habe, und Hämmer von unsern Nachbarn er=
richtet worden sind.     Sie haben recht: es ist
schwer in der Nachbarschaft einer alten Fabrike,
eine neue von dergleichen Art zu Stande zu
bringen; inzwischen ist dieses doch möglich, und
nicht jedesmahl zu verhüten. Es giebt Zeit=
Punkten, und Lagen, da dieses minder be=
schwerlich ist.     Ein aufmerksamer Nachbar
lässt sich diese nicht entgehen, und bringt das=
jenige, wozu er lange vorher den Plan entwor=
fen, wirklich zu Stande.
Es ist dieses schwer, ja gar nicht zu ver=
hindern, wenn er die Erfodernissen dazu ander=
wärts bekommen kann.
Sachsen hatte anfänglich die meiste und
alleinige Fabriken und Manufakturen. Ge=
genwärtig haben Sie auch die benachbarte Län=
der, und es ist dieses nicht zu behindern gewe=
sen, Ueberdem ist es auch sicher, daß ein Land
nicht alles haben könne, und für das Ganze
würde dieses auch nicht gut seyn. Ich glaube
im übrigen, daß die Ausfuhr einiger roher Me=
tallen, dem wohl eingerichtesten Kommerz in
dem Betracht nicht unangemessen seyn mag;
denn es ist der Natur der Sache noch nicht
möglich, für andere Länder lauter Fabrikate zu
machen, indem diese zu viele Gegenstände aus=
machen, und andere Nationen derselben zu
     B 4     man=
 
24     ==
mancherlei Behuf bedürftig sind. Denn gar
keine rohe Metallen aus dem Land zu führen; son=
dern andere zwingen wollen, daß sie aus einem
Land lauter Fabrikate abnehmen sollen, würde
nur alsdenn möglich seyn, wenn dasselbe nur
das einzige der Welt wäre, welches Metal=
len erzeugete. So lange aber auch andere Länder
Bergwerks=Produkte erzeugen; so werden sich
Ausländer hierinnen keinen Zwang anthun las=
sen; sondern nach ihrer Konvenienz diese Pro=
dukte aus andern Ländern holen.
Unser Stahlschmieden stehen besser als die
Hammerschmiede, darinnen haben Sie recht.
Dieser ihr guter Wohlstand ist aber gewiß haupt=
sächlich der Güte des Rohstahleisens, das aus
Stein, der Steiermärkischen gleich ist, gebla=
sen wird, und der Geschicklichkeit unsrer Stahl=
schmieden in Verfertigung des geschmiedeten
Stahls, zuzuschreiben, Sie wollen das wesent=
sentliche [sic] des Eisen und Stahlschmiedens kennen,
und haltensich darüber auf, daß Geheimnisse
dabei gemacht würden. Alles, und glauben Sie
mir auf mein Wort, gewiß wesentliche Stücke
wissen Sie nicht. Unsere Stahlschmiede haben
rellen Vortheil vor den Ausländern im Schmie=
den, die sich nicht alle so genau detailiren las=
sen. Dieses ist doch gewiß keine Kleinigkeit,
daß ein Siegenscher Stahlschmied bei einem
Feuer 6 Maiser [korrigiert zu "Maisen"] Stahl schmiedet, wo ein Aus=
     länder
 
==     25
länder kaum 3 bis 3 ½ herausbringt, und bei
gleicher Güte des Rohstahleisens doch bessern
geschmiedeten Stahl wie dieser liefert.
Theorie oder Kenntniß der Regeln, wor=
nach man arbeitet, sind, wenn man vernünf=
tig und mit Zuversicht arbeiten will, und nicht
slten in der Anwendung etwas mislingen soll,
nothwendig; aber seyn Sie versichert, daß in
der Ausführung im Großen vieles noch gelernt,
und viele theoretische Säze mit einiger Abände=
rung angebracht werden müssen, welches sich
bey kleinen Versuchen, und daraus gefolgerten
theoretischen Schlüssen nicht entdeken laßen.
Ich kenne alle praktische Regen des Stahl=
schmiedens, weiß auch deren Theorie, und
könnte daher einige schöne Zusätze zu ihrer Be=
schreibung hier einfliesen laßen. Allein großen
schönen Dank! – Salomons Sitten=Spruch
fällt mir ein: mit dem der Heimlichkeiten of=
fenbart seye unverworren; denn erführen es auch
 
Sprüche Salomos 20, 19: Sei unverworren mit dem, der Heimlichkeit offenbart, und mit dem Verleumder und mit dem falschen Maul.
 
die Ausländer, machten ihre Heerde, stellten
ihre Feuer eben so, und machten so guten und
so vielen Stahl wie wir.     Herrlicher Stof für
Sie, dereinsten wieder ihren Landsleuten, we=
gen ihrer geringen Politik in einer unzeitigen
Plauderhaftigkeit, Vorwürfe machen zu kön=
nen. Und dieses, wie es sich verstehet, aus
lauter Patriotismus. Nein! ich will es dabei
     B 5     bewen=
 
26     ==
bewenden lassen, um Ihnen diese Klage zu
ersparen, die ihrem empfindsamen Herzen doch
wehe thun müsste, wenn ei so wenig kluger
Streich begangen würde.
Es würde Verwegenheit= und ungeziemen=
de Dreistigkeit seyn, wenn ich hier die allen=
fällige Verbesserung, die in Betrieb des Berg=
Hütten= und Hammerwesens nöthig seyn; oder
durch die Folge nöthig gemacht werden möchten,
angeben wollte, indem dieselbe von dem hohen
Departement, welches demselben vorgesetzet ist,
gewiß nicht ausser Acht gelassen; sondern zu
seiner Zeit werden angebracht werden.
Ich bemerke nur dieses, daß das Berg=
Hütten= und Hammerwesen das Haupt=Au=
genmerk verdiene, weilen es die vorzüglichste
Quelle der Nahrung, und die Basis vom
Wohlstand vieler Menschen ausmacht, und
diese wird es auch noch lange bleiben können,
wenn es nach den seitherigen oben bemerkten
Grundsäzen fernerhin behandelt werden wird.
Ich stelle die Verbesserungsfähigkeit uns=
rer Landwirthschaft nicht in Abrede, wiewohl
ich versichern kann, daß der Wiesenbau bey
uns zu einem hohen Grad der Vollkommenheit
gebracht worden sey. Unterdessen muß wohl
erwogen werden, daß zwischen ebenen und ge=
     bürgig=
 
==     27
bürgigten Gegenden ein großer Unterschied seye,
und hier, die in erstern gemachte, und probat
gefundene Versuche mutatis mutandis ange=
wandt werden müssen, und der Erfolg gewiß
sehr ungleich seyn werde.
Im Plainen, wenn Grund und Boden
anders gut, kann der Ackerbau, mit einem
Wort die Landwirthschaft zu einer Vollkom=
menheit gebracht werden, die in gebürgigten
Gegenden nicht zu erhalten stehet. Haben die=
se Bergbau, und sonstige Fabriken; so sind
ihre Bewohner glüklich, und ich kann wohl
versichern, daß im Siegenschen, bei aller Ver=
besserung der Lands=Wirthschaft nicht 1/3 von
den jezigen Einwohnern würde leben können,
wenn Berg= Hütten= und Hammer=Betrieb
mit der ihrem Anleger Ehre und Vortheil brin=
genden Siemoisen=Fabrike [korrigiert zu "Siamoisen"], nicht wäre, und
dieses möchte wohl noch kümmerlich geschehen
müssen: - Dem Bergbau haben wir die Be=
völkerung unsers Landes zu danken! Durch ihn
sind Fleken und Dörfer erbaut, und wüste Ge=
genden bevölkert worden, deren Fluren sonsten
der Thau des Himmels den Menschen nie zum
Nuzen befeuchten können!!
Es ist daher auch dankbare Schuldigkeit
für seine immer mehrere Aufnahme und Dauer
zu sorgen.
     Ich
 
28     ==
Ich will nun noch eine ganze kurze Nach=
richt von unsern Hütten und Hämmern anhän=
gen, woraus das nöthige zu ihrer Beschrei=
bung ergänzet werden kann, und wovon ich
hoffe, daß Sie dem Publikum nicht uninteres=
sant seyn werde; denn schliesen, und mich Ich=
nen empfehlen.
Die Zeit, welche den Hütten und Häm=
mern zu ihrem unterbrochenen Betrieb zugestan=
den ist, heiset die Reise. Diese wird in Tage
eingetheilet und die Tage in Stunden.
Eine Hütte ist der Regel nach, nur auf
eine Reise jährlich berechtiget, die mit Ende
des Sommers; oder im Herbst ihren Anfang
nimmt. Jedoch sind einige Eisenhütten auf
anderthalbe, zwo und auf drei Reisen privile=
girt, und dabei wird eine Reise im Frühling
und eine im Herbst gehüttet.
Ehedem enthielte eine Hütten=Reise 48
Tage. Nunmehr ist Sie auf 60. bestimmt:
1. Armentag, 1. Hüttenschultheisen=Tag, 8
Samttagen und 48 gemeinen Tagen.
Die Gemeine Tage sind unter die Inte=
ressenten oder Gewerken vertheilet. Jeder ver=
legt seine Tage mit den nöthigen Materialien
     an
 
==     29
an Kohlen und Stein, und hat deswegen sei=
nen besondern Kohlen= und Stein=Schoppen.
Die übrige Tage sind der ganzen Gewerkschaft
zuständig, auser dem Armentag, der zum Vor=
theil der Armen verpachtet wird. Gewöhnlich
trägt jeder Gewerke zum Anhebetag etwas an
Kohlen und Stein bei, damit der hohe Ofen
durch die mehrere Vermischung der verschiede=
nen Steingattungen, desto eher in Zug ge=
bracht werde. Was an Materialien erfor=
dert wird, um die Gesamttage zu hütten, muß
der Hüttenschultheis anschaffen. Dieser besorgt
zugleich die vorfallende Reparazionen an den
Hüttengebäuden, den Bälgen u. s. w. Es ge=
hört zu seiner Obliegenheit, die Hütten zur
Reise jedesmal stellen, die Aufschlag= und Vor=
graben reinigen, und sonst das nöthige verrichten
zu lassen. Er bestreitet auch die gemeinschaft=
liche Auslagen, deren Erstattung er aus dem
Verkauf des Sammts=Eisen, welches von den
Gesammtstagen fället, zu erwarten hat. Ueber=
haupt ist er der beständige Gevollmächtigte der
Gewerkschaft. Für seine Bemühung hat er
den Genuß des Schultheisen=Tags. Er muß
sich aber darauf alle Materialien auf seine Ko=
sten stellen.
Es befinden sich im Siegenschen
A) Eisenhütten
     1) Zu
 
30     ==
1) Zu Marienborn.
2) Unterm Hain.
3) Zu Eisern.
4) Zu Eiserfeld die Krämer=Hütte.
5) Vor der Diesenbach.
6) Vor der Haard.
7) Auf der Sieghütte.
8) Zu Gosenbach.
9) Auf der Birlenbach.
10) Zu Niederschelden.
11) Zum Lohe, welche Herrschaftlich ist,
     und wo der Zehndenstein verblasen wird.
B.) Stahlhütten
1) Zu Allenbach
2) Zum Dahlbruch.
3) Oberste
               Stahlhütte zu Müßen
4) Unterste
5) Zu Burgholdingshausen.
6) Zu Lohe.
Die Eisen und Stahlhämmer werden be=
reits über 300 Jahren betrieben, und beste=
het dabei die Reise aus einem Monat; oder
24 Werktagen, Es wird daher wöchentlich
6 Tage geschmiedet, und den Sonntag einge=
     halten.
 
==     31
halten. Jeder Gewerke weis, welcher Tag
ihm zukommt und in welchem Heerd. Wenn
Festtage oder solche Bauungen einfallen, wo=
bei mit dem Schmieden eingehalten werden,
ingleichen wenn der Hammer, im Sommer
bei sehr trockner und heiser Zeit, wegen der sonst
zu besorgenden Feuers=Gefahr, eine Zeit kalt
stehen muß, so werden die dadurch still gehal=
tene Tage gleichwohlen als geschmiedet ange=
sehen, und die Ordnung im Schmieden gehet
fort. Indessen werden die liegengebliebene Ta=
ge, unter der Benennung von heiligen Tagen
Bautagen, und Feuertagen aufgezeichnet. Sel=
bige werden hernach in der müßigen Zeit nach
ihrer Aelte nachgeholet und herausgeschmie=
det. Die müßige Zeit fällt bey den Hämmern
jährlich zweimal ein. Die Winter müßige
Zeit nimmt bei den Stahlhämmern den 23ten
December, und bei den Eisenhämmern auf
Weihnachten ihren Anfang, und endiget sich bei
den ersteren am 20ten Jenner bei den leztern
aber auf Lichtmesse. Die Sommermüßige Zeit
hat bei den Stahlhämmern den 15ten July und
bei den Eisenhämmern den 25sten desselbe Mo=
nats ihren Anfang, und gehet bei jenen den
1sten September und bei diesen den 8ten Sep=
tember zu Ende.
Alle Eisenhämmer sind auf zween Heerde
oder Feuer berechtigt. Von den Stahlhämmer
     aber
 
32     ==
aber nur einige. Wenn die Hammerschmiede
mit einem Heerde schmieden, fangen Sie Nach=
mitternacht um 12 Uhr an, und endigen die fol=
gende Nach um diese Zeit, schmieden also 24
Stunden. Schmieden sie aber zweiheerdig; so
wird des Morgens um 3 Uhr der Anfang ge=
macht, und des Abends um 9 Uhr geschlossen.
Die Bauungen bei den Hämmern sind von
dreierlei Beschaffenheit a) die Hammergebäude,
der Teich, das Wehr, der Aufschlag= und Vor=
graben, das Hammerrad= und Hammer=Achse
werden von der gesammten Hammergewerkschaft
unterhalten. b) Der Heerd, die Bälge, Balg=
gerüst, Balgrad und Blaswelle stellet jede
Heerde Gewerkschaft für sich. c) Den Schmied=
hammer, Helm Büchse, Reidel, Arme, Frö=
sche und Keile schaffet jeder einzelne Gewerke an,
und muß solche, wenn ihn die Reihe im Bau=
en trift, stellen. Die beide erste, werden die
grose Bauung, und die dritte, die kleine Bau=
ung genennet.
Im Siegenschen befinden sich
A) Eisenhämmer
1) Zu Allenbach
2) Zu Hillenhütte
3) Zum Lohe, Dieser ist herrschaftlich
4) Zu Ferndorf vorm Berg
     5) Zu
 
==     33
5) Zu Buschhütte. Ist herrschaftlich.
6) Zu Dillenhütte
7) Zu Buschgötthardshütte
8) Zu Schneppenkunten [korrigiert zu "Schneppenkauten"]
9) Vor der Haard
10) Zu Münkershütte.
11) Zu Musenershütte.
12) Vor der Meinhard.
13) Zu Diefenbach.
14) Zu Fickenhütten.
15) Zu Sieghütte.
16) Zu Hammerhütte.
17) Unterm Hain.
18) Zu Geisweide.
B) Stahlhämmer.
1) Zu Harhausen mit 1) Feuer.
2) Der oberste herrschaftliche Stahlham=
     mer.
3) Der unterste zum Lohe jeder mit 2
     Feuer.
4) Zu Ahe
               mit 2 Feuer.
5) Zu Eichen
     Zu Freudenberg.
6) Der Schollenhammer.
7) Der grüne Hammer.
8) Der Brasenhammer.
9) Der Kulbergr Hammer
10( [sic] Der Heckenhammer.
11) Der Heidenhammer.
     C     12) Der
 
34     ==
12) Der Kocheshammer.
13) Der Asdorferhammer.
     Nro. &: bis 12 sind nur auf 1 Heerd
     Nro. 13 aber auf 2 berechtiget.
C) Reckhämmer.
1) Zu Hilchebach.
2) Zu Dreisbach.
3) Zu Diefenbach.
4) Zu Eiserfeld.
5) Zu Truppach.
6) Zu Niederndorf.
7) Zu Dahlbruch.
8) Zu Letfeld. [korrigiert zu "Litfeld"]
9) Zu Hillehütten.
10) Zu Birlenbache
11) Bei den dreien Posten ohnweit Sie=
     gen.
12) Zu Hadem.
Die Reckhämmer werden zwar zum Theil von
Gewerkschaften, doch nicht nach der Einrich=
tung der übrigen Eisen= und Stahlhämmer;
sondern nach den gewöhnlichen Regeln einer So=
zietät betrieben. Sie sind auf keine bestimmte
Reise eingeschränket. Auf denselben wird das
auf den großen Hämmern in schwere Stäbe
ausgereckte Eisen und Stahl ins kleine ver=
arbeitet.
     Die
 
==     35
Die zu den Siegenschen Gütten und Häm=
mern gehörige Personen machen dreierlei Zünfte
aus.
Die eine begreift die Eisen=Massenbläser und
Hammerschmiede, die andere die Stahlmassenbläser,
und die dritte die Stahlschmiede. Von ersterer beste=
hetz waren in jedem der ehemaligen Katholischen und
Reformierten Landes=Antheilen eine besondere Zunft;
Sie sind aber beide ihrer Einrichtung nach nicht ver=
schieden. Auch die Stahlschmiede der Aemter Hilchen=
nach und Kronbach [sic; Krombach]; sodann die im Amte Freu=
denberg wohnende haben zwo besondere Zünfte aber ei=
nerlei Kurbrief und Einrichtung. Die Mitglieder
dieser Zünfte sind von zweierlei Art.
Diejenige, welche das Handwerk mit der Faust
gelernet haben, machen eine Klasse aus, und begrei=
fen alle Meister und Knechte. Diese sind von jeher
durch einen Eid verpflichtet ihr Handwerk nirgends
anders als im Lande zu treiben, auch blos Innlän=
der von ehelicher Geburt darinnen zu unterrichten.
Die andere Klasse enthält die Reidmeister, die zwar
das Handwerk nicht allemal selbst treiben; doch aber
mit Eisen und Stahl zu handlen berechtigt sind.
Diese müssen entweder 2 Hammertage oder 6 Blas=
hüttentage eigenthümlich besitzen und die Brüder=
schaft, Zunftgenossenschaft, gewinnen. Denn ohne
leztere dürfen die Eigenthümer der Hütten und Ham=
mertage solche nicht selbst verlegen, und auf ihre ei=
gene Rechnung treiben; sondern sind verbunden,
selbige zu verpachten. Nun noch zu guter lezt ein
paar Worte mit Ihnen, mein Herr Landsmann!
Sie haben uns viele Lehren zu geben sich angema?
set, und werden mir also das Reziprokum Ihnen
zwo zjm Schluß zu geben: nicht verüblen können.
     C 2     a) Was
 
36     ==
a) Was Sie nicht wissen, und wovon Sie
nicht genau unterrichtet seyn können, oder um mich
kurz zu fassen, diejenige Wissenschaft, die ihr Fach
nicht ist, darüber urtheilen Sie nicht, es sey denn
in Bescheidenheit, und als einer der darinnen gern
weiter belehrt seyn möchte, und beherzigen Sie den
Ausspruch jenes Mahlers des Alterthums. Dieses
bringt Ihnen bei vernünftigen keine Schande.
b) Die Beobachtungen und Erfahrungen die
Sie fernerhin samlen, studiren Sie besser und rich=
tiger, sonsten dürften Ihre daraus hergeleitete
Grundsäze nicht so einleuchtend richtig und wahr
seyn, daß sie ohne Beweis angenommen und ge=
glaubt würden. Nehmen Sie sich Herrn Suckow
zum Muster, dessen Abhandlungen ich mit Nuzen
gelesen habe, und dem ich dafür hiermit öffentlich den
aufrichtigsten Dank abstatte, und geben Ihren Arbei=
ten eben solche Präzision und Vollständigkeit, so
werden Ihre Landsleute stolz auf Sie seyn, und
das ganze Publikum wird Ihnen seinen Beyfall
gebem. und warmen herzlichen Dank zollen. Leben
Sie wohl.
Blumenvignette.