Jung-Stillings
„Staatswirthschaftliche Ideen.“
 
 
(Siehe ergänzend unter 1798 hier.)
 
 
Dieses Werk Jung-Stillings ist in einzelnen Teilen bereits nachgedruckt worden. Hier sind die Texte wiedergegeben, die bisher noch nicht neu ediert worden sind.
Besonders interessant für die Geschichte Hessens dürfte der Plan des Oberjägermeisters Friedrich Ludwig Freiherr von von Witzleben (1755-1830; Neuer Nekrolog der Deutschen, 8. Jg. 1830, Tl. 2, 1832, S. 937) sein, der hier S. 16-37 von Jung-Stilling zitiert wird.
 
 
 
Die Nach-Drucke:
  1. Johann Heinrich:) Johann Heinrich Jung-Stilling. Mehr Wohlstand durch besseres Wirtschaften. Hrsg. u. eingel. v. Gerhard Merk. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1994. ISBN 3-928984-08-X) = Jung-Stilling-Studien Bd. 2.
  2. Johann Heinrich: Aus Wirtschaft und Gesellschaft. Ausgewählte kleinere Abhandlungen. Hrsg. u. m. Anm. vers. v. Gerhard Merk. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1992. - ISBN 3-928984-02-0.) = Jung-Stilling-Schriften Bd. 3.
  3. Johann Heinrich: Stahlhandel, Metallverarbeitung und Mechanisierung im Bergischen Land. Beobachtungen und Einschätzungen. Neu hrsg. u. mit Anm. vers. v. Gerhard Merk. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1992. - ISBN 3-928984-03-9.9 0 Jung-Stilling-Schriften Bd. 4
  4. Johann Heinrich: Bildungsfehler und Überfeinerung. Sozialer Abstieg von Familien und Staaten. Neu hrsg. und mit Anm. vers. v. Gerhard Merk. Siegen: Jung-Stilling-Gesellschaft (1992. ISBN 3-928984-04-5 (verdruckt zu -9) = Jung-Stilling-Schriften, Bd. 5
  5. Von den feuerfesten Strohdächern der Nassau-Siegenschen Hütten und Hämmer“ in: Siegerland 39, 1962, S. 55 f. (Vgl. dazu hier.)
 
 
 
Staatswirthschaftliche
Ideen.
-
Von
D. Johann Heinrich Jung,
Hofrath und Professor in Marburg.
-
Erstes Heft.
-
Marburg,
in der neuen Akademischen Buchhandlung
1798.
Motto:
Eine christliche Obrigkeit ist schuldig zu helfen mit
Rath und That, damit alle Unterthanen insgemein eine
ehrliche und beständige Handthierung und Nahrung ha=
ben, und darinn beyeinander, ohne Vervortheilung le=
ben, auch so viel gewinnen möchten, daß sie wegzuzie=
hen nicht allein keine Ursache hätten, sondern vielmehr
Fremde an sich locken, und das Land damit jemehr und
mehr volkreich machen könnten, und zwar dieses alles
nach Unterschied der Stände: denn anders ist der Alde,
wo der im Lande wohnet, anders vornehme begüterte
Bürger, anders gemeine Bürger und Bauern zu betrach=
ten und jedem sein Stand und Wesen nach seiner Masse
zu befördern, nicht aber auf Leges agrarias, Gleichma=
chung aller Unterthanen, und Dämpfung hergebrachter
Vorzüge zu denken, davon etliche politici heut zu Tage
profession machen, wodurch mehrentheils nur gewechselt
und gemenget, aber nichts vermehret und gebessert wird.
S. Veit Ludwigs v. Seckendorf
Christen=Staat.
Veit Ludwig von Seckendorff geb. Herzogenaurach bei Erlangen 20. Dez. 1626, gest. Halle 18. Dez. 1692; stud. iur. Straßburg. – Veit Ludwigs von Seckendorff Christen-Stat, in drey Bücher abgetheilet. Leipzig: Gleditsch 1685; 719, 416 S. – Auch: Leipzig und Königsberg: 1743. - Johann Samuel Stryke eröffnet über des Seel. Herrn von Seckendorffs Christen-Staat der Studierenden Jugend zu Halle ein neues Collegium. Halle, druckts Christoph Andreas Zeitler, Univ. Buchdr., [1700]. – Herrn Veit Ludwigs von Seckendorff Christen-Staat, Worinn von dem Christenthum an sich selbst, und dessen Behauptung wider die Atheisten und dergleichen Leute, Wie auch von der Verbesserung so wohl des Welt- als Geistliche Standes, nach dem Zweck des Christenthums gehandelt wird, Leipzig, bey Thomas Fritschen, 1716, [16] Bl., 988 S., [18] Bl.. – Auch: Leipzig und Königsberg: Eckardt 1743
Inhalt.
-
I. Forst=Verbesserungs=Anstalten in den
Hessischen Staaten          Seite 7
II. Bemerkungen über den Misbrauch des
Holzes und über die Ersparung desselben          41
III. Gedanken über die gegenwärtigen Pflich=
ten der Regenten, ihrer Dienerschaft
und ihrer Unterthanen          56
IV. Sind die Maschinen, welche bey Fabri=
ken die arbeitenden Hände ersparen,
nützlich oder schädlich?          76
V. Untersuchung der Frage: Ob denn der
Caffee durch keine Gesetzgebende Gewalt
abgeschaft werden könne? – das ist:
ob er das wahre Noli me tangere sey          92
VI. Geschichte des Königreichs Poptokotschi=
schi aus den Annalen der Natur          102
VII. Von der Nothwendigkeit eines Reichs=
polizeygesetzes über die Landwirthschaft;
an die Regenten Teutschlands, und ich=
re bey der Reichs=Versammlung zu Re=
gensburg [Regensburg] angestellte Bottschafter. Von
einem Teutschen, Frft. und Leipzig 1798.
40 Seiten in 8.          118
VIII. Von den feuerfesten Strohdächern der
Nassau=Siegenschen Hütten und Häm=
mer          121
-
          Staats=
 
-
Staatswirthschaftliche Ideen zu
denken, dagegen wird wohl nie=
mand etwas einzwenden haben: denn
Gedanken sind zollfrey, aber sie zu
schreiben, oder gar drucken zu
lassen, das ist eine andere Sache. Re=
ligions= und Staats=materien sind in un=
sern Zeiten immer bey der einen oder der
andern Parthey Contrebande; im ersten
Contrebande/Kontrebande = Schmuggelgut.
Fach hat mich diejenige, die sich unter
allen am breitesten macht, schon lange zum
Erz=Contrebandier gemacht; im zwey=
ten bin ich noch so ziemlich mit Ehren da=
von gekommen, obs auch fernerhin noch
so fortgehen werde, das mus nun die
Zeit lehren, und dies erste Heft in Schrift
eingekörperter Ideen, soll den ersten Ver=
such machen, seitdem die Welt angefan=
gen hat sich umzukehren.
          A 2          Seit=
4
Seitdem der Genius der Zeit,
(nicht derjenige, der aus Norden zu uns
herüber wittert) sondern derjenige, der
würklich am Ruder der Zeit sizt, und das
schwerbeladene Schif Europa durch
Wind und Wellen steuern soll, in seiner
hizzigen Fiebercrise delirirt, und die Ma=
trosen thun, was ihnen recht deucht, seit=
dem hab ich im Staatswirthschaftlichen=
das ist meinem Berufsfach nichts schrei=
ben mögen, sondern ich begnügte mich
mit dem mündlichen Vortrag auf dem
Catheder; einmal zwar wagte ichs, ei=
nige Blätter über den Revolutionsgeist
unserer Zeit aus meiner Arche fliegen
zu lassen, um zu sehen, ob sie irgend fe=
sten Fuß fassen könnten, allein, diese Tau=
be bekam Hiebe, und noch neulich hat ein
Matrose, der da drüben im Mastkorb
sizt, sich des Steuermanns Namen und
Air gibt, auch sich gewaltig unnütz macht,
das arme Ding mit einem Fustritt be=
ehrt. Das krümmt mir und meiner
          Tau=
 
5
Taube nun wohl kein Haar, aber es dient
doch immer zum Avis au Lecteur: denn
wenn die Polizey in einem Dorf so schlecht
ist, oder Freyheit und Gleichheit so sehr
Menschenrecht geworden sind, daß einen
die Knaben ungestraft mit Koth werfen
dürfen, so geht man lieber den einsamen
Fuspfad ums Dorf herum, und verfolgt
denn doch seinen Weg, den man zu ge=
hen für gut findet.
Jetzt aber, da Teutschlands Amphi=
ctyonen den mit Menschenblut gedüngten
Amphictyonie = Umwohnerschaft.
Acker tief aufreolen müßen, um den Frie=
Aufreolen = aufriolen: ein Stück Land furchenweise tief umgraben.
den auf die Oberfläche, und in die Ein=
würkung des Himmels zu bringen, und
da es nun bald auch dazu kommen wird,
daß wieder guter ächter Waizen darauf
gesäet werden soll, wenn nur, während
dem die Wächter schlafen, der Feind nicht
wieder Tollkraut und Schwindelhaber
Tollkraut = Taubkraut; wohl identisch mit Schwindelhafer.
Schwindelhaber = Schwindelhafer: Krünitz 185, 594; Grimm: DW; lolium temulentum, Tollkraut.
darunter streut; jezt, da auf den ehmals
blühenden und geseegneten Landstrecken
Teutschlands, die der Krieg getroffen
          hat,
6
hat, Armuth und Jammer aus leeren
Pallästen und nackten Bauernhütten zu
uns herüber ächzen; Hunger und Schwer=
muth, dies Ehpaar aus dem Hades ge=
bürtig, die einsamen hallenden Gemächer
aller Stände durchschleicht und die ver=
schimmelten Brosamen des ehmaligen
Ueberflusses ausfliest – jezt wird doch wohl
eine belehrende und Staatswolfahrt be=
zweckende Schrift wie diese, keine Con=
trebande seyn.
Es kommt eben jezt alles auf die Cri=
se an – stirbt der Kranke, nun so haben
denn doch wir Aerzte das Unsrige gethan,
und genest er – desto besser! – vielleicht
hab ich dann die Beruhigung, ein Quint=
chen dazu beygetragen zu haben, und so
Quintchen = Quentchen: Geringe Menge.
etwas ist dereinst viel werth, wenns ein=
mal zur Untersuchung kommt, ob man
auch mit seinem Pfunde gewuchert habe?
--
          I.
 
--
I.
Forst=Verbesserungs=Anstalten
in den
Hessen=Casselschen Staaten.
--
Wir Staatswirthschaftliche Lehrer und
Schriftsteller haben so lange Vorschläge erfun=
den, gedacht, gelehrt und geschrieben, bis man
uns von Dr. Johann Joachim Becher und sei=
Johann Joachim Becher (geb. Speyer 6.05.1635 gest. London X.1682 (n. A. 1685), Kameralist, Arzt und Chemiker); vgl. die Anmerkung von Merk zu Jubelrede / über den / Geist der Staatswirthschaft; 1786.11.07. – Der erstmalig von Becher in seinem Buch "Närrische Weisheit und weise Narrheit", Frankfurt/M. 1682, erwähnte, seit 1710 in Deutschland und bis ins 20. Jh. verwendete Holländer wird heute meist durch wirtschaftlicher arbeitende Maschinen ersetzt. S. u. – Wahrscheinlich ist hier aber gemeint: Trifolium Becherianum Hollandicum Oder Der Römisch-Kayserlichen Mayestät Kammer- und Commercien-Raths Dr. Joh. Joachim Bechers Drey Neue Erfindungen. Bestehende in einer Seiden-Wasser-Mühle und Schmeltz-Wercke; Zum ersten mahl in Holland vorgeschlagen ...; Auß Der Niederländischen in die Hochteutsche Sprach übersezzet. Amsterdam: Thiem 1679, 62 S. 8°; und: Franckfvrt/ In Verlegung Johann David Zunners M DC LXXIX, 54 (inkl. Tbl.) S., 8º. – Närrische Weißheit und weise Narrheit:oder ein hundert so politische als physicalische,mechanische und mercantilische Concepten und Propositionen,deren etliche gut gethan, etliche zu nichts worden. Anietzo von neuem hrsg., mit einem Vorbericht an den Leser ... von J. F. R.[d. i.: Johann Friedrich Reimann ]. 12°. Mit gest. allegorischem Frontispiz (Sapientia, Vanitas, Adulatio, Necessitas, Occasio und Veritas).Titel in Rot und Schwarz,[38 ], Bl., 208 S. O. O. u. Dr. 1725. – Auf einer 28tägigen, stürmischen Seereise nach Schottland entstandene Sammlung kurioser Einfälle und Erfindungen, alchemistischer, physikalischer und medizinischer Experimente und Rezepte. Die „närrische Weisheit “ – sie kam erstmals 1682/83 in Frankfurt heraus – beschreibt über fünfzig eigene und fremde Erfindungen, so z. B.: „Bechers Instrument, die rauhen Wind- und Geiß-Haare aus der Wolle zu scheiden “,oder „Salomon Morlands Englisches Stentrophonicon, auf eine Teutsche Meile mit einander laut zu sprechen “
ner transportabelen Sägemühle an, bis auf mei=
ne Säe=Maschine herab, die ich nächstens zu den
20gen oder 30gen, die schon erfunden sind, auch
noch erfinden werde, mit dem Titel der Project=
macher beehrt oder beschimpft hat. Ob mit Recht
oder Unrecht, das kommt auf die Prüfung an,
wozu die Erfahrung am besten taugt, wenn sie
anders gut angestellt, und vernünftig geleitet
wird.
          Nie
8
Nie vergesse ich die Worte, die einst der
Leibarzt des Königs Stanislaus Poniatowski
Stanislaus II., August Poniatowski geb. Wolczyn 17.01.1732, gest. St. Petersburg 12.02.1798; dankte 25.11.1795.
John Rogerson wird als Leibarzt von Zarin Katharin II. genannt; evtl. ist er auch hier gemeint.
an einen jungen Polacken schrieb, der in Lautern
Cameral=Wissenschaften studiren wollte und nicht
sollte: ils (nämlich wir Lehrer in Lautern) sont
des faiseurs des projets – und doch wuste der Eh=
renmann weiter kein Wort von uns, als daß
wir Lehrer der Cameralwissenschaften seyen, und
da wir das seyen, so verstehe sich sein Schlus
von selbst! – Das macht bey mir, als einem
Anfänger in diesem Fach tiefen Eindruck, und
daraus entstand dann der feste Entschlus, nie in
meinem Leben ein Projektmacher zu werden. Daß
das ein Arzt und noch dazu ein königlicher Leib=
arzt sagen konnte, ohne roth zu werden, da
war viel.
Es mus mir daher unaussprechlich angenehm
seyn, wenn ich auch zu Zeiten meiner Staats=
wirthschaftlichen Ideen mit Anstalten, da ist:
mit ausgeführten Projecten ausstaffiren
kann – Wollte Gott, ich könnte in den künfti=
gen Heften recht viele gute und wichtige Verbesse=
rungen aus allen Provinzen Teutschlands bekannt
machen! – Ja wollte Gott! ich könnte es! Man
spricht heut zu Tage so viel von Thätigkeit, von
Wirksamkeit zum Besten des Nebenmenschen,
jezt giebts Gelegenheit sich zu zeigen – jezt thue
nun auch einmal jeder, wovon er so lange ge=
schwazt und womit sich mancher so breit gemacht
          hat
 
9
hat. Es ist keine Kunst zu rezensiren, zu schim=
pfen, Parthie zu machen, den zu loben, der zu
seiner Caste gehört, und den zu tadeln, der an=
ders denkt, sondern darauf kommts am Ende
an, wer am mehrsten gethan und durch seinen
Würkungskreis am wenigsten geschadet hat.
Besonders aber beruht jetzt alles darauf,
daß jeder, der in einem Staatswirthschaftlichen
Fach angestellt ist, alle seine Kräfte anstrenge,
dem Regenten und dem Vaterland aufzuhelfen,
und sich für allen Dingen für leren Projeten
zu hüten. Viele Gelehrten haben weidlich dazu
beygetragen, das liebe teutsche Vaterland zu
verderben und zu Grund zu richten, wir, die wir
noch nicht so aufgeklärt sind, unser Vaterland
zu hassen, wollen lieber suchen, die Wunden zu
verbinden, die jene geschlagen haben; doch ich
wende mich zu meinem Zweck.
Die Hessische Forstwissenschaft war von je=
her das, was sie überall war, und zum Theil
noch ist: die Waldungen wurden als Schaupläzze
der Jagdlustbarkeiten betrachtet, und vom För=
ster wurde gefordert, daß er ein Hirschgerechter
Jäger seyn muste; die Holzwirthschaft war gleich=
sam Nebensache; diese lernte man so im Vor=
beygang, und sie bestand blos darinn, daß man
allenfalls eine Pflanzung anlegen, Holz anwei=
sen, und nach dem bisherigen Schlendrian ver=
abfolgen konnte; an ein wissenschaftliches Stu=
          dium
Anm.: Mit einer „energetischen Brille“ betrachtet Susanne Stephan in „Der Held und seine Heizung. Brennstoffe der Literatur“ (Berlin: Matthes & Seitz 2023; ISBN 978-3-7518-0359-5) Jung-Stillings Werk (S. 14, 137-153, 414 f.; siehe dazu die Besprechung: Susanne Stephan: Der Held und seine Heizung - Podcast: | hr2.de | Neue Bücher = Autor: Mario Scalla; Veröffentlicht am 06.03.23 um 11:12 Uhr.)
 
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dium derselben dachte man so wenig, daß man
vor 30 bis 40 Jahren noch darüber gelacht ha=
ben würde, wenn einer gefordert hätte, man
müsse die Forstwissenschaft systematisch studiren.
Daher kams dann auch, daß man die höheren
Stellen dieses Fachs mit Offizieren besezte, die
entweder des Soldatenstandes müde waren,
oder denen man eine Pension geben wollte, wo=
für sie noch etwas nützliches thun sollten. So
viel ich mich jezt erinnere, hat König Friedrich
der 2te von Preußen diese Staatswirthschaftli=
che Maxime zuerst beobachtet, und sie würde
würklich ächt Staatswirthschaftlich seyn, wenn
das Forstwesen das wäre, wofür man es hielt,
nämlich für ein Geschäft, das Holz da anzuwei=
sen, und zu verabfolgen, wo es am ältesten und
am dicksten steht, und dann mit dem Herren,
oder auch mit den untergeordneten Jägern auf
die Jagd zu gehen, und Hirsche, Rehe und Ha=
sen zu schießen, Schweine abzufangen, und den
Vogelsteller zu spielen.
Nunmehr traten aber Männer in Teutsch=
land auf, die auf den Hauptgegenstand des Forst=
wesens aufmerksam machten: sie zeigten, das bey
der immer steigenden Bevölkerung und Gewerb=
Betriebsamkeit, und bey dem immer abnehmen=
den Holz=Vorrath in den vaterländischen Wäl=
dern, mit der Zeit ein drückender Mangel entste=
hen müste, der dann in der Casse der Regenten
          be=
 
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beträchtliche Lücken, und bey den Unterthanen
Jammer und Elend bewürken würde. Sie tha=
ten, was sie konnte, um ihre Bemerkungen aus=
zubreiten, und zum Theil fiengen sie auch selbst
an, das Forstwesen zu reformiren, oder doch zu
dieser Reformation den Grund zu legen.
Zugleich trat auch die Epoque ein, wo die
Gelehrten anfiengen, sich mehr auf die Natur=
geschichte zu legen; es wurde auch unter den
vornehmern Ständen Mode, mineralogische und
botanische Reísen zu machen, und bey dieser Ge=
legenheit wählte dann auch der Eine und der
Andere die Holzkunde. Der Amerikanische Re=
volutionskrieg lockte Männer dorthin, die sich
nicht blos mit Schlachten, Belagerungen, und
Feldzügen begnügten, sondern auch auf botani=
sche Entdeckungen ausgiengen. Der Baron von
Wangenheim hat durch sein vortrefliches Werk
von den Amerikanischen Holzarten seinen Na=
men verewigt.
Friedrich Adam Julius von Wangenheim, geb. 1747, kam als hessischer Offizier nach Amerika, als Oberforstmeister gest. Gumbinnen 25.03.1800; bei nordamerikanischen Gehölzen steht als Angabe Wangenh. - Wangenheim, Friederich Adam Julius von: Beytrag zur teutschen holzgerechten Forstwissenschaft: die Anpflanzung Nordamericanischer Holzarten, mit Anwendung auf teutsche Forste, betreffend / Friederich Adam Julius von Wangenheim. - Göttingen : Dieterich, 1787. - XLV, 124 S. : 31 Kupfertaf.
Nicht allein aber Holzbotanische Reisebe=
schreibungen, sondern auch würkliche Anlagen
von ausländischen Hölzern sollten in Teutschland
zur verbesserten Forstwirthschaft den Grund le=
gen. Die vortrefliche, weitausgedehnte, und in
ihrer Art einige Pflanzung auf dem Weisenstein,
Weißenstein; Wilhelmshöhe bei Kassel.
die wilde Baumzucht zu Harbke, welche du Roi
Harbke; siehe: Johann Philipp du Roi: Die Harbkesche wilde Baumzucht. Bd. 1, 2. Braunschweig: Fürstl. Waisenhaus-Buchhdlg. 1771, 72. LXXX, 447 S.; 512 S. mit 5 Kupfertaf. 8°, ausführliches Lit.-Verz., Alphabet. Verz. d. beschriebenen Bäume usw. sowie systemat. Verz. derselben; lat., frz., engl. u. dt. Namensreg. – Das Buch enthält die Ergebnisse eines 5jährigen Aufenthaltes auf dem Rittergut Harbke (in der Altmark bei Helmstedt) mit seinen rd. 100 Morgen Holzungen u. Pflanzungen.
verewigte. Die zwar kleine, aber durch viele
wichtige Versuche höchstnüzliche Baumzucht in
          Mann=
12
Mannheim, welche Medikus ihren ganzen Werth
Friedrich Casimir/Kasimir Medicus/Medikus geb. Grumbach bei Lauterecken 6.01.1736, gest. Mannheim 15.07.1808. – In seiner Lebensgeschichte nennt Jung-Stilling ihn „Eisenhart“.
gegeben hat, und noch andere mehr, erregten
die allgemeine Aufmerksamkeit der teutschen Forst=
liebhaber, die nun auch, theils durch Uebersetzung
vorzüglicher ausländischer Schriften, theils durch
eigene Werke, die Sache beförderten, und al=
lenthalben Licht verbreiteten. In Ansehung des
Erstern hat der Nürnbergische Forstmeister
Oelhaven von Schöllenbach wesentliche Verdien=
Carl Christoph Oelhafen von und zu Schöllenbach auf Eismannsberg, Ruprechtstein und Neukirchen geb. Nürnberg 16.02.1709, gest. ebd. 20.06.1785; siehe ADB Bd. 24, S. 300; Jung-Stilling benutzte häufig seine Werke; siehe unten zu du Hamel.
ste, indem er die Werke des unsterblichen du Ha-
mels ins Teutsche übersetzte, und in Beziehung
du Hamel/Duhamel du Monceau, Henri Louis, geb. Pithiviérs en Orléannois 1700, gest. Paris 23.08.1782. – Siehe z. B.: Abhandlung von Bäumen Stauden und Sträuchen, welche in Frankreich in freyer Luft erzogen werden. Von Herrn Du Hamel Du Monceau, Mitglied der Königl. Academie der Wissenschaften ... Aus dem Französischen übersetzt und mit vielen neuen Anmerkungen vermehrt, durch Carl Christoph Oelhafen von Schöllenbach, der Reich-Stadt Nürnberg Pflegern zu Grävenberg, Nürnberg: Seligmann 1762; erschienen: Theil 1 ([1762]) - [3] (1763)
auf das zweyte haben Gleditsch, Zanthier,
Burgsdorf, Stahl, Moser, und eine Menge
anderer nicht weniger wichtiger Schriftsteller die
Bahn gebrochen.
Alle hier genannten Männer sind von Jung-Stilling häufig zitiert worden.
Johann Gottlieb Gleditsch (1714-1786) hielt seit 1770 als Dr. med. forstliche Vorlesungen in Berlin, Direktor des botan. Gartens;
Hans Dietrich von Zanthier (1717-1778), vor allem sein 1772 erschienener ‘Forstkalender’ fand weite Verbreitung.
Friedrich August Ludwig von Burgsdorf: Friedrich August Ludwig von Burgsdorf: Versuch einer vollständigen Geschichte vorzüglicher Holzarten in systematischen Abhandlungen zur Erweiterung der Naturkunde und Forsthaushaltungs-Wissenschaft. Zweiter Theil, die einheimischen und fremden Eichenarten. Erster Band. Physikalische Geschichte. [&] Zweyter und letzter Band. Gebrauch, Schätzung und nachhaltige Bewirthschaftung. Berlin, J. Pauli, 1787-1800, Bd. 2, 2: . xxii, 1; 344, 4 Tafeln, 20 Kupfer. – Bd. 1 erschien 1783
Georg Ernst Stahl (1659-1734).
Friedrich Carl von Moser (ältester Sohn von Johann Jakob Moser, 1701-1785) 1723-1798.
Indessen bliebs denn doch noch immer bey der
Theorie, und so durchdringend auch Friedrichs
des Grosen Blick in alle Fächer der Staatswirth=
schaft war, und so wichtige Verbesserungen er
auch in der Forsthaushaltung machte, so wurde
doch das System nicht geändert, die forstwirth=
schaftliche Cameral=Praxis bekam eine neue und
bessere Gestalt, aber das Technische dere Forst=
wissenschaft blieb wie es war, und das pensio=
nirte Militäre blieb immer noch im Besiz der
Forstämter.
Ich bin ungewiß, ob der Herr Markgraf
von Baden, oder der Herr General Heinrich Ernst
von Stollberg=Wernigerode der erste teutsche
          Re=
Markgraf von Baden: Karl Friedrich von Baden-Durlach (1728-1811), seit 1803 Kurfürst.
Anscheinend verwechselt Jung-Stilling hier zwei Personen: den Vater mit dem Sohn. - General Heinrich Ernst von Stollberg=Wernigerode: Kirchenliederdichter, geb. 7.12. 1716 in Wernigerode als Sohn des Grafen Christian Ernst (s. d. gest. 25.10. 1771), † 24.10. 1778 in Halberstadt; als Gehilfe seines Vaters, der ihm 1742 die Leitung der gräflichen Kammer mit dem Forst- und Bergwesen übertrug; Gattin Marie Elisabeth (von Promnitz, geb. 1717, gest. Wernigerode 20.07.1741, Tochter des Reichsgrafen Erdmann von Promnitz in Sorau und Schwester der Fürstin von Anhalt-Köthen). Er vermählte sich 1742 zum zweitenmal mit Christiane Anna Agnes Prinzessin Anna von Anhalt-Köthen (geb. 5.12.1726, gest. 2.10.1790). Er hatte 5 Kinder. – Christian Ernst Graf zu Stolberg-Wernigerode, geb. Gedern 2.04.1691, gest. Wernigerode 25.10.1771; ehel. Gedern 31.03.1712 Gräfin Sophie Charlotte von Leiningen-Westerburg (geb. Wetzlar 22.02.1695, gest. Wernigerode 10.12.1762); als eine Miniaturnachbildung der Ideale von Versailles hatte sich Graf Christian Ernst zu Stolberg-Wernigerode die Gartenanlage vorgestellt, die er im Jahre 1713 anlegen ließ.
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Regent gewesen, der die verbesserte Forstwirth=
schaft eingeführt hat, so viel weis ich aber, daß
der Wernigerodische Oberforstmeister von Zan=
thier der erste Forstmeister, vielleicht in der gan=
Hans Dietrich von Zanthier: s. o.
zen Welt gewesen, der eine praktische Forstschu=
le anlegte, Collegia laß, und das was er lehrte,
auch im Wald ausführte.Ich getraue mir fast
zu behaupten, daß Zanthier der wahre und ei=
gentliche Reformator der teutschen Forstwirth=
schaft genannt werden könne.
Dieser große und würdige Mann wurde aber
nun bald das Muster und Ideal für viele teut=
sche Forstbedienten, die auch im Practischen in
seine Fußsstapfen traten, und hin und wieder zu
würken anfiengen. Von Burgsdorf im Preußi=
schen braucht nur genannt zu werden, so weis
Friedrich August Ludwig von Burgsdorf: s. o.
jeder Sachkundige, wen er vor sich hat; eben
so wichtig wurde bald hernach Witzleben für die
Friedrich Ludwig Freiherr von Witzleben: Neuer Nekrolog der Deutschen, 8. Jg. 1830, Tl. 2, 1832, S. 937: Friedrich Ludwig Freiherr von Witzleben geb. Wollmirstedt bei Eckardsberga 9.05.1755, gest. 16.03.1830, 1808 Generaldirektor der Domainen, Gewässer und Forste im Königreich Westfalen, 1813 Freiherr, 1817 Dr. phil., 1779 fürstl. nassau-oranischer Kammer- und Jagdjunker, erlernte 1779-80 in Karlsruhe das Forstwesen und die Jägerei, wurde 1781 Kammer- und Bergassessor in Dillenburg, 1785 Oberforstmeister, 1796 nach Kassel als Oberjägermeister berufen.
Nassau=Oranische Waldungen, die dort eine
Hauptquelle der allgemeinen Landes=Wohlfahrt
ausmachen; und Hartig verband mit seinem Amt
Friedrich Christian Hartig: „Landgräflich=Hessen=Darmstädt’scher Forstmeister“ zu Gladenbach bei Gießen; dieser war verheiratet mit Sophie Katharine Venator (T. d. Oberpfarrers zu Friedberg). Älterer Bruder Georg Ludwig Hartig (1764-1836), 1789 Forstmeister zu Hungen in der Wetterau, danach Oberlandforstmeister und Staatsrat zu Berlin. Zweiter Bruder war Friedrich Karl Hartig, Forstmeister zu Mergentheim.
als Forstmeister auch noch den Lehrunterricht, in=
dem er an seinem Wohnort zu Hungen in der
Wetterau ein Institut anlegte, das sehr vielen
Werth hat: weil Hartig Gelehrsamkeit und prak=
tische Känntnis in seinem Fach, in einem hohen
Grad mit einander vereinigt. Dazu kommt nun
auch das Bechsteinische Lehr=Institut zu Wal=
Bechstein: Johann Matthäus Bechstein (1757- 1822) gründete 1795 zu Waltershausen/Thüringen die älterste Vereinigung von Wald- und Wildforschern sowie Naturnutzern mit der „Societät für Forst- und Jagdkunde“. Seinen Erkenntnisstand fasste er in der "Waldbeschützungslehre" (Gotha 1818) zusammen. – Johann Matthäus Bechstein: Kurze, aber gründliche Musterung aller bisher mit Recht oder Unrecht vom Jäger als schädlich geachteten und getödteten Thiere, 2. Auflage. Gotha, 1805
Waltershausen: in Thüringen.
tershausen, welches in seiner Art vortreflich ist.
          Bis
14
Bis hieher war es nun in unsern Hessen=Cas=
selschen Waldungen noch bey dem Alten geblie=
ben; zwar war diese wichtige Quelle des allge=
menen Wohls dem Scharfblick unseres gnädig=
sten Landesfürsten Wilhelms des IXten nicht ent=
Wilhelm IX. geb. 3.06.1743, gest. 27.02.1821; Landgraf seit 31.12.1785 bis 1803, ab 1.05.1803 als Wilhelm I. Kurfürst, Großherzog 10.08.1806.
gangen; schon oft äußerten Höchstdieselben war=
me Wünsche, dies weitschichtige Cameral=De=
partement auf einen bessern Fus setzen zu kön=
nen, allein noch wichtigere Regierungs=Geschäfte,
nicht weniger auch gewisse, noch im Wege stehen=
de Hindernisse, und dann bald der erschreckliche
Revolutionskrieg, waren die Ursachen, daß aus=
ser hin und wieder veranstalteten Anpflanzungen,
und andern particularen Verordnungen, in der
Hauptsache nichts geschehen konnte. Indessen
schlossen Se. Hochfürstliche Durchlaucht gera=
de zu rechter Zeit mit der französischen Nazion
einen rühmlichen und vortheilhaften Frieden, und
Friede von Basel 5.04.1795 zwischen Frankreich und Preußen; am 17. Mai erklärte man eine Demarkationslinie zu der auch Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt gehörte, erklärte diese Gebiete für neutral.
wendeten alle Gefahr so geschickt ab, daß nie ein
Franzos mit feindlichen Gesinnungen über unsre
Gränzen gekommen ist, und wir ausser der Theu=
rung keine Folgen des Kriegs empfunden haben.
Dadurch wurde nun auch der Herr Landgraf
selbst in den Stand gesezt, die angefangenen Ver=
besserungsanstalten in der gesammten Staatsver=
waltung fortzusetzen, und damit immermehr ins
Einzelne zu gehen. Im Frühjahr 1796 kam die
Reyhe an die Forstwirthschaft; Se. Hochfürstli=
che Durchlaucht beriefen den Oranien=Nassaui=
          schen
 
15
schen Oberjägermeister, Freyherren von Witzle=
ben, dessen ich oben schon rühmlich gedacht habe,
unter sehr ansehnlichen Bedingungen als zwey=
ten Oberjägermeister, nach Cassel, und übertru=
gen ihm die Direction des gesammten Forstwe=
sens in den Hessischen Staaten. Die kleine Schrif=
ten dieses nach Kopf und Herzen vortreflichen
Mannes zeugen von seinen vorzüglichen theore=
tischen= und seine Amtsführung im Nassauischen,
von seiner rastlosen nie ermüdenden Thätigkeit
und Geschicklichkeit in Ausübung seiner practi=
schen Känntnisse.
Jezt entstund nun die Frage, wie man den
sichersten und zuverläsigsten Grund zur besten
Forstverwaltung legen müsse? der Herr Land=
graf trugen Witzleben auf, einen Plan dazu zu
entwerfen, dies geschah, und es wird meinen Le=
sern nicht unangenehm seyn, wenn ich ihnen hier
das Wesentliche desselben mittheile.
Das erste Resultat der Ueberlegungen und
Berathschlagungen unsers gnädigsten Fürsten mit
dem neuen Oberjägermeister war, daß alle Ver=
ordnungen und Verbesserungs=Anstalten schlech=
terdings fruchtlos seyen, so lange diejenigen,
welche sie ausführen müsten, diese Ausführung
nicht verständen, und die dazu gehörigen Kännt=
niße nicht hätten, daß also ein Lehr=Institut nö=
thig seye, in welchem vorzüglich Förster gebildet
werden könnten. Dem zufolge befahlen also Se.
          Hoch=
16
Hochfürstliche Durchlaucht dem Herrn von
Witzleben einen Plan zur bessern und zweckmä=
sigen Bildung Ihrer Forstbedienten auszuar=
beiten, und bestimmten dann die Waldau, ein
Dorf, eine kleine Stunde oberhalb Cassel, wo
sich ein Jagd=Zeughaus, nebst einem Jäger=
und Falkenier=Hof befindet, zum Ort der Anla=
ge des Forstseminariums, wohin sich auch diese
Anstalt besonders gut schickt, weil die nöthigen
Gebäude schon da, und auch Waldungen in der
Nähe sind, wo den Studierenden die Sachen
praktisch gezeigt werden können, die sie in den
Lehrstunden theoretisch gehört haben.
Da also die Fragen ob und wo berichtigt
waren, so kam es noch auf die Frage wie an;
Auf diesen Punct bezieht sich nun der von dem
Oberjägermeister dem Herrn Landgrafen vorge=
legte Plan vorzüglich, aus welchem ich den Haupt=
Inhalt ausziehen, und hier mittheilen will.
Nach der vortreflichen Hessischen Grund=
Verfassung sind die beträchtlichen Waldungen
des ganzen Landes in einzelne bestimmte abgetheil=
te Reviere oder Forste eingetheilt – mehrere
derselben, nach Verhältnis ihrer Gröse und La=
ge zusammen, machen einen Oberforst aus, und
das Ganze, die mehreren Oberforste zusammen,
stehen unter der Direction des Oberforstamts.
Jedes Revier hat, je nach seinem Umfang meh=
rere Forstläufer, die es zur Sicherheit begehen –
          jedes
 
17
jedes steht unter der Spezial=Verwaltung eines
reitenden oder gehenden Försters – mehrere
Forste zusammen stehen unter der Inspection ei=
nes Oberförsters – eine oder mehrere Oberför=
stereyen stehen unter Aufsicht und Verwaltung
eines Oberforstmeisters – dieser nebst dem Forst=
schreiber und Oberförster formirt das Forst=
Amt, welches die Administration jedes Ober=
forsts im Detail besorgt. Das Ganze vereinigt
sich in dem Oberforstamt, welches das gesammte
Forstwesen als einen wichtigen Finanz=Zweig
übersehen, einleiten und dirigiren muß.
Demzufolge kann also das gesammte Forst=
personale füglich in 6 Classen gebracht werden:
In die erste gehören die Forstlaufer.
In die zweyte die Förster.
In die dritte die Oberförster.
In die vierte die Forstschreiber, Forstver=
walter.
In die fünfte die Oberforstmeister, und
in die sechste endlich der Oberjägermeister,
die Forsträthe, und was überhaupt zum Perso=
nale des Oberforstamtes gehört.
Jede dieser Classen fordert zuvörderst eine
besondere Betrachtung, eine Erwägung des ihr
nach der Verfassung obliegenden officii, wenn
man das bestimmen will, was ihr zu wissen ob=
liegt, welcher Grad von Bildung ihr gegeben,
welche Känntnisse man von ihnen fordern, und um
          B          sie
18
sie sich zu erwerben, die abgemessenen Mittel
verschaffen soll.
§. 1.
Die Forstlaufer gehören ganz in die gehor=
chende Klasse; sie haben mit dem eigentlichen
Forstbetrieb nichts zu thun, nur das auszurich=
ten,w as ihnen aufgetragen wird: - Aufsicht
auf Forstfrevler, Holzhauer, Fuhrleute, nach
abgemessener Vorschrift zu führen. Sie brau=
chen also weder Bildung noch Känntnisse; un=
verbrüchliche Redlichkeit, und ein dauerhafter
robuster Körper, Fleis, Munterkeit, Wachsam=
keit, u. d. g. sind die einzigen Eigenschaften die
man fordert.
§. 2.
Die Förster sind die Verwalter der Reviere.
Sie erhalten zwar über alles was sie thun sollen
die Befehle, aber die Ausführung dieser Be=
fehle, die Anwendung des eigentlichen practi=
schen Forstbetriebs in den Forsten selbst, hängt
von ihnen ab, wenn die Direction sich nicht
zum Nachtheil des Ganzen in ein zu spezielles
Detail einlassen soll. Sie stehen auf einem iso=
lirten Standpunkt. Das Ganze, die Wohl=
farth des Landes, die Verbindung der Reviere
unter sich – Uebersicht und Vergleichung der
Landesbedürfnisse gehört nicht vor sie, aber die
          Admi=
 
19
Administration des ihnen übertragenen Reviers,
die Anwendung, Ausführung und Leitung der
practischen Forstgeschäfte, die Wolfarth ihres
Reviers, und der damit in Verbindung stehen=
den einzelnen Dörfer, so weit die gute oder
schlechte Verwaltung der Forste Einfluß auf sie
hat, ruht auf ihnen – Sie haben Vorschläge
zu thun, Berichte zu erstatten, Busregister,
Holzverzeichniße, Holzregister aufzustellen, und
außerdem, nach einer sehr guten Einrichtung, die
Bau= Nuz= Werck= und Brandholz=Bedürf=
niße der zum Revier gehörigen Dörfer zu prüfen
und aufzustellen – Holz und Schläge zu vermes=
sen, zu berechnen und zu veranschlagen. Sie
müssen die Landesverfassung, die Forstgesetze, und
die Bauverordnungen kennen. Man fordert von
ihnen mit Recht und nothwendig:
a) Schön= und Rechtschreibekunst,
b) Rechenkunst Regul de tri, Bruchrechnung,
Quadrat= und Cubick=Rechnung.
c) Meskunst nach drey Theilen, der Längen,
Flächen, und Cörpermessung, ohne die
Känntnisse des eigentlichen Geometers oder
Ingenieurs.
d) Die niedere Forstwissenschaft nach ihrem
ganzen Umfang.
e) Känntnisse dr Forstverfassung und der Forst=
verordnungen.
          B 2          f) Zim=
20
f) Zimmermannskunst und Handwerckskunde,
so weit um Anschläge richtig zu beurtheilen.
und die Abgabe der Bedürfnisse richtig zu
prüfen.
§. 3.
Weit gröser und ausgebreiteter ist der Wür=
kungskreyß der Oberförster, zumal derer die
Sitzund Stimme in einem Forstamt haben. Sie
verwalten nicht nur ein einzelnes Revier als För=
ster, sondern sie haben zugleich die Aufsicht, die
Leitung über mehrere Reviere, oft über ein gan=
zes Forstamt. Sie müssen die Förster controlli=
ren und in Aufsicht halten. Sie haben in den
wichtigsten, oft das Wohl eines ganzen Amts
betreffenden Angelegenheiten zu berichten, sie ha=
ben umfassende, das Ganze in Uebersicht neh=
mende Vorschläge zu thun, sie haben in den
Forstämtern einen sehr grosen wesentlichen Ein=
flus, und der Forst=Haushalt in einem ganzen
Forstamt, nach allen Theilen hängt von ich=
nen ab.
Es ist daher wohl keine Frage, daß sie nicht
nur die oben bey dem Förster vorausgesezten
Känntnisse, und zwar in höherem Grad, und
mit mehrerer Fertigkeit besitzen, daß sie Männer
von mehr Kopf und Talenten seyn müssen, son=
dern sie müssen auch selbst einiges aus der höhe=
ten Forstwissenschaft wissen.
          Daher
 
21
Daher rechne ich vorzüglich Cameral=Wissen=
schaften, und insbesondere Landökonomie und
Gewerbkunde, vorzüglich der gewöhnlichen und
im Lande einheimischen Fabricken und Manufak=
turen. Wenn man den Einflus des Forstwesens
auf das Wohl oder Wehe des Nahrungsstands
richtig ermäsigt, wenn man bedenkt in welcher
engen Verbindung alle Theile des gesammten
Staats=Haushalts unter sich stehen, so wird
man nicht überflüsig finden, daß bey Männern,
auf deren Berichte und Vorschläge sich die Vor=
gesezten so oft und unvermeidlich verlassen müs=
sen, Bekanntschaft mit jener Wissenschaft und
ihrer wichtigen Anwendung nach dem Locale je=
des Landstrichs erfordert und vorausgesezt werde.
§. 4.
Ein gleicher Grad der Bildung und der
Känntnisse ist bey den Forstschreibern und Forst=
räthen als einem sehr wichtigen Personale der
Forstbeamten vorauszusetzen. Sie haben eigent=
lich bey den Forstämtern die Feder zu führen,
die Berichte abzufassen, und insbesondere das
Rechnungswesen und die Registraturen zu ver=
sehen, ob sich gleich ihr officium zur so nöthigen
Verbindung und Einklang auch auf die Waldun=
gen selbst und deren praktischen Betrieb erstrecket.
Wenn ihnen indes nicht zuzumuthen, auch bey
gehöriger Geschicklichkeit der übrigen Forstbeam=
          ten
22
ten nicht nöthig ist, daß sie die eigentliche Forst=
wissenschaft nach ihrem ganzen Umfang, und be=
sonders die practische Anwendung derselben be=
sitzen, so ist es um so erforderlicher, daß sie der
Feder völlig gewachsen, und im Rechnungswe=
sen vollkommen geübt und erfahren, dabey von
groser Ordnungsliebe, und pünctlicher genauer
Aufmerksamkeit in allen schriftlichen Verhandlun=
gen nach der Landesverfassung sind, und indem
was man eigentlich Schulwissenschaft heist, auf
keine Weise versäumt, auch ohnehin grundehrlich,
moralisch, uneigennützig und edlen Herzens seyn
müssen.
§. 5.
Auf einem weit grösern, weit wichtigern
Standpunct stehen die Oberforstmeister: von
diesen Männern, von ihrer Capacität, Geschick=
lichkeit, Känntnissen und Bildung hängt Alles,
die Wolfahrt des ganzen Forstwesens ab, und
das Forstamt vermag wenig oder nichts zur Wol=
fahrt des Ganzen, alle seine Bemühungen blei=
ben fruchtlos, es arbeitet umsonst, wenn diese
nicht die Männer sind, die sie seyn sollten.
Wenn es entweder an Kenntnissen und Fähigkei=
ten, oder an gutem Willen, Fleiß und Thätig=
keit fehlt. Auch die unter ihnen stehende För=
ster und Oberförster, sind diese auch die Ge=
schicktesten, die bravsten, die rechtschaffensten Leu=
te, können nur halb würken nur einzelne und
          für
 
23
für das Ganze unbedeutende Fortschritte machen,
wenn jene eigentlichen Directoren und Chefs der
Forstämter, die gleichsam die Seele ausmachen,
Leben und Thätigkeit in die Maschine bringen
müssen, nicht das leisten, was die Wohlfahrt –
nicht der Forste allein, Nein! eines ganzen Lan=
desstrichs so entschieden von ihnen fordern kann.
Bey dieser Classe also, die schon Stand und
Geburt zu mehrerer vollkommener Ausbildung
und grösern Känntnissen anfeuern sollte, wird
nicht nur alles oben vorausgesezte in höherm
Grad, sondern noch weit mehr, nämlich die Er=
lernung der eigentlich so genannten höheren Forst=
wissenschaft erfordert.
Also nicht nur die sämtliche Forstwissenschaft
im vollständigsten Zusammenhang, systematisch
und wissenschaftlich geordnet, und zu vollständig
deutlichen und klaren Begriffen erhoben, sondern
auch
1) der Theil der Rechtswissenschaft, der das
Forst= und Forstpolizey=Recht enthält.
2) Cameral= und Staatswissenschaft.
3) Naturkunde.
4) Einige Theile der angewandten Mathema=
tik, wozu Mechanik und Baukunst gehört.
5) ökonomische Technologie.
Freylich ein sehr großes ausgebreitetes Feld
– aber nicht zu viel für einen, dem sein Stand
frühzeitig dieses grose Feld als seine Laufbahn
          vor=
24
vorzeigt, und dem der Staat Mittel bietet, die=
ses zu erlernen, jener Forderung, unter Zusiche=
rung angemessener Versorgung ein Genüge zu
leisten, und ihm die Wege vorzeichnet, die er
zur Erreichung jener theoretischen und practischen
Känntnisse, einzuschlagen hat – der zugleich
nunmehro als Anfänger in einem Zeitalter lebt,
wo alle jene Wissenshcaften in der richtigsten An=
wendung aufs Forstwesen, und in gehöriger
Verbindung damit bearbeitet sind. Alles dieses,
und die Mittel dazu fehlten denen, die früher
eine nun so schön und erst seit wenigen Jahren
entwickelte Laufbahn betraten.
§. 6.
Um so vollständiger und in weiterm Umfang
sind vor die Zukunft, beym Oberforstamt selbst
diese Känntnisse zu fordern und zu erwarten, da
hier mehrere Männer vereinigt sind, die nicht
blos Forstleute von Metier, sondern auch ächte
Cameralisten seyn müssen; da dieses Collegium,
als die oberste, unmittelbar unter den Augen des
Fürsten würkensollende Forstdirection überall
nach ächten Finanzgrundsätzen verfahren, überall
die engmöglichste Vereinigung des Landesherr=
lichen Interesse mit der Wohlfarth der Unter=
thanen bezwecken soll. Hier wird also außer al=
lem obigen noch Finanzswissenschaft, und die
ausgebreitetste Landes= und Verfassungskunde im
          weit=
 
25
weitsten Sinn, und nach Verschiedenheit der
einzelnen Departements=Ressorts erfordert. Da=
zu muß sich außerdem noch eine mehrjährige Er=
fahrung gesellen, die aber nicht allein die Folge
einer langen Routine seyn muß, sondern einen,
durch gründliches und theoretisches Studium des
Fachs gebildeten, und unabläsig fortarbeitenden
richtigen Beobachtungs=Geist in mehrjähriger
practischer Anwendung voraussezt.
Nur dann erst, ewnn von jeder dieser Clas=
sen und Stände der Grad der nöthigen Kännt=
nisse und Bildung nach Maaßgabe des abgemes=
senen Würkungskreyses festgesezt ist, läst sich mit
Bestand ein Entwurf zu einer Anstalt machen,
deren Daseyn einst, und in kurzem, Hessen den
blühenden Zustand, das Wohl seiner Forste ver=
danken wird.
Nur zu leicht, wie die Erfahrung lehrt,
scheitern oder misglücken solche gemeinnützige An=
stalten, wenn sie, gleich zu gros und ausgedehnt,
oder ohne hinlänglich fixirten Plan entworfen,
und der Zeit, der mehreren Reife, der Prü=
fung und Läuterung des Erfolgs nichts überlas=
sen wird. Wenn daher das neu zu errichtende
Institut so angelegt würde, daß nach obigen Vor=
aussetzungen Förster völlig, und Oberförster
meistens darinnen ausgebildet – Oberforst=
meister aber die erste Bildung erhielten, und
dann alles, was die höhere Forstwissenschaft aus
          macht
26
macht, auf die Universität, wohin es ohnehin
gehört, und wo über die dahin gehörigen Theile
ohnehin öffentliche Vorlesungen gehalten werden,
veriwesen würde, so müste es seinem Endzweck
mehr entsprechen, als wenn gleich Forstwirth=
schaft nach allen Theilen in Verbindung mit sämt=
lichen Hülfswissenschaften daselbst gelehrt werden
sollte.
§. 7.
Demnächst beschränkte sich also der zur
Waldau zu ertheilende Unterricht auf
1) Recht= und Schönschreibkunst
2) Stilisirung und Abfassung schriftlicher Auf=
sätze
3) Rechenkunst im weitesten Umfang, und
zwar
4) die vier Spezies, b. Regul de tri, c.
Bruchrechnung; D: Quadrat= und Cubik=
rechnung, e. Dezimal= und der Anfang
der Buchstaben=Rechnungskunst, als Vor=
bereitung zur Geometrie.
5) Geometrie, nebst dazu gehörigen Theilen
der Arithmetik
6) Forstwissenschaft und zwar die niedere, oder
eigentliche Försterwissenschaft nach ihrem
Umfang
7) Erklärung der Landes=Forstverfassung
und der Forst=Verordnungen.
          7) Er=
 
Erklärung der Bauholzsorten zur Beur=
theilung der Bau=Anschläge, als ein Theil
der Zimmermannskunst.
Wenn ein solcher Cursus etwa 2 Jahre Auf=
enthalt in der Waldau erfordert, so könnten
dann diejenigen Subjecte, deren Bestimmung
Oberförster, oder gar Oberforstmeister ist, er=
stere binnen einem. leztere binnen zwey Jahren
auf einer Akademie auf diesem Fundament wie=
ter bauen, und daselbst mit Nutzen und Anwen=
dung über diejenigen Wissenschaften hören, die
nach oben weiter erforderlich sind.
§. 8.
Das Hochfürstliche Jäger=Corps ist bis da=
hin die Pflanzschule der niedern Forstbedienun=
gen gewesen. Was ist billiger, als daß Männer
die dem Fürsten und dem Vaterland in dringen=
der Gefahr gedient, ihr Leib und Leben ihm ge=
widmet haben, Anspruch auf diese Versorgung,
auf Dienste haben, die ihnen Unterhalt, und
ständigen Aufenthalt gewähren? Alle jene Sub=
jecte haben in der Jugend die Jägerey erlernt,
bey dem Corps kommen sie in eine Schule, wo
sie Zucht, Ordnung und Subordination lernen,
und wo sie unter Vorgesezten stehen, die über
ihr moralisches Verhalten, über ihre Sitten wa=
chen müssen. Werden nun zu jenem Corps nur
Leute genommen, die bereits die erste jugendliche
          Er=
28
Erziehung bey Eltern und Verwandten genossen,
so werden sich daraus auch immer, nach einiger
Dienstzeit, tüchtige brauchbare Subjecte auszie=
hen lassen, um in dieser zu errichtenden Forst=
schule, sich zu brauchbaren Forstbedienten weiter
auszubilden, wenn ohne alle Rücksicht diejeni=
gen mit Vorsicht ausgewählt werden, und vom
Corps einen ununterbrochenen zweyjährigen Ur=
laub erhalten, die dazu nöthige Anlage, und
sich durch gute Conduite ausgezeichnet haben.
§. 9.
Wenn ich die Anzahl der Förster und Re=
vierstellen durch ganze Land auf 160, und die
Oberförsterstellen auf 12 anschlage, so möchte
wohl die ständige Zahl von 12 Zöglingen zu künf=
tigen Försterstellen, und 2 Zöglinge zu Oberför=
sterstellen, die bestimmte = und einem solchen In=
stitut angemessene Zahl seyn, die Jahr aus, Jahr
ein den Unterricht genössen, und wobey kein sup=
pliziren um den Eintritt, sondern nur dann ei=
ne neue Auswahl Statt finden könnte, wenn
Einzelne durch Versorgung abgehen, oder den
zweyjährigen Cursus geendigt hätten, oder als Ge=
hülfen bey alten Forstbediente bis zu ihrer
Versorgung angestellt, oder auch außerdem zu
Forstoperationen gebraucht würden. Es müsten
zum Anfang, und vor allen Dingen alle Ad=
          juncten,
 
29
juncten, wo sie auf den Revieren noch entbehr=
lich sind, gegen Behaltung der ihnen ausgewor=
fenen Besoldung, oder eines verhältnismäsigen
Tractemants, dem Institut auf ein oder zwey
Jahr beywohnen, dann aber, und jedesmal
beym Abgang nnd [sic; und] Versorgung einiger von obi=
ger Zahl, keinem, ohne besondere Begnadigung
der Zutritt verstattet werden, der nicht ein oder
zwey Jahr beym Corps gestanden, und sich da=
bey durch gute Conduite im regulären Dienst
ausgezeichnet, zum Eintritt in dieses Forst=In=
stitut würdig gemacht hätte.
§. 10.
Diejenigen zwey Subiecte, die sich dann
durch besondern Fleiß und Geschicklichkeit aus=
zeichneten, und zu zukünftigen Oberförstern quali=
fizirten, würden dann mit einer Unterstützung von
100 Thalern, jeder, neben dem beyzuhaltenden
Tractament ein Jahr nach Marburg gesendet,
um neben Wiederholung des bisherigen noch
Botanik, Cameral=Wissenschaften, und allen=
falls Physik und Chemie zu hören.
§. 11.
Dies alles soll aber keinesweges die Absicht
haben, alten verdienten braven Förstern die Hof=
nung auf eine Oberförsterey=Stelle, die Aus=
sicht zu einer weiteren Dienstverbesserung zu rau=
          ben,
30
ben, und Vorschläge zu thun wodurch diesem
oder jenem eine solche Aussicht benommen würde.
Bey der eigentlich im Lande weit gröseren nöthi=
gen Zahl von Oberförstern, bey der Nothwen=
digkeit in den mehresten, aus 10 und mehreren
Forsten bestehenden Forstämtern, eigentlich, und
zur gehörigen genauen Aussicht und Controlle
mehr als einen Oberförster anzustellen, kann je=
nen immer die Hofnung bleiben, durch Fleiß,
Treue und Wohlverhalten sich einer solchen Stel=
le und der Verbesserung werth zu machen. Al=
lein zu der ersten und wichtigsten Oberförsterstelle
in jedem Forstamt, mit Sitz und Stimm auf der
Session verbunden, auf welcher das Wohl jedes
Oberforstes wesentlich mit ruhet, gehört immer
ein Mann von gründlicher ausgebreiteter Kännt=
niß, von gehörigem Ueberblick, der das ganze
Forstamt umfaßt, der nicht blos Aufsicht und
Holzabzählung in denen ihm übertragenen einzel=
nen Revieren besorgt, sondern der auch den Forst=
haushalt nach allen Theilen versteht, der die
rechte Hand des Oberforstmeisters seyn, der weit
mehr als der gewöhnliche Förster wissen muß –
zu solchen Männern werden also Subjecte von
gründlichen, noch ein Jahr auf er Universi=
tät ausgebildeten Känntnissen erefordert.
          §. 12.
 
31
§. 12.
Ehe und bevor ich in die innere Einrichtung,
in das ökonomische der Forstschule übergehe, muß
ich nothwendig einen Blick auf die Lehrer, ihre
Zahl, auf die Auswahl derselben, und auf die
Vertheilung des Unterrichts werfen.
§. 13.
Wenn dasjenige, was ich oben als nöthi=
gen Unterricht für 14 stets im Institut gegenwär=
tige Lehrlinge, zum Förster völlig, zum Oberför=
ster meistens auszubilden, und Oberfortmeister
zur akademischen Laufbahn gründlich vorzuberei=
ten, vorausgesezt habe, gehörig und wissenschaft=
lich vorgetragen und gelehrt werden soll, so ge=
hören dahin
1) Zween beständige, bey dem Institut en=
gagirte, daselbst wohnende, und die Aufsicht
und Direction mitführende Lehrer.
2) Zween Männer, die von Cassel aus an
gewissen Tagen ab und zugehen, um Unterricht
zu ertheilen.
§. 14.
a. Ein Lehrer der im Schön= und Recht=
schreiben, im Stilisiren und Abfassung deutlicher
Aufsätze, im Rechnen, und zwar bis zur Bruch=
rechnung, also ohne Quadrat= und Cubik=Rech=
          nung
32
nung nach einem demnächst zu wählenden Com=
pendio ertheilt. Er würde die Subjecte nach
ihren Fähigkeiten in Classen theilen, und dazu
täglich 4 – 5 Stunden verwenden, und dabey
das Rechnungswesen des Instituts besorgen.
§. 15.
b. Ein Lehrer der als ein geschickter, theo=
retisch und practisch erfahrner Feldmesser, damit
Forstwissenschaft gründlich und wenigstens theo=
retisch verbindet und inne hat, und vorzutragen
versteht.
Er würde in 5 bis 6 Stunden täglich
1) die höhere Arithmetik, die Quadrat= Cubik=
Dezimal= und etwas von der Buchstaben=
Rechnung als Vorbereitungslehrern.
2) Die eigentliche Geometrie nach dreyen
Theilen, nach der absichtlichen= aufs Forst=
wesen gerichteten Anleitung zur Arithmetik
und Geometrie des Hauptmann von Oppen
zu Berlin.
Joachim Friedrich von Oppen (1746-1815): Anfangsgründe der Arithmetik und Geometrie für diejenigen, welche sich dem Forstwesen widmen. Berlin: Lange 1792, XLVII, 492 S.; 2. Aufl. u. d. T.: Arithmetik und Geometrie für diejenigen, welche sich dem Forstwesen widmen. Berlin: Himburg 1804; XL, 432 S., 5 Falttafeln: Ill. – Oppen, Joachim Friedrich von: Anfangsgründe der Arithmetik und Geometrie für diejenigen, welche sich dem Forstwesen widmen. Von J. F. von Oppen, Königl. Preuß. Lieutenant bey dem Feld-Artillerie- und öffentl. Lehrer bey dem reitenden Jäger-Corps. Berlin : Auf Kosten des Verfassers : In Commission bey Gottlieb August Lange 1792. – XLII S., [1] Bl., 429 S., [8] gef. Bl., 5 Ill. (Kupferst.), 8°
3) Die Forst= oder eigentliche Försterwissen=
schaft, nach dem Leitfaden des 1sten Theils
des Preußischen (von Burgsdorfischen)
Handbuchs für Förster, und mit Vorlseun=
gen über Hartigs Anleitung zur Holz=
zucht für Förster, als den zwey zweckmäsi=
gen Compendien vortragen, und dabey die
Oberaufsicht über das ganze Institut, nebst
Burgsdorf: s. o.; hier gemeint: Forsthandbuch, allgemeiner theoretisch-praktischer Lehrbegriff sämtlicher Försterwissenschaften. Nebst vielen Tabellen und einer illuminirten Forsttafel abgefasst von F. A. L. von Burgsdorf (1747-1802). Berlin : Selbstverlag 1788-1796. Bd. 2: Besondere praktische Anleitung zur baumschulmäßigen Erzeugung, Erziehung und Auspflanzung der im ersten Theile aufgeführten Bäume und Sträucher. Berlin, ... Auf Kosten des Verfassers, 1787; 271 S. ; 8º; a. u. d. T.: Anleitung zur sichern Erziehung und zweckmäßigen Anpflanzung der einheimischen u. fremden Holzarten, welche in Deutschland und unter ähnlichen Klima im Freyen fortkommen / von F. A. L. von Burgsdorf. Königl. Preuß. Forstrath der Mittel- und Uckermark; Zweyter Theil. – Handbuch für Förster und Forstliebhaber. Zwei Theile, nebst Register. Düsseldorf: bei Johann Christian Dänzer 1794, [4] Bl., S.[3]-16, 304 S., [1] Bl.; 8º.
          der
 
33
der Aufmerksamkeit auf das sittliche Verhalten,
und die gute Aufführung der Zöglinge über=
nehmen.
Er würde practische Uebungen im Feldmessen
anstellen, und zu Zeiten mit den Zöglingen kleine
Forstreisen in diesem oder jenem Hessischen Ober=
forst, nach genommener Rücksprache mit mir,
anstellen, um das practisch vorzuzeigen, was er
theoretisch gelehrt hat.
§. 16.
Es werden sich Subjecte genug zu dieser Stel=
le melden, es wird an Zudringlichkeiten nicht
fehlen, es werden sich manche erbieten, solches
für weniger Gehalt zu verrichten; allein bey der
äußersten Wichtigkeit dieses Postens, dem weder
der gewöhnliche Feldmesser, noch der gewöhnliche
Forstmann gewachsen ist, fordert die Auswahl
eines solchen Mannes, die reifste Prüfung, die
vorsichtigste Entschliesung. Ich selbst weiß in
diesem Augenblick keinen dazu vorzuschlagen; al=
lein durch Correspondenz mit Burgsdorf, Bech=
Burgsdorf, Bechstein, Hartig: s. o.
stein und Hartig, die unermüdet und mit ächt
patriotischem Eifer an der Vervollkommnung des
Forstwesens arbeiten, wird sich ein Mann, wie
er seyn muß, finden lassen. Um einen angemes=
senen Gehalt kann man einen Mann erwarten,
der den grosen Absichten entspricht, und der,
ich sage es ohne falsche Bescheidenheit, mehr
          C          wissen,
34
wissen, mehr noch theoretisch gebildet seyn muß,
als ich selbst.
§. 17.
Die zween Männer, die von Cassel, ab
und zugehen, um Unterricht zu ertheilen, sind:
1) Einer, der alle Sonnabende in 2 Stunden
die Hessische vaterländische Forstverfassung
erklärt und mit den wichtigsten Landes=
Forstverordnungen bekannt macht, und sie
erläutert.
2) Ein geschickte, erfahrner Zimmermeister,
der von Zeit zu Zeit die Zöglinge in alte und
neue ländliche Gebäude führte, sie die Bau=
holzsorten nach ihrer Bestimmung kennen
lehrte, ihnen besonders den Werksatz an
neuen Gebäuden erklärte, und auch mit den
Geschäften des Wageners bekannt machte.
Wagener/Wagner: Stellmacher; Wagenmacher.
§. 18.
Diesem Unterricht können und solten auch
künftig alle diejenigen jungen Männer jedesmal
von Cassel aus beywohnen, die ihr Stand und
Beruf zu höhern und höchsten Forststellen
dereinst bestimmt.
Diese müssen, nachdem sie die jugendliche
erste Schulerziehung genossen, nachdem sie die
Jägerey gänzlich bey einem Mann von Metier
und wahrer Kenntniß erlernt, hier zwey Jahre
lang den nöthigen und noch fehlenden Unterricht
          er=
 
35
erhalten, und sodann noch zwey Jahre auf Aka=
demien die einzelnen Theile der höheren und
hieher nicht gehörigen Forstwissenschaft studieren.
Dann werden sie als Jagdjunker nützlich beym
Oberforstamt Siz haben, und durch practische
Anleitung und Gebrauch, unter den Augen und
zur Erleichterung des Oberjägermeisters jener so
grosen und so wichtigen Bestimmung als Land=
Oberforstmeister von Stufe zu Stufe entgegen
gehen, und dann wird es nicht mehr nöthig seyn,
Fremde an die Spitze des Forstwesens zu rufen;
sondern der Landesadel wird dem Staat brauch=
bare Männer genug dazu liefern.
§. 19.
Die übrigen zu treffenden ökonomischen Ein=
richtungen beschränken sich dann
1) Auf die Einrichtung zweyer zweckmäsiger
Wohnungen für die beyden Lehrer.
2) 4 Stuben und Kammern mit 14 Betten, Tisch
und Stühlen für die Zöglinge.
3) 2 bis 3 grose Zimmer zu Hörsälen.
4) Eine Stube zur Aufbewahrung der Bücher
und mathematischen Instrumenten, an Meß=
Tischen; Astrolabien, Meßketten und Stäben.
5) Eine Aufwärterswohnung, der weder zum
Dienst der Lehrer, noch der Zöglinge, son=
dern blos zu Verschickungen, Besorgung der
          C 2          In=
36
Instituts=Angelegenheiten, und Besorgung
der Reinlichkeit gebraucht wird.
Ausser der ersten Anlage und Unterhaltung wäre
noch weiter, und ausser dem fixirten Gehalt der
Lehrer jährlich erforderlich, ein nach genauer Be=
rechnung und Attestat des zweyten Lehrers, aus=
geseztes Quantum zu Meßinstrumenten und Ma=
thematischen Apparat, zur Bibliotheck und An=
schaffung der Compendien, und zu Schreib= und
Zeichnungsmaterialien.
Dann wünschte ich auch, daß mir ein gewisses
Stück Geldes jährlich zu meiner lediglichen Dis=
position verwilligt würde, um die brauchbarsten,
geschicktesten, und nur zur praktischen Uebung
fähigen Subjecte, gegen gewisse Diäten, auf den
nächsten Forsten, zur Sublevierung und Beyhülfe
Sublevierung: Erleichterung; Sublevant: Amtsgehilfe.
alter Forstbedienten bey Besaamungen, Culturen
und sonstigen Forstgeschäften, die eine besondere
Aufsicht bedürfen, gebrauchen, und nützlich be=
schäftigen zu können.
§. 20.
Gerne und willig übernehme ich, ohne mich
nach dem weiten Umfang meines ausgebreiteten
Berufs mit dem Detail der Einrichtung zu befas=
sen, und so weit es ohne Hintansetzung meiner
eigentlichen so wichtigen Summe der Berufsge=
schäfte vereinbarlich ist, diejenige Oberaufsicht,
die darinnen besteht, mit den Lehrern über das
          Beste
 
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Beste des Instituts in Ueberlegung zu tretten, von
Zeit zu Zeit dem Unterricht in einzelnen Stunden
beyzuwohnen, die Zöglinge zu prüfen, und alle
halbe Jahre unterthänigst Bericht von dem Fort=
gang, von denen Gebrechen und Mängeln zu
erstatten, und Vorschläge zur Vervollkommnung
vorzulegen u. s. w.
Dieses ist der wörtliche Auszug des Plans,
den der Herr Oberjägermeister von Witzleben,
Sr. Hochfürstlichen Durchlaucht, dem regie=
renden Herrn Landgrafen vorlegte; er wurde ge=
nehmigt, und auch alsofort, in sofern ausgeführt,
als es für die gegenwärtige Zeit thunlich war:
es wurde nämlich die zweckmäsige Anzahl junger
Leute aus dem Jägercorps ausgezogen, und in
die Waldau versezt, wo sie nun von folgenden
Lehrern unterrichtet werden.
Die Oberaufsicht und das Directorium ver=
sieht der Herr Oberjägermeister von Witzleben
von Cassel aus selbst.
In der Arithmetick und Geometrie giebt
der Herr Professor Matsko von Cassel aus Un=
terricht.
Johann Matthias Matsko / János Mattias Matsko: Nachricht von der Schnellwaage im Zeughaus. Cassel 1781. – Das höchste Namensfest des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Friedrichs des Zweyten, regierenden Landgrafen zu Hesse, u. s. w., u. s. w., wird das Collegium illustre Carolinum den 5ten März im großen Auditorio aufs devoteste feiern, zu welcher Feierlichkeit der zeitige Prorektor J. M. Matsko alle Freund eund Liebhaber der Wissenschaften schuldigst einladet; es wird vorher eine Nachricht von der großen Schnellwage im Zeughaus gegeben. Cassel: Fürstl. Heßis. Hofbuchdr. 1781, 22 S. : Ill. – Weitere Schriften nachgewiesen.
Im practischen Forstwesen übt der Herr
Oberförster Harnickel zu Oberkaufungen.
Johann Caspar Harnickel, geb. 13. Oktober 1750 in Hof Helgans, gest. als Oberförster zu Oberkaufungen am 6. Februar 1827. – Ich verdanke diese Informationen Frau Käthe Drexler, die aus dem reichen Schatz ihrer Informationen gerade zu diesem Johann Caspar Harnickel gern weitere Auskunft gibt; sie ist zu erreichen in 72250 Freudenstadt über die E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..
Oberkaufungen: Ort im Landkreis Kassel, an der Losse gelegen; ehem. Benediktinerkloster; noch um 1900 mit Oberförsterei.
Die Forstwissenschaft selbst, lehrt Herr Fied=
ler, der im Institut zu Waldau wohnt.
Wahrscheinlich: Carl Wilhelm Fiedler (1758-1831): Physikalisch-chemische Abhandlung über die verschiedenen Luftarten des luftleeren und flüchtigen Laugensalzes als Beyträge zur medicinischen Polizey und nähern Kenntniss der Hundswuth. Cassel: Griesbach 1795, 115 S., 1Kupfer. – Weitere Schriften nachgewiesen.
Und im Bauwesen unterrichtet der Kriegs=
zimmermeister Klein zu Cassel.
          Es
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Es läßt sich leicht einsehen, daß wenn nun
diese Landespflanzschule für das Hessische Forst=
personale noch immerfort vervollkommnet, und
dann, wie nicht zu bezweifeln ist, auch der Plan
in Ansehung der Besetzung der Forststellen befolgt
wird, unsre Verfassung in diesem so wichtigen
Theil der Staatswirthschaft, auf die höchste Stu=
fe der Vollkommenheit steigen, und unter allen
in Teutschland die Erste und Beste werden müsse,
besonders deswegen, weil sich, meines Wissens,
noch nirgend eine Anstalt dieser Art befindet:
denn die Hartigschen und Bechsteinischen In=
stitute sind nicht so sehr Pflanzschulen für die
Inländer allein, sondern auch für die Ausländer,
und ihr Unterricht geht daher ins Ganze und All=
gemeine des Forstwesens; in der Waldau hinge=
gen bildet man nur Förster für Hessen. Das
Hessische Forstwesen ist da der eigentliche Haupt=
gegenstand des Unterrichts, folglich müssen auch
die Männer, welche aus dieser Schule kommen,
ganz vorzüglich brauchbar zum Dienst des Vater=
lands werden.
Zu Bayreuth wird jezt auch eine Forstschule
angelegt; aber ihr Plan und Zweck ist mir noch
nicht bekannt geworden, folglich kann ich auch
noch nichts Bestimmtes darüber sagen.
Wie sehr die Waldungen der durch den Krieg
verheerten Länder gelitten haben, das kann ur
der Augenzeuge beurtheilen; es ist erschröcklich! –
          Da
 
39
Da nun das Holz Jahrhunderte zur Erreifung
zum Bauholz braucht, sogar das Brandholz we=
nigstens zehn Jahre alt seyn muß, so läßt sich
leicht einsehen, wie nothwendig in allen diesen
Ländern die schleunigsten Forstverbesserungsanstal=
ten sind, und daß die Holzarten, welche am ge=
schwindesten wachsen, vorzüglich zum Augenmerk
gemacht werden müssen.
Es ist allgemein bekannt, mit welchem Eifer
der berühmte Medicus in Mannheim zu dieser
Absicht den virginischen Schotendorn empfohlen
Schotendorn; Wunderbaum, Heuschreckenbaum = Robinia L.; Gattung der Leguminosen. 1601 oder 1635 durch Johann Robin oder dessen Sohn eingeführt. Erste Anpfalnzung 1710 in Britz bei Berlin. Medikus gab 1796 bis 1803 heraus die Zeitschrift „Unechter Akazienbaum“, worin er die Anpflanzung empfahl. – Eine andere Art ist die Gleditschia (nach Johann Gottlieb Gleditsch, 1714-1786). - Unächter Acacien-Baum : zur Ermunterung d. allg. Anbaues dieser in ihrer Art einzigen Holzart / von Friedrich Casimir Medicus. Leipzig: Gräff 1.1794/95(1796) - 5.1801/03 [?]. – Auszug aus dem Herrn Regierungsrath Medicus Abhandlung über den unächten Acacienbaum nebst einigen Anmerkungen abgefaßt zum allgemeinen Nutzen. Düsseldorf: Schreiner 1798, 47 S. auch als Fiche Düsseldorf: Universitäts- und Landesbibliothek 1998. – S. o.
hat; im Ganzen hat er gar nicht unrecht, aber
der wahrhaft große und verdienstvolle Mann
muß mir verzeihen, wenn ich eben so wie meh=
rere sachkundige Männer, nicht so viel Werth
auf diese Holzpflanze lege, wie er. Die falsche
Acacie wächst nicht allenthalben so wie man
glaubt, wenigstens bekommt sie selten die butz=
bare Stärke; dann ist es auch wahrlich jezt die
Zeit nicht, nut einigermasen ungewisse Versuche
im Grosen zu machen. Zu Schlag=Knüppel=
oder Stammreiß=Holz kann man allenfals den
Schotendorn aussäen, dann aber ist die eigentliche
Hauptsache die Ansäung mit Tannen: und zwar
im Sandboden Kiefern, auf den Gebürgen aber
Fichten, und wenn ja ein fremdes Holz zu em=
pfehlen ist, si ist das die Zirbelnußkiefer, deren
Saamen man häufig aus der Schweiz und aus
Tyrol haben kann.
          Durch
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Durch diese Anmerkung will ich aber keines=
weges die Vorschläge des Regierungsraths Me=
dicus schwächen oder tadeln, sondern nur bitten
daß man durch den Anbau der unächten Acacie
nicht andere noch wichtigere Forstverbesserungen
und Holzarten Vernachläßigen möge. Das Eine
soll man thun, und das Andere nicht lassen.
Ueberhaupt sollte man nicht allein auf Ver=
mehrung des Holzes, sondern auch auf Abschaf=
fung der Misbräuche in Ansehung des Holzcon=
sums bedacht seyn. Sollte man mir etwa ein=
wenden wollen, das geschähe ja schon hie und
da! – So muß ich rein heraus darauf antwor=
ten: Nein! das geschieht noch nirgends in Teutsch=
land so, wie es geschehen sollte. Der folgende
Aufsatz soll dieser wichtigen Sache gewidmet
werden.
--
          II.