Über diesen Kollegen Jung-Stillings berichtet ein Nekrolog:
„Stuttgard. Am 2ten Jan. 1793. starb der Prediger u. Professor der Handlungs- u. Finanzwissenschaft an der Carls hohen Schule Hr. M. Ludwig Benjamin Martin Schmid. Er wurde 1737. d. 28. May in dem Wirtembergis. Dorfe Unteröwisheim gebohren, machte nach vollendeten Studien in Tübingen eine Reise nach Lausanne, von wo aus er den Ruf erhielt die zwey jungen Prinzen von Holstein nach Italien zu begleiten. Nachdem er einige Jahre in Italien zugebracht hatte, wurden die Prinzen zu der ersten Vermählung des Großfürsten nach Petersburg berufen, wo die Russ. Kaiserin mit der Erziehung dieser Prinzen so gut zufrieden war, daß sie äußerte: wenn die Prinzen nur den dritten Theil von Tugenden und Kenntnissen welche sie in sich vereinigten, besaßen: so würde sie schon sehr wohl mit ihnen zufrieden seyn. Sie ließ zum Zeichen ihrer Zufriedenheit dem verstorbenen Schmid antragen, entweder eine Hofrathsstelle beym Commerz-Collegio oder die Stelle eines Vorlesers bey ihr selbst anzunehmen: da er aber diese Anträge ablehnte, so setzte sie ihm einen lebenslänglichen Gehalt von 400 Rubeln aus, den er jedoch niemals erhalten hat. Er kehrte 1775. in sein Vaterland zurück, erhielt in demselbigen Jahre noch einen Ruf als Professor nach Lautern. Im J. 1786. wurde er nach Stuttgard berufen, wo er seinem Amte bis an seinen Tod mit vielem Eifer vorstund.“
Schmid ehelichte am 15.10.1776 die 1753 geborene Charlotta Juliana Luise Engelbach; aus der Ehe entstammen ein Sohn und zwei Töchter.
Ein anderes Urteil ist auch wiedergeben bei Hahn S. 58, ohne dass man bisher den Autor kannte. Leopold Friedrich Günther von Göckingk/Goekingk (1748-1828) schreibt im „Deutschen Museum“, Februar 1781, S. 140-141:
„Was nun die Kameralschule betrift, so ist zwar die Zahl der Studierenden nicht groß, welches kein Wunder ist, da die meisten Väter noch glauben, daß das Corpus iuris allein Brod ins Haus bringe, und nicht recht wissen, wann sie ihre Söhne dahin schikken sollen, vor oder nach den Universitätsjahren? Solls vorher geschehen, so denken sie, der Sohn komme zu spät auf die Akademie, und nachher hat das liebe Söhnchen gewönlich zu viel Geld gekostet, als daß der Vater noch etwas an ihn wenden könnte. Allein die Anstalt selbst hat mir sehr wohl gefallen Die Naturalien= und Modelkammer haben schon ziemlichen Vorrat, und die Bibliothek ist ausgesucht. Noch mehr vergnügten mich die Lehrer. Jung, ein offener, rechtschaffener Mann, und in seiner Familie, wie es mir schien, recht glüklich; Succow, unermüdet und von einem warmen Eifer für das Institut beseelt; Schmid, ein Würtemberger, der ehrlichste und gefälligste Mann, den ich kenne, in dessen Seele gewis kein Falsch ist. Sein Ansehen voll edler Simplizität, verspricht nicht gleich den Mann, der er ist: aber bald verrät die Unterhaltung mit ihm.“
Sehr einfühlsam und sachkundig stellt Otto W. Hahn S. 57-73 das Verhältnis von Jung-Stilling zu Schmid dar. Neben der Verwechslung des Namens Schmid mit dem Beruf des Schmiedes S. 69 ff. (vgl. hier) gibt es einige unbeachtete Texte und Probleme, die hier vorgestellt werden sollen.
Für den 9. Juli 1783 gibt es ein schönes Zeugnis über eine Zusammenkunft von Israel Hartmann, Seckendorf, Schmid und Jung-Stilling aus der Hand des ersteren:
"Es war Sonntag. Bis zur Morgenkirche waren wir brüderlich vergnügt beisammen; auch Selma, Stillings liebenswürdige Gattin, kam dazu und seine Kinder erster Ehe. Hernach gingen wir mit einander in die lutherische Kirche, wo wir eine erbauliche Predigt hörten. Zu Mittag waren wir, Stilling, Seckendorf und ich allein. Den Nachmittag sprachen und lasen wir, bis Abends Stillings Hausfreunde, Hofrath Schmid und dessen Gattin, mit ihren zwei Herzenskindern kamen; wie offen, liebevoll, zutraulich da denn Alles war! Stillings Frau, geb. Saint=Georg, ist eine gesprächige, geschäftige, verständige, gute Frau. Hofrath Schmid, der Sohn eines würtembergischen Pfarrers, ehmals Stipendiat der Theologie, reiste früher mehrere Jahre mit den Prinzen von Holstein als ihr Hofmeister, war vier Jahre in Italien, hernach in Petersburg u. s w., nun war er ebenfalls Professor in Lautern, ein Mann von entschieden christlichem Sinne und viel Liebe und Demuth, mit Stilling auf’s Herzlichste verbunden. Seine Frau, ein edles Herz, in ruhiger Beschäftigung wohlthuend, von Zweibrücken, geb. Engelbach. Sie schloß sich nun an Selma an, und wir Männer redeten mit einander. Wie zart, liebevoll und innig war dieses Beisammenseyn! Nach 4 Uhr gingen wir spazieren.“
Unter dem 1789-03-15 verfasste Jung-Stilling einen nicht in der Briefedition (s. hier) genannten Brief, in dem es heißt:
„Was macht denn Schmid und sein edles Weib, immer höre ich kein Wort von ihm, er kan wohl denken, daß keine Absichten seine Erinnerung in mein Herz zurück rufen, ich brauche für diese Welt ihn nicht, und er braucht mich nicht, aber das enge Band, daß diese beyden Guten Menschen an uns beyde knüpfte, und das ein feindseeliges Wesen zerriß schmerzt mich und meine Frau noch immer. So wahr Gott lebt! Schmid hat darinnen Unrecht an uns gehandelt, daß er sich nicht erklären wollte, meine Entschuldigung nicht annahm, sondern sich ganz zurük zog, die Wunde in meiner Frauen Hertzen heilt nie, sie schmerzt ewig. Gott verzeyhe das Ihrer ehmals so lieben Lotte. Meine Frau hat sie gewis nicht beleydigt. Der Geist ist versöhnlich, und es ist Täuschung, wenn man sagt, man sey nicht unversöhnlich, wenn man kalt ist. Dieses ist der lezte Schritt den ich zu seinem Herzen wage, hilft das nicht, so hab ich meine Seele gerettet. Lesen Sie ihm das vor, ich bitte erzeigen Sie mir die Liebe!“
Die wenigen erhaltenen Briefe Jungs an Schmid (darunter auch Lyrik) sind mir zwar bekannt, jedoch habe ich sie noch nicht auswerten können. - Erhalten hat sich auch: "Programm auf den Tod des seeligen Akademie-Predigers Schmid zu Stuttgard von Herrn Professor Drück".
Zur Entlassung Schmids nach Stuttgart: Gerhard Merk schreibt 1988: „Dieser Wechsel fand sehr wahrscheinlich im Frühjahr 1786 statt, nicht erst 1787 (so Lebensgeschichte 733).“ Genannt wird als Datum des Wechsels der „29ten Sept. 1786“, und an anderer Stelle findet man die Angabe: 1784-09-29: Der Kurfürst genehmigt die Entlassung von Jung-Stillings Kollegen Schmid. Und: 1787-02-17: Jung-Stillings Kollege Ludwig Benjamin Martin Schmid wird in Heidelberg entlassen und ist fortan an der Militärakademie Stuttgart tätig. (WEBLER S. 79).