Vorhergehender Text hier.

 

Antritt der Professur – Jung-Stilling in Marburg 1787

von

Erich Mertens und Petra Mertens-Thurner

 

(Quellennachweise sind im rekonstruierten Original vorhanden!)

 

Antritt der Professur

 

Johann Jakob Pfeiffer (geb. Kassel 6.10.1740, gest. Marburg 26.11.1791) wird am 1787-01-01 als Prorektor der Universität eingeführt. Der Prorektor wird jedesmal vom akademischen Senat im November gewählt und tritt sein Amt nach eingegangener Bestätigung durch den Landesherrn, der der Rektor ist, am 1. Januar an. Mit ihm, dem Landesherrn und Curtius hatte es Jung-Stilling also beim Ortswechsel zu tun, denn für Curtius ist ein Briefwechsel im Januar 1787 nachweisbar.

So kommt es am 1787-01-30 zu der Entscheidung: Wir sind „entschlossen, dieses u der Person der zu Heidelberg stehenden Professoris Dr. Jung bewürken zu lassen; So ergehet, zu Erreichung dieser Unserer vorsorglichen Absicht der gnädigste Befehl hierdurch an Euch, von eben bemeldeten Dr. Jung, als Professor der Oeconomie- Cameral- und Finanz Wissenschaften mit einem jährlichen Gehalt von zwölf hundert Rthl, sodann der Versicherung für dessen etwaige künftige Wittib, ante eine Gnaden Pension von jährlich Ein Hundert Rthl und zu seiner Reise nach Marburg bewilligte Zwey hundert Rthl. ohnverlangt zu vociren“.

Die Stelle des verstorbenen Leske erhielt der a. o. Prof. Dr. Christian Friedrich Ludwig (1751-1823) aus Leipzig. Sicherlich ist dies Christian Friedrich Ludwig, nicht dessen Vater Christian Gottlieb Ludwig (1709-1773).

Heinrich Hermelink macht eine interessante Bemerkung zum Gehalt von 1200 Reichstalern: Selchow erhielt 2500, Badlinger 2000, Robert sen. 650 Reichsthaler.

 

So erhält Jung-Stilling das am 1787-02-05 datierte Schreiben von Johann Heinrich Christian von Selchow aus Marburg über seine Berufung Jungs an die Universität Marburg.

„Wohlgeboren Hochgeehrter Herr Professor, Die Universität Marburg erklärt sich glücklich, wenn sie das Teil ihrer Mitglieder durch einen Mann von Ew. Wohlgeboren ausgebreiteten Kenntnissen vermehrt sehen kann. Sie freut sich daher über die von des regierenden Herrn Landgrafen zu Cassel, unsers gnädigsten Herrn Hochfürstl. Durchl. erhaltenen Befehl, Ew. Wohlgeboren zum Professor der Oeconomie, Cameral und Finanzwissenschaft auf hiesiger Universität, mit einer jährlichen Besoldung von 1200 Thalern zu berufen, welches denn hierdurch geschieht. Für eine etwa künftige Witwe sind eine Gnaden Pension von 100 Thalern ausgesetzt, Zu den Reisekosten also sind 200 Thaler bestimmt. Da wir nicht zweifeln, Ew. Wohlgeb. werden den huldreichen Ruf des besten Fürsten folgen, so wünschen wir baldmöglichst eine bestimmte Antwort, welche sowohl als der baldigen Gegenwart unsers künftigen hochachtungswürdigen Collegen wir mit Verlangen entgegen sehen.

Marburg 5. Febr. 1787. / W. C. DD. A. d. UG.

von Selchow.

Ist den 7. Feb. mit der Post von hier abgeg.

Haußmann.“

 

Wenig später, am 1787-02-17 erhält Jung-Stilling aus München seine Dienstentlassung aus dem Heidelberger Amt, um nach Marburg gehen zu können. Es ist dies ein Kurfürstliches Mandat mit eigenhändigen Unterschriften Karl Theodors und seines Ministers Frhr. [Graf seit 1790] v. Oberndorff. Jung-Stillings Nachfolger wird Christoph Wilhelm Gottlob Gatterer aus Göttingen.

 

Dankbar, seiner Lebensmeinung folgend, schreibt Jung-Stilling am 1787-03-06 an Israel Hartmann in Ludwigsburg: „[…] Endlich hat Gott mein langwieriges Leyden geendigt und den Knoten meines merkwürdigen Lebens gelöst; Er sey dafür gepriesen! - Ich habe nie anders als Jesum Christum und Gott in Ihm angerufen, auf Seine Hülfe hab ich getraut, und Er hat mir geholfen. Folglich ist Er wahrer Gott, ein Beweiß, den mir die Pforten der Höllen nicht überwältigen können. Die Universität Marburg hat mich mit einem Gehalt von 1200 schweren Thalern oder 2100 Gulden nebst einer guten Versorgung meiner Frauen, wenn ich sterben sollte, berufen; und ich gehe auf Ostern dahin ab. Mein ganzes Leben soll nun fernerhin so wie bisher zu seiner Ehre gewidmet seyn, nur werde des Strauchlens und Fallens immer weniger. Mein Glaube an Ihn wird mich leiten.“

 

Der Abschiedsbrief Jung-Stillings an den Staatsminister Franz Albert Reichsfreiherr von Oberndorff in Mannheim datiert vom 1787-03-25 und ist gedruckt in der Edition Schwinge S. 131.

Die Abreisezeit aus Heidelberg stellt ein Problem dar. In seinen Notizen (in dem Angang  zur LG) heißt es S. 692: „8.4. 1787 den 8ten April zog ich als Professor der Staatswirthschaft nach Marburg.“ Der Ostertermin fiel 1787 auf den 8. April, Ostermontag war der 1787-04-09. Morgens um 6 Uhr verlassen Jung-Stilling und Familie Heidelberg zwecks Übersiedlung nach Marburg. Während Friedrich von Matthisson in Heidelberg bleibt, erreicht wahrscheinlich Familie Jung noch an diesem Tag in Frankfurt die Familie Krafft. Aber an welchem Tag nun? Nur in seltenen Fällen reiste man am Ostersonntag – wie Jung-Stilling angibt. Am 1787-05-14, einem Montag, schreibt in Mannheim Friedrich Karl von Moser einen Brief an Jung-Stilling. Hier ist der Montag als Reisetag genannt, und Moser gibt dem heutigen Leser noch weitere Informationen, die bisher nicht verifiziert werden konnten. Moser schreibt: „Am Oster=Montag früh um 6 Uhr rief ich meiner Luise zu: Nun sind unsere lieben Freunde Jungs auf dem Wege. […] Nun, Lieber, für alle den guten Anfang, den Sie mir melden, insbesondere auch für die unmittelbare Verbindung mit Ihrem Fürsten, lobe und danke ich Gott, mit Ihnen. Er macht keine halbe Sachen; Er wird auch mit Ihnen seyn ferner, und so lange Sie da seyn sollen. Ich sage: Da, denn wir beide sind doch so eine Art Zugvögel, und es ist mir eben nicht so, daß sie als Professor in Marburg [S. 80:] sterben werden. Von Frankfurt nach Kassel ist Marburg just der halbe Weg. *) Indessen sezen Sie sich da einstweilen im Abendstern nieder und singen:“ Der damalige Editor gibt die Anmerkung: „*) Es war im Project, Stilling von Marburg nach Kassel zu versetzen. d. H.“ Bisher ist davon nicht weiter bekannt geworden.

Tatsächlich betrat Jung-Stilling mit seiner Familie Marburg am 1787-04-13, dem Freitag nach Ostern. Erst am 1787-04-25 bringt die „- ( Nro. XVII ) - / Gemeinnüzige Nachrichten. / - / Marburg den 25sten April 1787. / -“ S. 79, Sp. 2 in  der Rubrik  „Fremde und Einheimische so in die Stadt gekommen.“ Die Anzeige. „Barfüßer Thor. April 13. Hr. Professor Jung nebst Familie, von Heidelberg.“

Mit dem 1787-05-14 hat Jung-Stillings Zeit in Marburg begonnen.

Sofort am 1787-04-15, Quasimodo, schreibt er dem Landgrafen Wilhelm IX. (1743/1785-1821), seinem neuen Landesherrn, daß er „gestern, am Freitag Mittag, [...] auf dem Posten angekommen, auf welchen mich Ew. Hochfürstl. Durchlaucht huldreich berufen haben“. Gleichzeitig kündigt er seine Aufwartung für später an, da er sich auf seine Lehrstunden vorbereiten müsse.

Das von Johannes Bayrhoffer gedruckte „Verzeichniß der Lehrstunden auf der Universität Marburg im Sommer halben Jahr 1787 nach der Ordnung der Wissenschaften“ hat sich, wie alle anderen Vorlesungsveranstaltungen, erhalten. Im Jung-Stilling-Jubeljahr 1990 hat Wolfgang Lück dies faksimiliert.

Nach eben diesem Verzeichnis ist festzuhalten, daß Johann David Busch Osteologie und Physiologie lehrt, sowie „Ueber die Krankheiten der Schwangeren und Wöchnerinnen“ unterrichtet. Michaelis lehrt über Augenkrankheiten und besonders die Operation des grauen Stars.

Busch erinnert sich 1806 und 1819 mit leicht unterschiedlichem Ausdruck an diese Zeit, wenn er in seinem „System der theoretischen und practischen Thierheilkunde. – Zum Behuf akademischer Vorlesungen entworfen.“ Bd. 1. Zoologie und Zootomie. Marburg: Neue akademische Buchhandlung 1806, S. (XI) schreibt: „Als ich […] anfieng, Vorlesungen über die theoretische und praktische Thierheilkunde zu halten, bediente ich mich des (damals einzigen) Lehrbuches meines Freundes und ehemaligen Kollegen Jung“. In der zweiten Auflage im Jahr 1819, liest man S. (III): „Jung (Stilling genannt) meines erprobten Freundes“. . So heißt es sicherlich gegründet 1835 im Nekrolog auf Busch: „Im Jahr 1787, wo Jung Stilling nach Marburg berufen wurde, fing er an, auf dessen Zureden (war bald der Freund dieses redlichen, frommen Mannes geworden), Vorlesungen über die Thierarzneikunde zu eröffnen, und brachte es dahin, daß im Jahre 1788 ein kleines Haus behufs der Zergliederung der Hausthiere erbaut wurde.“

 

Nüchtern vermerkt am 1787-05-14 die „Polizey= und Commerzien=Zeitung.“ in Kassel Jung-Stillings Anstellung mit den Worten: „Civil=Beförderungen. Der bisher zu Heidelberg gestandene Herr Professor Dr. Jung ist zum Professor der Oeconomie= Cameral= und Finanz=Wissenschaften bey der Universität zu Marburg gnädigst bestellt worden.“

Jung-Stilling dagegen schreibt 1787-05-22 aus Marburg an die Weidmannsche Buchhandlung: „Vielleicht wissen Sie schon daß ich diese Ostern mit einem / Gehalt von 1200 Rthlr schwer Geld als / Professor der Oeconomie, Finanz, und Cameral= / Wissenschaften hieher berufen worden bin, zugleich hat / meine Frau wenn ich vor ihr sterbe ein ansehn / liches Wittwen Gehalt.“ Im selben Brief setzt er sich für den Bibliothekar Karl Franz Lubert Haas (geb. Kassel 12.08.1722, gest. Marburg 29.10.1789) ein, der einen Verleger sucht.

 

Die Gesellschaft des Ackerbaus und der Künste in Kassel veröffentlicht in den Gemeinnützigen Nachrichten Nr. 24 und anderen Journalen ihren Jahresbericht, der von Johann Wilhelm Christian Gustav Casparson  unterzeichnet ist. Am 1787-05-28 wurde Jung-Stilling zum Mitglied der Gesellschaft des Ackerbaus und der Künste in Kassel ernannt. Die Casselische Polizey- und Commerzien-Zeitung Nr. 24 v. Mo 1787-06-11, schreibt. „Endlich fand die Gesellschaft es vor zweckmäßig den nunmehrigen durch seine öconomische Kenntnisse und Erfahrungen berühmten Marburger Professor der Cameralwissenschaften Herrn Jung, in dessen Person, des Durchlauchtigsten Beschützers weise und gnädigste Absicht daselbst dem Vaterland einen Lehrer, eines so nothwendigen und gemeinnützigen Unterrichts geben wollte, bey Höchstdenenselben als ordentliches Mitglied in unterthänigsten Vorschlag zu bringen, und den Herrn Hofgerichtsrath und ProfessorSömmerring zu Maynz, als einen auswärtigen Gelehrten von bekanntem Verdienst, zum Ehrenmitgliede. Des Herrn Landgrafen Hochfürstl Durchl. haben solches auch schon gnädigst genehmigt. […]

Cassel den 28ten May 1787.

  1. J. C. G. Casparson,

Rath, P. und der Gesellschaft beständiger Secretair, auch Mitglied der Chursächsischen öconomischen Gesellschaft zu Dresden.“

Diese Ernennung läßt Jung-Stilling Aufnahme finden in den jährlich erscheinenden „Landgräfl. Hessen-Casselischer Staats- und Adress-Kalender auf das Jahr … (1788, S. 111) als Mitglied Ackerbau-Gesellschaft.

Jung-Stilling ist eingebunden in den normalen Verlauf des Dienstes an  der Universität:

Mit Johann Ludwig Völkel erhält Jung-Stilling am 1787-05-29 einen neuen Kollegen; dieser ist jdoch noch bis September 1787 beurlaubt. Erst im Wintersemester 1787/88 wird er lesen; daß er später bei der Erziehung des hessen-kasselischen Kronprinzen eine Rolle spielen wird, ist noch unbekannt.

Anders ist es beim Kollegen, dem späteren Hauptman Karl Franz Schleicher, mit dem am 1787-12-21 an der Universität Marburg die Professur für Kriegswissenschaft gegründet und mit dem charakterisierten Hauptmann Schleicher besetzt wird. Er ist damit ordentlicher Lehrer der Taktik und der sämtlichen Kriegswissenschaften mit Sitz und Stimme in der Philosophischen Fakultät. Erst am 1788-02-12 berichtet das Journal von und für Deutschland“ mit einem Korrespondenzbericht: „Der Lieutenant Schleicher, dessen im achten Stück, vierter Jahrgang, Seite 165 gedacht wird, ist von dem Landgrafen, dessen Absicht es war, auch in Marburg für die militairischen Wissenschaften einen Katheder zu errichten, als Hauptmann und Lehrer, mit Sitz und Stimme in der philosophischen Fakultät, hieher versetzt worden. Ein noch in Cassel von ihm geschriebenes Programm stellt ihn als einen lebhaften und forschenden Kopf dar, von dem die Universität Nuzzen erwarten kann. Er wird hier eben die angezeigten Wissenschaften lehren, die bey dem Kadettencorps sein Fach waren.“

Am 1787-06-15 bestätigt Jung-Stilling durch seine Unterschrift – andere Professoren haben ebenfalls gegengezeichnet – zur Kenntnis genommen zu haben, daß seinem Kollegen Robert Urlaub nach Mainz bis zum Ende des Monats September „gnädigst gestattet“ wurde.

Seine im Druck 32 Seiten umfassende

„Antrittsrede / über den / Ursprung, Fortgang und die Lehrmethode / der / Staatswirthschaft. / - / In / höchster Gegenwart / Sr. Hochfürstlichen Durchlaucht / Wilhelm des Neunten, / Landgraf zu Hessen &. / gehalten / von / Dr. Johann Heinrich Jung, / ordentlicher öffentlicher Lehrer der Oeconomie / Finanz und Cameralwissenschaften, / den 4ten July 1787. / - / Marburg, / in der neuen academischen Buchhandlung.“

hält Jung-Stilling erst am 1787-07-04.

Sie liegt faksimiliert, digitalisiert und im kommentierten Neudruck vor, und „In ihr ging er auf das Wesen, die Anfänge, das Wachstum, den Fortgang und die Lehrmethode der Wissenschaft ein, die er zu lehren hatte, nämlich der Staatswirtschaft. - In der Vorrede betont er seinen Glauben, von Gott an diesen Ort bestimmt worden zu sein und seine Lebensaufgabe erhalten zu haben. WLk“ [= Wolfgang Lück, 1990.

Gerhard Ernst Merk (1931-2020) erwähnt 1988 einen Brief Jung-Stillings vom 1787-09-14 (richtig 1787-11-14) an die Weidmannsche Buchhandlung, und schreibt. „Jung-Stilling hatte gleich im Wintersemester 1787/88 an die sechzig Hörer; „mein Auditorium ist gedrängt und geproft Voll“, schreibt er am 14. September 1787 (handschriftlicher Brief im Besitz meines Freundes Werner Schmidt, Siegen-Seelbach).“

Zugleich konnte Jung-Stilling durch die „Anzeige / der / Leipziger ökonomischen / Societät / in / der Michaelismesse 1787. / [Vignette] / = / Dresden, / gedruckt mit Meinholdischen Schriften.“ erfahren, dass er am 1787-09-29 von dieser Gesellschaft zum „korrespondirenden“ Mitglied gewählt worden war. Nach Nennung von Johann Klefecker, August Friedrich Wilhelm Crome und Eric Nissen Viborg ist zu lesen: „der ordentliche öffentliche Lehrer der Oekonomie=Fi= / nanz= und Kameralwissenschafften in Marburg, / Herr Johann Heinrich Jung der Pfalz=Zweybrückische Hofrath und ordentliche / öffentliche Lehrer auf der Kuhrpfälzischen Staats= / wirtschafts=hohen Schule zu Heidelberg, Herr / D. Georg Adolph Suckow; […]“.

 

Sicherlich wird Jung-Stilling sich darüber gefreut haben, hatte er mit Suckow doch schon einmal sich beworben. – Gefreut haben wird er sich auch nach dem 1787-10-02 über die Ehrung, die seinem Kollegen Ernst Gottfried Baldinger (1738-1804) widerfuhr: dieser war Professor Primarius in der medizinischen Fakultät der Universität Marburg seit dem Sommersemester 1786 und wird nun zum Geheimen Rat ernannt. – Das „Journal von und für Deutschland“ (BIBRA: Journal) 5, 1788, Nr. 2, S. 172 f. bringt einen Auszug aus einem Brief vom 1788-02-12, in dem es heißt: „Daß unser geschätzer Baldinger von den Landgrafen das Prädicat eines Geheimen Rathes erhalten hat, wissen Sie, und ich darf hinzufügen, daß sich ganz Marburg über die Beförderung eines so verdienstvollen Mannes freuet, seit dessen Hierseyn die medicinische Facultät im eigentlichen Verstande zu seyn anfängt. Der Professor Busch nannte ihn bey einer Promotion den Hippocrates unsrer Zeit. Deutschland hat manchen rechtschaffenen und würdigen Arzt, aber nur einen Zimmemann, Weikard und Baldinger, desto mehr Ferry’s u. s. w.“ – Allgemeine Literatur Zeitung, Januar 1788 Sp. 160 schreibt: „BERICHTIGUNG. Die Nachricht von einer Pension für die beiden Töchter des Herrn Geh. Rath Baldinger zu Marburg ist dahin zu berichtigen, daß jede, im Fall sie unverheyrathet blieb, nicht aber beide zusammen 150 Rthlr erhält. A. B. Cassel, d. 28. Dec. 1787.“

 

Ein Professor benötigt Lehrmaterial, das er auch selbst anfertigt und dafür benötigt er einen Verleger. Oben ist bereits die Weidmannsche Buchhandlung genannt worden (1787-05-22).

Im Brief an sie vom 1787-10-01 übersendet er einen Manuskriptteil (sicherlich zum „Lehrbuch der Staats-Polizey-Wissenschaft“ von 1788), kündigt eine weitere Fortsetzung an und erwartet eine schnelle Auslieferung des Werks, denn: „Von heut über 3 Wochen fang ich an zu lesen, in 14 Tagen müßte ich also schon etwas gedrucktes haben, wenigstens ein paar Bogen.“

Im selben Brief bestellt er zugleich für sich Literatur: „Schicken Sie mir doch Krünizens oeconomische Encyclopädie so weit sie fertig ist; dann Montesquieus Geist der Gesezze gut teutsch übersezt, ferner“ die aus dem seit 1743 in Frankfurt existierenden Druckhauses der Gebrüder van Düren aus dem Haag:

 

  • „Rechnung welche dem Könige von Herrn Necker Generaldirector der Finanzen im Monat Jänner 1781. übergeben worden. – Auf Befehl Seiner Majestät gedruckt [.] - nach dem Französischen Original übersetzt. [Vignette] Frankfurt am Mayn 1781 bey den Gebrüdern Van Düren.“

und:

  • Allgemeines, politisches und oeconomisches Administrations-System. Nach dem französischen Original übersetzt. Frankfurt a. M.: Van Düren 1781, kl8, 132 S.

 

Ist das erste Werk nachzuweisen, so gelang dies beim zweiten nicht. Es findet jedoch verschiedentlich Erwähnung:

Verlagskatalog angebunden an: Johann Hermann Dielhelm: Antiquarius des Donau-Stroms oder Ausführliche Beschreibung dieses berühmten Stroms, von seinem Ursprung und Fortlauf, bis er sich endlich in das schwarze Meer ergießet ... bis ins verflossene 1784. Jahr … von J. H. D. Frankfurt: van Düren 1785.

Johann Friedrich von Pfeiffer (1717-1787): „Berichtigungen berühmter Staats= Finanz= Polizei= Commerz= und ökonomischer Schriften dieses Jahrhunderts, von dem Verfasser des Lehrbegriffs sämtlicher ökonomischer= und Cameralwissenschaften. [Motto Voltaire …; Silhouette Necker …] Dritter Band. – Frankfurt am Main, in der Eßlingerschen Buchhandlung 1782.“; darin S. (209)-258. „III. Des Herrn Necker allgemeines politisches und ökonomisches Administrationssystem.“ – Bd. 1-6 1781 bis 1784 erschienen.

Magazin des Buch- und Kunsthandels, welches zum Besten der Wissenschaften und Künste von den dahin gehörigen Neuigkeiten Nachricht giebt. Jahr 1781, H. 7, Leipzig: Johann Gottlob Immanuel Breitkopf 1781, S. 604.

Extrabeilage zur Hanauer Neuen Europäischen Zeitung, Nr. 135 v. Di 1799-08-27, S. 3, Sp. 1.

Sicher nicht das genannnte Werk bei Hensius Bd. 1, Leipzig 1812, Sp. 41: „Administrationssystem, allgem. polit. u. kanonisches &. A. d. Franz. übers. 8. Mannheim, Schwan u. G[oetz].“

 

Am 1787-10-15 gibt er wiederum eine Bücherbestellung auf und dankt für die ihm gelieferten Druckwerke. Am 1787-11-14 drängt er in dem oben schon genannten Brief (vom 1787-09-14 [richtig 1787-11-14]) auf schnelle Lieferung der Autorenexemplare, da er die vielen Studenten ausstatten müsse. Zugleich klagt Jung-Stilling über den hohen Preis der Krünitzschen Enzyklopädie, der ihn in ein Schuldverhältnis zum Verlag bringt. Das Honorar für sein Werk ist nicht so hoch, um das zu ändern. Aber: er wird weiter Bücher publizieren. So folgt das „Lehrbuch der Finanz-Wissenschaft“ im Jahr 1789.

 

Für das Wintersemester immatrikulieren sich am 1787-10-23 in Marburg die Schützlinge Kroebers („Raschmann“). Nur wenig später, am 1787-11-01, erlebt Jung-Stilling die Geburt des siebten Kindes (des vierten aus zweiter Ehe): Carolina Auguste Friederike in Marburg an der Lahn (ledig gest. 10.05.1821 in Rastatt).

„Taufzeugen sind Caroline von Urff, Baron von Rieben, Hofrath Hartmann in Stuttgardt und Matthison“, schreibt Jung-Stilling. Bisher war Baron von Rieben nicht identifiziert. Dies könnte die Lösung sein:

 

Friedrich von Matthisson schreibt an Johannes von Müller: „Heidelberg, den 28. Januar 1787. Hartmann und von Rieben, zwei edle Jünglinge, die sich durch Kenntnisse und Fleiß, vorzüglich aber durch reine Herzendgüte vor allen hier Studirenden auszeichnen, werden nach Mainz kommen, um Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen, mein theurer Müller. Sie verdienen von Ihnen gekannt zu seyn, und deswegen empfehle ich Ihnen diese meine Freunde angelegentlich und herzlich.“

So ist anzunehmen, dass es sich hier - so war schon 1979 Reinhard Breymeyer auf der richtigen Spur - um den Taufpaten August Wilhelm Ludwig von Rieben handelt, geb. 14.04.1766, gest. 21.04.1827, er war später Geheimrat und seit 1787-07-08 in Homburg als Prinzenerzieher tätig; Rieben ehel. 30.10.1791 Caroline Luise von Creutz (1769-1842), war immatrikuliert in Tübingen (Nr. 38124: 07.10.1782) und hinterließ dort einen Stammbucheintrag am 1785-09-01 bei Johann Georg Christoph Müller (1762-1835).

Bei „Hofrath Hartmann“ wird es sich dagegen handeln um Johann Georg Hartmann, geb. Plieningen bei Stuttgart 19.02.1731, gest. Stuttgart 9.06.1811; württembergischer Hof- und Domänenrat.

Unter dem Datum 1787-11-30, einem Freitag, schreibt Friedrich Karl von Moser in Mannheim in einem Brief: „Ihr Beifall, mein Lieber, ihr Amts=Segen und die Volksliebe gegen Sie rühren und freuen mich. Auch das ist Gnade, wie alles, was Er uns thut. Wir leben ja aus Gnaden und Seine Geduld ist unsere Seligkeit; wo? und was wären wir ohne Jesu?“ Er hatte sicherlich wie die Weidmannsche Buchhandlung viel Positives von Jung-Stilling gehört.

 

Das Jahr 1787 schließt mit zwei Ereignissen. Zum einen beantragt Jung-Stilling eine Reise, die am 1787-12-14 genehmigt wird. „Der Prorector, Professor Theologiae Pfeiffer zu Marburg, thut unterthänigte Anzeige von des Professors Jung daselbst vorhabenden Reise vom 23. auf den 31. Dec. und bittet dazu um gnädigste Erlaubnisresc[ript] ad di zugestanden“. Wie schon zuvor werden Jung-Stillings Kollegen dies abgezeichnet haben.

 

Zum Anderen erscheint ein Edikt über die „Verstattung der katholischen Religions=Uebung in Marburg.“ am 1787-12-21. Die Katholiken erhalten damit die Erlaubnis zum Gottesdienst, „damit Katholiken in Marburg ebenfalls studiren könnten“ Gärtner, Ries und von Wildungen bearbeiten dies in Zusammenarbeit mit der Regierung zu Mainz und dem deutschen Orden. Karl Faciola („ein sehr rechtschaffener, friedfertiger Mann“, S. 266), in Mannheim geboren, sein Vater stammt aus Italien und lebte als Kaufmann in Mainz, feiert ab 1. Adventsonntag 1788 mit den 65 Katholiken, darunter 8 Studenten, den Gottesdienst.

 

Fortsetzung 1787 bis 1803 hier.