Dorothea Schlegel fragt

 
Todesanzeige

 
Henriette von Reden am 8. April 1817

 
Caroline Jung am 4. April 1817

 
Carl Reinhard erinnert sich

 
Varnhagen von Ense erinnert sich

 
Johann Ludwig Ewald am 6. April 1817

 
Gedichte auf den Tod Jung-Stillings

 
Franz von Maltitz

 
An Jung=Stilling’s Sterbetag

 
Auf Stillings Tod

 
Albert Knapp: „Auf Göthe’s Heimgang.“

 

 

Dorothea Schlegel fragte 1817:

 
„haben Sie den verstorbenen Jung (Stilling) kenen gelernt? haben Sie etwas Näheres von seinen letzten Stunden, und von seinem Sterben erfahren? Wollten Sie mir wohl etwas davon mittheilen? mich interessirt das Sterben der ausgezeichneten Menschen mehr noch als ihr Leben.“ (Vgl. hier.)

  
So kann es nicht schaden, mehr vom Ableben Jung-Stillings zu erfahren und einige Texte dazu zu lesen, die die LG S. 692 ergänzen. Zudem ist es eine Ergänzung zu dem, was Friedhelm Ackva über das Ableben der Gattinnen Jung-Stillings S. 113-120 schreibt in;

   
Friedhelm Ackva: Selig sterben. Beispiele aus Pietismus und Erweckung. – In: Frömmigkeit unter den Bedingungen der Neuzeit. Festschrift für Gustav Adolf Benrath zum 70. Geburtstag. Herausgegeben von Reiner Braun und Wolf-Friedrich Schäufele. Darmstadt und Kassel: Verlag der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung 2001 = Quellen und Studien zur hessischen Kirchengeschichte Bd. 6, hrsg. v. Udo Wennemuth, ISBN 3-931849-08-2; Karlsruhe: Evangelischer Presseverband für Baden e. V. 2001 = Sonderveröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden Bd. 2, hrsg. v. Holger Bogs und Bettina Wischhöfer, ISBN 3-87210-913-8. [382 S., Abb.].

 

Todesanzeige

 

Todes=Anzeige.
Heute Mittags um 12 Uhr entschlief in seinem Erlöser unser verehrter Vater, Dr. Johann Heinrich Jung, genannt Stilling, Großherzogl. Bad. geheimer Hofrath, im 77. Jahre seines thätigen gemeinnützigen Lebens, an Entkräftung. Von der Theilnahme aller derer, die den Seligen kannten, überzeugt, verbitten wir uns alle Beileidsbezeugungen, und empfehlen uns – mit dem innigsten Dank für das dem Verewigten bewiesene Wohlwollen – zu fernerer Gewogenheit und Freundschaft.
Karlsruhe, den 2. April 1817.
Die trauernden Kinder und hier anwesenden
Enkel.
Jung, Hofgerichtsrath.

 


Am 8. April 1817 schreibt eine Freundin:

 
„Ich will Dir die letzten Tage des geliebten Vaters Jung recht ausführlich beschreiben, ich rufe mir gerne jeden bedeutenden Augenblick vor die Seele zurück.
Du weißt nach dem Tode seiner Frau, seiner treuen Elise, wollte er Niemand mehr sehen als seine Kinder und auch diese nur augenblicksweise; er schien sich ganz von der Erde lossagen zu wollen, um sich vorzubereiten zu seiner letzten, nahen Reise. Vorigen Sonnabend ließ ihn de Königin von Schweden bitten, ihr zu erlauben, mit ihrer Tochter, der Prinzessin Sophie, zu ihm zu kommen, weil sie so sehr wünsche, daß diese vor ihrer Confirmation von ihm eingesegnet werde.

 

1817-03-29, Samstag vor Palmarum. – Jung-Stilling segnet Sophie Wilhelmine Prinzessin von Holstein-Gottorp [von Schweden; geb. Stockholm 21.05.1801, gest. Karlsruhe 6.07.1865); Tochter des 1809 entthronten Königs Gustav Adolf IV. (1778-1837) und der von ihm 1812 geschiedenen Friederike Dorothea von Baden (1781-1826); sie ehel. 25.07.1819 Großherzog Leopold (Karl Friedrich) von Baden (geb. 29.08.1790), Witwe seit 24.04.1852] – Lina Schwarz: „Prinzessin Sophie war bei Stilling näher bekannt gewesen, und bestreute demselben nach seinem Hinscheiden sein Bett mit den ersten Veilchen.“

 

Zu dieser heiligen Handlung war er sogleich bereit, wie immer zu jedem wohlthätigen Zweck. Aber sie griff ihn so sehr an, daß nachher seine Kräfte sichtbar schwanden; der Geist aber blieb hell und klar bis zum letzten Athemzuge, ja ich möchte sagen, er belebte und verklärte sich immer mehr, je mehr die physische Kraft abnahm, das ist doch wahrlich ein recht sichtbarer Segen des Herrn gewesen!
Am Sonntag fühlte er sich selbst schon sterbend, wurde aber in seinem Gespräche so heiter, lebendig und klar wie immer. Er wollte noch alle Freunde sehen, die zu seinen Kindern kamen, er sprach über wissenschaftliche Gegenstände, und der Fräulein Knebel, dien ach seinem Befinden fragte, antwortete er: „Mir geht es gut, aber seit die Mutter fort ist, bin ich nicht mehr zu Hause.“
Am Montag Abend fing eigentlich der Todeskampf schon an, der Puls fing an zu stocken, und er selbst erklärte, sein Ende sei sehr nahe. Alle Kinder blieben die Nacht über um ihn versammelt, der Sohn Jakob aus Rastadt war auch da, nur die Schwarz fehlte, aber zwei ihrer Söhne waren gekommen. Vater Jung litt wenig, und behauptete „er habe eine herrliche Nacht gehabt!“ Er sprach viel und heiter und ruhig mit seinen Lieben über Jenseits und sagte so erhebende, stärkende und tröstende Worte, daß ich am andern Morgen Carolinchen ganz begeistert fand. Sie täuschte sich keinen Augenblick über die nahe Todesstunde des geliebten Vaters, aber Gott gab ihr die Kraft, still und fromm ihr entgegen zu sehen, sie sagte mir: „Ich habe in den Gesprächen dieser Nacht Licht und Kraft geschöpft für ein langes, ödes Leben!“ Carolinchen rührt mich ungemein, ich habe sie nun in allen Lagen gesehen und bewährt gefunden. Oft zittere ich, daß wir auch sie bald verlieren müsse, – sie scheint mir zu rein, zu vollendet für unsre arme Erde.
Als ich den theuren Greis zuerst wieder sah, fand ich schon alle Züge des Todes an ihm, aber die alte Freundlichkeit und ein fast kindliches Lächeln. Ich blieb mit der Mutter an der Thür stehen. Diese bemerkte er zuerst, rief sie an sein Bette und sagte heiter: „Sie kriechen ja um’s Schlüsselloch herum!“
Sie fragte, wie es ihm gehe? Er antwortete: Ich gehe nun bald heim, wo ich den Herrn schauen kann! Mutter und Frau von Graimberg weinten, das war ihm von jeher zu empfindlich und er sagte:
„Kann man denn glücklicher enden? Umgeben von allen meinen Lieben! Ich habe Keines verloren, sie sind Alle auf dem Wege des Heils. Ich gehe heim ohne Erdensorgen, – ich werde mit Liebe gepflegt. – O! wie hat Gott Alles so herrlich hinaus geführt! Wie verschieden war es in meiner Jugend und wie oft habe ich mich mit unnützen Sorgen gequält und um nichts betrübt!° Habe ich doch ein Mal als Knabe achtundvierzig Stunden lang geweint, – weil meine flûte douce zerbrochen war, und ich keine 12 Kreuzer hatte um eine neue zu kaufen. Ich glaubte damals die Freude meines Lebens sei dahin, – das Geld war so rar für mich! – Jetzt hat mich Gott auch von dieser Seite gesegnet, ich entbehre keine Bequemlichkeit, keine Pflege – was will ich da von Leiden sprechen!“
Und er litt wirklich viel, aber keine Klage ist über seine Lippen gekommen, keine Bewegung der Ungeduld hat man an ihm bemerken können – er sagte zu seinem Großsohn:
„Gott hat sich mein Leben lang so vielfach an mir verherrlicht, jetzt ist es an der Zeit, daß ich ihn durch Geduld im Leiden und im Tode verherrliche!“
Und diesem Vorsatz ist er treu geblieben bis an’s Ende, zur Erbauung und Erhebung vieler Gläubigen und Schwachen. Dieses schöne Ende eines reinen, frommen Wandels hat auch manches Weltkind mächtig ergriffen, sein Tod hat allgemein einen tiefen Eindruck gemacht und bei vielen segensreicher gewirkt, als sein schönes Leben. […]
Den Abend vor seinem Tode hat er, halb schlafend, vor sich hin gelächelt und gesagt:
„Die Mutter kann es doch gar nicht erwarten bis ich wieder zu ihr komme – sie schickt mir einen lieben Boten um den Andern!“
Der ganze Dienstag war ein sehr schöner Tag; wenn Vater Jung auch litt, so war er doch vollkommen heiter im Geiste. Ich war fast den ganzen Tag in seinem Zimmer, setzte mich aber so, daß er mich nicht sehen konnte; ein Mal wurde er meiner doch gewahr, sogleich streckte er mir die liebe Hand entgegen und hat die meinige auch recht kräftig gedrückt. Für Schenkendorf’s gab er Carolinchen noch viele liebevolle Aufträge und sagte ein Mal vor sich hin: „Ja, Schenkendorf’s, die gefallen Gott wohl, die hat Er recht lieb, das weiß ich, dazu braucht’s keiner Offenbarung.“
So manches ältern Freundes gedachte er noch in Liebe und Theilnahme, für seine Kinder war er ganz Liebe und Sorgfalt und sagte auf den Abend: „Seht, Kinder, ich habe Euch doch gewiß herzlich lieb – aber es wird mir gar nicht schwer Euch zu verlassen!“ – Und bei diesem Lossagen von allem Irdischen ist es doch gewiß eine schöne, erfreuliche Bemerkung, daß seine Empfänglichkeit für jede auch die kleinste Freude. bis zum letzten Augenblicke dieselbe blieb. Er war wie ein Kind, noch den letzten Tag wurde ein blühender Maiblümchenstock neben sein Bett gestellt, er bemerkte ihn sogleich und freute sich des zarten Frühlingskindes.
Die Nacht vom Dienstag auf den Mittwoch war völlig schlaflos, aber es muß eine schöne, erhebende Nacht gewesen sein. Der Mond und die Sterne schienen so hell durch die Fenster – der Sterbende freute sich daran, und war mitten im Todeskampe heiter und sehr lebendig im Geiste. Mit der Morgenröthe – es war die letzte, die er auf Erden sah, die Morgenröthe seiner ewigen Seligkeit – rief er alle seine Kinder um sein Bett, betete laut mit ihnen, legte seine Hand auf jedes Kindes Haupt, sank dann entkräftet zurück und schlummerte ein. Die Kinder hofften es möchte der letzte Schlaf sein – aber er und sie mußten noch durch einen schweren Kampf bewährt werden.
Er schlief noch als ich in der Frühe kam. Beim Erwachen fing das Röcheln an, er sprach aber wieder, doch ohne zu klagen, nur einmal rief er: „O! Du Todesüberwinder, gib mir Kraft!“
Carolinchen erwiederte: „Das wird er gewiß; Er hat ja selbst den Kelch geleeret bis zum letzten Tropfen!“
Der Vater faltete die Hände und sagte: „Ja wohl!“
Er verlangte oft zu trinken, und wußte noch immer selbst die geschickteste Art anzugeben, wie man ihm das Wasser einflößen könne. Carolinchen fragte: „Ob es ihm an Luft fehle?“ – „Ja.“ – „Ob sie ihm ein Senfpflaster auf die Brust legen solle?“
„Ja, liebes Kind, bis das fertig ist, – so lange dauert es nun nicht mehr –“ , sagte er lächelnd.
Heißt das nicht dem Tode klar ins ernste Angesicht schauen? er lebte noch als das Senfpflaster fertig war, knüpfte geduldig sein Jäckchen auf und ließ es sich legen. Bald hob er aber gewaltsam die Hände empor. Carolinchen wollte ihn aufrichten, sie meinte er liege nicht gut, aber er rief: „Nein, himmelan!“ – und bald darauf: „Ich sehe nicht mehr!“
Die Kinder knieten um sein Bett. – Ach, hättest Du Carolinchen gesehen, sie war wie der Engel, der unter dem Kreuze steht, und kämpfte schwerlicher wie der geliebte Vater – es war eine lange, feierliche Stille – da trat Martini (der Hofprediger)

Jacob Heinrich Martini, geb. Niederwörresbach (Grafschaft Sponheim) 20.08.1767, gest. Karlsruhe 7.08.1842; 1813 Hof- und Stadtvikar in Karlsruhe, 1817 zum Hofprediger ernannt (bei Beibehaltung der Garnisonsstelle), 1830 Oberhofprediger; seit 1832 Kommandeur des Ordens vom Zähringer Löwen.

an sein Bett und rief ihm mit seiner sanften Apostelstimme zu:
„Wie wohl wird mir, Erlöser, sein,
„Wenn ich mich Deiner ganz zu freu’n,
„Dich dort anbeten werde!“
„Amen, Amen!“ antwortete der Sterbende, mit lauter, begeisterter Stimme. Martini sagte noch einige schöne, erbauliche Worte, die Vater Jung mit einem freudigen: „Ja, Ja!“ bekräftigte. Dann war es wieder auf längere Zeit stille. – Auf einmal öffneten sich die lieben Augen noch zum letzten Male dem Lichte, und blickten in dem Kreis der Kinder umher – sein Blick schien Jemand zu suchen. Carolinchen bemerkte, daß ihr Bruder Fritz so stand, daß ihn der Vater nicht sehen könne, sie winkte ihm und wie der theure Greis nun auchihn  in dem geliebten Kreise fand, war er zufrieden. Das war der letzte Segen – noch ein gewaltsamer, schmerzhafter Kampf – und die reine Seele war bei Gott, und die müden Augen schloßen sich auf immer dem irdischen Lichte um ein Schöneres zu schauen! [… umfangreich zur folgenden Zeit bis zur Beerdigung].“

 

 
Caroline Jung am 4. April 1817:

 
„Hätten Sie ihn sterben gesehen - hätten Sie in der letzten Nacht das Abendmahl des Herrn [siehe dazu hier] von dem Patriarchen geweiht genossen, sein apostolisches Gebet gehört - seinen letzten Segen empfangen - seinen 3stündigenTodeskampf gesehen in dem der Glaubensheld mit vollem Bewußtseyn treu aushielt in Geduld u. Ergebung; wie er sich hinlegte zu sterben wie er die Arme zum Himmel emporstreckte in heißer Sehnsucht, wie er uns Kinder mit brechenden Auge noch liebend ansah - ach wie sprechen Worte diese Stunden aus - Beten Sie mit uns an, - aber trauern wir nicht gleich denen die keine Hofnung haben - Er betet für uns am Throne, und läßt seinen geliebten Schenkendorfs durch mich sagen: er habe sehr viel an sie gedacht in seinen letzten Tagen - er habe wichtige Dinge mit ihnen zu besprechen, wen er sie droben wieder sehe !“


Carl Reinhard erinnert sich

 
„Stilling starb in Karlsruhe und während Alle und besonders seine Tochter glaubten, er würde ein recht sanftes, für Alle erquickliches Sterbebett haben, hat er ein schweres Ende gehabt, in welchem der Seelenfeind ihm auf’s heftigste zusetzte, dessen Angriffe er in seinem Kampf und nur durch die Macht der Gnade mit Worten und mit der Hand abwehrte, indem er mit feierlichem Ernste wiederholt ausrief: ‚Seht da ist er! – hinweg, hinweg mit dir, ich habe nichts mit dir zu schaffen!’ Sein Ende selbst aber war nach ausgekämpftem Streite ruhig und friedlich.’ –“


Varnhagen von Ense erinnert sich

 
„Der Tod stand lange vor ihm, zögerte aber stets, und der Greis, der zu sterben wünschte, konnte sich der Klage nicht erwehren, daß sein Leidenszustand sehr groß sei. Eine seiner Enkelinnen stand an seinem Bette, und glaubte ihn trösten zu müssen: „Bedenken Sie aber, sagte sie, welche Herrlichkeit Sie bald sehen werden,“ und nun malte sie ihm den Himmel mit den genauesten Zügen und Bildern, die in solchem Augenblicke doch allzu kindisch erscheinen mussten. Das fühlte Jung, fand die Tröstung unangemessen, und wies sie mit der verdrießlichen Äußerung zurück: „Das kann man so recht doch nicht wissen.“ Frau von Reden, die beinahe täglich den Sterbenden besuchte, hat mir an dem Tag selbst, wo sie sie gehört, diese merkwürdigen Worte wiedererzählt. Ich will keineswegs sagen, daß sie mehr bedeuten, als bei frömmster Zuversicht, die Jung gewiß hatte, ihr schlichter Sinn ausdrückt: „Das kann man so recht doch nicht wissen.“ –“ (Zu Varhnagen siehe hier.)


Johann Ludwig Ewald am 6. April 1817

 
„Die Hinterlassenen des trefflichen Jung=Stilling meines dreyßigjährigen Freundes, haben mich gebeten, auch Ihnen, als einem Freunde des Seligen, den Tod ihres Vaters zu melden, der am zweyten dieses, Mittags um zwölf Uhr, in Folge von Altersschwäche und Ansatz von Brustwassersucht erfolgt ist. / Wer die Reinheit seines Sinnes, seine liebenswürdige Kindlichkeit und seine Wärme für das Eine, was ihm nöthig schien, kannte, der wird es bedauern, daß er dem Kreise seines edlen Wirkens entrückt worden ist, sich aber für ihn freuen, daß endlich sein Heimweh gestillt ward.“ (Zu Ewald siehe hier.)

 

 
Gedichte auf den Tod Jung-Stillings:
 

1.
Beym Tode / der Herrn / Geheimenhofrath Jung / genannt / Stilling. / Gedicht / von / Franz von Maltitz. / - / Carlsruhe / bey P. Macklot, Hofbuchhändler.
 
 
„Heil dem Pilger, der ans Ziel gedrungen!
Heil dem Dulder, der auf ird’schem Pfad
Nach dem bleibend Ewigen gerungen,
Und schon hier dem Himmel sich genaht;
Den der Abglanz friedlicher Verklärung,
Der schon hier aus seinen Blicken sprach,
Jetzt am Throne göttlicher Erhörung
Licht umglänzt im ewig hellen Tag.
-
Dein ist Heil und Sieg; die Nebel sinken
Oeder Dämmerung, die uns hier umwallt,
Und die Palmen der Vollendung winken,
Wo der Engel Jubelgruß dir schallt;
Wo der Zweifel flieht im Strahl der Wahrheit,
Wo der Mißton stirbt in Harmonie.
Himmelslicht! du strahlst in reiner Klarheit
Ihm, der Duldern dich so gern verlieh.
- [S. 3:]
Ach! noch jüngst gebeugt vom Druck der
 Jahre,
Tiefer noch vom Schmerz; - im Silberhaar
Stand der Greis an der Getreuen Bahre,
Die so lange Trösterin ihm war,
Die im Leben treu mit ihm gewandelt,
Wallte jetzt auf jener dunkeln Bahn,
Wo die Zeit in Ewigkeit sich wandelt,
Zu den Todten muthig ihm voran.
-
Doch nicht dauernd war die Prüfungsstunde
Und des Dulders letzte Thräne floß,
Und der Tod der Seele bittre Wunde,
Die er schlug, mit milder Heilung schloß.
Horch, nocht tönt die bange Sterbeklage,
Da erschien auch ihm der ernste Freund,
Der ihn nach der Trennung flücht’ger Tage
Jetzt aufs neu mit ihr vereint.
-
Friede! Friede deiner Grabesstelle,
Dulder Christi, Gott geweihter Greis!
Bis dich ruft zu ew’ger Sonnenhelle
Deines Meisters göttliches Geheiß;
Bis der Auferstehung lichter Morgen
Dich zum Fest des großen Vaters ruft,
Schlummre sanft nach deinen langen Sorgen
In den Mutterarmen deiner Gruft.
- [S. 4:]
Unerschüttert war in Sturmestoben
Deine Hoffnung Gottes Gnadenhuld,
Und dein Trost ein reiner Blick nach oben,
Und den Sterbekissen die Geduld.
Nie vom Glanz des Irdischen verblendet,
Nie vom Reiz des Flüchtigen gerührt;
Nach der Heimath schauend, der vollendet
Jetzt des Vaters Hand dich zugeführt.
-
Dumpfig ruft der Sterbeglocke Tönen,
Greiser Pilger, dich zu deiner Ruh,
Und den Scheidegruß der tausend Thränen
Winken die die nassen Augen zu.
Aber Heil sey dir, dem Himmelserben,
Heil dem Kämpfer, der den Sieg erstrebt!
Selig! Selig! wer wie du, zu sterben,
Frommer Vater, so wie du gelebt!“

 

 

 


2.
Ein Anonymus
„An Jung=Stilling’s Sterbetag.
-
So ziehe hin denn auf der Palmen Pfade,
Die dem Erlöser die Erinn’rung streut,
Du stiller Pilger, Jünger ew’ger Gnade,
Zu dem Triumph, dem Dornen Dich geweiht!
Hinüber zu dem seligen Gestade, -
Ein reiner Seher der Unsterblichkeit, -
Wo alle Träume, die Dir Licht verhießen,
Dich gleich vorausgeeilten Engeln grüßen!
Du standest längst auf jener ernsten Schwelle,
Die zwischen Tag und Nächten sich erhebt,
Den Geist mit jenes Himmels Morgenhelle,
Den Staub gelassen mit dem Schmerz verwebt.
Aus dürrem Felsen schlugst Du Dir die Quelle
Des süßen Glaubens, der das Grab belebt, -
Des Glaubens, der wie Sterne, die sich neigen,
Verklärte Geister heißt hernieder steigen. [S. 113:]
Du kanntest sie, die seligste der Stunden,
Wo sich der Cherub Gottes neigt herab
Und von der Gruft, wo uns der Freund entschwunden,
Den Felsen wälzt mit seinem Lilienstab,
Und strahlend aus den Sonnen seiner Wunden
Der Todtgeglaubte nahet aus dem Grab.
Die ird’schen Wächter staunen und entweichen;
Die Liebe weilt und und glaubt dem Wunderzeichen.
Von seinen Lippen hörten wir sie schweben,
Des Glaubens Weisheit, die herabgesandt;
In Deinem Geiste war des Lichtes Streben,
Des Lichtes Gabe war in Deiner Hand.
Du hobst des Todes Dunkel von dem Leben,
Vom trüben Blick der Finsterniß Gewand.
Drum hat so sanft, als uns’re Thränen flossen,
Ein stiller Engel Deinen Blick geschlossen.
Schon ruft das Grab in düstern Melodieen,
Es sinkt verhüllt der Freundschaft Angesicht;
Der Leichenfeier Reigen seh’ ich ziehen,
Wo Lieb’ und Glaube ihm den Segen spricht.
Er sinkt hinab - des Abschieds Thränen glühen;
O kalte Seele, zweifelnd an dem Licht, -
Vom Strahl der glühnden Wahrhheit jetzt getroffen,
O blickt empor und seht den Himmel offen!
Nach Stilling’s Tod anonym zugesandt.“

 

 


3.
„Auf Stillings Tod.
-
...
‘Wo Klarheit bey der Wahrheit wohnt!’
Das volle Licht ist Dir gegeben,
Dein reger Fleiß wird reich belohnt.
Das Seltne Deiner Lebensgänge,
Die Proben von der Jugend an,
Das Licht des HErrn auf Deiner Bahn,
Die Wunderhülfe im Gedränge,
Dein Steigen zu dem Geistesadel,
Dein Ruhm bey allem Menschen=Tadel,
Dein großer Schaz von Wissenschaft,
Die Wirksamkeit mit voller Kraft,
Dein Wohlthun an den Menschenkindern,
Dein ernstes Sprechen zu den Sündern;
Die Kunst bey Kranken am Gesicht;
Durch hergestelltes Augenlicht;
Dein Halten über Christus Lehre,
Dein Heldenkampf für Christus Ehre, [S. 2:]
Dieß hat Dich so empor gebracht,
Hat GOTT an Stilling groß gemacht.
Ein sanfter Tod führt Ihn mit Ehren
Hinüber zu den Geisterheeren;
Ihr Daseyn war Ihm ausser Streit,
Ihm wird ihr Umgang Seeligkeit.
Sein Heimweh hielt den Geist erhoben,
Des Himmels Wohnung stillt es droben.
Bewährt nun in der Geisterkunde
Lobsingt Er GOTT aus reinem Munde.
In Engels=Jubel lebt er dort
Und hier in seinen Schriften fort.
 Schöner.

 


Albert Knapp: „Auf Göthe’s Heimgang.“, darin heißt es in einer Strophe:

 
 
Ach den Dein Arm so jugendlich umfangen,
 Zu dem die prächt’ge Stirne Du geneigt,
Wo blieb Dein Stilling? – Er ist heimgegangen;
 Nicht reich wie Du, war er aus Gott gezeugt.
Kein großer Geist kann Himmelslicht erlangen,
 Wenn sich das Herz zum Staube nicht gebeugt; –
Er beugte sich: – Hast Du Dich auch gebeuget?
Ich frage nicht, – die bleiche Lippe schweiget.